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Dr. Angelika Hartmann

FÜR MÄNNER

Leben Sie Ihr Potenzial!

Dr. Angelika Hartmann


FÜR MÄNNER

Leben Sie Ihr Potenzial!

Das Vier-Säulen-Programm für ein kraftvolles und erfülltes Leben








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Einleitung

Wann ist eine Frau zufrieden mit der Behandlung beim Arzt oder der Ärztin? – Wenn sie danach ihren Mann zum Check-up schickt.

Gestatten Sie mir, bewusst einige Klischees zu bedienen, um dadurch die Spezies Mann und Frau in ihren gesundheitsrelevanten Polaritäten etwas überspitzt und pauschalisierend zu charakterisieren.

Männer werden geschickt, zum Einkaufen, zum Müllwegbringen, zum Friseur – und zum Arzt. Vielleicht haben deshalb verheiratete Männer eine deutlich höhere Lebenserwartung als allein lebende. Knapp 50% der Frauen nutzten im Jahre 2005 die Vorsorgeuntersuchungen, bei den Männern waren es nur 18%.

»Männer gehen freiwillig erst dann zum Arzt, wenn der Bauch zu dick wird oder es an Libido und Potenz mangelt«, weiß auch Prof. Sommer, erster Lehrstuhlinhaber für Männermedizin in Hamburg. Prof. Sommer bringt meine Erfahrungen auf den Punkt. »Geschickte« Männer sind geschickte Leugner. Füllen die Klagen vieler Patientinnen bei der ersten Anamnese oft mehr als eine Stunde, so haben Männer im Erstgespräch an ihrem Befinden meist nichts zu monieren. Liegen die Zahlen und Fakten der Untersuchungsergebnisse erst einmal auf dem Tisch, akzeptieren Männer diese jedoch und setzen die Handlungsanweisungen oft mit erstaunlicher Konsequenz und Erfolg um.

»Ja, aber«-Einwürfe, Ringen um Interpretationsmöglichkeiten und alternative Behandlungsregime, eine Spezialität der Frau, bleiben dem Arzt bei der typischen »Spezies Mann« erspart.

Das Schweigen des Mannes ist mir oft unheimlich, wenn er mit unbewegtem Gesicht meinen Ausführungen zur stoffwechseltypgeeigneten Ernährung und dem Training der tief gelegenen Rumpfmuskeln bei Rückenschmerzen lauscht. Aber: Sechs Wochen später erklärt man(n) mir spröde, es habe »ganz gut geklappt«: Er habe in sechs Wochen 10 kg Gewicht verloren, ohne jegliches Hungergefühl, und die energetischen Durchhänger hätten sich in Luft aufgelöst.

Oder er habe die aufgrund seiner Testbefunde empfohlenen Stretching- und Kräftigungsübungen täglich (!) gemacht und sei nun nach Jahren von seinen Rückenschmerzen befreit.

Was das Management der eigenen Gesundheit betrifft, leben Männer auf dem Planeten: Ich will es nicht wissen, aber wenn ich es verstanden habe, mach ich es. Frauen besiedeln den Planeten: Rate mir, aber rate mir nicht ab, oder rate mir etwas anderes.

Nachlassende Erektionsfähigkeit als Warnsignal

Männer spüren subjektiv Stress weniger, mögen ihre dicken Bäuche und fühlen sich attraktiv und kerngesund, bis sie tot umfallen. Frauen spüren in sich hinein so lange, bis sie etwas Negatives fühlen, haben trotz Heidi-Klum-Figuren ständig eine (Speck-) Falte im Visier und bekämpfen Haarausfall bei Löwenmähnen.

Sind Männer dann nicht die glücksbegabteren Menschen? In gewisser Weise schon: Es ist eine Fähigkeit und Voraussetzung für psychische Gesundheit, Unabänderliches mit Gelassenheit zu akzeptieren. Wie immer liegt die Wahrheit aber in der Mitte und auf der Beachtung des Worts »unabänderlich«: Männer tolerieren optische Veränderungen, Unwohlsein und Leistungsrückgang bis hin zu chronischen Schmerzen in einem unvernünftigen und gefährlichen Ausmaß. 75% der deutschen Männer sind übergewichtig. Ein dicker Bauch ist kein unabänderlicher Schönheitsfehler, sondern ein Zeichen dafür, dass es an männlichen Hormonen und Bewegung fehlt und die Ernährung nicht dem Stoffwechseltyp entspricht.

