Sophienlust 229 – Nie mehr allein

Sophienlust –229–

Nie mehr allein

Wie Petra ihre Halbschwester fand ...

Susanne Svanberg

Impressum:

Epub-Version © 2016 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

Internet: http://www.keltermedia.de

E-mail: info@kelter.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74091-654-1

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Nicks ausgestreckter Arm zeigte in südliche Richtung. »Die Häuser dort gehören zu Wildmoos. Und dahinter kannst du Bachenau erkennen«, erklärte er dem Mädchen, das neben ihm stand.

Petras tiefblaue Augen schauten über die wunderschöne Landschaft. Felder, Wiesen und bewaldete Hügel wechselten ab, blühende Bäume und Sträucher vervollständigten das hübsche Bild.

Nick, der Gymnasiast mit dem lockigen schwarzen Haar und den lebhaft blitzenden Augen, liebte seine Heimat und war stolz auf sie. »Dort drüben liegt das Tierheim«, belehrte er das Mädchen an seiner Seite. »Man kann es von hier aus nicht sehen, aber es ist gar nicht weit. Vielleicht gehen wir morgen hin. Es gehört meiner Schwester Andrea und deren Mann.«

»Hast du eine so große Schwester?«, erkundigte sich Petra überrascht. Eigentlich tat sie es nur aus Höflichkeit, denn sie war nicht ganz bei der Sache. Immer wieder hing sie ihren eigenen, recht traurigen Gedanken nach.

»Sie ist meine Stiefschwester, stammt aus der ersten Ehe meines Stiefvaters. Nachdem ihre Mutti gestorben war, heiratete ihr Vati meine Mutti.« Nick war gewohnt, ganz offen über die etwas komplizierten Familienverhältnisse zu sprechen.

»Herr von Schoenecker ist dein Stiefvater?« Petra blinzelte. Sie war erst neun Jahre alt und kannte diesen Begriff eigentlich nur aus Märchen. Dort war gewöhnlich eine negative Darstellung damit verbunden.

»Ach, das ist doch nur ein blödes Wort.« Nick blies nach Lausbubenart die Backen auf und ließ pfeifend die Luft entweichen. »Mein Vati ist okay, und wir verstehen uns ganz prima.«

»Sind das dort hinten nicht die Hochhäuser von Maibach?«, fragte jetzt ein schmächtiger Junge mit hellen Augen und einem blassen Gesicht.

»Das ist doch der Turm der Johannes-Kirche.

Die Buben und Mädchen, die im Halbkreis auf dem Felsplateau standen, von dem aus man eine so herrliche Aussicht hatte, schwatzten plötzlich alle durcheinander. Es waren die Kinder von Sophienlust, die der kleinen Petra, einem Neuling unter ihnen, die Umgebung des Kinderheims zeigen wollten.

Dieses geräumige Haus, das Denise von Schoenecker, Nicks Mutter, vor vielen Jahren als Zufluchtsstätte für elternlose Kinder eingerichtet hatte, besaß einen ausgezeichneten Ruf. Weit über die Grenzen des Landes hinaus war es als hervorragende pädagogische Einrichtung bekannt. In der näheren Umgebung aber wurde es nur das Haus der glücklichen Kinder genannt.

»Ganz hinten sieht man das Dach der neuen Schwimmhalle«, erklärte Nick seinen Freunden. Die meisten von ihnen waren wesentlich jünger als er, doch das störte ihn nicht.

Petra senkte den Kopf. Das schulterlange blonde Haar, das sie in der Mitte gescheitelt trug, fiel ihr ins Gesicht. Es verdeckte die Tränen, die über ihre Wangen rollten.

