Über dieses Buch

Haben Sie es satt, von einem unerfüllbaren Liebesideal zu träumen?

 

Wahre Liebe kann man lernen. Hans Kreis beantwortet die ewige Frage nach dem Glück zu zweit mit einem einfachen, aber wirkungsvollen Programm. Wir alle träumen vom siebten Himmel, doch dieser ist nur eine von der Werbung und Hollywood produzierte Illusion. Um wahres Glück zu finden, führt Hans Kreis Sie in den achten Himmel der Liebe: der wahren Form der Partnerschaft und der Erfüllung zu zweit.

 

Gehen Sie auf eine Reise zu sich selbst – kommen Sie an zu zweit.

 

Über den Autor

Hans Kreis, geboren 1948 in Forchheim, stieg nach einer steilen Karriere in der Kommunikationsbranche aus, um sein psychologisches und spirituelles Wissen zu vertiefen. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und seiner kreativen Begabung ist er heute ein gefragter Berater und Visions-Coach. Für »Leben, Lust & Leidenschaft«, das 2009 erstmals unter dem Titel »Wahre Liebe leben: Wie Sie gemeinsam glücklich werden« erschien, wurde Hans Kreis mit dem Otto-Mainzer-Preis für die Wissenschaft von der Liebe ausgezeichnet.

 

Der Autor im Internet:

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Neuausgabe Juli 2012

Dieses Buch erschien bereits 2009 unter dem Titel Wahre Liebe Lernen – Wie Sie gemeinsam glücklich werden bei Knaur Taschenbuch

Copyright © der Originalausgabe 2009 Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2012 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Herausgegeben von Hans Christian Meiser

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: © Markus München – iStockphoto.com

 

ISBN 978-3-943835-07-6

 

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Hans Kreis

Leben, Lust & Leidenschaft

 

Vom Quantensprung in der Liebe

 

 

dotbooks.


 

 

Hinweis: Dieses Buch versteht sich als Hilfe zur Selbsthilfe. Es will Anregungen geben, die den Leser zum Nachdenken bringen möchten. Der Autor ist ein erfahrener Coach, der nicht die professionelle Hilfe eines Arztes oder Therapeuten ersetzen will, wie sie bei schwerwiegenden Problemen nötig sein kann. Für die Fallbeispiele hat der Autor aus seiner langjährigen Erfahrung geschöpft. Um die Betroffenen zu anonymisieren, hat er die Beispiele stark vereinfacht und die Personen ausgetauscht. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt.

 

Inhalt

 

Vorspiel

Lieben macht glücklich

 

Einleitung

Liebe Dich frei

Liebe lässt uns leben. Liebe lässt uns wachsen. Liebe lässt uns einzigartig werden. Liebe lässt uns frei und zugleich mit allem tief verbunden sein. Wenn es die wirkliche Liebe ist. Lernen Sie mit Hilfe dieses Buches die wirkliche von der falschen zu unterscheiden. Finden Sie zu Ihrem eigenen und echten Liebesbewusstsein, das ich den achten Himmel nenne. Erkennen Sie, warum Ihr Traum vom siebten Himmel nur eine Fata Morgana ist, in die sich Ihre Sehnsucht auf der Suche nach Liebe immer wieder verirrt.

 

Kapitel 1

Das Geschenk der Götter

Es gibt einen alten Konflikt in Ihnen, den wir uns auf dem Weg in den achten Himmel zuerst anschauen, weil er noch immer auf Erlösung wartet. Es gibt aber auch eine Zauberkraft, die diesen Konflikt für immer erlösen kann. Diese heilsame Kraft ist ein Geschenk der Götter, das nur für Sie bestimmt ist.

 

Kapitel 2

Ein Himmel voller Möglichkeiten

Wenn Sie gelernt haben, Konflikte im Licht eines neuen Bewusstseins zu erkennen, dann können Sie sich jetzt auch Ihrem zweiten großen Konflikt vertrauend widmen. In dem Maß, in dem Sie ihn erlösen, werden Sie wie ein starker Baum in neue Bewusstseinsräume von Liebe hineinwachsen.

 

Kapitel 3

Wie ein Wesen von einem anderen Stern

Weil Sie lernten, zu sich zu stehen, können Sie sich auch sehen lassen. Sie brauchen sich vor nichts und niemandem mehr zu verstecken und erst recht nicht zu verstellen. Was Sie jetzt brauchen, sind die staunenden Augen eines Kindes, das soeben entdeckt, dass alles Fremde tief mit dem eigenen Herzen verbunden ist.

 

Kapitel 4

Du bist mir wichtig

Die Erfahrungen Ihres Lebens und die Geschichten, die Ihnen zu Ohren kamen, bündeln Sie seit dieser Zeit in Vorurteilen. Diese Vorurteile behindern Sie, wenn Sie sich und andere Menschen wieder lieben lernen wollen. Werden Sie deshalb zu einem wahrnehmenden Menschen. Wer wahrnehmen kann, kann auch würdigen. Wer würdigen kann, wird wieder frei und liebesfähig.

 

Kapitel 5

Fühlen, was der andere fühlt

Wenn Ihnen Beziehungen zu wichtig und zu wertvoll für Machtspiele geworden sind, dann ist es jetzt an der Zeit, mit Worthülsen und Phrasen radikal aufzuräumen. Lernen Sie stattdessen sich selbst und den anderen in einer neuen Tiefe verstehen. In dem Maß, in dem Sie sich achtsam und liebevoll auf den anderen einschwingen können, erlösen Sie Ihre Gefühle von Einsamkeit.

