Thomas Graber

Erfolgsstrategien im Handwerk

Wie Unternehmer die Zukunft gewinnbringend gestalten

1. Auflage 2015

© 2015 by Holzmann Medien GmbH & Co. KG, 86825 Bad Wörishofen

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Lektorat: Achim Sacher, Holzmann Medien | Buchverlag
Layout und Satz: Markus Kratofil, Holzmann Medien | Buchverlag
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015

Artikel-Nr. 1537.01
ISBN: 978-3-7783-1014-4

Vorwort

Heutzutage kann jeder, der das will, selbstständig werden. Im Handwerk geschieht dies meist mit dem Meisterbrief. In den Weiterbildungszentren werden neben den fachlichen auch die betriebswirtschaftlichen Grundlagen vermittelt, die eine Art „Handwerkszeug“ für die Selbstständigkeit darstellen. Jedoch beginnt für den Selbstständigen erst mit der alltäglichen Praxis seine eigentliche Lehrzeit. Es sind vor allem seine Erfahrungen, die den Unternehmer im Laufe der Zeit qualifizieren. Will man sich als Unternehmer weiterentwickeln, ist es notwendig, sich laufend entsprechendes Wissen anzueignen.

Wie kann man sich als Unternehmer weiterentwickeln?

Eine Möglichkeit besteht darin, sich an anderen Unternehmen zu orientieren und deren Vorgehensweisen abzuschauen. Allerdings sind andere Unternehmen mit dem eigenen nicht wirklich vergleichbar. Auch lassen sich deren betriebswirtschaftliche Einflussfaktoren von außen nicht erkennen. Und ob Kollegen, insbesondere Mitbewerber, auf Fragen offene Antworten geben, ist eher zweifelhaft.

Ein anderer Weg besteht darin, eigene Erfahrungen zu machen, mit der Gefahr, dass man seine eigenen kleinen Fehler selbst nicht wahrnimmt. Der Betroffene erkennt erst dann einen Handlungsbedarf, wenn ein gravierendes Problem aufgetaucht ist, d. h., wenn er Geld verloren bzw. vernichtet hat.

Unternehmensführung ist trotz der Regelmäßigkeit, die durch handwerkliche und betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen vorgegeben ist, eine sehr individuelle, ja sogar persönliche Angelegenheit. Aus einer Vielzahl an Erfolgsrezepten muss man sich diejenige Methode suchen, die der eigenen Persönlichkeit am ehesten entspricht und mit der das Unternehmen Erfolg haben kann.

Aus Erfahrungen lernen

Bis man das für sich richtige Modell entwickelt hat, kann es eine Weile dauern. Ich selbst wurde ins kalte Wasser geworfen und brauchte einige Jahre, um meinen Weg zu finden. Aus familiären Gründen übernahm ich mit erst 18 Jahren die Verantwortung im elterlichen Betrieb. Dieser Generationswechsel verlief nicht unproblematisch. Es war die Zeit der Wiedervereinigung, wir expandierten in die neuen Bundesländer und erlitten dabei Schiffbruch, was uns fast die Existenz kostete. Der Wendepunkt – Bruch mit der alten Führung, Rückzug in die bayerische Heimat, persönlicher Einsatz mit neuen Ideen und der Unterstützung von Mitarbeitern und Partnern – war zugleich ein Neuanfang. Und tatsächlich entwickelte sich unsere Firma fortan von einem überschuldeten zu einem erfolgreichen, auch international tätigen Unternehmen. Mit dem Erfolg hat sich auch mein Aufgabenfeld erweitert: Meine unternehmerischen Erfahrungen kann ich heute in verschiedenen Funktionen weitergeben: als Dozent der Bayerischen Bauakademie, als Vorstandsvorsitzender der Fördergemeinschaft Dämmtechnik und Vorstandsmitglied der Bundesfachgruppe WKSB im Zentralverband des Deutschen Handwerks sowie als Trainer in Seminaren und Workshops.

