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Hans Werner Richter

MITTENDRIN

Die Tagebücher 1966–1972

Herausgegeben von Dominik Geppert
in Zusammenarbeit mit Nina Schnutz

Mit einem Vorwort von Hans Dieter Zimmermann
und einem Nachwort von Dominik Geppert

 

 

 

 

 

 

 

C.H.Beck

Zum Buch

Hans Werner Richter (1908–1993) saß mittendrin im deutschen Kulturbetrieb. Günter Grass, Heinrich Böll, Uwe Johnson, Ingeborg Bachmann, Martin Walser, Hans Magnus Enzensberger, Marcel Reich-Ranicki, Fritz J. Raddatz und viele andere – sie alle kamen, wenn der Gründer der Gruppe 47 rief. Völlig unbekannt war bisher, dass er ein Tagebuch geführt hat. Mit dieser Edition wird es erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Zwischen 1966 und 1972 hielt Hans-Werner Richter seine Beobachtungen in losen Einträgen schriftlich fest. In diesen Jahren war er als Gastgeber eines von NDR und SFB ausgestrahlten politisch-literarischen Salons eine prägende Figur des intellektuellen juste milieu der Bundesrepublik. Er besaß breite Interessen, verzweigte Kontakte und ein feines Gespür für Wandlungen der Zeitstimmung. In diese Zeit fällt der Auflösungsprozess der Gruppe 47, über deren Zukunft und Leistungen Richter intensiv nachdachte. Die Tagebucheinträge werfen aber auch Schlaglichter auf seine anfängliche Sympathie für die Studentenbewegung, die bald einer immer größeren Distanz wich. Sie dokumentieren die Hoffnungen, die sich mit dem Aufstieg Willy Brandts und dessen Neuer Ostpolitik verknüpften, ebenso wie die latente Sorge vor einem reaktionären Rückschlag. Und sie liefern ein lebendiges Porträt der Literaturszene, das vor deutlichen Wertungen und saftigen Urteilen nicht zurückschreckt. Richter hatte mehrfach öffentlich bestritten, ein Tagebuch zu führen. Dass seine Notizen mit dieser Edition erstmals veröffentlicht werden können, ist daher eine kleine literarische Sensation.

Über den Herausgeber und die Mitwirkenden

Dominik Geppert ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Nina Schnutz ist wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl von Prof. Geppert

Hans Dieter Zimmermann ist Prof. em. der Technischen Universität Berlin und Vorsitzender der Hans-Werner-Richter-Stiftung. Bei C.H.Beck liegt von ihm vor: Kafka für Fortgeschrittene (2004), Martin und Fritz Heidegger (2. Aufl. 2005), Tschechien (2009)

Inhalt

Vorwort

Hinweise zur Edition

Die Tagebücher.
29. September 1966 bis 12. September 1972

1966

1967

1968

1969

1970

1971

1972

Hans Werner Richter als Tagebuchschreiber.

Mutmaßungen über einen Text, den es eigentlich nicht geben sollte

Anhang

Anmerkungen

Quellen- und Literaturverzeichnis

Bildnachweis

Übersicht über die Sendungen Hans Werner Richters

Danksagung

Register

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Hans Werner Richter

Vorwort

«Als mich Hans Werner Richter zum ersten Mal zu einer Tagung der Gruppe 47 einlud, sah ich das Bild einer großen grünen Wiese mit weit darüberhin verstreuten weißen Zelten vor mir. Ob die Tagungen später in Gasthöfen, Burgen oder Strandhotels stattfanden, dieses innere Bild blieb bestehen. Vielleicht hängt es mit der Atmosphäre der Heiterkeit, der Geborgenheit im Offenen zusammen, die fast allen Tagungen gemeinsam war. Dass man zuweilen kritisiert, auch scharf kritisiert wurde, dass es, wie nicht anders möglich, innerhalb der Gruppe zu Spannungen kam, schmälerte diese Geborgenheit kaum. Alles war ins Offene gesagt. Die Freundschaften innerhalb der Gruppe und die Freundschaft, die diese Gruppe ausstrahlte, schliefen in den halbjährlichen oder jährlichen Pausen zwischen den Tagungen nicht ein. Ambitionen, Rivalitäten gab es und musste es auch geben, aber das Maß gab die Freundschaft.»

So erinnerte sich Ilse Aichinger im Beiheft Literatur im technischen Zeitalter (II, 1988, S. 51) an die Gruppe 47. Was diese Gruppe war, was sie für die Teilnehmer bedeutete, aber auch für das literarische Leben der jungen Bundesrepublik, ist heute schwerlich zu ermessen. Dass sie nach den Verheerungen von Krieg und Nazizeit einen neuen Ton fand, eine neue Art der Freundschaft, des freien Redens, des offenen Umgangs in einer Zeit der Stummheit und Verstocktheit, ist heute nur noch schwer nachzuvollziehen. Man müsste die Literaturszene rekonstruieren, in der noch der pathetische Ton der Vorkriegszeit dominierte und Autoren der inneren Emigration und der Kollaboration das Sagen hatten. In der Gruppe 47 trafen sich jüngere Autoren, die zuvor nicht oder nur wenig publiziert hatten, es gab Ausnahmen wie Günter Eich und jüngere Autoren des Exils, denen hier der Zugang zum deutschen Publikum geöffnet wurde: Wolfgang Hildesheimer, Paul Celan, Peter Weiss, Erich Fried und die Kritiker Marcel Reich-Ranicki und Hans Mayer, die hier ihre Karriere in Westdeutschland begannen.

Auch der viel berufene Auftritt Paul Celans auf der Tagung in Niendorf 1952 war für diesen erfolgreich. Er fand einen Verleger, erste Rundfunkaufnahmen entstanden, Freundschaften wurden geknüpft mit Heinrich Böll, Paul Schallück, Rolf Schroers, später mit Günter Grass und Walter Höllerer. Auch zu Hans Werner Richter riss die Verbindung nicht ab trotz der enorm taktlosen Bemerkung Richters über den hohen Ton, den Celan wieder einführte. Celan kam zwar nicht mehr zu Tagungen der Gruppe, wiewohl ihn Richter immer wieder einlud, aber sie korrespondierten und sie trafen sich 1962 wieder zu einem guten Gespräch, wie Celan in einem Brief bestätigte.

Der Ursprung der Gruppe liegt in einem amerikanischen Kriegsgefangenenlager, in dem Hans Werner Richter und Alfred Andersch die Zeitschrift «Der Ruf» herausgaben, die sie nach der Entlassung in München erfolgreich fortführten, bis sie auf Druck der amerikanischen Militärregierung zurücktreten mussten. Sie hatten auch die Besatzungsmacht kritisiert. Aus dem ersten informellen Treffen der Mitarbeiter des «Rufs» bildete sich 1947 die Gruppe, die sich nach und nach erweiterte. Zweimal im Jahr trafen sich Autoren und Publizisten. Hans Werner Richter lud ein, meist in entlegene Gasthöfe, da blieben die Teilnehmer zusammen und da waren sie ungestört, bis der Presserummel um die Gruppe entstand, der sie schließlich berühmt machte.