 

Kapitel 6

Im Menschsein verbunden

Weil Sie immer bewusster erkennen, was Menschsein wirklich heißt, erkennen Sie jetzt auch die Dimensionen menschlichen Daseins in jedem Ihrer Mitmenschen. Zwischen Ekstase und Angst, zwischen Zerstörung und Verschmelzung sucht er wie Sie in der Dämmerung seinen Weg, um wieder durch die Kraft der Liebe zu leben.

 

Kapitel 7

Ich bin Du

Endlich in Ihrem neuen siebten Himmel angekommen, fühlen Sie sich wie ein Reisender, der nach langer Zeit mit einem neuen Blick auf seine Heimat sieht. Diese Heimat ist wie eine Oase in einer großen Wüste. Im Bewusstsein dieser Wüste erkennen Sie in einem liebenden DU Ihre eigenen Projektionen, Sehnsüchte und Hoffnungen als das, was es ist: ein kleines Paradies auf Zeit.

 

Kapitel 8

Ich gebe Dich frei

Jetzt, da die Krone Ihres Liebesbaumes den achten Himmel erreicht, löst sich Ihre Einsamkeit für immer in einem neuen Liebesbewusstsein auf. Ihre Konflikte und Sorgen sind zu weißen Wolken an einem unendlich blauen Sommerhimmel geworden. Sie wissen jetzt, dass Sie Schöpfer und zugleich Geschöpf Ihrer Liebeswelten sind, bereit, wieder alle und alles zu lieben.

 

Ausblick

Der Quantensprung in der Liebe

Der neue Mensch wird ein bewusst Liebender sein oder er wird nicht mehr sein.

»Mancher Mensch hat ein Feuer in seiner Seele,

und niemand kommt, um sich daran zu wärmen.«

Vincent van Gogh

VORSPIEL

Lieben macht glücklich

 

Wer liebt, ist glücklich. Gehören Sie zu diesen Glücklichen? Wenn Sie wirklich lieben können, haben Sie schon eine Ahnung davon, was dadurch alles möglich wird. Nicht zuletzt durch die Erkenntnisse der modernen Forschung wissen wir, dass der Mensch zum Lieben geboren ist und nur durch die Liebe zu dem wird, was er ist.

Aber lieben können ist das eine, bewusst zu lieben ist die zweite große Herausforderung der Evolution. Wer lieben kann, der kann auch durch die Kraft der Liebe in Bewusstseinsräume hineinwachsen, die ich den achten Himmel nenne.

Es gibt jedoch immer wieder Phasen im Leben, da sieht es so aus, als hätten wir vergessen, dass wir zu großer und bewusster Liebe fähig sind. Für Hirnforscher, Ärzte und Psychologen sind dies wichtige Reifephasen auf dem Weg zu einer neuen und tieferen Einsicht in das Geheimnis der Liebe.

Wenn Sie in so einem wichtigen Reifeprozess sind, dann ist es klug und weise, diesen auch im Sinne einer neuen Liebesfähigkeit zu nutzen. Dabei können Sie sich auf eine innere Kraft verlassen, die direkt in die Liebe führt. Diese innere Kraft nennen wir Sehnsucht. Viele bewährte Übungen und Praxisbeispiele aus meinem Alltag als Coach werden Ihnen helfen, die Kraft der Sehnsucht wie die ersten Sonnenstrahlen zu nutzen, durch die ein neuer Frühling möglich wird.

Es kann aber auch sein, dass Ihnen dieses Buch zufällig in einer Zeit begegnet, in der große Enttäuschungen, Trennungen oder Verrat den Blick auf das große Glück trüben wie bei einer Sonnenfinsternis.

In solchen Zeiten spüren wir oft auch die Sehnsucht nicht mehr, höchstens Nostalgie, und die verstärkt nur das Leid. Wir verklären dann unsere erste große Liebeserfahrung und trauern der Vergangenheit nach, statt uns dem Neuen zuzuwenden. Zurück bleiben Leere und ein lebensbedrohliches Ungenügen.

Dieses Ungenügen kann allerdings auch wie ein sanfter Lichtstrahl den Weg durch Ängste, Sinnkrisen und Krankheiten zeigen, wenn Sie es zu nutzen wissen. Ungenügen ist der Humus für den Samen einer neuen Sehnsucht, aus der heraus eine kräftige Liebesblume wachsen kann.

Sie werden in diesem Buch deshalb Geschichten von Menschen lesen, die wie ein Gärtner hinter dem eisigen Winter schon die ersten Frühlingsboten erkannten, weil sie es wagten, den Blick nach vorn zu richten.

In meinen vielen Jahren als Beziehungscoach begegnete ich immer wieder Paaren, die gerade in Zeiten der Entfremdung und inneren Leere erkannten, dass sie die Schlüssel für ein neues Liebesglück schon in sich trugen. Mehr noch: Sie glaubten vor einer Wand zu stehen und übersahen, dass dies in Wirklichkeit eine Tür war, die in neue Räume führte.