Aus eigener Erfahrung weiß ich daher, wie (überlebens-)wichtig unternehmerisches Know-how ist. Ein Handwerksunternehmer muss sich ja nicht nur mit der handwerklich-fachlichen Seite auskennen, sondern ebenso mit Bereichen, die ihm zunächst weniger vertraut sind: betriebswirtschaftliche Kalkulation, langfristige Planung, überzeugender Auftritt nach außen, z. B. im Umgang mit Banken und Kunden, ebenso wie die motivierende Organisation der eigenen Mitarbeiter. Hinzu kommt der Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung, die jeden Handwerksunternehmer dazu zwingt, mit sinnvollen Marketingstrategien, auch über das Internet, auf den Markt zu gehen.

Für viele andere Bereiche sind zahllose Informationen verfügbar, für das Handwerk jedoch habe ich selbst schmerzlich solche Rundum-Hilfen vermisst. Und die Reaktionen der Teilnehmer meiner Seminare zu verschiedenen Managementfragen in Handwerksunternehmen zeigen mir immer wieder, dass viele Kollegen ebenfalls diesen Mangel empfinden. So möchte ich versuchen, diese Lücke mit einem Buch zu schließen, in dem alle wichtigen Themen besprochen werden. Ich habe sämtliche Tücken und Schwierigkeiten des Unternehmertums kennengelernt – aber auch die Möglichkeiten und Chancen, die man sich zunutze machen kann.

An wen richtet sich das Buch?

Mit dem vorliegenden Buch wende ich mich an alle Handwerksmeister, die sich selbstständig machen wollen, ebenso wie an diejenigen, die bereits ein Unternehmen führen und nach Anregungen suchen, sich persönlich und ihren Betrieb weiterzuentwickeln.

Im Teil I werden Themenbereiche behandelt, die unabhängig von der jeweiligen Branche alle Handwerksbetriebe und Dienstleistungsunternehmen gleichermaßen betreffen. Hier geht es um grundsätzliche Fragen, die aus der Sicht des Unternehmers für das Funktionieren eines Betriebes notwendig sind, z. B. Firmenorganisation, Firmenziele, Kundenstruktur, Kalkulation und Qualitätssicherung.

Im Teil II steht die Unternehmerpersönlichkeit im Mittelpunkt. Für die erfolgreiche Führung eines Unternehmens spielen auch die sogenannten „Soft Skills“ eine Rolle. In diesem Zusammenhang gehe ich auf die persönliche Zielsetzung des Unternehmers ein, z. B. auf Sozialkompetenz, Unternehmensstrategie und Mitarbeiterführung. Darüber hinaus gehe ich u. a. folgenden Fragen nach: Wie motiviert man Mitarbeiter? Welche Persönlichkeitsstrukturen können meinen Erfolg als Unternehmer behindern? Wie verkauft man richtig? Welche Marketingmethoden kann ich nutzen?

Meiner Meinung nach werden diese Aspekte von vielen Handwerksunternehmern noch immer zu wenig ernst genommen. Sie sind aber ebenso wichtig für den Erfolg wie die harten betriebswirtschaftlichen Fakten. Sie können über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Diese Erkenntnis hat sich in nahezu allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen durchgesetzt, wie die vielen Seminare zu solchen Themen zeigen. Es wird höchste Zeit, dass sie auch im Handwerk umgesetzt wird.