Hans Werner Richter war der Initiator und der Motor des Ganzen. Von keinem andern hätten wir uns das gefallen lassen, sagte einmal Hans Mayer. Er war eine Autorität, aber er war nicht autoritär. Er war freundlich und verbindlich, aber nie gleichgültig. Er achtete auf Qualität, nicht nur literarische, auch menschliche. Heute würde man sagen: er war der Moderator. Er lud ein, er saß vorne auf einem Sessel und leitete die Sitzungen, er erteilte das Wort, ohne an den Diskussionen mitzuwirken. Ein Autor las, und dann wurde über das Vorgelesene gesprochen. Der Autor musste dazu schweigen, was den Nachteil hatte, dass er auch Missverständnisse nicht aufklären konnte. Doch dies war die Übung: freie Rede, offenes Gespräch, kontroverse Debatten, ohne dass unterschiedliche Positionen zu unversöhnlichem Streit führten. Man war anderer Meinung, aber man akzeptierte einander. Das musste nach der Nazizeit erst einmal gelernt werden. Es gab keine Dogmen, keine Festlegung auf bestimmte literarische Konzepte. Mag am Anfang ein schlichter Realismus dominiert haben wie in Richters erstem Roman «Die Geschlagenen», so kamen bald weitere Schreibweisen hinzu, nicht zuletzt durch die Lyriker Ingeborg Bachmann und Paul Celan, schließlich durch Prosaisten wie Ilse Aichinger, später Helmut Heißenbüttel, Peter Bichsel und Jürgen Becker, den letzten Preisträger der Gruppe 47, der von den Teilnehmern in geheimer Abstimmung jeweils gewählt wurde.

Einige Autoren, die an den Tagungen teilnahmen, sollen neben den genannten noch angeführt werden: Carl Amery, Ingrid Bachér, Reinhard Baumgart, Horst Bienek, Johannes Bobrowski, Milo Dor, Hans Magnus Enzensberger, Günter Grass, Hubert Fichte, Peter Härtling, Walter Höllerer, Walter Jens, Uwe Johnson, Joachim Kaiser, Barbara König, Siegfried Lenz, Reinhard Lettau, Tadeusz Nowakowski, Fritz J. Raddatz, Klaus Roehler, Wolfdietrich Schnurre, Martin Walser, Gabriele Wohmann.

Eine politische Verpflichtung allerdings gab es: Abwehr des Nationalismus und Nationalsozialismus, Zustimmung zur parlamentarischen Demokratie. Dass zwei der jungen Autoren noch Mitglieder der NSDAP gewesen waren, wusste Richter nicht. Dass sie nunmehr engagierte Anhänger der parlamentarischen Demokratie waren, das konnte er erleben. Sein Misstrauen hätten sie sonst geweckt, wie es im Falle des ehemaligen Wehrmachtsoffiziers Rolf Schroers der Fall war, von dem Richter sich schließlich in einem unschönen Streit trennte. Auch Paul Celan brach die Korrespondenz mit Schroers ab, nachdem er dessen Schrift «Der Partisan» gelesen hatte, die merkwürdige Schrift eines Offiziers, der im Partisanenkrieg in Italien 1944 gekämpft hatte. Da waren, so schien es, nationalsozialistische Restbestände. Mit denen sollte die Gruppe nichts zu schaffen haben.

Die Gruppe 47 wurde von Anfang an angegriffen, zunächst von nationaler und konservativer Seite, dann auch von linker Seite, nämlich aus der DDR, schließlich auch in der Bundesrepublik und zwar in einem Organ, das zumindest zeitweise von der DDR finanziert wurde: in der Hamburger Studentenzeitschrift «konkret» im Jahre 1966. Der Angriff in «konkret» war für Richter deshalb so schmerzhaft, weil er von links kam – verstand er sich doch als Linker – und noch dazu von dem angesehenen Autor Hans Erich Nossack und dem Emigranten Robert Neumann. Dies mag den Anstoß zu dem Tagebuch Richters gegeben haben, das wir hier der Öffentlichkeit vor legen.

Es ist kein intimes, es ist ein literarisch-politisches Tagebuch, das Richter wohl für eine spätere Veröffentlichung vorgesehen hatte. Er übergab es schließlich seinem Freunde Arnulf Baring, der eine Biographie Richters schreiben wollte. Dominik Geppert, Ordinarius für Zeitgeschichte an der Universität Bonn, hat es nun unter Mitarbeit von Nina Schnutz abgeschrieben, kommentiert und herausgegeben und damit den Lesern zugänglich gemacht: die persönliche Sicht eines Autors, der mittendrin stand in der literarischen und politischen Szene dieser für die Bundesrepublik so wichtigen Jahre 1966 bis 1972.

Richter wollte sich hier offensichtlich seiner Position versichern und die Ereignisse festhalten und kommentieren, die ihn bewegten und erschütterten, nicht zuletzt weil sie ihn an schmerzhafte Erfahrungen vor und nach 1933 erinnerten. Dies war auch der Anstoß zu seinem Roman «Rose weiß, Rose rot», an dem er in dieser Zeit arbeitete. Es ist kein großer Roman, aber ein Werk, das die Erfahrungen seiner Generation weitergeben sollte: die Zersplitterung der Linken, der Kampf der Linken gegen die Republik, das Versagen der KPD vor 1933 und die Zerstörungen des Nationalsozialismus nach 1933. Diese Erfahrungen weiterzugeben, damit daraus gelernt werde, das war wohl der lebenslange Impuls, der zu seiner enormen politischen und publizistischen Arbeit führte, für die er auch lange Jahre das Schreiben aufgab. Wer die Erfahrung dieser Generation – Richter wurde 1908 geboren und durchlitt alle Verhängnisse des 20. Jahrhunderts – ignoriert, wird kaum zu einem rechten Verständnis der Leistung Richters gelangen. Es waren zwei Dinge, die Richter besonders fürchtete: das Erstarken der Rechten und das Zersplittern der Linken. So gründete er 1956 mit anderen den «Grünwalder Kreis», um gegen rechtsradikale Tendenzen zu kämpfen. Er führte Ende der fünfziger Jahre die Anti-Atomtod-Bewegung an und war zeitweise Präsident der europäischen Föderation gegen Atomrüstung in Ost und West. Richter kannte die Sowjetunion, die er mehrmals bereiste, er kannte den Kommunismus, war er doch Mitglied der Partei gewesen, bis er 1932 ausgeschlossen wurde: er machte sich keine Illusionen, er war ein scharfer Kritiker des sowjetischen Systems.

Deshalb seine Enttäuschung über die linken Studenten und über die Professoren und Schriftsteller, die sich von ihnen zu linksradikalen Positionen treiben ließen: für ihn war es eine lächerliche Wiederkehr dessen, was er vor 1933 erlebt hatte. Nur fanden die Diskussionen über Marxismus diesmal auf niedrigerem Niveau statt, wenn sich auch die Realitätsblindheit wiederholte. Er wusste die Bundesrepublik als funktionierende Demokratie zu schätzen und er wollte seinen Beitrag zum besseren Funktionieren leisten. Er bewahrte einen klaren Kopf und beobachtete kopfschüttelnd, wie kluge Kollegen zu politischen Dummköpfen wurden. Dies mag erstaunen: Richters Kritik in seinem Tagebuch richtet sich vor allem gegen die Kollegen, nicht gegen die Politik der Bundesregierung. Diese äußerte er allenthalben in der Öffentlichkeit, etwa in dem von ihm herausgegebenen Sammelband «Bestandsaufnahme», in den Wählerinitiativen für die Sozialdemokraten, die er leitete oder inspirierte. Im Nachwort von Dominik Geppert ist das nachzulesen.