Seit einigen Jahren lebte Petra mit ihrer Mutti in Maibach. Aber nun war ihre Mutti krank, schwer krank. Eine ganze Nacht lang hatte sie schreckliche Schmerzen ausgehalten. Der Arzt hatte von Gallenkoliken gesprochen. Petra wusste nicht genau, was das war, aber sie wusste, dass ihre Mutti furchtbar gelitten hatte. Keine Minute war sie von der Seite der geliebten Mutter gewichen. Sie hatte ihr den Schweiß von der Stirn gewischt, hatte ihre feuchte, verkrampfte Hand gehalten, hatte sie zärtlich gestreichelt. Am Morgen war der Arzt noch einmal gekommen. Er hatte einen Krankenwagen gerufen. Die Sanitäter hatten Petras Mutti abgeholt. Gleichzeitig war Dr. Nefen gekommen und hatte das verstörte, zitternde Kind nach Sophienlust gebracht.

Dr. Erich Nefen war Rechtsanwalt. Petras Mutti arbeitete als Sekretärin für ihn. Er war sehr großzügig, das wusste Petra. Trotzdem begegnete sie ihm mit einer gewissen Scheu.

Irgendwo am Horizont befand sich das Krankenhaus, in das man Petras Mutti gebracht hatte. Dr. Nefen hatte dem Kind gesagt, dass die Mutter operiert werden müsse, und dass Petra sie in der nächsten Zeit nicht besuchen könne. Deshalb war das Kind traurig und verzweifelt. Es hatte Angst um die Mutter. Angst um den Menschen, den es auf dieser Welt am meisten liebte, ohne den es sich das Leben überhaupt nicht vorstellen konnte.

Daher weinte Petra viel und ließ sich von den übrigen Kindern kaum von ihrem Kummer ablenken. Sie fühlte sich auch in der lustigen Gemeinschaft von Sophienlust einsam und verlassen.

Nick, der sich ein bisschen als Beschützer der jüngeren Kameraden betrachtete, bemerkte Petras Tränen als Erster.

»Komm, wir machen ein Spiel«, schlug er vor. »Was haltet ihr von Katz und Maus?«

»Petra, möchtest du lieber die Katze oder das Mäuschen sein?«, wandte sich Pünktchen an das Mädchen. Pünktchen hieß eigentlich Angelina, doch niemand nannte sie so. Denn auf ihrer hübschen kleinen Stupsnase gaben sich eine Menge Sommersprossen ein Stelldichein. Dieser Tatsache hatte Pünktchen den lustigen Spitznamen zu verdanken.

»Ich weiß nicht …« Petra schnupfte und wischte sich mit dem Handrücken die Augen aus. Sie fühlte sehr genau, dass sich die Kinder von Sophienlust große Mühe gaben, sie zu trösten.

»Katze zu sein ist besser«, riet Fa­bian ihr.

»Und Heidi spielt das Mäuschen«, entschied Pünktchen.

Doch die kleine Heidi, die mit ihren abstehenden Zöpfchen ganz reizend aussah, zog einen Schmollmund. »Ich will lieber Blumen pflücken«, erklärte sie sehr bestimmt.

Da Heidi das jüngste Kind von Sophienlust war, genoss sie die Nachsicht aller.

Henrik, das Nesthäkchen der Familie von Schoenecker, wurde zum Mäuschen bestimmt, und Heidi hüpfte erleichtert davon.

Während auf der Lichtung das Spiel in vollem Gange war, pflückte Heidi am Waldrand Maiglöckchen. Plötzlich strich etwas Warmes, Weiches um ihre Beine. Sie schaute sich um und sah ein Tier mit langem sandfarbigem Fell und bernsteinklaren Augen.

Heidi kannte keine Angst vor Tieren. Sie ging sofort in die Hocke und streichelte den Vierbeiner, der sich so lautlos angeschlichen hatte.

Das fremde Tier ließ sich das schnurrend gefallen. Es duldete auch, dass Heidi es aufnahm und eilig zu ihren Freunden brachte.

»Ich habe einen Fuchs gefunden!«, verkündete die Kleine triumphierend.

Das Lachen und Quietschen der spielenden Kameraden verstummte augenblicklich. Henrik vergaß, sich vor der Katze in Sicherheit zu bringen und wurde prompt gefangen.

