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Christine Grän

Dame sticht Bube

Roman

Edel:eBooks

1. Kapitel

Die Parsen bringen ihre Toten in die Türme des Schweigens, wo die Geier ihre stumme Arbeit tun. Die Vorstellung eines indischen Bestattungsrituals ist ihr nicht unangenehm, weil sie die Stille liebt. Vollkommene Stille, nicht das künstliche Schweigen von Begräbnisveranstaltungen, gebrochen durch Hüsteln und Scharren, gemurmelte Beileidsfloskeln und die plüschigen Sätze der Mittler zwischen Himmel und Erde. Die Toten können sich nicht wehren, doch Evas vorherrschender Gedanke bei der Beerdigung ihrer Mutter war, daß diese auch noch Gefallen gefunden hätte an ihrem finalen Fest. Ein schöner Eichensarg aus dem gleichen Holz wie der überdimensionierte Wohnzimmereinbauschrank, auf den Mutter so stolz gewesen war. Ein Meer von Kränzen und Schleifen und Blumen. Die weinenden Tanten und der gefaßte Witwer. Die Tochter mit schwarzem Hut und steinernem Gesicht. Der Prediger, der die bigotte Christin mit höllischer Grammatik in den Himmel beförderte, begleitet vom Aufheulen der Schwestern der Toten, die Sentimentalität mit Trauer verwechselten. Sie nahmen ihr übel, daß sie nicht weinte am Grab der Mutter, die einzige Tochter, der man nie ganz getraut hatte, weil sie irgendwie anders war, und nun war sie aus Deutschland angereist, um ihrer Mutter das letzte Geleit zu geben, tränenlos, wie man das von ihr erwarten durfte. Die arme Magda, die es mit ihrer Eva nie leicht gehabt hatte...

Warum zum Teufel muß sie an dieses Begräbnis denken nach so vielen Wochen? Die Tote sieht Magda keineswegs ähnlich. Magda war groß und mächtig gewesen, ein Koloß in Tweed, so hat Eva sie in Erinnerung. Sie starb in Tweed, die Mutter, einen gnädigen Tod in den Worten des Hausarztes. Eva stimmte mit ihm überein, daß Herzversagen eine angemessene Form für Magdas Abgang war. Er verstand nicht, was sie meinte. Beim Leichenschmaus erzählte er Witze über Ärzte und Pathologen. Der Vater lachte, und die Tanten schwiegen betreten. Es gab Tafelspitz mit Wirsing und Salzkartoffeln, Mutters Lieblingsspeise. Der Bürgermeister lobte den burgenländischen Rotwein und Magdas Einsatz für die Armen der Gemeinde. Sie waren nicht geladen, die Armen, aber dies hätte die Wohltäterin auch nicht als angemessen empfunden. Eva dachte, daß Mutter die Kellner gescheucht hätte, die mit dem Nachschenken des Weines nicht nachkamen. Ihr Vater sah alt und verloren aus, ein wenig angeekelt, wie ihr schien.

Evas Tote erinnert in nichts an Magda. Sie ist klein und schmächtig, ein greisenhafter Kobold mit schmutzigen Zehen- und Fingernägeln. Schüttere Haare, ein ungepflegtes Gebiß; Eva betrachtet das armselige Ganze, während sie die Plastikhandschuhe überstreift. Die Leiche ist «angerichtet», also entkleidet und mit aufgestütztem Kopf bereit für ein Procedere, das nicht mehr von ihrer Welt ist. Der Obduktionsgehilfe hat Evas Sezierbesteck neben die Waage gelegt, auf der später die Organe gewogen werden. Es ist wunderbar still im Raum, auch noch, als Franz in den Obduktionssaal kommt, ein kleiner Mann, der in einem Deutschland, das nicht mehr existiert, Tiere präparierte. Er umkreist die Tote mit seinem unbeweglichen Gesicht, das auch bei problematischen Leichen nur professionelle Neugierde verrät.

Ihr würde nicht auffallen, daß er ein Mann von beinah obskurer Häßlichkeit ist. Evas Wahrnehmung ist die eines schweigsamen, tüchtigen Mitarbeiters, der während der Obduktion keine Witze erzählt wie die Kripobeamten, die damit im Angesicht des Todes ihr Unbehagen überspielen.

«Keine Zuschauer heute?» Franz hilft ihr, die Tote auf die Seite zu drehen. Ein schmächtiger, bleicher Rücken; die Leichenstarre ist bereits eingetreten.

Blaurote, zusammengeflossene Totenflecken lassen sich auch durch starken Druck nicht mehr entfernen. Merkmale von Fremdeinwirkung sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen. «Nein. Die Frau wurde auf einer Parkbank gefunden. Eine Obdachlose.» Nur eine Obdachlose, hatte sie sagen wollen und das eine, häßliche Wort noch schnell unterschlagen. «Sie sterben leichter», sagt Franz, ein monumentaler Satz aus seinem Mund. Zehntel, der gerade den Räum betritt, hat ihn nicht gehört. Dr. Dr. Max Zehntel ist, ebenso wie Eva, nicht zum Kongreß der Gerichtsmediziner nach Wien gefahren, eine Entscheidung, die ihm das Wohlwollen des Direktors einbringen soll, doch zunächst nur eine Leiche beschert. Der Gedanke, daß die Kollegen diesen Tag mit Leichengeflüster und anschließendem geselligen Beisammensein beim Heurigen verbringen, während er und Dr. Röhm die Stellung halten, vermag seine Laune nicht zu bessern. Doch Zehntel hat das Image eines umgänglichen Dicken, und diesem Bild der anderen hat er sich gebeugt. Er grüßt wie immer mit «Schönen guten Tag», ignoriert zunächst die Tote und sucht nach passenden Handschuhen und dem Diktiergerät. Eva wirft ihm ein Paar auf den Tisch, Hausfrauenarbeit, verinnerlichte Handlungsweisen, und er macht einen angedeuteten Diener, weil er glaubt, daß Frauen Clowns lieben, und seine Vorstellung von Frauen sehr eindimensional ist. Erst dann wirft er einen Blick auf die Leiche.

«Gott sei Dank. Kein Wasser, kein Feuer, keine lange Liegezeit. Ich weiß auch nicht, aber in letzter Zeit sind meine Geruchsnerven anfälliger geworden. Ich sollte den Beruf wechseln.»

Du solltest endlich still sein und anfangen, denkt Eva. Zehntel ist ein leidlich guter, jedoch schwatzhafter Kollege, übertroffen nur noch von Dr. Marlies Winter, die Obduktionen dazu nutzt, ihre unendlichen Familientragödien zu transportieren. Evas Verdacht, daß Dr. Winters lustvolle Leichenschnitte in Wirklichkeit ihrem noch sehr lebendigen Ehemann gelten, wird von anderen Kollegen geteilt.

«Dann wollen wir das arme Hascherl mal totbringen.»