In diesem Tagebuch können wir die zweite Hälfte der öffentlichen Tätigkeit Hans Werner Richters kennen lernen, die bisher kaum beachtet wurde: das offene Gespräch innerhalb der Gruppe 47 mitsamt den politischen Initiativen am Rande der Gruppe wäre die erste Hälfte, seine Arbeit als Leiter von Hörfunk- und Fernsehsendungen über politische und literarische Themen wäre die zweite Hälfte. Nicht zuletzt um die geht es hier. Richter wechselte in diesen Jahren zwischen seiner Wohnung in München und einer Wohnung im ehemaligen Hause des Verlegers Samuel Fischer im Berliner Grunewald. In der Villa Fischers wurden die Sendungen aufgenommen, die Richter leitete. Richter ist so gesehen ein Erfinder der heute so beliebten Talkshows. Freilich war er ein kompetenter Moderator, der nicht die Karten ablas, die ihm eine Redaktion zusammengestellt hatte. Er war Redakteur und Moderator zugleich, und er stellte die Runden zusammen, in denen immer Autoren, Professoren und Politiker unterschiedlicher Couleur saßen, allerdings keine Filmstars, Köche oder Sportler. Es ging um Sachthemen. Also auch hier: das offene, auch kontroverse Gespräch, aber keine Vernichtung des Gegners. Danach saß man beim Essen und beim Wein auch in größerer Runde zusammen. Und so wirkte Richter weiterhin in die Öffentlichkeit hinein, wenn auch weniger spektakulär als durch die Tagungen der Gruppe 47: durch die Sendungen und durch die Netzwerke, die sich durch den wachsenden Kreis der Teilnehmer bildeten. Dieser hatte freilich auch einen harten Kern, wie einst in der Gruppe, der immer wiederkehrte.

Das war es ja auch, was ihn an den studentischen Protesten, mit denen er zunächst sympathisiert hatte, verstörte: der Meinungsterror. Da wurde manchen das Wort verboten, auch abgeschnitten, Vorträge, Vorlesungen durch Terror beendet. Ein Emigrant etwa wie der Kunsthistoriker Otto von Simson konnte an der Freien Universität Berlin nicht mehr lehren, weil ihn die linken Studenten als Bürgerlichen verfolgten. Nicht nur ihn ergriffen schlimme Erinnerungen. Dieser Meinungsterror, der bestimmte Themen verbot, andere nur unter ideologischen Vorzeichen zu diskutieren erlaubte, einzelne Personen öffentlich vernichtete, die anderer Meinung waren, ist ein schlimmes Erbteil der Studentenbewegung, das sich bisweilen auch heute noch in den Medien zeigt. Dagegen wandte sich Richter entschieden: für ihn, der in Bundeskanzler Willy Brandt seinen politischen Wunsch verwirklicht sah, war die CDU immer ein Gesprächspartner, kein Feind. So war er mit einem CSU-Bundestagsabgeordneten befreundet. Sein klares politisches Urteil, das ihn von vielen Kollegen damals unterschied, hat ihm nicht nur Freunde gemacht. Und auch darin unterschied sich Richter von manchen seiner Kollegen und den meisten Studentenführern jener Jahre: die Bedrohung Israels 1967 beschäftigte ihn zunächst mehr als die Studentenunruhen. Der Krieg im Nahen Osten war ihm wichtiger als der Tod des Studenten Benno Ohnesorg in Berlin. In Israel, so schien es ihm, drohte erneut die Vernichtung der Juden. Aus Münchener Sicht verstand er zunächst die Berliner Aufregung nicht.

Und doch ist ein Leitthema dieser Tagebücher die Gruppe 47. Sie ist sein Werk, daran zweifelten auch die anderen nicht, sie war Teil von ihm. Hier zeigte sich auch seine Eitelkeit, auch seine Verletzlichkeit. Wer sie angriff, griff ihn an. Und das nahm er übel, jedenfalls im Tagebuch. In dem wird aber auch deutlich, dass er bereit war zu verzeihen und einzulenken, sonst wäre ihm die Leitung der Gruppe nicht gelungen. Solange die Gruppe bestand, war die immer wiederkehrende Frage: wie lange noch? Viele machten sich zu Fürsprechern eines baldigen Endes. Als sie dann zu Ende ging, nicht wegen des harmlosen und sorgfältig inszenierten Lärms einiger Studenten bei der Tagung in der Pulvermühle 1967, war der Jammer groß.

Geplant war die nächste Tagung in der Nähe von Prag. Der tschechoslowakische Schriftstellerverband hatte eingeladen, um mit Hilfe der berühmten Gruppe seine eigenen Autoren bekannt zu machen. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Panzer im August 1968, nach der Niederschlagung des «Prager Frühlings», in dem Richter noch einmal seine Hoffnung auf einen demokratischen Sozialismus aufscheinen sah, musste die Tagung abgesagt werden. Eine neue, wiewohl immer mal wieder geplant, kam nicht mehr zustande.

Richter sammelte im Tagebuch mit einer gewissen Genugtuung die Stimmen all jener, die ihn baten, die Gruppe wieder aufleben zu lassen. Auch die, die vorher ihr Ende wünschten, baten nun um ihre Wiederkehr. Die Gründe, die sie nannten, zeigen noch einmal die Leistung der Gruppe: die Gruppe setzte literarische Maßstäbe, die heute fehlen, sie sammelte Einzelgänger, die heute vereinsamt sind. Alle waren sich freilich einig, dass eine Wiederkehr der Gruppe 47 nur mit Hans Werner Richter möglich wäre. Er war ein Glücksfall für die deutsche Literatur.

Als Toni Richter, die Witwe des Schriftstellers, der 1993 starb, die Hans Werner Richter-Stiftung Bansin 1998 einrichtete, ging es ihr nicht um das abgeschlossene Werk ihres Mannes, sondern um dessen Fortsetzung. Die Stiftung versammelt einmal im Jahr in der alten pommerschen Universitätsstadt Greifswald junge Schriftstellerinnen und Schriftsteller, nicht nur deutscher Zunge, sondern auch solche aus den Staaten der Ostsee, des baltischen Meeres, das der Fischersohn Richter von der Insel Usedom so liebte, zu Lesung und Gespräch in freundschaftlicher Runde.