»Das soll ein Fuchs sein?«, schrie Vicky und stürmte der kleinen Heidi entgegen.

»Ein ganz lieber Fuchs«, brummte die Kleine und drückte ihren Fund stolz an sich. Er war so groß und schwer, dass sie ordentlich zu schleppen hatte.

Im nächsten Augenblick war Heidi von lauter staunenden Buben und Mädchen umringt.

»Hast du schon einmal einen schnurrenden Fuchs gesehen?«, fragte Fabian ein bisschen spöttisch.

»Ich habe noch gar keinen Fuchs gesehen«, verteidigte sich die Fünfjährige, die ihre Eltern auf tragische Weise verloren hatte.

»Das ist eine Katze«, schrie Henrik aufgeregt. Er versuchte Heidi das Tier abzunehmen, doch die Kleine ließ es sich nicht wegnehmen.

»Eine Katze hat doch nicht so lange Haare«, versuchte Pünktchen Heidi zu helfen. »Und außerdem haben alle Katzen grüne Augen. Und dieses Tier …«

»Es ist eben eine ganz besondere Katze«, versuchte Nick den Streit zu schlichten.

»Klasse ist sie«, jauchzte Henrik und wollte den Findling schon wieder auf den Arm nehmen.

Heidi schüttelte jedoch sehr bestimmt das Köpfchen. Obwohl sie die Kleinste in der Kinderschar war, verstand sie es ausgezeichnet, sich zu behaupten.

»Aber sie ist doch viel zu schwer für dich«, probierte Henrik es nun diplomatisch.

»Sie ist gar nicht schwer«, wehrte sich Heidi. »Und überhaupt gebe ich sie nur Petra, damit sie nicht mehr weint.« Auch für die Kleinsten von Sophienlust war es schon selbstverständlich, die Kameraden, die Kummer hatten, zu trösten.

Petras Gesichtchen verlor ein wenig von seiner Traurigkeit. Ihre blauen Augen strahlten, als Heidi ihr das schöne Tier übergab.

*

Der junge Tierarzt Dr. von Lehn untersuchte mit flinken geübten Händen den Findling. Er schaute ihm in die Ohren und in den Rachen. Jede seiner Bewegungen wurde von den Kindern mit großem Interesse verfolgt.

Schließlich richtete sich Hans-Joachim auf und strich dem Tier, das die Prozedur gutmütig über sich hatte ergehen lassen, liebevoll über das seidige Fell.

»Das ist ein echter Perserkater«, stellte Dr. von Lehn sachlich fest.

»Hab ich doch gleich gesagt«, meinte Henrik und drängte sich weiter vor.

»Stimmt nicht«, piepste Heidi. »Du hast gesagt, das sei eine Katze.«

»Mensch, das ist doch dasselbe«, prustete Henrik, und bedachte die kleine Heidi mit einem bedauerlichen Seitenblick.

»Ist nicht wahr«, half Pünktchen sofort wieder der Kleinen.

Dr. von Lehn musste lachen. »Ihr habt beide recht«, besänftigte er die Kinder. »Euer Findling ist ein ausgesprochen schönes und sehr gepflegtes Tier. Er ist etwa ein Jahr alt.«

»Er gehört mir, weil ich ihn gefunden habe!« Heidi klatschte vor Freude in die Händchen.

Andrea, die junge Frau des Tierarztes, die zwischen den Kindern stand, legte voll Zärtlichkeit den Arm um die Schultern des kleinen Mädchens. »Wir müssen abwarten, wem das Tier gehört. So ein prächtiger Perserkater lebt nicht frei im Wald. Er ist jemandem davongelaufen.«

Heidi blinzelte ein bisschen unsicher zu Andrea empor und meinte: »Vielleicht hat es ihm dort nicht mehr gefallen. Vielleicht möchte er lieber bei mir sein.«

Das klang so treuherzig und naiv, dass sich Dr. von Lehn ein Lächeln nicht verkneifen konnte. »Solche Tiere sind sehr teuer«, erklärte er nachsichtig. »Deshalb kann man sie nicht einfach behalten.«

»Ich habe Taschengeld«, erklärte Heidi, die um keinen Preis verzichten wollte. »Ich kaufe den Kater.«

»Ja, wir legen zusammen!«, schrie Henrik. Auch sein Blick hing wie gebannt an dem schönen Perserkater, der gelassen ein Schälchen Milch ausleckte.