Bad Endorf, im Mai 2015

Thomas Graber und

Holzmann Medien | Buchverlag

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Vorwort

Teil I: Das Unternehmen

1. Welches Leistungs- und Firmenprofil hat ein Unternehmen?

1.1 Das Firmenprofil

1.2 Die Unternehmensphilosophie

1.3 Die Unternehmens-„Bibel“

2. Wer sind unsere Kunden?

2.1 Kundenbedürfnisse richtig gewichten

2.2 Wie finden Sie (gute) Kunden?

2.3 Die Kundenstrukturanalyse

3. Marketing und Internetwerbung

3.1 Marketing

3.2 Internetwerbung

4. Wie sieht eine richtige Kalkulation aus?

4.1 Aufgabe der Kalkulation

4.2 Aufbau einer Kalkulation – betriebswirtschaftliche Grundlagen

4.3 Grundsätzliche Kalkulationsstrategien

4.4 Bewertung der Projektkalkulation

4.5 Das Problem, werthaltige Aufträge zu erkennen

5. Wie erreichen wir unsere Firmenziele?

5.1 Ziele und Strategien

5.2 Geschäftsplanung: Das Unternehmensjournal

6. Projektmanagement

6.1 Planungsphase

6.2 Durchführung

6.3 Abschlussphase

7. Qualitätssicherung

7.1 Kommunikation zwischen Mitarbeitern

7.2 Der Projektleiter

7.3 Gute Mitarbeiter

8. Finanzplanung

8.1 Wie errechnet man seinen Kapitalbedarf?

8.2 Umgang mit der Bank

8.3 Unternehmensrisiko senken

Teil II: Der Unternehmer

1. Persönliche Ziele des Unternehmers

2. Aufgaben des Unternehmers

3. Philosophie des Unternehmertums

3.1 Selbstständig oder Unternehmer?

3.2 Leitfaden zur Unternehmensführung

4. Fachkompetenz & Weiterbildung

5. Sozialkompetenz

5.1 Selbstmanagement

5.2 Zeitmanagement

5.3 Stressbewältigung

6. Mitarbeiterführung

6.1 Wie vermeidet man Missverständnisse?

6.2 Wie motiviert man Mitarbeiter?

7. Der Unternehmer als Verkäufer

8. Krisenmanagement

8.1 Zehn eiserne Regeln in Krisenzeiten

8.2 Generationswechsel

9. Umstrukturierungen

10. Gute Beziehungen

Der Autor

Stichwortverzeichnis

Anmerkung

Teil I: Das Unternehmen

1. Welches Leistungs- und Firmenprofil hat ein Unternehmen?

1.1 Das Firmenprofil

Jeder Betrieb setzt sich durch seine Tätigkeit dem Blick der Öffentlichkeit aus. Er wird im alltäglichen Wechselspiel unterschiedlich wahrgenommen, auf gesellschaftlicher Ebene ebenso wie im persönlichen Umfeld. Dabei entwickelt sich (bewusst und unbewusst) eine Vielfalt an Meinungen. Die Summe dieser individuellen Meinungen verdichtet sich zum Image, dem Meinungsbild des Unternehmens.

Es ist die Intention des Unternehmers1, dass die Gesellschaft – und damit auch seine potenziellen Kunden – sein Unternehmen „richtig“ wahrnimmt. Er muss entsprechende Impulse setzen und dem Unternehmen ein Gesicht bzw. ein Profil geben. Je länger das Unternehmen am Markt tätig ist, desto deutlicher werden seine „Qualitäten“ und Besonderheiten sichtbar.

Natürlich sind langfristig objektive Faktoren wie die Qualität der Arbeit, Referenzen und Kundenempfehlungen bedeutsamer, doch zählt auch immer der erste Eindruck. Gerade als Existenzgründer müssen Sie zunächst einmal die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden auf sich lenken. Und dafür müssen Sie nicht zuletzt wissen, wie und welche Zielgruppen Sie ansprechen möchten.

Wie bei einer Kontaktanzeige sollten Sie bei der Präsentation Ihres Betriebs nicht nur harte Fakten vermitteln, sondern ebenso Ihre Werte und Erwartungen. Was bei der Wahl des Lebenspartners gilt, das trifft für die Suche nach optimalen Geschäftspartnern nicht weniger zu: Je besser beide zueinander passen, desto ergiebiger wird diese Beziehung sein – und desto länger wird sie auch halten.

Bedeutung der Corporate Identity

Am besten kann man das eigene Unternehmenskonzept in einem prägnanten Bild ausdrücken, das in Logo, Farb- und Formendesign umgesetzt wird – von der Gestaltung der Firmengebäude über die Unternehmensflotte, Arbeitskleidung für Mitarbeiter bis hin zu Visitenkarten und Briefpapier. Eine gelungene Visualisierung drückt „ohne Worte“ aus, wofür Ihr Unternehmen steht, welchen Stellenwert Fachkompetenz und ein partnerschaftlicher Umgang mit Kunden in einem Unternehmen genießen. „Das Design bestimmt das Bewusstsein“ – solche bildlichen Signale sprechen den Betrachter unmittelbar an. Bei der Kaufentscheidung des Kunden spielt eben auch das Bauchgefühl eine entscheidende Rolle – und das lässt sich durch einen ansprechenden Unternehmensauftritt vermitteln. Je länger und erfolgreicher ein Unternehmen am Markt besteht, desto stärker wirkt das Corporate Design: Um Kunden anzuziehen, reicht dann meist schon das Firmenlogo aus, da es eine Vielzahl von Informationen und Assoziationen transportiert.