Der Jargon der Rechtsmediziner, für die Leichen eine Todesursache aufzuweisen haben, bevor sie tatsächlich als tot gelten dürfen. Alles im Leben muß seine Ordnung haben, also auch das Ende. Eva ist Rechtsmedizinerin geworden, weil sie die Stille liebt und die Klarheit dieser Arbeit. Der Tod ist kein Mysterium, sondern die logische Folge des Lebens, ein anatomischer Vorgang, der wissenschaftlich zu begründen ist. Dr. Dr. Zehntel teilt diese Auffassung, doch im Gegensatz zu Dr. Röhm wecken die Toten in ihm kein persönliches Interesse. Sie interessiert sich für die Geschichte ihrer Leichen. Für ihn sind sie Objekte, deren Erledigung ihn seinem Ziel, Institutsdirektor zu werden, näher bringen.

Während Zehntel die «äußere Besichtigung» der Leiche in sein Aufnahmegerät diktiert, schneidet Eva von Ohr zu Ohr und zieht die Kopfhaut nach vorne. Der Anblick ist grotesk und kümmert niemanden. Mit einer Handsäge beginnt Franz, das Schädeldach zu bearbeiten. Das Geräusch erinnert Eva an die alte Brotschneidemaschine im Haus ihres Vaters. Sie entnimmt das Gehirn und legt es auf die Waage. Das weibliche Gehirn ist durchschnittlich um zehn Prozent kleiner als das männliche, eine Tatsache, die allein aussagt, daß Männerhirne größere Zwischenräume haben und bei Frauen die Nervenzellen dichter sind.

Zehntel diktiert.

Eva untersucht das Schädeldach nach Bruchlinien und stellt keine Auffälligkeiten fest. In der Halshaut sind Würgemale nicht nachweisbar. Sie findet auch kein Hämatom an der Aufgabelung der großen Halsschlagader und erinnert sich an die weibliche Leiche mit dem frischen Bluterguß am Carotissinus. Vor Gericht konnte nicht bewiesen werden, daß der Ehemann seine Frau mit einem gezielten Handkantenschlag getötet hatte. Die Gutachterin Röhm hatte nicht ausschließen können, daß die Frau unglücklich gestürzt war.

Die Frau vor ihr war vierundfünfzig Jahre alt geworden! Sie lebte seit etwa zehn Jahren im Obdachlosenmilieu, so stand es im Polizeibericht. Eva fragt sich, welcher Art Leben sie ausgesetzt war, während sie das Skalpell an der Drosselgrube ansetzt. Die Haut teilt sich willig, es sind kaum Fettschichten zu durchschneiden, und sofort breitet sich der Geruch der Fäulnis aus, den Eva kaum noch wahrnimmt. Zehntel tritt einen Schritt zurück, er denkt, daß er sich nie an diesen Duft gewöhnen wird, er riecht ihn noch, wenn er abends geduscht hat, er nimmt seine Leichen sozusagen mit nach Hause, und seine Frau wirft ihm krankhaften Waschzwang vor, ein Punkt ganz oben in der langen Liste gegenseitiger Vorhaltungen. Sie riecht nichts, seine Frau, genausowenig wie Dr. Röhm, die er um ihren absolut unterentwickelten Geruchssinn beneidet. Röhms Nase hält sogar den überfälligsten Leichen stand. Ihre Nase ist wenig, ein ganz klein wenig adlerartig gebogen und gibt ihrem Gesicht eine Härte, die es nicht verdient. Ausgleichende Gerechtigkeit, er kennt keine vollkommenen Frauen, und wenn, würde er sie fürchten.

Eva untersucht die Organe und schneidet heraus, was für die feingeweblichen Untersuchungen gebraucht wird. Zehntel asserviert Mageninhalt, Blut und Urin für weiterführende Tests. «Eine komplette kleinknotige Leberzirrhose», sagt Eva, «das wäre eine mögliche Ursache.» Vor ihre Hand mit dem Messer schiebt sich das Bild einer Frau, die an einer Straßenunterführung sitzt, die Flasche in der Hand, neben sich zwei Plastiktüten, einen Hund vielleicht, der Wärme gibt. Eine Frau, die sich nirgendwo verstecken kann vor der Welt, eine öffentliche Figur, die Abscheu oder Mitleid erregt, oder schlimmer noch: Gleichgültigkeit. Nie hat sie es fertiggebracht, an solchen Leuten vorbeizugehen, sie zu ignorieren, als wären sie Straßendreck, dem man ausweichen muß. Nein, sie bleibt stehen, schuldbewußt, worüber sie sich ärgert, steht und kramt in ihrer Handtasche nach dem Portemonnaie und dort nach Kleingeld. «Eine absolut lächerliche Demonstration von Güte», hat er sie stets gerügt. Eines von tausend Dingen, die er an ihr auszusetzen hatte.

Sie schneidet ein schmales Stück von der Leber ab und hebt es mit der Pinzette in Formalin. Franz verschließt die Kopfhaut mit groben Stichen. Niemand wird diese Leiche sehen wollen, doch der Eindruck des Unbeschädigtseins muß erhalten bleiben. Franz wird auch den auseinanderklaffenden Oberkörper zunähen und ihn vorher, je nach Menge der entnommenen Organe, mit Zellstoff ausstopfen. Die ordentliche Leiche gehört zum Rechtsstaat. Man wird sie angemessen entsorgen, weil auch Leichen ihren Platz auf der Welt haben. Rund eine Million pro Jahr sind es in Deutschland. Das Ziel allen Lebens ist der Tod.

Eva denkt an ihre Mutter, während sie das Herz wiegt und ausmißt. Magda war immer so gesund gewesen, von einer Robustheit, die dem kränkelnden Vater wie ein ewiger Vorwurf erscheinen mußte. Nur selten erlaubt sich Eva den Gedanken, daß Magdas plötzliches «Herzversagen» vom Hausarzt allzu willig als Todesursache bescheinigt wurde. Vater hatte als praktischer Arzt doch alle Möglichkeiten. ... Nein, das darf man nicht denken, auch wenn Pathologen behaupten, daß vierzig Prozent aller außerhalb eines Krankenhauses ausgestellten Todesscheine eine falsche Diagnose enthalten. Was hätte Magdas Hausarzt tun sollen? Dem geschätzten Kollegen eine polizeiliche Untersuchung auf den Hals hetzen? An Herzstillstand sterben wir letztlich alle, warum also die Familie der Tortur eines Anfangsverdachts und einer Obduktion aussetzen? Begnügen wir uns damit, daß Magda plötzlich und unerwartet von uns gegangen ist. Ihr Begräbnis war ein großes Familienfest. Die Todesanzeige war geschmackvoll. Und es gibt Menschen, die leben nicht einmal. Sie werden geboren und sterben und füllen die Zwischenzeit mit nützlichen Handlungen aus.

Zehntel diktiert, und Franz weist sie auf die Tätowierung am linken Arm hin. Zwei kaum sichtbare Einstichstellen... und eine weitere, mit Unterblutung des umgebenden Gewebes, im Handgelenkspalt. «Es sieht so aus, als seien wir fündig geworden.» Sie zeigt Zehntel die Stellen, und er pfeift anerkennend. «Eine ziemlich diskrete Fixerin, hat wohl irgend- einen Anfängerfehler gemacht ... für die Histologie rausschneiden.»