Dr. von Lehn schüttelte leicht den Kopf. »Das Tier ist zwischen achthundert und tausend Euro wert. Da wird euer Taschengeld wohl nicht ganz reichen. Außerdem würde der Besitzer sicher nicht einverstanden sein.«

»Wir können ihn doch fragen.« Heidi sah in der hohen Summe keine Schwierigkeiten. Sie war noch zu klein, um das richtige Verhältnis zu Geld und Zahlen zu haben.

Nick dagegen erkannte sofort, dass die Sache aussichtslos war. Deshalb verlagerte er seine Hoffnung in eine ganz andere Richtung. »Vielleicht meldet sich auch niemand«, meinte er.

»Wir werden auf jeden Fall gleich morgen eine Anzeige in der Zeitung aufgeben«, entschied Andrea in ihrer jugendlich-temperamentvollen Art.

»Muss das sein?« Nick zog die Stirn in tiefe Falten, doch ein vorwurfsvoller Blick der älteren Schwester brachte ihn zum Schweigen.

»Aber wir dürfen den Kater doch behalten, bis sich sein Herrchen meldet?«, fragte Pünktchen und streichelte behutsam das weiche, sandfarbene Fell.

»Wenn ihr das Tier mit nach Sophienlust nehmt, wird es wieder weglaufen«, gab Hans-Joachim zu bedenken. »Es ist schon besser, ihr lasst es hier, und wir richten ihm eine Box.«

»Oh!«, erklang es bedauernd von allen Seiten. Traurig schaute die sonst so muntere Kinderschar auf den Findling.

»Ihr könnt ja jeden Tag kommen und mit dem Kater spielen«, tröstete Andrea.

Es war gut, dass Marianne, das Hausmädchen, eben mit Peterle, dem kleinen Sohn des Tierarzt-Ehepaares, vom Spaziergang zurückkam. Der hübsche kleine Junge, der erst vor Kurzem laufen gelernt hatte, war der Liebling aller Kinder. Sofort wandte sich deren Interesse dem Kleinen zu.

*

Oberschwester Resel stemmte die Arme in die Seiten und wollte eben voll Entrüstung erklären, dass im Moment keine Besuchszeit sei. Doch die gepflegte, elegante Erscheinung des Rechtsanwalts Dr. Erich Nefen brachte sie zum Schweigen. Dieser Mann trat so selbstbewusst und überlegen auf, dass selbst die resolute Oberschwester auf eine Rüge verzichtete.

»Ich möchte gern mit dem Chefarzt sprechen«, erklärte Dr. Nefen. Seine klugen grauen Augen hinter der starken Brille sahen an Schwester Resel vorbei ins Arztzimmer.

»Moment bitte, ich rufe ihn«, antwortete die Oberschwester, ungewohnt fügsam.

»Sagen Sie mir lieber, wo ich ihn finde.« Erich Nefen war äußerst nervös, doch das merkte ihm niemand an. Er hatte sich ausgezeichnet in der Gewalt.

»Der Chefarzt ist im Wachzimmer.«

»Und wie komme ich dorthin?« Dr. Nefen war ein Mensch, der kaum jemals ein Wort zu viel sagte. Knapp, aber präzise waren seine Angaben, wenn es um einen juristischen Fall ging. Seine Sachlichkeit wurde von den Kollegen und besonders bei Gerichtsverhandlungen sehr geschätzt. Im Privatleben allerdings ließ diese Sachlichkeit Erich Nefen zu einem Außenseiter werden, der wenig Freunde hatte.