Auch Sie tragen die Schlüssel für ein erfülltes Liebesleben in sich. Die neuesten Erkenntnisse der Neurobiologen und Psychologen, aber auch das uralte Wissen der Mythen und Märchen helfen Ihnen, diese vergessenen oder verloren geglaubten Schlüssel wiederzufinden. Ihre Sehnsucht zeigt Ihnen dann den Schlüssel, der in das jeweilige Türschloss passt.

 

Das Ende der Einsamkeit

Es geht für uns alle nicht nur darum, Schlüsselkompetenzen wiederzuentdecken, die ein liebevolles Miteinander möglich machen. Es geht vor allem darum, sich zuerst selbst wesensgemäß zu verwirklichen, damit die große Liebe auch ein liebevolles DU findet. So erlösen Sie ein weiteres Missverständnis:

In dem Maße, in dem Sie sich selbst verwirklichen, können Sie auch andere in ihrem Bemühen unterstützen, ganz sie selbst zu werden. Dies aber ist ein offener Lernprozess, den ich in den folgenden acht Kapiteln beschreibe.

Vieles von dem Leid, das Sie in der Vergangenheit erlebten, ist das Ergebnis von Lebenslügen im Namen der Liebe. Selbst Ihre Erinnerung an Ihre erste große Liebe, an diesen rosaroten siebten Himmel, ist eine Lebenslüge.

Spätestens dann, wenn Ihnen dies bewusst geworden ist, sind Sie dort, wo Sie wirklich hingehören: im achten Himmel, an dem Ort, wo sich Sehnsucht in ein großes Liebesbewusstsein verwandelt hat.

 

Hans Kreis


 


EINLEITUNG

Liebe Dich frei

 

Liebe lässt uns leben. Liebe lässt uns wachsen. Liebe lässt uns einzigartig werden. Liebe lässt uns frei und zugleich mit allem tief verbunden sein. Wenn es die wirkliche Liebe ist. Lernen Sie mit Hilfe dieses Buches zuerst unterscheiden. Finden Sie dann zu Ihrem eigenen und echten Liebesbewusstsein. Erkennen Sie, warum Ihr Traum vom siebten Himmel nur eine Fata Morgana ist, in die Sie sich auf der Suche nach Liebe immer wieder verirren.

Wo ist Ihr Ort, an dem ein Koffer voller sehnsuchtsgefärbter Bilder auf Sie wartet? Wo ist der Ort, der umso magischer wird, je einsamer und unglücklicher Sie sind? Wo ist der Ort Ihrer ersten großen Liebe?

Mein magischer Ort, der zeitlos im Innern auf Erlösung wartet, heißt bei mir »Garten der Liebe«. Sie werden ihn auf keiner Landkarte finden. Aber für mich ist er genau so wahr wie der Ort, an dem ich geboren wurde, oder der Kindergarten oder die Schule, die ich besuchte.

Immer dann, wenn ich mich besonders einsam oder unglücklich fühle, zaubert mir eine geheimnisvolle Kraft diesen Ort mit all seinen Bildern, Eindrücken und Gefühlen so klar und deutlich aus der Seelentiefe nach oben, dass ich jedes Mal überzeugt bin, direkt vor dem Eingangstor zu sein, um kurz darauf enttäuscht festzustellen, dass alles nur eine Fata Morgana ist.

 

Für immer verloren?

Wenn ich mit anderen Menschen über solche Erfahrungen spreche, stelle ich fest, dass es nicht nur mir so geht. Manchmal glauben wir sogar, das Tor zu diesem rosaroten siebten Himmel wiederzufinden, wenn wir an den äußeren Ort unserer ersten großen Liebe zurückkehren und zu suchen beginnen. Meist bleiben wir dann unnötig im Suchen stecken. So wie ich, als ich feststellen musste, dass aus meinem »Garten der Liebe«, diesem kleinen, stillen Park, mitten im Großstadttrubel, ein Einkaufszentrum geworden ist.

Vom Zauber vergangener Zeiten ist heute in meinem »Garten der Liebe« äußerlich nichts mehr zu spüren. Die Suche nach dem Eingangstor, den lauschigen Ecken, den Bäumen, Sträuchern und Blumen wird für immer erfolglos bleiben. Die kleine Espressobar am Rande des Parks, in der wir unseren ersten italienischen Kaffee tranken, ist jetzt eine Dönerbude geworden. Die Gebäude, Geschäfte und Straßen sind zweckmäßig angelegt, auf Basis der Marktforschung auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet, aber trotzdem fehlt mir etwas ganz Entscheidendes. Dieses Eingangstor zu meinem siebten Himmel.

Ich denke manchmal an einige meiner erfolgreichen Klienten, deren Leben auch auf Nutzen, Zweck und Erfolg ausgerichtet ist, wie bei einem Einkaufszentrum. Das Geld bestimmt, was jetzt für sie wichtig ist. Ein dichtes, gut durchorganisiertes Beziehungsnetzwerk sorgt dafür, dass auch die sozialen Bedürfnisse erfüllt werden. Und doch kommt mir bei all den guten Argumenten, warum das alles wichtig und richtig sein solle, so viel Einsamkeit entgegen. Warum diese Einsamkeit und woher kommt sie? Was fehlt in solch einem Leben? Braucht es vielleicht doch die Fähigkeit, sich wieder wie beim ersten Mal zu verlieben? Oder braucht es etwas ganz anderes? Ein neues Bewusstsein von Liebe?