An ihrem Blick sieht er, daß seine letzte Bemerkung überflüssig war. Eine empfindliche Person, die Röhm, und als Frau und Rechtsmedizinerin mit Vorsicht zu genießen. Seit zwei Jahren arbeitet sie am Institut, und fachlich kann man ihr leider nichts vorwerfen. Dies wäre auch nur relevant, wenn sie seinen Plänen im Wege stünde. Doch Ehrgeiz scheint nicht zu ihren Stärken zu zählen.

Um so besser, denkt Zehntel, während er diktiert, daß die Gesamtumstände der Obduktion für eine Intoxikation sprechen, jedoch die endgültige Todesursache erst durch weitere Untersuchungen geklärt würde. «Wie heißt die Frau eigentlich?»

«Maria Blumenschein.» Franz hilft Dr. Röhm, die Organe an ihren Platz zurückzulegen, obgleich sie keinerlei Funktion mehr haben. Evas Handschuhe sind blutverschmiert.

«Mit diesem Namen hätte man aber mehr anfangen können.» Zehntel sieht die Leiche beinahe strafend an. Sie stinkt und beeinträchtigt seinen Appetit auf das bevorstehende Mittagessen mit einer Medizinstudentin.

Vielleicht war sie irgendwann einmal glücklich, denkt Franz, während er behutsam die Stiche setzt, um sie für das Begräbnis zu präparieren. Er hat keine Lust, Zehntel seine Gedanken mitzuteilen, und den begründeten Verdacht, daß dieser sich kaum dafür interessieren würde. Franz liebt seine Leichen auf eine beschützende, behutsame Art. Sie sind so wehrlos, wenn sie auf dem Metalltisch liegen. Man muß sie mit Respekt und Würde behandeln, weil sie alle eine Geschichte haben, die sie nicht mehr erzählen können.

Franz modelliert in seiner Freizeit Puppen, die keine Abnehmer finden, weil ihre Gesichter Leichenmasken gleichen. Seine kleine Wohnung ist voll von ihnen, was niemanden stört, da er alleine lebt. Früher, in Potsdam, hat er sein Zuhause mit ausgestopften Tieren geteilt. Er kann sich bis heute nicht erklären, warum seine Verlobte ihn verlassen hat, doch es ist vorstellbar, daß die Tiere etwas damit zu tun hatten.

Zehntel hat das Diktiergerät zur Seite gelegt und entledigt sich seiner Handschuhe. Dr. Röhm sortiert die Gefäße mit den Leichenteilen und wäscht dann das Blut von ihrem Sezierbesteck. Er muß ihr attestieren, daß sie selbst unter der unförmigen Kittelschürze eine tadellose Figur zeigt, ein wenig üppig, jedoch mit Rundungen an den richtigen Stellen. Sie lebt allein, mehr ist im Institut nicht bekannt, und einen Moment lang stellt sich Zehntel anstelle der Leiche ein Liebespaar auf dem Seziertisch vor, ein angenehm perverser Gedanke, der seine Geruchsnerven besänftigt. «Und was steht bei Ihnen noch an, verehrte Kollegin?»

«Ich muß nachmittags zum Gericht. Ein Alkoholgutachten.» Eva erwidert seinen neugierigen Blick mit Gleichgültigkeit. «Eine Sekretärin, die nach einem Betriebsfest einen Rentner umgefahren hat. Er war auf dem Weg zum Friedhof.» Warum erzählt sie ihm das? Als ob es nicht genug überflüssige Sätze in ihrem Leben gegeben hätte.

Zehntel grinst erwartungsgemäß. «Na, dann hatte es der arme Kerl ja nicht mehr weit ... ich bin nach dem Mittagessen in meinem Zimmer, falls Sie mich brauchen.»

Er nickt Eva zum Abschied zu, auch Franz, aber um eine Spur knapper. Zehntel ist froh, aus dem Obduktionssaal zu kommen und seine Kräfte für etwas sehr Lebendiges zu mobilisieren. Die Medizinstudentin: ein bißchen mollig, ein bißchen dumm, ein bißchen schmachtend. So hat er sie gern, die jungen Frauen. Schade, daß er sich nicht traut, seine Frau zu betrügen, weil er ein bißchen Angst vor ihr hat. Er gehört zu den alten Hunden, die laut bellen, aber nicht mehr beißen, ein koketter Gedanke mit einundvierzig Jahren. Er zieht ihn der Annahme der Feigheit vor.

Eva geht die langen stillen Flure zurück in ihr Zimmer. Die Kollegen sind beim Kongreß in Wien, wo sie viel reden, vor allem aber viel essen und trinken werden. Vermutlich wird sich auch die eine oder andere Affäre entwickeln, die in stereotyper Leidenschaft in uniformen Hilton-Zimmern ausgetragen wird. Eva hat sich freiwillig für die Stallwache gemeldet, weil Wien unerwünschte Erinnerungen wecken würde. Aber vermutlich hätte der Direktor sie ohnehin dienstverpflichtet. Er mag sie nicht, der Herr Professor Wirtz, und er kann es sich leisten, sie nicht zu mögen. Wirtz, genial und eitel, braucht widerspruchslose Bewunderung und Kollegen, die sich an seinen Trinkorgien beteiligen. Nach seiner Vorstellung sind Frauen weder gute Trinker noch gute Rechtsmediziner. Eva weiß, daß er sich manche ihrer Obduktionsberichte vorlegen läßt, doch anscheinend hat er bislang nichts gefunden. Wie hatte Magda doch immer gesagt: «Kind, dein Mangel an Anpassungsfähigkeit wird dich noch in Teufels Küche bringen.» Mutters fromme Erziehungssprüche. Doch. Sie hätte gern Magdas Herz gesehen, schon aus pathologischer Neugierde. Möglich, daß es zu leicht war für den schweren Körper. Die Türme des Schweigens wären ein guter Platz für Magda gewesen.

2. Kapitel

Der Kirschbaum im Garten bot kein Versteck vor Magda, der Unbarmherzigen. Sie wußte, wie gern ich die süßen Kirschen aß, oben in den Ästen sitzend, wo ich auf sie herabsehen konnte und über sie hinweg auf die Straße, die vom Grundstück meines Vaters durch eine Steinmauer getrennt war.

Meine Mutter stand unter mir, und ich widerstand der Versuchung, einen Kirschkern auf die akkuraten braunen Locken zu spucken. Sie waren eingelegt wie Zwiebelringe und mit Spray zementiert. Kein Haar hätte es gewagt, die abscheuliche Perfektion durch Widerspenstigkeit zu torpedieren. Ich spuckte den Kern über die Mauer.

«Komm sofort runter, Eva». Die Stimme meiner Mutter war leise und durchdringend.

«Warum?» Wir kannten die Antwort, doch ich versuchte, sie hinauszuzögern.

«Das weißt du ganz genau. Die Kirschen sind noch nicht reif. Und WENN sie reif sind, werden wir sie gemeinsam pflücken, und wir werden Kirschmarmelade kochen, wie in jedem Jahr. Du wirst mir helfen, die Kirschen zu entsteinen – und nur so viel essen, wie es bekömmlich ist.»