Hans Dieter Zimmermann
 (Vorsitzender der Hans Werner Richter-Stiftung Bansin)

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Erste Seite des Tagebuchs

Hinweise zur Edition

Hans Werner Richter hat seine Tagebuchnotizen in zwei linierten Bändchen, die mit einem dunkelgrauen, gummierten Kartoneinband versehen sind, hinterlassen. Das erste Heft umfasst auf 383 eng in Richters Handschrift beschriebenen Seiten die Zeit vom 29. September 1966 bis zum 12. Januar 1971. Im zweiten Heft sind nur 81 Seiten beschrieben, auf denen handschriftliche Beobachtungen aus der Zeit zwischen 18. Januar 1971 und 12. September 1972 festgehalten sind. Für die vorliegende Edition wurde das handschriftliche Original, das sich im Besitz der Hans Werner Richter-Stiftung befindet und jetzt im Archiv der Akademie der Künste Berlin einsehbar ist, transkribiert und kommentiert (zur Überlieferungsgeschichte siehe Nachwort).

Die Edition dokumentiert den vollständigen Tagebuchtext. Kürzungen wurden nicht vorgenommen. Nur an drei Stellen waren aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen Auslassungen nötig. Diese sind durch drei Punkte in eckigen Klammern […] gekennzeichnet. Absätze und Gliederungspunkte sind originalgetreu wiedergegeben. Zum Textverständnis notwendige Ergänzungen der Bearbeiterin, vor allem bei Datumsangaben, wurden in eckigen Klammern [3. Juli 1967] vermerkt. Spätere Zusätze in Richters eigener Handschrift erscheinen in spitzen Klammern <xxx>. Die wenigen unleserlichen Stellen sind mit drei Kreuzchen in eckigen Klammern [xxx] gekennzeichnet. Worte, deren richtige Entzifferung nicht vollständig gesichert ist, wurden mit einem Fragezeichen in eckigen Klammern [?] markiert.

Anders als in einer textkritischen Edition wurden von Richter selbst durchgestrichene Wörter nicht aufgeführt, weil dies die Lesbarkeit des Textes erschwert hätte. Orthographie- und Interpunktionsfehler, auch falsch geschriebene Namen wurden um der besseren Verständlichkeit willen stillschweigend verbessert.[1] Die von Richter nicht stringent gehandhabte Verwendung von «ss» und «ß» sowie die uneinheitliche Zusammen- und Getrenntschreibung blieben unverändert. Auf eine Angleichung an die neue Rechtschreibung wurde verzichtet. Besondere Schreibweisen Richters (z.B. «entgültig», «tötlich») wurden ebenso wie seine zum Teil etwas eigenwillige Groß- und Kleinschreibung (z.B. «berliner») beibehalten; nur wenn es der besseren Lesbarkeit diente, wurden behutsame Änderungen vorgenommen.

Die Einträge im Tagebuch wurden mit der einschlägigen Forschungsliteratur, mit der zeitgenössischen Presseberichterstattung und mit Richters Korrespondenz abgeglichen; der Abgleich ist im Anmerkungsapparat dokumentiert. Bei der Wiedergabe von anderweitig nicht dokumentierten Gesprächen war eine Überprüfung naturgemäß nicht möglich, so dass alle derartigen Äußerungen als nicht vollständig verlässlich gelten müssen. Außerdem finden sich in den Anmerkungen zum Textverständnis notwendige, möglichst knapp gehaltene Informationen über Sachverhalte, Personen und Werke, die im Tagebuch erwähnt werden. Bei der Erläuterung von Personen steht zum einen die Beziehung zu Hans Werner Richter, zum anderen der Bezug zu den Jahren 1966 bis 1972 im Mittelpunkt, so dass in der Regel nur Hinweise zu biographischen Berührungspunkten mit Richter und Angaben über berufliche Positionen etc. für die Jahre 1966 bis 1972 aufgeführt wurden (Ausnahmen wurden immer dort gemacht, wo dies für das Textverständnis sinnvoll erschien).

Bibliographische Nachweise sind in den Anmerkungen mit Kurztiteln aufgenommen, die genauere Aufschlüsselung findet sich im Literaturverzeichnis; lediglich Presseartikel und Werke, die im Tagebuch direkt angesprochen werden, erscheinen in den Anmerkungen mit vollständigen bibliographischen Angaben. Die wichtigsten Daten zu den von Richter moderierten Fernsehsendungen sind in den Anmerkungen aufgeführt; ausführlichere Informationen finden sich in einer gesonderten Auflistung im Anhang. Auf Querverweise innerhalb des Tagebuchs wurde verzichtet, um den Anmerkungsapparat nicht unnötig aufzublähen.

 

Dominik Geppert und Nina Schnutz

Die Tagebücher

29. September 1966 – 12. September 1972

1966

München 29.9.[19]66 Vorgestern kam das Heft von Walter Höllerer «Kunst und Elend der Schmährede»[1]. Ich habe es gestern gelesen, es ist viel besser geworden als ich erwartet hatte. Roehler[2], der aus Berlin anrief: «Jetzt schwimmen zwei Leichen im deutschen Literaturteich herum: Neumann und Nossack» und: «Jetzt sehe ich erst, was für ein gefährlicher Mann der Höllerer ist. Man kann nur jedem raten, sich nicht mit ihm anzulegen.» Tatsächlich sind die Analysen der polemischen Sprache Neumanns und Nossack’s tötlich. Was mag sie nur veranlasst haben, ausgerechnet die Gruppe 47 im polemischen Stil des Dritten Reiches anzugreifen[3]: Neid, Eitelkeit, Angst vorm Vergessen werden? Sie haben nichts begriffen, nicht die Zeit, in der sie noch leben, nicht das politische Klima, nicht die Literatur. Ist dies Gesetz: wenn man alt wird, verliert man Instinkt und Intuition? Die politische Dummheit dieser Angriffe ist kaum fassbar, man schießt im Stil der Rechten von links und wundert sich, wenn die Geschosse rechts heraus kommen. Alles schon einmal gehabt. Aber lernen Literaten nichts aus Erfahrungen? Sind sie dumm, sind sie beschränkt? Sie gehen einem politischen Zuhälter – wie dem konkret-Redakteur[4] – auf den Leim, merken nichts, spüren nichts, lassen sich neben, wie es heißt, «knallhartem Sex» abdrucken[5] und halten sich für Partisanen, Partisanen, denen der neidvolle Geifer, Geifer alter Männer, aus dem Mund rinnt. Ist Alter eine Entschuldigung? Es ist keine. Für niemanden. Auch nicht für mich. Brief an Höllerer und Andersch geschrieben. Bei Fred Andersch bedankt. Er hat sich sehr gut benommen. Das habe ich nicht erwartet.[6] Aber die anderen? Böll hält stattdessen eine Rede in Wuppertal und ruft nach mehr Staat.[7] Mehr Staat? National-Bolschewismus? Was will er eigentlich, der Böll? Ich glaube, er weiß es selbst nicht. Mal mehr Staat, mal weniger Staat, mal gar keinen Staat. Ist es seine Aufgabe, nach einem Mehr an Staat zu schreien? Das soll er der Rechten überlassen. Aber hat er sich nicht einmal dagegen verwahrt, ein «Linker» zu sein. Merkwürdig: in den Artikeln für die Gruppe 47 gegen Nossack und Neumann bin ich immer ein nur «freundlicher» Mensch, alle stellen mich nach hinten, als müssten sie mich aus der Frontlinie nehmen: Andersch: «Auch die Freundlichkeit des ausgezeichneten Schriftstellers Hans Werner Richter erklärt nicht das Phänomen.»[8] Kaiser: «Muss der Diskussionsleiter der Gruppe 47 ein guter Autor sein.»[9] Raddatz: «Über ‹Gott-Vater› Richters Satiren schrieb kein Mensch.»[10] Wiegenstein: «Er hat Freunde. Das macht seinen Charme aus. Das macht ihn unersetzlich.»[11] Ich muss an Robert Jungk[12] denken, der einmal sagte: «Sie sind ein Genie der Freundschaft.» Immer nur Bonhomie, nicht mehr, nur dies! Verkleinern sie mich, um selbst grösser zu werden, um sich nichts zu vergeben, um dabei sein zu können? Verträgt ihr Selbstbewußtsein keine andere Auslegung? Dabei müssten sie nach so vielen Jahren wissen, daß alles von mir kommt: Methode und Konzeption, Spielregel und Name. Geht das allein mit Bonhomie? Was aber war die Konzeption: Versachlichung der deutschen Literatur oder der deutschen Literaturentwicklung. Das umfasst alles, auch die Sprache. Darüber wird noch zu schreiben sein.