1.2 Die Unternehmensphilosophie

Um wettbewerbsfähig am Markt agieren zu können, muss sich jedes Unternehmen möglichst optimal aufstellen. Die wichtigsten Fragen lauten hier: Welche Zielgruppen will und kann mein Unternehmen überhaupt erreichen? Mit wie vielen Mitbewerbern hat es meine Firma zu tun?

Je nachdem, wie Sie als Unternehmer diese Fragen für sich beantworten, sollten Sie Ihr Unternehmen nach dem Minimal- oder dem Maximalprinzip positionieren.

1.2.1 Das Minimalprinzip

Man spezialisiert sich innerhalb eines Fachgebiets auf ganz bestimmte Kernkompetenzen und baut diese bis hin zur Perfektion aus. Durch extrem rationelles und höchst effektives Umsetzen wird die Produktivität enorm gesteigert und somit auch die Wettbewerbsfähigkeit. Das Angebotsspektrum ist hier nicht in die Breite, sondern in die Tiefe gestaffelt. Ein Beispiel hierfür wäre eine Autowerkstatt, die nicht „Reparaturen aller Art“ anbietet, sondern lediglich „Wechseln von Autoglasscheiben“, aber zu unschlagbar niedrigen Preisen. Das Minimalprinzip ist also durch Masse gekennzeichnet: Man produziert große Mengen zu niedrigen Preisen und mit hoher Fluktuation der Artikel. Die hohe Spezialisierung erfordert einen gleichfalls hohen Umsatz. Die Stückeinzelkosten müssen gering gehalten werden, damit der niedrige Preis dennoch rentabel bleibt. Eine konsequente, kompromisslose Auftragsabwicklung ist zwingend notwendig, damit man mit den niedrigen Preisen zurechtkommt.

1.2.2 Das Maximalprinzip

Unternehmen, die sich nach dem Maximalprinzip aufstellen, bieten ein breiteres Spektrum an Produkten oder Dienstleistungen an. Um das obige Beispiel aufzugreifen: Eine Autowerkstatt, die nicht nur „Kfz-Reparaturen aller Art“ anbietet, sondern auch Zusatzleistungen wie Telekommunikation, Hifi oder Tuning, ist nach dem Maximalprinzip aufgestellt. Sie ist trotz ihrer Spezialisierung auf Individualität und die Realisierung von Sonderwünschen eingestellt. Der Dienstleistungsgedanke für den Kunden steht im Mittelpunkt. Die breitere Aufstellung bedeutet in der Regel, dass man kleinere Stückzahlen zu höheren Preisen produziert. Die Einzelumsätze in den Produktsparten sind zwar niedriger, jedoch gleicht sich der Umsatz in der Summe der Produktsparten wieder aus.

Der Ertrag pro Stück kann zwar deutlich höher ausfallen als beim nach dem Minimalprinzip agierenden Wettbewerb, jedoch ist auch im Vergleich zum Spezialistentum der administrative Aufwand für Service und Betreuung weitaus höher.

Grundsätzlich können beide Wege zum Erfolg führen – vorausgesetzt, sie passen zum Unternehmer und damit auch zur jeweiligen Firmenphilosophie.

Im Laufe der Zeit orientieren sich viele Unternehmen an ihren Wunschkunden beziehungsweise passen sich den Markt- und Kundenanforderungen an. Hochspezialisierte Handwerksunternehmen sind weniger in der Lage, ihre Kunden individuell zufriedenzustellen, da ihre Mitarbeiter und das Leistungsportfolio der Firma auf einen schmalen Bereich und eher in die Tiefe gehend eingestellt sind. Hier fehlen oft die Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Arbeitsweise in der ganzen Bandbreite potenzieller Kundenwünsche.