«Bekömmlich», das war eines ihrer Lieblingsworte. Sie spitzte ihre schmalen Lippen, wenn sie es aussprach, dieses Wort. Ich sagte «Sie sind aber schon reif», bevor ich vom Baum kletterte, und sie sagte «Ich weiß es besser, mein Kind», als ich vor ihr stand. Nicht laut, sie wurde sehr selten laut, meine Mutter, doch die Summe ihrer leisen Worte war infernalisches Geschrei. Sie nahm meine Hand und lächelte beinahe. «Außerdem wirst du langsam zu alt, um in Bäumen rumzuklettern. Es gehört sich nicht.»

Auch dieser letzte Satz fand häufige Verwendung in unserem Haus. Magda setzte ihn gegen das Hausmädchen, meinen Vater, die Sprechstundenhilfen und gegen mich ein. Es gab sehr viele Dinge, die Mutter ungehörig fand, und ganz am Anfang stand die Beziehung zwischen meinem Vater und einer Sprechstundenhilfe namens Dorothea. Dorothea trug einen dicken, blonden Zopf, sie hatte blaue Augen und war sehr lustig, noch war sie es, aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß es auf Dauer gutgehen konnte. Möglich, daß Mutters Lippen noch ein bißchen schmaler geworden waren. Sie wird Vater ein Ultimatum stellen, und Dorothea wird gehen, dachte ich. Sie wird ihre leisen Sätze wie Messer auf ihn werfen, und er wird nachgeben, weil er ein Feigling ist. Ein unmoralischer Feigling natürlich. Seit einer Woche, seit Mutter sie bei einem Kuß in der Toilette ertappt hatte (ausgerechnet, ich hätte mir etwas mehr Romantik gewünscht), betrat sie die Praxis nicht mehr und konzentrierte ihre Energie auf meine Person. Mutters Energie drückte sich in Wortschwallen aus, sie redete un- unterbrochen, so kam es mir jedenfalls vor, und ihre beherrschte, eindringliche Stimme verfolgte mich bis in meine Träume.

Ich bedauerte, daß ich erst siebzehn war und Ferien hatte, und daß Vater und die kleine Blonde einander in der Toilette gefunden hatten. Es war, als hätten sich alle Erwachsenen gegen mich verschworen mit dem Ziel, mich unglücklich zu machen.

«Robert kommt heute nachmittag vorbei, ich habe ihn zum Kaffee eingeladen. Er ist ein so netter junger Mann, und ich wünschte, du würdest ihn etwas liebenswürdiger behandeln. Schließlich hat er sich bereit erklärt, dir Nachhilfestunden in Mathematik zu geben, und weiß Gott, du bist nicht in der Situation, ein so großherziges Angebot auszuschlagen, Eva. Ich weiß wirklich nicht, was du gegen ihn hast.»

«Er ist ein Idiot.» Wir waren in der Küche angelangt, und ich nahm mir ein Stück Extrawurst aus dem Kühlschrank. «Und wenn du nicht dabei bist, legt er seinen Kopf an meinen Busen. Er ist ein Busenfetischist.»

«Du bist unmöglich. Ich glaube dir kein Wort. Und du sollst nicht vor dem Mittagessen naschen, wie oft soll ich dir das noch sagen.»

Ich stopfte die Wurst in den Mund. Aus dem Wohnzimmer war das Geräusch des Staubsaugers zu hören. Emma, unser aller Hausdrachen, schmetterte ein Volkslied dazu, obwohl ihr unter Mutters Regime das Singen längst hätte vergehen müssen. Emma war fünfundsechzig und ein bißchen taub, vielleicht lag es daran, daß sie noch bei uns war. Emma kochte wie eine Göttin und putzte wie der Teufel. Doch Emma liebte den Schnaps, ein Laster, das Mutter ihr nur nachsah, weil sie ihn selten vor Sonnenuntergang trank.

Es gab Ausnahmen mit dazugehörigen Katastrophen. Letzte Weihnachten hatte Emma, offenbar im Halbrausch, Salz statt Zucker in den Apfelstrudel getan, dies jedoch auf Vorhalt meiner Mutter heftig bestritten. Auch, als sie ihn kosten mußte, widersprach sie Magda, was diese so in Rage brachte, daß wir uns den Rest des Abends Emmas Sündenregister anhören mußten. Mutter hatte alles parat, auch, daß Emma mich als Baby vom Wickeltisch fallen ließ. Sie vergaß nichts und sie verzieh nichts, meine Mutter, und sie brachte es fertig, daß ich mich in ihrer Gegenwart stets schuldig fühlte.

Jeden Mittag, um zwölf Uhr, wurde im Speisezimmer, das an die Küche grenzte, gegessen. Emma servierte, durfte aber mit uns am Tisch sitzen. Früher waren auch die Sprechstundenhilfen dabeigewesen, ein soziales Arrangement, das Mutter zur Zeit außer Vollzug gesetzt hatte. Vater sprach wenig bei Tisch, nun eigentlich gar nichts mehr. Er salzte seine Speisen, bevor er sie probierte, dann senkte er den Kopf und widmete sich schweigend den Braten oder Knödeln oder Krautfleckerln, allem, was Emmas böhmisch-österreichische Kochkunst hergab. Mutter pickte allzu demonstrativ von ihrem Teller.

Ich hatte meine Mutter nie viel essen sehen, sie jedoch im Verdacht, heimlich an den Kühlschrank zu gehen oder an die Schublade, in der Süßigkeiten aufbewahrt wurden. Sie war ein Heimlichfresser und sie fand es sehr ungerecht, daß mein zierlicher Vater in aller Öffentlichkeit so viel essen konnte, wie er wollte, ohne jemals zuzunehmen.

«Nun iß doch, Kind», sagte Emma und hielt mir die Schüssel mit den Krautfleckerln hin.

«Sie sollte sich mäßigen, sie wird zu dick», sagte Mutter und stellte die Schüssel zurück. Mein Vater warf mir seinen Laß-sie-reden-Blick zu. Magda und Emma begannen über Begriffe der Leiblichkeit zu streiten, wobei letztere keine Chance hatte, auch wenn sie ihre Argumente zunehmend im Ottakringer Dialekt vortrug, den im Haus zu sprechen Mutter ihr verboten hatte. Emma schnaufte vor Zorn, als sie die Teller und Schüsseln abtrug, und Magda sagte: «Ich weiß nicht, womit ich all das Ungemach verdient habe.» Mit Blick auf Vater, Emma und mich. Der Rundumschlag. In wohlgesetzten Worten vorgetragen und durch Leidensmiene verstärkt.

Ich hielt meine Augen gesenkt und wippte aufrührerisch mit den Zehenspitzen. Vater stand auf. «Jeder bekommt letztendlich, was er verdient», sagte er und flüchtete sich zurück in die Praxis.

Mutters Gesicht war so hart, daß ich dachte, ein Messer würde abprallen, wenn man es denn zu werfen wagte. «Darf ich aufstehen?» Sie nickte, und als ich ihr den Tochterkuß auf die rechte Wange gab, meinte ich, Tränenflüssigkeit in ihren Augen zu sehen, aber das konnte nicht sein, ich mußte mich getäuscht haben. «Ich bin noch ein bißchen mit dem Fahrrad unterwegs.»

«Sei vorsichtig. Und denk daran, rechtzeitig zu deiner Verabredung zurück zu sein.»