30.9.[19]66 In «Neues Deutschland» steht der Satz von Christian Geissler[13] aus einer Rede auf der Frankfurter Buchmesse: «In diesem Zusammenhang kritisierte er (Geissler) auch die westdeutsche Schriftstellergruppe 47 (zu der u.a. Hans Werner Richter und Günter Grass[14] gehören). In ihr würge der Antikommunismus die moralische Substanz ab. Ohne die Fessel, ohne die Zündschnur, ohne das Netz des Antikommunismus wäre aus Princeton 66[15] ein einziger Akt intellektueller Empörung geworden, eine Woche schärfsten Protestes gegen Mord und Totschlag.»[16] Schade, daß Geissler in Princeton nicht dabei war. Woher mag er nur seine Informationen nehmen? Hätte die DDR die von mir eingeladenen Autoren fahren lassen, vielleicht wäre es dann zu einem «Akt intellektueller Empörung» gekommen. Aber die DDR ließ sie nicht fahren trotz der amerikanischen Einreisegenehmigung.[17] Wußte Geissler das nicht oder will er es nicht wissen. Hier schlug der Kommunismus sich selbst ins Gesicht. Wer betreibt den Antikommunismus? Ist Hermlin ein Antikommunist?[18]

1.10.[1966] Grass mit seinem Brief an Peter Handke in der Abendzeitung: «Bitte um bessere Feinde».[19] Zu viel Ironie. Es wird alles gesagt, die Verleumdung wird angesprochen, der Stil des Dritten Reiches, der Neid, es ist, liest man es dreimal, vernichtend, aber wer versteht es. Jede Ironie ist mißverständlich. Warum immer die müde, alte Gruppe: «sie lebt, wenn auch mühsam». Das wollen sie ja hören, die Verleumder: seht, sie ist ja schon tot, unsere Tiraden begleiten nur ihre letzten Zuckungen. Denselben Fehler macht Joachim Kaiser, er verteidigt und gibt gleichzeitig auf.[20] Das ist eine fragwürdige Taktik. Sie macht mir das Leben schwer. Besser ist schweigen. Eine Sache wie die Gruppe 47 ist nicht zu verteidigen. Sie ist. Ihre indirekten Einflüsse sind so weitverzweigt, daß sie in ihrem ganzen Umfang erst sehr viel später erkennbar sein werden. Das Prinzip des indirekten Einflußes: man lässt Texte lesen, man lässt sie kritisieren. Es ist unwichtig, ob die Texte etwas besser oder schlechter sind, ob die Kritik brilliant oder nicht brilliant ist, es entsteht, so oder so, Kommunikation, es entsteht, setzt man dies Jahr für Jahr fort, ein literarisches Zentrum, ein literarischer Existenzmittelpunkt, es entsteht das, was ich den indirekten Einfluss nenne. Er muss sich – in einer demokratischen Gesellschaft – auch politisch auswirken. Dieser Einfluss ist unmerklich, kaum wahrnehmbar. Dennoch bewirkt er mehr als alle Programme, alle Manifeste, mehr als jeder Versuch, unmittelbar Einfluß zu <nehmen>. Dies war mein Streit mit Alfred Andersch 1954–55:[21] Er wollte ein Programm, ein literarisches Programm und ein politisches Programm. Ich lehnte es ab. Die programmlose Entwicklung war für mich entscheidend für den indirekten Einfluss. So blieb alles wandelbar, konnte den jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden, ohne daß man Anpassung betrieb, aber auch der Nicht-Anpassungswillige muß der jeweilig veränderten literarischen und politischen Situation gerecht werden. Alles war nicht eine Frage von Programmen, sondern eine Frage der Mentalität. Gelang es, eine linksliberale Mentalität zu erhalten, ja, sie zu festigen, dann hatte man ein Programm, ein nicht geschriebenes, ein nicht durch Mehrheitsbeschluss mühsam errungenes, nein, ein ganz offenes, biegsames, immer lebendiges Programm. Dies aber war eine Frage der Einladungen zu den Tagungen. Deswegen lud ich so viele nicht ein, die glaubten, aus welchen Gründen auch immer, sie hätten einen Anspruch darauf. Nicht ihre literarische Leistung war entscheidend, sondern <ihre> Mentalität. Für die literarische Qualität sorgte das Sieb der Kritik. Es bewährte sich immer. Hätte ich nach dem Vorschlag von Andersch gehandelt: es wäre nichts geblieben, schon vor fünf Jahren wäre alles veraltet gewesen … das Literarische mehr als das Politische. Jetzt blieb nur: das Altwerden der Autoren selbst, des «inneren Kreises», der sich gebildet hatte und auf diesem Weg bilden musste. Jetzt werden sie alt, <jetzt> wird jeder für sich sein Programm: das Programm Walter Jens, das Programm Günter Grass, das Programm Peter Weiss, das Programm Heinrich Böll, zusammen ergeben sie nichts mehr, nicht mehr als ein Bündel auseinanderstrebende Tendenzen.[22]

Langes Telefongespräch mit Walter Jens. Erstes Gespräch seit Princeton. Er leidet unter den vielen Angriffen von rechts und links, aus der DDR und in der Bundesrepublik.[23] «Wir sitzen wieder einmal zwischen allen Stühlen. Ist ja auch nicht der schlechteste Platz.» Aber er leidet. Ich höre es an seiner Stimme. Sie klingt blechern, gepresst, und doch: ich habe es ihm gesagt, er hat das Verdienst – ob sein Fernsehspiel gut oder schlecht war –, Rosa Luxemburg wieder ins Gespräch gebracht zu haben. Beurteilen kann ich sein Fernsehspiel nicht. Ich habe es nicht gesehen.

Zur Gruppe 47: Er: «Noch eine Tagung im nächsten Jahr. Du kannst ja nicht als Sechzigjähriger noch da vorn sitzen.» Es war leicht, ihm die politische Seite zu erklären, auch dies: man muß alles so zu Ende führen, daß es bestehen kann. Aber ich hörte, wie viel hinter meinem Rücken geredet und beschlossen wird, mein Gott, warum reden sie nur so viel.