 

Liebesübung

Wo immer Sie in diesem Augenblick sind, halten Sie einen Atemzug lang inne, um sich zu fragen: Wie war das bei mir, als ich das erste Mal glücklich verliebt war? Was verbinde ich mit dieser Zeit? Welchen Ort, welche Erfahrungen? Wie geht es mir, wenn ich an diese Zeit denke? Auch wenn Sie keine Antworten bekommen sollten, bedanken Sie sich bei Ihrem Leben für die Zeit Ihrer ersten großen Liebe.

 

Alles nur Theater

Als ich im Coaching einen dieser lieben Menschen auf seine traurigen Augen ansprach und ihn nach dem Grund seiner Traurigkeit fragte, führte er mich an den Ort seiner ersten großen Liebe, wissend, dass auch sein äußerer Ort nichts mehr mit den inneren Bildern zu tun hatte, die in ihm mit diesem Fleckchen Erde verbunden waren. Beim Spielplatz blieb er stehen. Wir setzten uns schweigend in den Sandkasten und schauten den Kindern beim Spielen zu.

Irgendwann stand er auf und stellte sich vor den Brunnen in der Mitte des Platzes. Eine große Marmorkugel drehte sich auf einem dünnen, sprudelnden Wasserfilm. Dann fiel ihm auf, dass sich die Kugel immer nur um sich selbst drehte. Plötzlich ein kurzes, leises Stöhnen: »Jetzt verstehe ich etwas mehr vom Geheimnis meines Leidens«, flüsterte er in meine Richtung, als ob er mir etwas streng Vertrauliches mitteilen wolle. »Viele Probleme hängen wohl damit zusammen, dass ich glaube, alles müsste sich nur um mich drehen. Im Leben und in der Liebe.« Eine leise Frage schwang in den Worten mit. Aber es brauchte keine Antwort. Wir gingen langsam ein paar Schritte weiter. Dann blieb er wieder stehen.

Vor uns saß ein Liebespaar auf einer Betonbank. Der Mann war still und verzückt neben ihr. Sie hatte eine kleine rote Rose in der Hand und schaute glücklich und zufrieden in die Welt. Ein anderer Mann kam dazu, brachte der Frau eine große rote Rose und küsste leidenschaftlich ihren Hals. Die Frau folgte ihm zu einer anderen Bank. Der Verflossene blieb traurig zurück. Dann kam von irgendwoher wieder ein anderer Mann mit einer noch größeren Rose und überreichte sie gestenreich der Frau. Die Frau tat ganz entzückt und folgte nun ihm. Das Spiel wiederholte sich. Die Rose wurde immer größer und der Abstand zum nächsten Mann immer kürzer. Die Frau aber schaute mit jedem Wechsel immer trauriger aus. Fast schien es so, als wäre sie das eigentliche Opfer in diesem seltsamen Spiel.

Bei genauerem Beobachten erkannten wir, dass hier Schauspieler ihren Auftritt probten. Nach einer Weile fragte mein Klient, ob alle Beziehungen ein Leben lang nach so einer »Mehr-des-Gleichen-Dramaturgie« abliefen oder ob jeder von uns seine ganz eigene, geheimnisvolle Dramaturgie habe, nach der er die großen Tragödien seines Lebens abspiele. Ich wollte nicht sofort antworten und genoss die Pause. Erst dann antwortete ich: »Vielleicht leiden wir Menschen lieber, statt auf die Idee zu kommen, unseren Spielplan irgendwann zu ändern.«

Mein lieber Kunde schüttelte bedächtig den Kopf. »Vielleicht wissen wir auch nicht, wie wir diesen Spielplan so verändern können, dass wir wieder glücklich sind. Wüssten wir es, dann bräuchten wir keiner Fata Morgana mehr nachtrauern«, antwortete er leise und bescheiden. »Vor allem könnten wir dann das, was wir beim Verliebtsein nicht können: Wir könnten wirklich lieben und müssten nicht mehr nur geliebt werden. Wie viel Lebenszeit vergeuden wir, nur um geliebt zu werden? Wie viel Lebenszeit vergeuden wir mit den zum Scheitern verurteilten Versuchen, uns wieder wie beim ersten Mal zu verlieben?« Mein Gegenüber schaute mich mit großen Augen an.

»Kann ich bei Ihnen wieder lieben lernen, statt mich nur zu verlieben und danach noch zu bekriegen?«, fragt er. »Ich rufe Sie an.« Meine Antwort hatte er gar nicht abgewartet.

 

Exkurs: Wissen

Seit Aristoteles sind wir davon überzeugt, dass Denken und Fühlen in unserem Herzen zu Hause sind. Die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung konnten nur wenig an dieser Überzeugung ändern. Gleichzeitig wächst aber das Interesse an deren Forschungsergebnissen so rasant wie nie zuvor.

Beschränkte sich vor einiger Zeit unser Wissen um das Gehirn noch darauf, dass es aus zwei Hälften besteht und dass links die sprachlichen und analytischen Prozesse ablaufen, während rechts unsere »weichen« Fähigkeiten wie Kreativität oder Musikalität entwickelt werden, wissen wir jetzt schon viel mehr.

Wir wissen, dass unser gesamtes Körpergefühl untrennbar mit dem Gehirn verbunden ist. Wir wissen, dass unser Selbstbewusstsein die Leistung von 100 Milliarden Neuronen ist. Wir wissen, wo bestimmte Emotionen zu Hause sind. Wir wissen, dass moralische Fragen im Stirnhirn verarbeitet werden. Selbst für sogenannte Nahtoderlebnisse kennen wir den verantwortlichen Sitz im Gehirn.