Nicht MEINE Verabredung, ich würde mich nie mit einem Jungen einlassen, der schweißnasse Hände und gierige kleine Augen hat, die an meinem Busen klebten. Robert war ein ekliges Ferkel, und daß er der Sohn des Bürgermeisters war, vermochte mich nicht zu beeindrucken. Was war schon Obrigkeit in einem Kaff irgendwo zwischen Wien und der Provinzsteppe? Zehntausend Seelen, die meisten katholisch, überwiegend Nichtakademiker und in der Feuerwerkskörperfabrik beschäftigt, die dem Direktor Paschel gehörte, mit dessen beiden Töchtern ich dieselbe Klasse des Gymnasiums der Kreisstadt teilte. Ich fuhr mit dem Bus hin, die beiden wurden chauffiert. Vielleicht meinten sie deshalb, etwas Besonderes zu sein. Doch Kaff ist Kaff. In unserem gab es zwei Kirchen und vier Gasthäuser, zwei Arztpraxen und eine Apotheke, eine Konditorei mit angeschlossenem Kaffeehaus, den Fleischer und den Bäcker und drei Gemischtwarenläden. Ich sehnte mich an jeden Ort, der außerhalb unseres Kaffs lag. Hier kannte jeder jeden, und nichts blieb unbemerkt, ungestraft. Vermutlich wußten sie bereits alle von der Geschichte zwischen meinem Vater und Dorothea. Flüsterten darüber im Kaffeehaus, in ihren kleinen Vorgärten vor ihren kleinen Häusern aus schmutzigem Weiß, empörten sich in ihren Wohn- oder Bauernstuben und liefen dann in die Praxis meines Vaters, wo sie stundenlang im Wartezimmer saßen und bedeutungsvolle Blicke auf Dorothea warfen, die tückische Ehebrecherin mit dem blonden Zopf und dem unverschämten Lachen. Und sah der Doktor nicht immer kränklicher aus, was kein Wunder war bei dem unsittlichen Lebenswandel, und die arme Frau Doktor, die man gar nicht mehr in der Praxis sah, so eine Schande, weil sie doch immer so freundlich mit einem geredet hatte ...

Ich radelte durch das Kaff und spürte ihre neugierigen Blicke im Rücken. Frau Pöschl würde sich später bei meiner Mutter beschweren, daß ich sie nicht gegrüßt hatte. Tante Ludovika sah ich im Kaffeehaus sitzen, als ich vorbeiradelte, das tat sie immer um diese Zeit, sie war eine Tratsche von besonderer Bösartigkeit und eine meiner ärgsten Feindinnen. In der Aufzählung der örtlichen Sehenswürdigkeiten habe ich meine Verwandtschaft mütterlicherseits vergessen, die Tanten und Cousinen, ein Stall von Frauen, in dem die paar Männer kaum ins Gewicht fielen. Mutters kastenförmige Schwestern waren allesamt gewaltige Wortmaschinen. Es gab wirklich nichts, das sie bei den allseits gepflegten Verwandtschaftsbesuchen nicht zu kommentieren wußten. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Politik und Wetter, Ereignisse und Geheimnisse im Kaff: Sie wußten Bescheid, sie hatten eine Meinung und taten sie kund, unermüdlich Worte zermalmend und unterbrochen nur von Handlungen der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr. Mutter war sozusagen der Clanchef, weil sie den Doktor geheiratet hatte. Mutter organisierte und delegierte die Familientreffen. Sie behandelte ihre Schwestern ein ganz klein wenig von oben herab, was in Anbetracht ihrer gesellschaftlichen Stellung akzeptiert wurde. Vaters Verwandte waren allesamt tot, was ja auch ein Glück sein konnte. Immerhin blieben ihnen die Familientreffen erspart.

Ich bog nach rechts in den Waldweg, der zu dem kleinen Ziegelteich führte, dem Naherholungsziel der Kaff-Jugend. An heißen Sommertagen wie diesem wurde er allerdings auch von Mücken frequentiert, die sich frenetisch auf das junge Blut stürzten. Wenn ich durch den Wald radelte, stellte ich mir immer vor, daß der Teich mir gehörte, mir ganz allein, und daß ich Verbotsschilder aufstellen würde und niemanden in mein Reich ließe. Schon gar nicht die beiden Paschel-Töchter mit ihrer Clique, die natürlich da waren, und irgendwoher plärrte ein Transistorradio ein Lied der Beatles. Sie waren zu acht, und sie beherrschten meinen Teich. Mir blieb keine Wahl, als mich anzuschließen.

Lea und Suse Paschel behandelten mich ein wenig wie Mutter ihre Schwestern. Die Jungs starrten auf meinen Busen, der leider ziemlich groß war, als warteten sie darauf, daß ein Träger meines Badeanzugs reißen würde. Emil, der einzige Pickellose, der überdies das Glück hatte, in einem Internat in Wien zu leben, fragte mich, ob es stimme, daß mein Vater und die Dorothea ...?

Ich sprang ins Wasser, das kalt und an den Ufern schlammig war. Es tat gut, unterzutauchen und nichts mehr zu sehen und zu hören. Leider ging einem dabei die Luft aus. Manchmal spielte ich mit dem Gedanken, unter Wasser zu bleiben, für immer sozusagen. Das Dumme war, daß man in Panik geriet unter der Wasseroberfläche, und ich schaffte es nie mehr als ein paar Sekunden, bevor ich wieder auftauchte.

Lea paddelte auf ihrer Luftmatratze auf mich zu. Ihr Ziegengesicht verriet nichts als Neugierde. «Hast du schon gehört, daß die Dorothea schwanger ist? Ehrlich, ich hab’s von unserem Chauffeur gehört.»

Ich lag auf dem Rücken und planschte mit den Beinen. Auf Leas dürrem Hintern ließ sich gerade eine Mücke nieder. Als sie draufschlug, war es schon zu spät, wie schön. Der Himmel über mir war milchig blau. «Hat euer Chauffeur sie geschwängert?»

Haben Ziegen Sinn für Humor? «Blödsinn», sagte Lea, «es wissen doch alle, daß sie von deinem Vater bestiegen wird.»

Ein widerliches Wort, dachte ich und überlegte, ob ich ihre Matratze umkippen und sie ein wenig untertauchen sollte. Aber dann fiel mir etwas Besseres ein„ «Das kann gar nicht sein, Lea, weil meine Mutter meinem Vater seine Dings, du weißt schon, abgeschnitten hat, als sie die beiden bei einem Kuß erwischte. Mein armer Vater hat nichts mehr zwischen den Beinen, womit er sie hätte schwängern können.»

Ein Himmel wie im Märchen und ein Ziegengesicht, das mich vorwurfsvoll anstarrte.

«Hör mal, das glaub’ ich dir nicht. So etwas gibt’s doch gar nicht. Du lügst schon wieder, Eva ...»

Man muß dabei bleiben, das ist die ganze Kunst. «Nein, wirklich wahr. Er hat schrecklich geblutet, der Arme, aber dann hat er sich selbst verarztet sozusagen. Und er hat Mutter verziehen, weil sie es im Affekt getan hat und hinterher sehr bereut hat. Lea, du mußt mir versprechen, daß du es niemandem, hörst du, niemandem sagst.»