3.10.[1966] Martin Walser hat in München eine Kunstausstellung gegen den Krieg in Vietnam eröffnet.[24] Seine Rede klagt die Teilnahmslosigkeit der Deutschen an, er hat recht, aber er müsste doch wissen, daß menschliche Teilnahme selten ist, um so seltener, je größer die räumliche und psychologische Entfernung zu den Betroffenen ist. Und die Betroffenen, wer sind sie: die Menschen des Vietcong allein? Oder sind es nicht auch die GI’s? Warum klagt er nicht die Fehler der augenblicklichen amerikanischen Politik an, statt dessen spricht er vom: «Verfall der USA». Welchen Verfall meint er: den moralischen, den politischen oder meint er tatsächlich, die USA als solche «verfiele», eine Weltmacht, die gerade am Anfang ihres Weges steht, mit einer noch unausgeschöpften Kraftreserve von fast gigantischem Ausmaß. Morgen kann schon wieder ein Kennedy regieren. Geht dann der Verfall weiter? Walser ist von einem geradezu seltsamen politischen Infantilismus, wie Böll Staat und Regierung verwechselt, so auch <er>, beide haben ein fast rudimentäres politisches Denken, Böll denkt von seiner katholischen Mitte nach außen, wobei er die Sehnsucht nach einer mittelalterlichen geschlossenen Welt nie verleugnen kann, und sei sie auch kommunistisch im russischen Sinn, Walser denkt nach hinten, lebt gedanklich noch im Frühkapitalismus und beurteilt so die Welt von heute nach dem analytischen Rezept von gestern: Kapitalismus plus Krieg, Klassenherrschaft plus Ausbeutung, Klassenkrieg plus Kolonialherrschaft. Dass die beiden Systeme sich schon ineinanderschieben, sich gegenseitig unmerklich überfremden, durchdringen, infolge der soziologischen, der technischen, der wissenschaftlichen, ja der zivilisatorischen Entwicklung, das bemerkt er nicht. Wer andere für rückständig hält, lebt oft selbst in einer nicht bemerkten Rückständigkeit – und sei es am Bodensee[25] – das führt zur Arroganz, zur Arroganz Walsers, der eine Mischung zwischen Begabung, Dummheit und Intelligenz ist, halb-schizophren, mit überhöhtem Blutdruck, die sich <in> einer immer unsachlichen Streitlust äußert. Er distanziert sich, ein einsamer Held, der vom Ufer des Bodensees aus die Welt missinterpretiert. So vor drei Jahren, als er in der «Zeit» die «Sozialisierung» der Gruppe 47 verlangte, eine Vorstellung, die nur ein Mann entwickeln kann, der vom Sozialismus nichts begriffen hat.[26] Gäbe es einen Überbau, so würde Walser zuerst ihn sozialisieren, also von oben nach unten, ganz gleich wie der Unterbau aussähe, also – aber wie soll er das begreifen – den von Marx auf die Füße gestellten Hegel wieder auf den Kopf stellen und eine Welt schaffen, in der die Literatur versozialisiert, die Wirtschaft aber frei ist. Wer aber die Literatur versozialisieren will, den sollte man mit Mißtrauen betrachten – dort beginnt die Unterdrückung, und auch die schönste und funktionellste Wirtschaftsordnung der Welt kann sie nicht rechtfertigen. Sozialismus sollte nicht heißen: Unterdrückung der Literatur, sondern Freiheit für die Literatur. So war es einmal gedacht, auch noch in den Anfängen der bolschewistischen Revolution. Was ist daraus geworden – nicht nur bei Walser? Er kam noch <auf> eine absurdere Idee. Da er allein plötzlich anscheinend begriffen hatte, daß er in einer Warenwelt lebt, war die Gruppe 47 für <ihn> ein Markenartikel, ein Gütezeichen, für gut zu verkaufende Waren, eine Form, die Gruppe zu charakterisieren, die an Trivialität ihresgleichen sucht. Von der literarischen Bewegung dieser zwanzig Jahre, die sich in der Arbeit und in der Methode der Gruppe 47 manifestierte, ist ihm nichts aufgegangen. Immer taumelt er – fast somnambul – hinter der Entwicklung her, einmal mit Kafka, einmal mit Proust[27], und sein vielumstrittenes Einhorn[28] ist stilistisch schlechtester Nachexpressionismus – oder vielleicht besser schlechtester Frühexpressionismus. Welches Gequassel, welche Sucht nach Wortexperimenten: selbst das weibliche Geschlecht muß hier Fleischspalte heißen. Und alles mit einer Erotik, die zum Kotzen ist, schwüle Pubertät eines frühzeitig alternden Mannes, der vergessen hat zu leben. Anruf von R. Sch.[29] aus Berlin: die Angriffe gegen die Gruppe 47 – Neumann, Nossack, Röhl – haben der literarischen Opposition drüben sehr geschadet, ja mehr Schaden angerichtet, als sie hier anrichten konnten, hier wie dort haben sie den Reaktionären gedient und sind jetzt für sie auf beiden Seiten «Beweismaterial», obwohl es sich nur um Verleumdungen handelt.[30] Also – so R. Sch. – wir geben nicht auf, wir bleiben Anhänger der Gruppe 47. Das ist gut zu hören. Hören es auch Jens, Hildesheimer, Böll?[31]

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Martin Walser (ganz rechts) hier mit Studenten des SDS auf einer Veranstaltung des Suhrkamp Verlages im September 1968.

Sie hören es nicht!

5.10.[1966] Guttenberg hat zugesagt zu einem Gespräch nach Berlin in die Erdenerstraße zu kommen. Bin gespannt, was er zu sagen hat und ob die Befragung klappt.[32] Brief von Victor Lange von der Princeton Universität. Er enthält den Satz: «Was die Gruppe gewesen ist, in Princeton dargestellt hat und auch weiter sein wird, ist etwas, von dem die Öffentlichkeit scheinbar nur in großen und kategorischen Begriffen sprechen kann, was aber in seiner Absicht wie in der Wirkung so entschieden und so fruchtbar von sachlichen und menschlichen Voraussetzungen ausgeht, dass es den immer in Schemen denkenden Deutschen schlechterdings unverständlich und sicherlich unverdaulich sein muss.»[33]

Ja, unverdaulich, das ist es wohl.

Brief von Karl Schiller: «Im übrigen erleben wir ja jetzt wirklich in Bonn den Zerfall des Regimes.»[34] Warum benutzt er das Wort «Regime»? Ist der Zerfall der CDU schon der Zerfall des Regimes? Und kommt mit der Opposition – mit der SPD – ein neues Regime? Ich denke, das Wort «Regime» umfasst alles, auch den Staat, auch die Gesellschaftsordnung, in der wir leben. Meint Schiller das? Oder doch nur einen Wechsel der Regierung und der Regierungspartei? Bemerkenswert, daß er von Regime spricht. Offensichtlich ist für ihn ein Wechsel von der CDU zur SPD ein grundsätzlicher Wandel, der von einem zusammenbrechenden alten «Regime» zu einem neuen jüngeren und anderen führt.

Das wäre erfreulich!