Wir wissen sogar, dass sich unser Gehirn permanent neu verschaltet und dass es bis ins hohe Alter lernfähig bleiben kann, wenn wir im Austausch bleiben. Das Wie bestimmt dabei die Verschaltungen im Gehirn. Somit hat die Qualität unserer Beziehungen nicht nur Einfluss auf die Entwicklung unseres Gehirns, sondern auf unser gesamtes System Mensch. Weil es keine tiefere und intensivere Beziehungsqualität gibt als eine Liebesbeziehung, hat eine von Liebe geprägte Beziehung auch einen entsprechenden Einfluss auf die Entwicklung unseres Gehirns.

 

Ein Lehrplan für die Liebe

Mir war die Dimension einer Frage, wie der meines Klienten, sehr wohl bewusst, als ich plötzlich alleine auf dem Spielplatz stand und um eine gute Antwort rang. »Lieben lernen statt sich nur zu verlieben? Ist dieser Mensch vielleicht des Kämpfens müde? Will er in dem anderen mehr als nur einen Feind sehen? Welches Leid versteckt sich hinter seiner Frage? Welche Sehnsucht will sich zuerst aus diesem Leid befreien? Sehnt sich dieser Mann vielleicht nach einer neuen Beziehungskultur? Einer Beziehungskultur, die es jedem der Beziehungspartner möglich macht, zu wachsen, zu reifen und ein liebesfähiger Mensch zu werden? Sehnt sich dieser Mann vielleicht danach, wieder »bewusster« lieben zu können? Was braucht ein Mensch, der ein »bewusst Liebender« werden will? Und vor allem: Wie findet er, was er sucht? In diesen Fragen öffneten sich meine Gedanken und wurden weit und weiter: Wenn es zum Menschsein gehört, lieben zu können, wie nennt man dann ein Wesen, das nicht mehr lieben kann? Und wie wird dieses Wesen wieder zum Menschen?

Langsam wurden die Dimension solcher Fragen und das Leid meines Klienten überdeutlich. Dann geht es für Menschen wie ihn, so meine Überlegung, um einen Lehrplan, der Kompetenzen vermittelt, die es ermöglichen, wieder Mensch zu werden, oder noch genauer: ein liebesfähiges Wesen, das sich zu Recht Mensch nennt und das sich noch dazu seines Glücks, Mensch zu sein, bewusst ist. Dieser Lehrplan wäre dann, ähnlich einem Behandlungspfad in der Medizin, ein Pfad, der die Entwicklung eines Liebesbewusstseins unterstützt und all das nach und nach gesunden lässt, was durch unglückliche Beziehungen und deren Folgen erkrankte.

Ich fragte weiter: Wenn wir als »Liebesmenschen« angelegt sind, dann wäre unser Gehirn, ja unser ganzes System auf dieses größere, komplexere Wesen angelegt. Dann würde es in der nüchternen Sprache der Wissenschaftler in diesem Lehrplan darum gehen, sich an diesem »Liebespfad« entlang immer bewusster zu einem liebesfähigen Menschen hin zu entwickeln, dabei Ressourcen im Gehirn aktivieren zu lernen, neue Verschaltungen zu initiieren, zu differenzieren, zu integrieren und neu zu vernetzen, ganz im Sinne einer neuen Liebesfähigkeit.

Das könnte ein Lehrplan leisten, antwortete es in mir. Mutig fragte ich deshalb noch einmal weiter: Könnte es sein, dass dieser Pfad, an dem sich so ein Lehrplan orientieren müsste, sogar schon in uns angelegt ist, wie ein Straßennetz, das auf einem Routenplan einprogrammiert ist, egal, ob wir es befahren oder nicht? Wenn wir dann der Sehnsucht die Routenplanung überlassen, würde sie unser Navigationsgerät auf Liebe programmieren. Dann würde sich dieses innere Navigationsgerät umso mehr bemerkbar machen, je mehr wir uns auf dem Weg zur Liebe verfahren. Wenn wir der Programmierung folgen, dann kämen wir nach jeder integrierten, krisenhaften Erfahrung durch ein neues Bewusstseinstor. Was wir durch eine Krise lernten, wäre wie ein Schlüssel, der dieses Tor öffnen kann, um uns den Blick in immer größere Räume, in immer leichtere und freiere Himmel, mit immer helleren und bunteren Farben freizugeben. Nachdem dann der scheinbar letzte, vielleicht rosarot gefärbte Himmel endlich überwunden wäre, könnte sich auch die letzte große Sehnsucht erfüllen.