Sie glaubte mir kein Wort, doch sie sagte: «Ich schwöre es», und ich war sicher, daß meine Geschichte im Kaff die Runde machen würde. Lea entfernte sich auf ihrer grünen Luftmatratze, und ich blinzelte zufrieden in die Sonne. Der nächste Kirchgang würde spannend werden mit all den neugierigen, verschämten Blicken auf Vaters Unterleib und Mutters Kastrationshände. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, pflegten sie im Kaff zu sagen und gierig zu verschlingen, was der Klatsch an Sündigem und Sexuellem hergab. Ob sie wußten, daß die besten Geschichten von mir stammten? Magda sollte es ahnen, schließlich erkannte sie die begabte und lustvolle Lügnerin in mir. Meine Motive blieben im unklaren. Ich wußte nur, daß meine Lügen eine geheimnisvolle Welt schufen, die über dem Kaff und Mutter und dem Rest der Verwandtschaft schwebte. Meine Lügen waren eine Waffe, wohl die einzige, die ich besaß. Und ich glaube, daß ich schon gelogen habe, als ich die ersten Worte sprach. «Liebe Mama» sollen meine ersten Worte gewesen sein, sagte Magda. Wenn sie nicht log, dann habe ich es getan.

3. Kapitel

Vater trug einen Smoking und wirkte sehr fragil. Er hatte mir anerkennend auf die Schultern geklopft, eine für seine Verhältnisse geradezu intime Geste, und von Führerschein und gebrauchtem Kleinwagen gesprochen. Vater litt wieder unter Gichtanfällen und oblag Magdas strengem Diätplan, den Emma immer wieder zu unterlaufen versuchte. Ich fragte mich, warum Vater und ich uns nie nahegekommen waren, und erklärte es mit den Mauern aus Glas, die er um sich herum gezogen hatte. Er war ein guter Arzt, aber nicht sehr populär, weil er sich grundsätzlich nicht für Menschen interessierte. Für ihn waren seine Patienten Fälle, und er blockte persönliche Gespräche konsequent ab. Das nahm man ihm übel. Damit konnte man es in unserem Kaff nicht weit bringen. Aber Magda war ja wieder in der Praxis präsent, der gute Geist des Doktors, die ausgleichende Schwatzhaftigkeit, Florence Nightingale im Quadrat.

Der Abschlußball war ein gesellschaftliches Ereignis im Kaff. Die jungen Damen führten lange Kleider im Empire-Stil und toupierte Hochfrisuren vor. Die jungen Herren trugen Pomade und dunkle Anzüge. Jemand sagte: «Die Eva wird ihrer Mutter immer ähnlicher», was meine Stimmung in bedrohliche Tiefen senkte. Außerdem war ich immer noch Jungfrau, ein typisches Kaff-Schicksal, denn wo sollte man es treiben an diesem Ort der Ohren und Augen und Münder? Und mit wem vor allem angesichts beschränkter Auswahl? Robert, Bürgermeistersohn, hielt sich unserem Haus fern, nachdem ich ihm von meiner Syphilisinfektion erzählt hatte. Was natürlich auch die anderen Jungs erfuhren, so daß mein Marktwert gleich null war. Einzig Hannes, ein aufgeklärter Apothekersohn, wagte sich bis an meine nackten Brüste vor, er wußte, daß er es davon nicht kriegen konnte.

Hannes war auch mein Tanzpartner beim Abschlußball, keine schlechte Partie, wie Magda zu bemerken beliebte. Hannes war ein wenig verliebt in mich, und man konnte ihn wunderbar belügen. Außerdem versorgte er seine Freunde aus dem Giftschrank seines Apothekervaters: Aufputschmittel, Tranquilizer, Cannabis ... Hannes behauptete, daß seine Haschischzigaretten sexuell stimulierend seien, wozu ich wenig sagen konnte, weil ich nach ein paar Zügen regelmäßig einschlief. Diese Orgien fanden im Sommer am Ziegelteich statt und bei Regen oder Kälte in der Jagdhütte von Hannes Vater. Der Apotheker war stark kurzsichtig, aber daß er den Schwund nicht bemerkte, ist mir immer ein Rätsel geblieben, ebenso wie die Anhänglichkeit seines Sohnes, der trotz leichter Plattfüße nicht unattraktiv aussah.

Aber wer war ich? Eine Andeutung von Frau mit langen Beinen und großem Busen, schwerknochig und ungelenk – ein störrischer Maulesel, wie Tante Ludovika sagte. Magda behauptete, daß sie als junges Mädchen sehr graziös gewesen sei, was durch alte Fotos nicht zu belegen war. Aber sie konnte nicht leugnen, daß ich ihre krausen Haare in undefinierbarem Braun geerbt hatte, ebenso wie die graugrünen Augen und die dominante Nase. Vater hatte mir nur seinen Mund mitgegeben, groß und ein wenig schmachtend, was in seinem Fall den Eindruck von Willensschwäche erweckte. Mit achtzehn war ich überzeugt davon, daß man so war, wie die anderen einen sahen – und ich war unglücklich. Vater saß in seinem Glashaus, und Mutter ließ keinen Zweifel daran, daß ich sie enttäuscht hatte. Andere Mädchen waren hübscher, erfolgreicher, beliebter. Jungs waren ohnehin anders und Hannes nur insofern eine Ausnahme, als er allein auf weiter Flur der Meinung war, ich sei liebenswert.

Beim Abschlußball stieg ich ihm dauernd auf die Füße, ein gerechter Ausgleich für seine klebrige Hand auf meinem Rücken. Das Kaff tanzte Walzer, glotzte und schwatzte. «Und wie geht es weiter – mit uns?» Hannes Mund an meinem Ohr. Er war schon ein wenig betrunken von dem guten Riesling, und er sabberte. Sein linker Plattfuß unter mir zuckte zurück, als ich sagte, daß ich auf eine Leprastation nach Afrika gehen würde, er könne ja mitkommen. Ein paar Takte Schweigen. Ob meine Eltern davon wußten?

Ich schüttelte den Kopf und sah zu dem Tisch, an dem Magda Hof hielt, neben sich den Direktor des Gymnasiums, der uns acht Jahre lang mit schneidender Stimme und mathematischen Formeln terrorisiert hatte. Jetzt war er nur noch ein jämmerliches Männchen im schlechtsitzenden Smoking, das zuviel trank und über die Lebensweisheiten meiner Mutter scheppernd lachte. Selbst von der Tanzfläche konnte ich die Bewegungen ihres Mundes beobachten, ihre flinken Blicke, denen nichts zu entgehen schien, die gekünstelte Bewegung, mit der sie ihr Weinglas an die Lippen führte. Vater unterhielt sich mit meiner Deutschlehrerin, von der im Kaff behauptet wurde, daß sie lesbisch sei. Alle alleinstehenden Frauen im gebärfähigen Alter waren entweder lesbisch oder Flittchen. Erst ab fünfzig wurden sie zu respektablen alten Jungfern, so wie Tante Ludovika, die in ihrem schwarzen Kleid mit dem Schleierhut wie ein Geier hinter Gittern aussah.