6.10.[1966] Gespräch mit Hans Josef Mundt.[35] Buchmesse, der betriebsame Leerlauf. Sein Essen mit Robert Neumann, der auch jetzt noch nichts begriffen hat. Kann er es begreifen: er, der Groß-Schmock, wie Andersch ihn nennt[36], aus den zwanziger Jahren Wiens. Mundt: «Der einzig politisch denkende Mensch in der Gruppe 47 ist Richter.» Darauf Neumann: «Ja, dann muss ich mich ja mal mit ihm zusammensetzen, das hat ja Raddatz auch schon gesagt.» Diese Antwort hat selbst H. J.[37] die Sprache verschlagen. Erwartet er wirklich, daß jemand sich mit ihm zusammensetzen wird, den er öffentlich «einen feuchten Fleck», einen «Nichtskönner», kurz eine «Null» genannt hat.[38] Die Ahnungslosigkeit ist erschreckend, erschreckend aber auch, daß Leute dieser Art jetzt wieder zu Wort <kommen>, mit der Mentalität von gestern und dem Stil von vorvorgestern. Friedrich Handt in seinem Beitrag: «Vom Elend der Metapher»: «Ein Autor, der mit diesen Metaphern (gemeint sind die bequemen) auszukommen versucht, gerät in die Misere der Vergangenheit.»[39] Neumann wird das nie begreifen, er gerät nicht in die Vergangenheit, er ist Vergangenheit. Was könnte es nützen, wenn er sich großzügig mit mir zusammensetzt, nichts. Er hält sich für politisch. Was soll ich mit jemandem, der sich für etwas hält, was er nicht ist, und was mit jemandem, der bis in den letzten Satz hinein die «mieseste» Seite der zwanziger Jahre vertritt, doch besser darstellt: ein Rudiment dieser Zeit. Zu etwas hat seine Polemik aber anscheinend geführt: die Abgrenzung gegenüber Stil, Methode, Sprache der zwanziger Jahre. Was so lange unbewußt in der Gruppe 47 wirksam war, jetzt wird es bewußt gemacht, was die Pietät gegenüber der Emigration solange verhinderte, was ein Tabu war, Neumann hat es gebrochen, anders natürlich, als er es sich vorgestellt hat, er wollte angebliche Tabus der Gruppe 47 brechen und brach das Tabu der Emigration. Wiegenstein in seinem Brief an Neumann. «Vielleicht war es ein Fehler der Gruppe 47, die grand old men der deutschen Literatur nicht einzuladen in jenen ersten Jahren.»[40] Hier irrt Wiegenstein. Es war kein Fehler. Ich habe sie damals bewußt nicht eingeladen. Mir war klar, was jetzt auch anderen bewußt wird: Emigration war «konservierte» Literatur der zwanziger Jahre, konservierter Stil, konservierte Sprache, konservierte Methode, die Leute vom Range Neumanns – Caféhausmethode – 1947 schon veraltet und einer anderen Epoche angehörend. Was sollte ich mit ihnen? Sie hätten sich nie der Mentalität der Gruppe 47 angepasst. Die einzigen beiden Ausnahmen, die ich gemacht habe, und auch dies nur auf eindringliche Bitten: Hermann Kesten[41] 1950 und Hans Sahl[42] 1953. Beide Emigrantenbesuche waren enttäuschend, beide, Kesten wie Sahl, bewiesen, daß ich mit meiner Annahme Recht hatte. Sie demonstrierten meine «These» mit einer Deutlichkeit, die selbst ich nicht erwarten konnte. Beide kamen mit der Mentalität der zwanziger Jahre, beide vertrugen keine Kritik, beide waren von empfindsamer, törichter Eitelkeit, beide erwarteten Schuldkomplexe – auch bei uns – beide gaben sich als Rationalisten und waren doch Romantiker – deutscher, sehr viel deutscher als jeder von uns.

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Der von Richter kritisierte Hermann Kesten hier mit Günter Grass 1972.

8.10.[1966] Brief von Enzensberger: «Die DDR-Sauerei las ich schon in einer Zeitung, in der Sowjetunion spricht man darüber so wie wir darüber sprechen.»[43] Gemeint ist wohl die Einreiseverweigerung in die DDR nach Bansin, aber auch die Kampagne drüben gegen die Gruppe 47.[44] Enzi war fünf Wochen in Russland. Er schickt Grüße von Kostja[45] und all den anderen. Schade, daß Anna Achmatowa tot ist, einer ihrer letzten Sätze auf dem Sterbebett, nachdem man ihr meinen Aufsatz über sie in Taormina vorgelesen hatte, hieß: «Ja, die Deutschen; das, was da kommt, ist die große Literatur eines besiegten Volkes.»[46] Wird ihre Ahnung Wirklichkeit werden?

Wichtig ist der Brief von Enzi, den er mir vor seiner Abreise nach Moskau schickte, über die Gruppe 47 nach der Tagung in Princeton: «Ich habe lange nichts von mir hören lassen, das war Absicht, denn in das Geheule und Gekeife, das sinnlose Stimmengewirr um die Gruppe 47 einzugreifen, war ja monatelang ein aussichtsloses Unterfangen; und wenn ich dich recht kenne, so hattest Du auch keine Lust dazu. Man wird davon nur dumm im Kopf. Ich hoffe, Du hast den Sommer lieber dazu benutzt, wieder ins Gleichgewicht Deiner Arbeit und Deines eigenen Lebens zu kommen, das schließlich und endlich keine Gruppe ist, denn daß Du Dich ihretwegen krank machen solltest, das hat sie nicht verdient. Vielleicht kommt auch dieser Brief noch <zu> früh, vielleicht hast Du immer noch keine Lust, neue Pläne zu fassen, vielleicht – und auch das könnte ich verstehen – hast Du überhaupt keine Lust mehr dazu. Das wäre allerdings ein Unglück. Ich glaube nicht, daß es einen Grund gibt, die ganze Sache klanglos fahren zu lassen. Einen solchen Grund haben die Feinde der Gruppe am allerwenigsten vorweisen können. Im Gegenteil, je verdrossener sie sind, desto deutlicher machen sie (woran wir doch manchmal zweifeln), daß diese Treffen eine Daseinsberechtigung haben. Ich sage das nicht aus persönlichem Interesse, ich gehe auch nicht hin, um meinen Vorteil zu suchen, vielleicht ist die Zeit, wo die Treffen für meine eigenen Arbeiten produktiv waren, sogar schon vorbei, aber darum geht es nicht.»[47]

Dann kommt der Vorschlag: keine Reform, sondern jeder Eingeladene muss auch lesen, auch die Kritiker. Sie sollen Essay’s lesen. Und dann: «Lange genug hast Du nun diese ganze Öffentlichkeit am Halse gehabt, die mit der Sache selbst nichts gemein hat, auch gar nicht begreifen kann, um was es geht.»

Und dann zum Schluß: «Du kannst überhaupt, wie bisher immer, so auch in Zukunft, auf mich zählen.»