 

Die zweite Geburt

Seit dieser Zeit nutzte ich jede Gelegenheit, um mich mit Ärzten, Psychologen, Hirnforschern, Quantenphysikern und Kollegen über meine Ideen und Erfahrungen auszutauschen. Ich erfuhr, dass wir jederzeit imstande sind, uns immer wieder neu zu erfinden. Ich erfuhr, dass wir energetisch und essenziell alle miteinander verbunden sind und dass wir Menschen uns genetisch wenig unterscheiden und deshalb alle auf das gleiche kollektive Wissen der Evolution zurückgreifen. Ich erfuhr, dass alle wesentlichen Lebensimpulse vom Kopf ausgehen. Ich erfuhr viel darüber, was in unserem Gehirn geschieht, wenn wir uns verlieben. Ich musste erfahren, dass eine Glücksfabrik in unserem Kopf darüber entscheidet, ob und wie verliebt wir uns fühlen. Ich lernte eine Menge darüber, wie wir zum Chef dieser Glücksfabrik werden können. Ich lernte den Unterschied zwischen »verliebt« und »lieben« kennen. Ich lernte, was uns hindert, in guten Beziehungen zu leben. Ich lernte, warum wir oft so klein und unbedeutend bleiben wollen. Ich lernte aber auch, wie viel Energie uns zur Verfügung stünde, wenn wir in guten Beziehungen lebten. Ich lernte vor allem, dass wir auf Dauer nur wirklich lieben können, wenn wir uns bewusst für die Liebe entscheiden. Ich lernte nicht zuletzt, wie wichtig die Sehnsucht für unsere Entwicklung zum Menschen, in diesem neuen Verständnis, ist.

Das Wichtigste aber war, dass die Sehnsucht in mir so stark wurde, dass ich nicht anders konnte, als diesen Weg selbst und immer bewusster zu gehen, um die verloren geglaubten Schlüssel und Türen zu finden.

Eine Zeit des Findens wechselte bald mit einer Zeit des Verlierens. Einem Verirren folgte ein Ankommen. Einer Phase des Zauderns folgte eine Phase des Scheiterns. Die Fragen mischten sich mit Antworten. Ich studierte jahrelang die alten Mythen, forschte in den Märchen und Träumen, diskutierte auf Kongressen und Symposien, in Workshops und auf Seminaren.

Immer zog es mich nach all dem Sammeln und Sichten zum Klären und Innehalten in die Einsamkeit zurück.

Viele, viele Jahre wanderte ich auf diesen geheimnisvollen Liebespfaden, durch scheinbare Gärten der Liebe ebenso wie durch Angst machende innere Wüsten. Durch siebte Himmel und tiefe Höllen. Mit rosaroter Brille und verbundenen Augen. Immer wieder mit neuen Schlüsseln zu immer mehr Bewusstsein beschenkt. Wie an eine Perlenkette reihten sich irgendwann meine Schlüssel, die ich immer wieder ausprobierte und nacharbeitete.

Dann kam die Zeit des Staunens. Es schien, als hätte ich alle Schlüsselkompetenzen gefunden, die wir brauchen, um in ein neues Liebesbewusstsein und dadurch in ein wirkliches Menschsein zu wachsen.

 

Die acht Schlüssel

In meiner Arbeit mit Menschen, die Beratung suchten, stellte sich bald heraus, dass es immer wieder um acht Schlüsselkompetenzen ging, die es wiederzuentdecken und zu entwickeln galt. Mal sollte hier, mal dort etwas stärker nach entwickelt werden. Aber immer baute eine Schlüsselkompetenz auf die andere auf, verstärkte ein Erkennen das andere, machte erst der eine Schritt einen nächsten Schritt möglich. Dabei glich bei aller Gemeinsamkeit kein Prozess dem anderen.

Es war wie das Erzählen uralter Heldengeschichten: Dieselbe Geschichte und die gleichen Bilder machen mit jedem Menschen etwas anderes.

So werden auch die Geschichten in diesem Buch, die vielen Übungen und Fallbeispiele bei Ihnen etwas anderes bewirken als bei den Menschen, denen Sie dieses Buch vielleicht weitergeben. Es ist allerdings ziemlich sicher, dass Sie vieles in Ihrem Leben in einem menschlicheren, also liebevolleren Licht sehen werden.

 

Der siebte Himmel wartet auf Erlösung

Wenn es Ihnen zum Beispiel bis jetzt leichtfiel, sich immer wieder neu zu verlieben, werden Sie sich vielleicht bald nicht mehr damit begnügen. Sie werden mehr wollen und auch bereit sein, mehr zu geben. Wenn Sie bis jetzt, warum auch immer, lieber ohne feste Beziehung leben wollten, werden Sie vielleicht bald durch ein neues Bewusstsein liebevolle Beziehungen eingehen. Ihre Fähigkeit, Beziehungen auch würdevoll zu beenden, wird vielleicht in dem Maß wachsen, wie Sie lernen, mit sich achtsamer umzugehen.

In dem Maß, in dem Ihnen beim Lesen dieses Buches der rote Faden Ihres Leidens bewusst wird, werden Sie plötzlich erstaunt feststellen, dass sich Ihre Beziehungen freier und zugleich liebevoller gestalten. Manches wird sich wie eine zweite Geburt anfühlen, anderes wird Ihnen das Gefühl geben, erst jetzt wirklich erwachsen zu sein.

 

Es kann sein, dass Sie bei diesem neuen Erwachsenwerden, das manche Menschen auch ein Erwachen nennen, immer wieder auf alte Muster stoßen. Eines Ihrer alten Muster könnte sein, dass Sie plötzlich wieder glauben, geliebt werden zu müssen. Dadurch kommt ein altbekanntes Gefühl in Ihnen hoch, zu viel zu geben und zu wenig zu bekommen. Dahinter steckt eine Lebenslüge. Diese Lebenslüge werden Sie als Täuschung enttarnen, so wie viele andere Lebenslügen aus längst vergangenen Tagen. Es wird Ihnen immer leichter fallen, ein liebesfähiger, wirklicher Mensch zu werden.