Andererseits sind gerade hoch qualifizierte Mitarbeiter, die Tag für Tag flexibel und individuell Kundenwünsche erfüllen, häufig nicht in der Lage, unter hohem Leistungsdruck Spezialarbeiten effektiv umzusetzen. Die Kosten, die ein Unternehmer für hoch qualifizierte Mitarbeiter aufbringt, lassen sich in der Regel nicht kompensieren.

Beispiel: Schreinerleistungen/​Bauelemente

Industriell gefertigte Bauelemente wie Türen oder Fenster unterliegen hinsichtlich Qualität und Preis einem starken Wettbewerb. Für die Montage bleibt da wenig Geld bzw. Zeit übrig. Die Monteure sind darauf getrimmt, Türen oder Fenster laut Auftrag schnellstmöglich einzubauen. Neben- oder Zusatzleistungen sind oft lästig und umständlich, allein die Entscheidungsabsprachen mit Bauherren stellen jedoch schnell ein Problem dar. Wenn es bei der Montage zu Schwierigkeiten vor Ort kommt, werden sofort Mehrkosten angemeldet, und bei größeren Verzögerungen wird die Arbeit abgebrochen und neu geplant.

Ein Schreinermeister, der auf Kundenwunsch Türen und Fenster nach Maß anfertigt, kann sich eine solche Vorgehensweise gar nicht erlauben. Der angemessen hohe Preis für die individuelle Handwerksleistung garantiert dem Kunden auch eine hohe Serviceleistung. In diesem Fall können zusätzliche Wünsche, die sich während des Baufortschritts ergeben, noch Änderungen nach sich ziehen. Nachträglich geäußerte Wünsche wie z. B. ein Lichtausschnitt oder abzusperrende Fenstergriffe sind Kleinigkeiten, die zwar einen zusätzlichen Montageaufwand erfordern, aber vom Kunden in der Regel als Serviceleistung erwartet werden.

Natürlich gibt es in jeder Branche auch Unternehmen, die genau diesen Spagat schaffen: auf Knopfdruck unterschiedlichste Anforderungen angehen und diese auch optimal erfüllen. Das ist eine Kunst, doch wird man bei genauer Betrachtung feststellen, dass jedes Unternehmen seine Präferenzen, d. h. seine Stärken in dem einen oder anderen Bereich hat und dort erfolgreicher Wert schöpft.

Handwerksunternehmen – entweder breit aufgestellt oder spezialisiert

Meiner Erfahrung nach haben kleine und mittelständische Unternehmen entweder ein breites Leistungsportfolio; entsprechend wichtig ist der Service- und Dienstleistungsgedanke für die Kundenbeziehung.

Oder sie haben sich in bestimmten Bereichen so spezialisiert, dass die Leistungen schnell, einfach, zuverlässig und ohne hohen (Kunden-)Service erbracht und berechnet werden. Der Dienstleistungsgedanke und die Kundenbeziehung werden hier nachrangig behandelt.

Unterschiedliche Verhaltensregeln

Je nach dem, mit welcher Strategie sich das Unternehmen positioniert, gelten unterschiedliche Verhaltensregeln, die unbedingt beachtet werden müssen, wenn man erfolgreich am Markt bestehen möchte. Manche dieser Regeln können sogar gegensätzlich sein. Wer sich etwa in Spezialbereichen und zu niedrigen Preisen am Markt bewähren will, ist in jeder Lage gezwungen, seine Interessen zu wahren, schlimmstenfalls sein Geld über den Rechtsweg einzuklagen. In der Regel geht bei dieser Philosophie das Projektgeschäft vor Kundenbindung. Die Abhängigkeit der Spezialisten von ihren Kunden, die ihre individuelle Leistung meist nur einmal in Anspruch nehmen, ist so gering, dass im Fall von Unstimmigkeiten eine Entscheidung für den Rechtsweg leichter fällt.

Für Handwerksunternehmen, die mit kundenorientierten Dienstleistungen ihr Geld verdienen, wäre eine solche Vorgehensweise hingegen eher geschäftsschädigend und nur als „letztes Mittel“ in Betracht zu ziehen. Denn nur zufriedene Kunden werden den Betrieb und die gute Serviceleistung weiterempfehlen und/​oder Stammkunden werden.