Dieser Brief ist aus zwei Gründen bemerkenswert, einmal, dieses eindeutige Bekenntnis zur Sache, das ich gerade von Enzi nicht erwartet habe; zum anderen, weil er das Fahrenlassen der Sache für ein Unglück hält. Die Reformvorschläge gleichen denen von Erich Fried, jeder Eingeladene muss lesen, auch die Kritiker, auch Kaiser, auch Reich-Ranicki, auch Hans Mayer.[48] All das ist im Prinzip richtig, nur wahrscheinlich nicht mehr durchführbar, selbst für diese Reform ist es zu spät. Spielregeln zu ändern, die zwanzig <Jahre> bestanden und sich bewährt haben, ist schwer, ja, ich glaube, unmöglich. Trotzdem ist dieser Brief in seiner Klarheit erfreulich. Auch ein Brief von Andersch, der seinem eigenen Vorschlag, den er mir im Sommer gemacht hat, nun skeptisch gegenüber steht.[49] Sein Vorschlag: aus der Gruppe 47 eine Akademie entstehen zu lassen, die auf dem festen Grund von zwanzig Jahren Arbeit stehen <kann>, lebendig sein muss und die sich sowohl literarisch wie politisch engagiert. Über seinen «Großschmock von Locarno» schreibt er: «Neumann hat zweifellos in die deutsche Literaturkritik (wenn man dergleichen überhaupt noch in diese Kategorie einreihen will) Methoden und Ausdrücke eingeführt, wie es sie noch nie gab. Es wäre die Aufgabe eines guten Kritikers, den Fall einmal gnadenlos darzustellen, statt wie dies Joachim Kaiser u.a. tun, dem Herrn immer noch so viel Respekt zu bekunden und ihm Geist und Humor zu attestieren.[50] Er ist nichts weiter als ein schmockender Gangster, der Rufmord betreibt.»[51]

Er hat recht: sie sind alle viel zu höflich. Aber auch Höflichkeit kann tötlich sein.

14.10.[1966][52] Brief von Wolfgang Hildesheimer.[53] Er hat von Andersch erfahren, daß mir die vielen Angriffe und Verleumdungen «zugesetzt» haben. Zur gleichen Zeit Anruf eines Pressebüros. Irgendeine rechte oder faschistische Organisation, die sich «gezielte Demokratie» nennt, droht mit einem «Senfgaz-Attentat» auf die Darmstädter Akademie anlässlich der Verleihung des Büchner-Preises an Wolfgang Hildesheimer, dies als Demonstration gegen die Gruppe 47.[54] Ob ich davon wüßte? Nein, ich wüßte nichts. Wahrscheinlich grober Unfug, aber immerhin doch symptomisch. Die Gruppe 47 als Prellbock für alles und nichts. Hildesheimer schreibt zu seinem dummen, altjungferlichen Artikel in der «Zeit»[55] zur Tagung der Gruppe 47 in Princeton, in dem <er> die horrenden Geldsummen beklagt, die dort ausgegeben wurden: «Alles, was ich gesagt habe, halte ich aufrecht»[56]. Kein Wort des Bedauerns und keins, das Verständnis ausdrückt, nur dies, ich habe recht, ich, hier im Schatteneck der Weltpolitik, in Poschiavo, hinter dem Großen Bernadiner.[57] Natürlich findet er den Artikel von Neumann[58] «widerlich». Das ist einfach. Wer findet ihn nicht «widerlich»? Aber das Altsäuerliche seines Artikels hat er immer noch nicht bemerkt, auch nicht, daß auch seine Informationen über Princeton falsch sind, daß auch er sich etwas erdacht hat, so wie alle anderen sich immerfort etwas «erdenken», was sie dann angreifen. Richard Hey schreibt in seinem Artikel: «Der Partisan im Kaninchendschungel»: «Aber die europäischen Staaten, Russland und die USA befinden sich in einer nichtrevolutionären Situation ihrer Geschichte. Sie haben alle gemeinsame Probleme, die Probleme von hochentwickelten Industrienationen. Ideologien sind da kein Motor mehr, sondern Hemmnis. Literaten, die sich in dieser Situation revolutionär gebärden, sind Reaktionäre»[59]. Dies ist es: aber <haben> sie alle den Wechsel begriffen; Neumann, Nossack und die anderen, diesen gemeinsamen Wechsel, diesen unmerklichen Wechsel vom Revolutionär zum Reaktionär. Wie sollen sie es begreifen? Was gestern noch revolutionär war, heute schon reaktionär? Das Tempo der technisch-wissenschaftlichen Entwicklung überholt das Altwerden des Menschen, vor zehn Jahren sprachen wir von der zweiten industriellen Revolution – und mußten umdenken – gestern, im Bundestag, sprach Minister Stoltenberg, Minister für Kultur und Wissenschaft, von der dritten industriellen Revolution, und der Bundestag, das Plenum, leer, so sprach Stoltenberg vor 30 Abgeordneten.[60] Welche Ignoranz!

Läuft auch das Bewußtsein der sogenannten Volksvertreter gelähmt hinter der Entwicklung her, wie das Bewußtsein der Literaten? Stoltenberg hat mir leid getan. Als ich im Dezember mit ihm in Düsseldorf diskutierte, kam das Publikum und erwartete eine scharfe Auseinandersetzung zwischen Gruppe 47 und Minister – es wollte zwei Kampfhähne sehen und wurde enttäuscht.[61] Stoltenberg war sympathisch und dachte fortschrittlich und modern. Sein Fehler und der meine: wir wollten nicht kämpfen, wir hätten uns lieber über die Probleme unterhalten. Das liebt das Publikum nicht. Es will Blut sehen. «Behaglichkeit breitete sich aus» schrieb eine Zeitung. Ach, es war keine Behaglichkeit, es war nur Unbehagen über <den> Zwang, sich zur Freude des Publikums zu zerdiskutieren. Hierher gehört auch der Satz von Hey: «Literaten, die sich in einer <solchen> Situation revolutionär gebärden, sind Reaktionäre.»[62] Hierher gehört auch der immer wiederholte Vorwurf des «Konformismus». Was heißt das noch heute? Zu Beginn der dritten industriellen Revolution? Was ist aus den Nonkonformisten der ersten Jahre geworden? Wo ist Erich Kuby?[63] Was können sie uns noch nutzen in diesem riesigen, schnellen Umwandlungsprozess, die Nonkonformisten? Nichts, gar nichts. Sie alle sind mit ihren Ideen und ihrem Vokabular schon auf dem Misthaufen der Geschichte gelandet. Sie waren im Recht zu Beginn der fünfziger Jahre, und jetzt, die Tabus werden von der technisch-wissenschaftlichen Entwicklung gebrochen, und es ist dabei völlig gleichgültig, ob jemand Konformist oder Nonkonformist ist oder sich so oder so nennt. Wie schnell alles veraltet, und warum existiert die Gruppe 47 immer noch, und warum ist sie immer noch ein Streitobjekt, also nicht veraltet. Kann man sie noch in die Zeit der dritten industriellen Revolution retten? Dabei gibt es zwei Fragen: a) wozu? und b) ist der Sprung nicht zu groß? Beide Fragen lassen sich kaum beantworten.

Berlin 22.10.[1966] Gespräch mit Freiherr Baron von und zu Guttenberg in der Berliner Wohnung. Gesprächspartner Johannes Agnoli[64], Fritz Raddatz, Roland H. Wiegenstein, Gert Schäfer[65