Seit dem Siegeszug der Neurobiologie wissen wir, dass unser Gehirn eine lebenslange Baustelle ist. Und die Quantenphysiker werden nicht müde, uns daran zu erinnern, dass wir jeden Augenblick uns und unser Leben neu erfinden können. Wenn wir diesen Wissenschaftlern glauben, dann ist alles eine Frage des Bewusstseins. Machen Sie die Entwicklung Ihres Liebesbewusstseins ab jetzt zur wichtigsten Aufgabe. Lernen Sie lieben, statt sich nur zu verlieben.

 

Die acht Schlüssel

Wenn Sie wirklich lieben lernen wollen, anstatt sich immer nur neu zu verlieben, ist dieses Wollen schon der erste Schritt zu einem neuen Liebesbewusstsein. Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie eine Zusammenfassung und ein Schlüsselwort, das Ihnen hilft, einen neuen Bewusstseinsraum zu betreten und dadurch immer liebesfähiger zu werden. Nutzen Sie diese Zusammenfassung auch als Vorspiel für den jeweils nächsten Bewusstseinsschritt.

Versuchen Sie auf Ihrem Weg immer langsamer zu werden, damit Sie noch schneller ankommen.


 


KAPITEL 1

Das Geschenk der Götter

 

Es gibt einen alten Konflikt in Ihnen, den wir uns auf dem Weg in den achten Himmel zuerst anschauen, weil er noch immer auf Erlösung wartet. Es gibt aber auch eine Zauberkraft, die diesen Konflikt für immer erlösen kann. Diese heilsame Kraft ist ein Geschenk der Götter, das nur für Sie bestimmt ist.

 

Zum Lieben geboren

Wo würden Sie ein Geschenk verstecken, das so einmalig und wertvoll ist wie die Liebe? Wo würden Sie dieses Geschenk verstecken, wenn es nicht jeder finden soll, sondern nur der, für den es bestimmt ist? Vor der gleichen Frage standen auch die Götter, die im achten Himmel wohnen. Selbst für diese Götter war die Antwort schwierig. Eine liebe Freundin erzählte mir dazu eine Geschichte.

Die alten Götter wussten ganz genau, dass es die Kraft der Liebe ist, die sie von normal Sterblichen unterschied. Deshalb wussten sie auch, dass die Menschen alles unternehmen würden, um in den Besitz dieses Götterschatzes zu kommen, damit sie den Göttern gleichen. Wie also verhindern, dass dieses göttliche Geheimnis von Menschen missbraucht wurde?

Der Gott der Lüfte schlug vor, die Liebe auf den fernsten Stern zu fliegen. Dort käme kein Sterblicher hin.

»Denke an den Erfindungsdrang der Menschen«, warnte der Gott des Verstandes. »Verstecken wir sie lieber in der Dummheit.«

Das wollte der Hüter der Liebe nicht. »Das ist respektlos. Verstecken wir sie besser unter dem höchsten Berg.«

Großer Widerspruch kam da vom Gott der Berge. »Die graben mir ja jetzt schon Löcher durch die Gebirge. Versteckt sie lieber mitten im Vulkan. Dann werden sie sich verbrennen.«

Jeder der Götter kam mit einem anderen Vorschlag. Immer gab es einen Grund, der dagegen sprach. Bis sie sich ganz plötzlich alle über das Versteck einig waren, und dort liegt die Liebe noch heute und wartet darauf, vom richtigen Menschen zur rechten Zeit gefunden zu werden.

 

Exkurs: Sehnsucht und Erinnerung

Erst durch unsere Wurzeln werden wir beflügelt. Die Wurzeln, das sind für Psychologen unsere Erinnerungen, die Flügel, das sind unsere Sehnsüchte. Zwischen Erinnerung und Sehnsucht, in der ewigen Gegenwart, erfüllt sich unsere Liebe.

So wie ein Mensch, der sich nicht erinnern will, abflacht und damit seinen Halt verliert, so wird ein Mensch, der seine Sehnsucht nicht mehr spürt, verkümmern, statt zu wachsen.

Emotionen machen aus Erinnerungen einen Schatz und aus der Sehnsucht einen Weg, auf dem uns die Liebe entgegen-kommt.

Sehnsucht ist wissenschaftlich nicht messbar und doch kann sie unser Leben entscheidend prägen.

Wenn Sehnsucht in die Vergangenheit reicht, ist es Nostalgie. Die absolute Sehnsucht reicht weit über uns hinaus in die Unendlichkeit.

Wollen Sie wieder liebesfähig werden, dann gilt es, die in Leid und Angst gefangene Sehnsucht zu erkennen und zu befreien. Dies ist, gerade in Krisenzeiten, oft genug ein Geschenk der Gnade. Moderne Lebensberatung empfiehlt deshalb, um die tägliche Sehnsucht zu bitten und so über die Hoffnung wieder an positive Emotionen und schließlich an die eigene Sehnsucht zu kommen.