1.2.3 Die Überzeugungskraft des Unternehmers

In inhabergeführten Kleinbetrieben, in denen die Chefs persönlich akquirieren, ihre Mitarbeiter führen u. v. m., sind sie auch diejenigen, welche die Leistungen ihres Unternehmens am Markt anbieten. Neben einer wettbewerbsfähigen Preisgestaltung ist ihre Persönlichkeit und Überzeugungskraft für den Geschäftserfolg mit entscheidend, zumindest für den Abschluss neuer Verträge. Im Verkaufsgespräch müssen sie dem Kunden glaubhaft und authentisch vermitteln können, dass ihre Mitarbeiter über die erforderliche Kompetenz und Leistungsfähigkeit verfügen. Ist der Kunde davon überzeugt, wird er auch den Kaufpreis akzeptieren – sofern er das Vertrauen gewonnen hat, dass das Ergebnis mit dem Angebot und dem Versprechen des Handwerksunternehmens tatsächlich übereinstimmt.

Das allgemein schlechte Image des Handwerks – speziell des Bauhandwerks – rührt vor allem daher, dass manche Handwerksunternehmer mehr versprechen, als sie halten können – und die Erwartungen der Kunden oftmals auch sehr hoch sind. Es gilt daher, Kundenerwartungen und die zu erbringende Leistung objektiv und verständlich im Vorfeld zu klären und in Übereinstimmung zu bringen.

Kundenzufriedenheit steht für alle Mitarbeiter an oberster Stelle

Äußerst wichtig ist, Ihre Mitarbeiter darüber in Kenntnis zu setzen, wie sie mit den Kunden des Unternehmens umgehen sollen. Ihre Mitarbeiter sollten sich über den grundsätzlichen Umgang mit Kunden, über Servicebereitschaft und Maßnahmen zur Kundenzufriedenheit in einem Leitfaden, einer Art „Unternehmens-Bibel“, jederzeit informieren können. Darüber hinaus empfehle ich zusätzliche Mitarbeitervereinbarungen zu praxisorientierten Abläufen und gegebenenfalls entsprechende Schulungen.

1.3 Die Unternehmens-„Bibel“

Sie fragen sich sicher: Wozu braucht ein Unternehmen eine „Bibel“? Gemeint ist damit ein Leitfaden, der alle Regeln und Gebote in einem Unternehmen enthält. Der Sinn einer schriftlich fixierten Firmenphilosophie liegt darin, dass alle Beteiligten die Regeln der Zusammenarbeit nachvollziehen können. Das betrifft sowohl die Zusammenarbeit intern im Unternehmen als auch die Zusammenarbeit und das Verhalten bei Kunden vor Ort.

Dieses wichtige Werkzeug erfüllt vielfältige Funktionen: Nach außen ist es eine Art Visitenkarte, nach innen dient es als Betriebsanleitung für die Mitarbeiter. Alles, was im Leitfaden fixiert ist, sollte für alle Beteiligten verbindlich sein, d. h., es sollte auch mitgetragen und gelebt werden. Sowohl im Außen,wie auch im Innenverhältnis muss sich jeder auf die festgelegten Richtlinien beziehen und verlassen können. Dazu gehören u. a. folgende Punkte:

2. Wer sind unsere Kunden?

Wenn wir uns vorstellen, wie unsere Firma im Idealfall aussehen sollte, haben wir oft spektakuläre Projekte, schwierigste Aufgabenstellungen, prominente Kunden und natürlich grenzenlos guten Verdienst vor Augen. Bei solchen Visualisierungen spielen in der Regel Mitarbeiter, Produkte und Funktionen im Unternehmen keine Rolle.

Eine erstklassige Kundenklientel setzt eine gesteigerte Qualitäts- und Leistungsbereitschaft voraus. Leider überschätzt man als Unternehmer nicht selten die eigenen Möglichkeiten. Vor allem in schnell wachsenden Unternehmen bleibt es aus, die eigenen Mitarbeiter „mitzunehmen“. Die Folge: Sie entsprechen (noch) nicht dem erwarteten Qualitätsstandard und den gestiegenen Kundenanforderungen.