Oberschwester Resel erklärte dem Besucher den Weg und verzichtete großzügig auf jede Ermahnung.

Erich Nefen trat gleich darauf durch eine Glastür am Ende des Flurs. Flüchtig nahm er den Geruch von Desinfektionsmitteln wahr, sah, dass es hier vor Sauberkeit blitzte.

Da kam ihm auch schon Dr. Kuhn, ein kleiner untersetzter Mann im weißen Kittel, entgegen.

»Ich möchte mich nach Maria Berghaus erkundigen. Sie wurde heute operiert.« Dr. Nefen wusste sofort, dass er hier den Chefarzt vor sich hatte. Höflich stellte er sich vor.

»Ach ja, die Galle«, murmelte der Mediziner und sah sich dabei nach dem Stationsarzt um. Doch dieser war nirgends zu erblicken.

Eigentlich wäre es dessen Aufgabe gewesen, hier Auskunft zu geben. Deshalb schien Dr. Kuhn einen Augenblick zu überlegen, nach den richtigen Worten zu suchen. »Es war eine schwere Operation«, meinte er dann bedächtig. »Kein Routineeingriff. Der Kreislauf der Patientin ist äußerst labil.«

Der Arzt verschwieg, dass er Maria Berghaus durch künstliche Beatmung und Herzmassage ins Leben hatte zurückholen müssen. Sie war auch jetzt noch lange nicht über dem Berg. Man befürchtete ein neuerliches Herzversagen.

»Wie beurteilen Sie den Zustand von Frau Berghaus jetzt?« Dr. Nefens Blick hinter der dicken Brille wirkte ängstlich. Seine Gegner im Gerichtssaal hielten ihn oft für kalt und gefühllos. Hätten sie ihn jetzt sehen können, hätten sie ihr Urteil revidiert.«

»Wir müssen abwarten«, erklärte Dr. Kuhn distanziert. Welchen Sinn hatte es, wenn er dem Besucher verriet, dass er selbst in großer Sorge um die junge Frau war?

»Was kann man für Frau Berghaus tun?« Die redegewohnte Stimme des Anwalts klang rau und heiser.

»Wir überwachen durch Geräte jede Körperfunktion. Das Absinken des Blutdrucks oder das Nachlassen der Herztätigkeit wird sofort signalisiert. Frau Berghaus wird ständig von einem tüchtigen jungen Arzt beobachtet. Sie bekommt hochwertige Medikamente und Aufbaustoffe. Mehr kann man im Moment nicht für sie tun.«

»Wann werden Sie den Zustand von Frau Berghaus besser beurteilen können?« In Erich Nefens Gesicht zuckte es.

»Gewöhnlich geht es nach der ersten Nacht rasch aufwärts.«

»Morgen also.« Dr. Nefen atmete tief durch. Er wusste, dass diese Stunden für ihn unendlich lang sein würden. »Darf ich jetzt zu Frau Berghaus?«

»Für einige Minuten. Bitte, lassen Sie sich vom Pfleger sterile Kleidung und Schuhe geben.« Dr. Kuhn verabschiedete sich und ging rasch davon. Der weiße Mantel flatterte um seine Beine.

Maria, arme, tapfere Maria! Etwas anderes konnte Dr. Nefen in diesen Minuten nicht denken. Wie im Traum schlüpfte er in einen weißen Kittel, in dünne Überschuhe und ließ sich einen Mundschutz umbinden.

Dann stand er am Bett seiner Sekretärin. Beinahe hätte er sie nicht erkannt. Bleich und eingefallen war das reizvolle Gesicht. Feucht hingen die sonst so schönen kastanienbraunen Locken in Strähnen um den Kopf der Frischoperierten. Die Augen hielt sie fest geschlossen. Dunkel hoben sich die langen Wimpern von der erschreckend hellen Haut ab.