Ludovika ebenso wie Magda und ein paar andere Damen der käfflichen Oberschicht kümmerten sich sonn- und feiertags um die Frauen, die im «Witwenheim» lebten und mit ein paar hundert Schillingen Rente nicht auskamen. Man spendete Naturalien, zum Beispiel Magdas Kirschmarmelade oder Ludovikas selbstgestrickte Pullover, und organisierte Wohltätigkeitsbasare, wobei man sich einig war, daß Bargeld die Witwen nur auf dumme Gedanken brächte, Schnaps zum Beispiel.

Ein paarmal war es mir gelungen, Hannes zum Diebstahl von reinem Alkohol aus der Apotheke zu bewegen, ein Geschenk, das den Witwen höchst willkommen war. Sie versetzten den Alkohol mit Wasser und allerlei Kräutern und feierten fröhliche Feste, deren Geräuschpegel allerdings erst die Nachbarn und dann die Gendarmerie auf den Plan rief. Daß ein paar der alten Damen an Alkoholvergiftung gestorben seien, hielt ich für ein böswilliges Gerücht. Und selbst wenn es stimmte, hatten sie weiter nicht viel versäumt. Bestimmt nicht Magdas Kirschmarmelade, die süß und klebrig war, analog zu ihren guten Taten.

Nach dem Walzer führte mich Hannes, von der Lepra-Information sichtlich geschockt, zurück an den Tisch. Er machte einen Diener, bevor er davonwatschelte, und Magda sagte, was für ein wohlerzogener junger Mann er sei und daß der Apotheker über ein beträchtliches Vermögen verfüge. Der einzige Sohn, setzte Ludovika nach und breitete die Geschichte der Apothekersgattin aus, die drei Fehlgeburten erlitten habe, bevor der kleine Plattfuß zur Welt gekommen war. Ihre Augen glitzerten, und hektische Flecken auf den Wangen deuteten an, daß sie rieslingschwer war. «Ich sag’s ja immer, daß schlechte Gene zu nichts Gutem führen. Blut und Blut mischt sich halt nicht gerne.»

Was Ludovika uns damit sagen wollte, war, daß jene bedauernswerte Apothekersfrau aus einer halbjüdischen Familie stammte, die auch noch die Chuzpe besessen hatte, die Hitlerjahre zu überleben. Tante Ludovika war eine lupenreine österreichische Rassistin. Juden, Neger, Burgenländer und alles, was aus dem Osten kam und unter den Sammelbegriff «Tschuschen» fiel, waren ihr fremd und verdammenswert. Sie stand nicht ganz allein da im Kaff.

«Aber Ludovika», sagte Magda tadelnd, jedoch mit einem toleranten Lächeln, nur für den Fall, daß noch weitere Rassisten am Tisch saßen.

Von meinem Geschichtslehrer wußte ich es genau, denn der hatte uns in den letzten beiden Jahren mit Hitlers genialen Feldzügen gelangweilt, seiner tapferen Rolle im großen Indianerspiel und dem schrecklichen Ende, an dem nur die Amerikaner schuld waren. Die Amis hatten ihn auch gefangengenommen, worauf er vorübergehend zum Widerstandskämpfer mutiert war, ein sehr österreichisches Schicksal.

Bei uns zu Hause wurde fast nie über den Krieg gesprochen. Magda fand das nicht bekömmlich, schließlich hatte Vater seinen kränkelnden Gesamtzustand den Kriegs- und Gefangenenjahren zu verdanken. Soviel sie sonst zu sagen hatte: Die Jahre zwischen 1940 und 1950 waren tabu. Von Tante Ludovika wußte ich nur, daß sich die Schwestern in die amerikanische Zone abgesetzt hatten, weil sie den Russen irgendwie mißtrauten. Einer meiner Onkel war in Rußland gefallen; zwei waren immer dagegen gewesen und hatten still überlebt.

Einer der schlimmsten Nazis des Kaffs, so Ludovika, war Direktor Paschel gewesen, dessen Fabrik vorübergehend Waffen produzierte, weil Feuerwerkskörper für die Vernichtung des Feindes nicht ausreichten. Geschadet hatte es ihm nicht, und seine beiden Töchter bekamen zur Matura zwei Autos der Marke «Opel Kapitän». Beim Abschlußball trugen sie weiße Seidenkleider aus Paris, um uns anderen zu zeigen, daß wir es noch nicht ganz geschafft hatten. Lea Paschel starrte meinem Vater auf die Hose, was er Gott sei Dank nicht bemerkte.

Auf der Toilette erzählte ich Lea, daß meine Mutter sich in einem Wiener Spezialgeschäft Kunstpenisse anfertigen ließ. Ihre Kuhaugen wurden kugelrund, und später fragte mich Magda, warum die eine Paschel-Tochter sie so ungehörig ansehe und dabei kichere. «Zuviel Geld verdirbt den Charakter, merk dir das, Eva.» Mein Lachen führte sie auf den Überkonsum von Wein zurück. Als ich ihr zuflüsterte, daß ich Lea Paschel eben auf der Toilette ertappt hatte, verstrickt in unzüchtige Handlungen gleichgeschlechtlicher Art, da schlug sich Magda entsetzt die Hand auf den Mund, der ultimative Ausdruck ihres Entsetzens. Es gab wenige Dinge, die sie sprachlos machten, zumindest für ein paar Sekunden, und ich war nahe daran, mich durch hemmungsloses Gelächter zu verraten.

Doch sie stand auf und ging zur Toilette, an den Ort des Geschehens, den sie vermutlich in Augenschein nahm, bevor sie darüber nachdachte, ob ich die Geschichte erfunden hatte oder ob sie ihre Empörung über die Ballgäste ausbreiten sollte wie ätzende Regentropfen, die niemanden verschonten. Die Entscheidung mußte vertagt werden, denn als Magda zurückkam, war Vater am Tisch eingeschlafen und Tante Ludovika betrunken vom Stuhl gefallen. Ich schwankte nur ein wenig und lachte zuviel. Magda, von eiserner Konstitution, schleppte die Familie nach Hause. Mir war schwindelig, doch insgesamt war ich zufrieden. War ich doch märchenhafte Lügen losgeworden und auf dem Weg in eine Zukunft, in der das Kaff keine Rolle mehr spielte.

Als wir den Ballsaal verließen, stand Hannes mit Lea Paschel an der Bar, ziemlich eng, und ich dachte, daß die Lepra nach der Syphilis doch ein bißchen viel gewesen war. Männer waren eben nur bedingt leidensfähig, und je mehr man sie auf die Probe stellte, desto schamloser entblößten sie den feigen Kern. Als ich durch die Tür ging, gab ich dem Apothekersohn den Laufpaß. Ihm und allen anderen, die mich in den ersten achtzehn Jahren meines Lebens gequält oder gelangweilt hatten.

4. Kapitel

Rechtlich gesehen endet die Persönlichkeit des Menschen mit dem Tod. Eine Leiche ist eine res extra commercium, eine nicht geschäftsfähige beziehungsweise nicht «verkehrsfähige» Sache und daher kein Gegenstand von Eigentumsrecht. Eine Leiche ist aber auch keine «fremde Sache», sie unterliegt dem «Gewahrsam des Berechtigten». Obduktionen können nur durch Gerichte oder bei Seuchenverdacht angeordnet werden.