Idealbilder helfen uns also selten weiter – es sei denn, unser Unternehmen ist bereits so bekannt, dass potenzielle Kunden ohnehin wissen, was wir können oder wofür wir stehen.

Wenn wir jedoch für einen Kunden – oder eine bestimmte Zielgruppe – nicht bereits tätig waren, kann es auf beiden Seiten leicht zu Missverständnissen kommen. Was genau erwartet Ihr Kunde? Können Sie ihm diese Produkte und Dienstleistungen tatsächlich wie gewünscht bieten? Ob seine Wünsche und die Möglichkeiten Ihres Unternehmens wirklich zusammenpassen, sollten Sie deshalb vor Beginn jeder Geschäftsbeziehung genauestens überprüfen.

2.1 Kundenbedürfnisse richtig gewichten

Jeder Kunde hat seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche, die sich mit den Indikatoren „Funktion“, „Finanzen“, „Qualität“, „Service“ und „Besonderheit“ erfassen lassen. Diese Kriterien ähneln sich oft, werden jedoch im Einzelfall anders gewichtet. Für den einen Kunden ist die Frage nach den Kosten am dringlichsten, während es einem anderen vor allem auf Besonderheit ankommt, also z. B. auf exklusives Design und Hightech-Qualität.

Im folgenden Beispiel aus dem Bauhandwerk spielen jeweils alle oben genannten Indikatoren eine Rolle, doch die Gewichtung fällt jedes Mal anders aus. In einer Skala von 1 bis 5 bedeutet 1 „sehr wichtig“ und 5 „nicht wichtig“.

Kunde 1 hat einen klar umrissenen Finanzrahmen, dem er alle anderen Aspekte unterordnen muss. Die Frage nach außergewöhnlichen Details in seinem Haus stellt sich nur insoweit, wie seine Geldmittel dies erlauben. Daher steht bei ihm der Punkt „Besonderheit“ an letzter Stelle. Anders verhält es sich beim – wohlhabenden – Kunden 3 (VIP). Während die Kosten oder die Funktionalität bestimmter Features für ihn eine untergeordnete Rolle spielen, steht die Exklusivität seiner Wohnumgebung im Vordergrund. Dieser Kunde möchte das Besondere, das sein gesellschaftliches Renommee angemessen widerspiegelt.

Es lohnt sich also, im Vorfeld Kunden ausführlich kennenzulernen, Gespräche zu führen und auch auf Zwischentöne zu achten. Nicht immer ist ein Kunde nämlich in der Lage, sich selbst ein passendes Profil nach den o. g. Kriterien zu erstellen. Hier sind Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis erforderlich, damit dem Kunden das für ihn Wichtige und Richtige im Rahmen seiner Wünsche und Möglichkeiten angeboten wird.

2.2 Wie finden Sie (gute) Kunden?

Die Rahmenbedingungen für Akquisitionen haben sich während der letzten zwei Jahrzehnte in allen Wirtschaftsbereichen stark verändert. Wachsender Wettbewerb durch verbesserte Vergleichsmöglichkeiten, höheren Informationstransfer, Globalisierung und größere Mobilität (z. B. ausländischer Firmen) sind Faktoren, die den Verkauf zahlreicher Dienstleistungen und Produkte erschweren.

2.2.1 Wie bleibt man vom Kunden unabhängig?

„Wir können es uns nicht leisten, nein zu sagen. Der Wettbewerb ist so hart, dass wir auf jeden Auftrag angewiesen sind.“ Wer so denkt, macht sich vom Kunden abhängig. Das Bewusstsein einer solchen Abhängigkeit beschneidet, zumindest subjektiv, die unternehmerische Freiheit. Der Unternehmer sollte jedoch immer „frei“ entscheiden können, mit wem er Geschäfte machen und mit welchen Kunden er zusammenarbeiten möchte. Das geht natürlich nur, wenn mehr Anfragen und potenzielle Auftraggeber vorhanden sind, als tatsächlich mit dem Unternehmen bedient werden können. Bezogen auf die eigene Kapazität sollte es Ziel sein, 150 % an Aufträgen anzubahnen, 120 % davon abzuschließen, 100 % selbst auszuführen und den Rest an Partner oder Nachunternehmer zu vergeben. Damit ist die Grundlage für eine kontinuierliche Auslastung der Belegschaft geschaffen – und somit auch die Grundlage für den Geschäftserfolg im Handwerk.