 

Als ich in einem Workshop mit den Teilnehmern über Sehnsucht und Erinnerung redete und in diesem Zusammenhang die kleine Liebesübung zu Beginn des Buches anbot, war die Gruppe schnell einverstanden. Ich schlug vor, nach der Übung einige der Fragen offen zu besprechen: »Welche Bilder kamen in Ihnen hoch, als ich Sie bat, an Ihre erste große Liebe zu denken?«, fragte ich im Anschluss und fragte dann weiter: »Wem hatten Sie einen ersten, vorsichtigen Blick in das Versteck Ihrer Liebe erlaubt? War es überhaupt die Liebe, die sich zeigte und wenn nicht, was war es dann? Was ist daraus geworden?«

Sofort meldete sich eine Teilnehmerin, die schon zu Beginn ausführlich über ihre permanenten Probleme mit Männern erzählt hatte. Sie glaubte, im Bett immer noch nicht gut genug zu sein, obwohl sie schon viele Kurse besucht hatte, um ihre Techniken zu verfeinern. Ihr Outfit glich dem der Models aus einem dieser glänzenden Modejournale und beruflich war sie nach eigenen Aussagen sehr erfolgreich.

Die Frau begann sofort mit einem Traum, der ihr seit Tagen nicht aus dem Kopf ging: Sie war auf der Suche nach ihrem Kind. Da kam sie zu einem großen schlossähnlichen Haus. Sofort wusste sie, dass in diesem Haus ihr Kind versteckt war. Sie wusste sogar, in welchem Zimmer. Sie ging in das Haus, fand auch das Zimmer. Ein Zimmer, so schön, wie sie es sich als kleines Kind erträumt hatte. »Komm sofort aus deinem Versteck raus«, hörte sie sich rufen. »Du bist schuld, dass mir die Männer immer davonlaufen«, schrie sie in den leeren Raum hinein. Kein Kind war da, nur ein großer Spiegel, wie er in ihrem Schlafzimmer über dem Bett angebracht war.

Ich erfuhr, dass die Frau diesen Traum schon öfter geträumt hatte, »… und das, obwohl ich gar kein eigenes Kind habe!«

»Seit wann wiederholt sich dieser Traum?«, fragte ich.

»Seit damals, als ich das erste Mal verliebt war. Ich hatte ihm alles gegeben. Aber es kam keine Gegenleistung zurück.« Die Augen wurden plötzlich feucht, obwohl die Frau scheinbar weiter »gut drauf« war, wie sie uns allen ungefragt versicherte.

Träume sind die Sprache der Götter, die im achten Himmel wohnen. Wenn sie uns einen Traum immer wieder schicken, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass wir die Botschaft noch nicht verstanden haben. Kinder sind auch im Traum Geschenke der Liebe und zugleich Symbol für die Liebe. Das Haus symbolisiert meist den Träumer. Hinter der prachtvollen Fassade der Träumerin herrschen also Leere und Lieblosigkeit. Aber seit wann? Was ist damals geschehen? Noch sollte es ein Geheimnis bleiben, das dringend erlöst werden wollte, sonst hätten die Götter vom achten Himmel den Traum nicht gerade jetzt geschickt.

 

Das verlassene Zimmer

Seitdem Sie sich das erste Mal verliebten, ist sicher auch bei Ihnen so viel geschehen, dass Sie Ihre Liebe nie mehr so leicht und unbeschwert verschenken konnten. So viel Lieblosigkeiten mussten Sie schon seit der ersten Liebe ertragen, so viele Enttäuschungen und Kämpfe durchstehen, dass Sie sich vielleicht irgendwann entschlossen, keine Gefühle mehr zu investieren und Liebe nur noch auf Sex zu reduzieren. Liebe wurde zum Tauschgeschäft.

Meist bekommen wir, wenn wir mit Berechnung geben, weniger zurück, als wir uns erhoffen. Wir geben dann immer weniger und bekommen meist noch weniger zurück. Solche Spiele kennen nur Verlierer. Aus einem scheinbar verlassenen Zimmer in unserem Inneren flüstert dann, leise und zärtlich, eine Stimme: Geschenke sind immer so wertvoll, wie die Liebe, die darin steckt.

Es erstaunt mich immer wieder, wie viele Menschen sich und das, was sie für Liebe halten, verschleudern, statt zu verschenken. Gehören Sie auch zu diesen Menschen, die alle reich beschenken und sich selbst dabei vergessen? Dabei haben die Götter, die im achten Himmel wohnen, dieses Geschenk nicht umsonst in Ihr Herz gelegt.

Wer dieses Geschenk der Götter, das er in seinem Herzen trägt, nicht wertschätzen kann, erlebt sich selbst als minderwertig. Wer glaubt, etwas Minderwertiges zu verschenken, bekommt selbst beim Verschenken Schuldgefühle, weil das, was er vom anderen bekommt, ja viel wertvoller ist. Er wird so lange nicht frei sein, bis er sich selbst wertschätzen kann. Sich selbst wertschätzen zu lernen, ist die Grundvoraussetzung für eine gute Beziehung. Damit Sie dies nie vergessen, haben sich die Götter etwas Besonderes einfallen lassen: die Angst und die Sehnsucht. An der Größe Ihrer Angst können Sie erkennen, wie wenig Sie zur Liebe fähig sind. An der Größe Ihrer Sehnsucht erkennen Sie Ihren wahren Wert.

Angst hat die Farbe der Nacht. Sehnsucht hat die Farbe der Morgendämmerung. Wie ein leises Morgenlicht umhüllt Ihre Sehnsucht das Geschenk der Götter und erinnert Sie daran, wie wertvoll Sie und Ihre Liebe sind.

 

Die erste große Sehnsucht führt in die Wertschätzung