Dreißig Mark pro Leiche bringt den Rechtsmedizinern an Evas Institut die gesetzlich vorgeschriebene Leichenschau der «Feuerbestattungsleichen». Sie werden von den Bestattungsunternehmen in den Institutshof gefahren, von Männern mit schlechtsitzenden dunklen Anzügen und gutsitzenden Trauermienen. Sie werden vor die Kühlkammern gebracht und dort auf Strangulierungsmerkmale, Schuß- oder Stichverletzungen untersucht, bevor das Feuer alle Spuren vernichten könnte.

Der alte Mann ist an Herzversagen gestorben, eine Nullachtfünfzehnleiche, und Eva untersucht ihn kurz, aber sorgfältig, bevor der Fahrer den Sargdeckel mit gemessenen Bewegungen schließt, was Eva an Marlies Winters Betriebsunfall vor fünf Monaten erinnert: Dr. Winter war bei einer Leichenbesichtigung der Sargdeckel auf den Kopf gefallen. Marlies, mit einer Beule am Hinterkopf, hatte nicht verstanden, warum dies im Institut große Heiterkeit ausgelöst hatte.

Der Fahrer zieht drei Zehnmarkscheine aus der Tasche, die Eva in die Tasche ihres weißen Kittels steckt. «Schönes Wetter heute», sagt er, und sie denkt, daß die Witwe, falls es eine gibt, davongekommen ist, sollte sie ihren Mann in einer Weise vergiftet haben, die keine äußeren Spuren hinterläßt. Eva könnte die Leiche beschlagnahmen lassen, wenn es Verdachtsmomente gäbe, doch in der Praxis kommt das selten vor. Und wie viele gehetzte Notärzte oder mit der trauernden Familie vertraute Hausärzte sind wohl bereit, auf dem Leichenschauschein «Todesursache ungeklärt» anzukreuzen?

Die beiden Männer schieben den Sarg in den schwarzen Wagen, und Eva tritt einen Schritt zurück und blinzelt in die Sonne. Es ist warm und freundlich, und sie würde gern am Rhein Spazierengehen, doch in ihrem Zimmer warten, in Pappmappen aufbewahrt, feingewebliche Leichenschnitte, die mikroskopisch untersucht werden müssen, unfertige Berichte sowie eine Reihe von Alkoholgutachten. Flüchtig denkt sie an die Sekretärin, die nach ihrer Alkoholfahrt mit tödlichem Ausgang zu zwei Jahren mit Bewährung verurteilt wurde und im Gerichtssaal weinend zusammenbrach. Die Frau sagte, daß sie ohne Führerschein nicht leben könne, ein Satz, der Eva seltsam vorkam.

Ein Mathematikprofessor hat ihr die Unterwäsche seiner Frau gebracht, mit dem Auftrag, sie auf Spermaspuren zu untersuchen, die seiner Meinung nach nicht von ihm stammten. Kosten spielen keine Rolle, sagte der kleine Mann, der die Wäsche in Geschenkpapier verpackt und sie Eva wie ein Präsent überreicht hatte.

Theoretisch bis zu vierzig Stunden, in der Praxis zwischen fünf und acht Stunden lassen sich bei Toten Spermien feststellen, entweder mit saurer Phosphatase oder genauer durch den mikroskopischen Nachweis. Anders bei Kleidungsstücken: Hier sind manchmal noch nach Wochen Spuren zu finden. Der Mathematikprofessor, er will es genau wissen, und Eva ist nicht überzeugt davon, daß sie ihm helfen kann, eine Formel gegen den Schmerz zu finden.

Sie geht zurück in ihr Zimmer, in dem Bücher, Papiere und Akten in nur für sie geordnetem Durcheinander gegen den Staub ankämpfen. An den Wänden hängen Kinderzeichnungen, Zeitungsausschnitte und Zitate.

Das Wort «Familienbande» hat einen Beigeschmack von Wahrheit.

Am unverständlichsten reden die Leute daher, denen die Sprache zu nichts anderem dient, als sich verständlich zu machen.

Man muß wissen, was man nicht will. Der Rest ergibt sich von selbst.

Tabus muß man vernichten, ohne sie zu berühren.

Tabu sind Fotos, die in dem Zimmer vollständig fehlen. Ein einziges, winziges Bild trägt Eva Röhm in ihrer Brieftasche, verborgen unter dem Führerschein. Ihre große Handtasche hat sie achtlos auf den Tisch geworfen, der für Besucher gedacht ist. Auf den beiden Besucherstühlen stapeln sich Zeitschriften und Fachbücher. Vertrocknete Rosen ragen aus einem leeren Wasserglas, das einen geborgenen Platz hinter dem Mikroskop gefunden hat. Ein leichter Paraffingeruch schwebt im Raum, er kommt vom nahe liegenden Labor.

Auf einen ihrer zahlreichen Memoblocks schreibt Eva die Zahl 305. Zweitobduzenten bekommen Extrageld, gestaffelt nach «normalen Leichen», Leichen mit erhöhtem präparatorischem Aufwand, zum Beispiel bei zahlreichen Messerstichen oder verwesten Leichen mit Madenbefall. Dieses Zusatzeinkommen zu ihrem Gehalt wird ergänzt durch Privataufträge und Sachverständigentätigkeit vor Gericht. Diese «Extras» sind beständiger Anlaß zu institutsinternen Querelen, die auf Nebenkriegsschauplätzen ausgetragen werden. Niemand möchte über Geld reden, und jeder denkt darüber nach, ob andere mehr verdienen könnten. Schließlich ist es so, daß die wöchentliche Einteilung für Zweitobduktionen und Leichenschauen in kollegialer Absprache erstellt wird. Nach jeder Besprechung ist von «leichengeilen Kollegen» die Rede. Dr. Dr. Zehntel beschuldigt die Institutspförtner, ihn bei Privataufträgen und Feuerbestattungen systematisch zu übergehen. Der Direktor nimmt streng vertrauliche Beschwerdebriefe entgegen und läßt die Dinge laufen.

Eva versucht sich herauszuhalten. Sie hat keine Geldsorgen. Sie lebt allein in einer Dreizimmerwohnung, deren «ruhige Lage» den Mietpreis bestimmt. Außer den geschätzten und gemiedenen Kollegen kennt sie kaum jemanden in dieser Stadt, doch sie hat sich umgesehen, als sie ankam, Viertel für Viertel, und auf einer Liste vermerkt, welche Gegenden für sie unbewohnbar wären. Ruhig sollte die Straße sein, aber nicht von jener fassadenschönen Spießigkeit, die weite Teile dieser Stadt am Rhein prägt. Das Wohnhaus, das sie schließlich fand, ist ein renovierter Altbau mit vier Etagen und einem kleinen Vorgarten, den ein ihr unbekannter Idiot zuzementiert hat, so daß nur noch eine einsame Linde das Mauergrau auflöst. Ein Zimmer ihrer Wohnung steht leer seit dem Einzug, und sie hat es seit Monaten nicht mehr betreten.