Ich behaupte: Nicht der Kunde sucht sich ein Unternehmen, sondern Sie als Unternehmer sollten sich Ihre Kunden suchen. Sie müssen allerdings wissen, wer Ihre wirklich „guten“ Kunden sind. Um sie zu erkennen und alle relevanten Zielgruppen zu ermitteln, sollten Sie diese zwei Fragen möglichst präzise beantworten können:

Erst wenn hierüber Klarheit besteht, können intern die Tätigkeitsbereiche optimiert werden, was wiederum Grundvoraussetzung für die Erfüllung von Kundenanforderungen ist.

2.2.2 Aufträge generieren durch Kundenanalyse

Eine einfache Art, Aufträge zu generieren, besteht darin, sich an den bestehenden Kundenbeziehungen zu orientieren. Kunden, die regelmäßig Leistungen in Anspruch nehmen, also Stammkunden, eignen sich dafür ganz besonders. Allerdings werden Stammkunden, vor allem langjährige, häufig überbewertet. Es lohnt sich deshalb, auch diese Kunden einer Analyse zu unterziehen und zu überprüfen, ob sie tatsächlich zu den sogenannten „VIP-Kunden“ zählen: Bringen sie immer werthaltige Aufträge? Und wenn nicht, stimmt dann der Jahresdurchschnitt? Werden die Rechnungen pünktlich bezahlt? Steht der Zeitaufwand, der firmenintern und von Ihnen persönlich investiert wird, in einer angemessenen Relation zum Ertrag?

Bei einer solchen Überprüfung stellt sich nicht selten heraus, dass das Verhältnis zwischen Rentabilität und personellen Ressourcen, die Sie speziell mit Blick auf einen Stammkunden bereithalten, nicht mehr wirtschaftlich ist.

2.2.3 Praxistest

Sie kennen sicher solche Kunden, die besonders „wichtig“ zu sein scheinen, da sie maßgeblich zur Grundauslastung Ihrer personellen Kapazitäten beitragen. Nicht selten stellen gerade sie an Ihr Unternehmen besonders hohe Ansprüche hinsichtlich Qualität, Service, Flexibilität und Preis-Leistungs-Verhältnis. Möglicherweise verhält es sich in Wirklichkeit aber so, dass dieser Kunde Kapazitäten bindet und für Ihr Unternehmen längst nicht so interessant ist, wie Sie glauben. Zwei Beispiele sollen das verdeutlichen:

Betrachten wir einen Kunden, der viermal im Jahr Ihre Leistungen in Höhe von ca. 25.000,– Euro in Anspruch nimmt. Er verhandelt fair, ist nicht anspruchsvoll in der Betreuung und schätzt Ihre Qualitäten. Nach Fertigstellung der Leistungen nimmt er diese unbürokratisch ab, die Rechnung wird gestellt und innerhalb von zwei Kalenderwochen mit Skonto bezahlt. Kurzum, mit einem solchen Kunden arbeiten Sie gern zusammen.

Nehmen wir einen anderen Kunden, der pro Monat acht Einzelaufträge mit Umsatzvolumen von durchschnittlich je 1.000,– Euro an Sie vergibt. Wirkt auf den ersten Blick interessant, erweist sich aber als überaus unproduktiv, wenn er auch nur einige der folgenden Punkte erfüllt, die bei jedem Unternehmer Alarmsignale auslösen sollten:

Hinweise/​Checkliste auf einen „nur“ vermeintlich guten Kunden

Je mehr Kreuze Sie in dieser Checkliste setzen, desto eher sollten Sie von diesem Kunden absehen. Im Arbeitsalltag verliert man leicht die Objektivität, die zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist. Daher ist es sinnvoll, sich mit einer systematischen Analyse einen Überblick über die Kundenstruktur zu verschaffen.

2.3 Die Kundenstrukturanalyse