Er ist meist Teil des sogenannten tödlichen Quartetts, eines wenig erfreulichen (Zusammen-) Spiels von Risikofaktoren mit meist tödlichem Ausgang. Der bei Männern so häufige »plötzliche« Herztod ist meist nicht so plötzlich, ihm geht nicht selten jahrelanges Ignorieren der Anzeichen eines drohenden Gewitters mit Blitzeinschlag voraus.

Damit wir nicht aussterben, hat die Natur dem »Verdränger« Mann einen Penis und die Erektionsfähigkeit mitgegeben. Letztere hilft nicht nur der Menschheit zu Fortbestand, sondern sie sichert heute oft auch das individuelle Überleben eines Mannes: Erst das Warnsignal, eine nachlassende Erektionsfähigkeit, führt einige Männer zum Arzt. Instinktiv retten damit Männer nicht nur ihre Potenz (und manchmal auch die partnerschaftliche Beziehung), sie retten damit das eigene Leben. Denn Impotenz kommt selten aus der »Psychoecke«, sie hat in etwa 60 bis 70% der Fälle körperliche Ursachen und ist meist Folge des erwähnten tödlichen Quartetts. Männer erleiden in 80% der Fälle, acht Jahre nachdem sie sich wegen durchblutungsbedingter Erektionsstörungen beim Arzt vorgestellt haben, einen Herzinfarkt. Aber nur dann, wenn diese »Vorboten« nicht erkannt und behandelt werden. Die Erektionsfähigkeit, ein komplexes Wunder der Natur, ist Zeichen einer allgemeinen Gesundheit. Mann benötigt für sie gesunde Blutgefäße und Nerven, funktionierende Beckenbodenmuskeln, einen ausgewogenen Hormonhaushalt und nicht zuletzt Entspannungsfähigkeit und eine ausgeglichene Psyche.

Alterungsbedingte Entwicklungen rechtzeitig erkennen und hinauszögern

Erheblich sinnvoller ist es, wenn Sie Einbrüche Ihrer Potenz von vornherein verhindern.

Mein Konzept, Balance auf vier Säulen, soll Ihnen dabei helfen.

Denn der Penis ist auch eine »Wünschelrute«, wenn es darum geht, vermeintlich alterungsbedingte Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und hinauszuschieben. Viele dieser nur zum Teil naturgegebenen Abbauvorgänge machen sich nämlich sonst kaum bemerkbar. Ein typisches Beispiel ist der tägliche Verlust an Muskelmasse, der schon ab dem 25. Lebensjahr einsetzt und auf der Waage nicht erkennbar wird, da Fett klammheimlich das fehlende Volumen ersetzt. Auch Muskelverkürzungen machen sich im Alltag kaum bemerkbar; sie sind ursächlich an vielen Gelenk- und Rückenproblemen beteiligt, die fälschlich auf das Altern geschoben werden.

Älterwerden ist an sich kein Grund, in Panik zu verfallen. Es ist ein natürlicher Prozess, der sich vollzieht, und dem alle Lebewesen unterworfen sind. Seien Sie ehrlich: Möchten Sie wirklich noch einmal 20 sein? Sind Sie nicht auch auf die Jahre, die Sie hinter sich gebracht haben, stolz? Schließlich haben Sie viel gelernt und Ihre Erfahrungen gemacht, gute wie schlechte, auf die Sie zurückgreifen können; Sie haben einiges geleistet und noch viel vor. Älterwerden bedeutet aber, dass Sie Ihren Lebensstil den biologischen Veränderungen anpassen müssen, um Ihre aktuelle Lebensqualität zu erhalten. Die gestern noch unbegrenzten Kompensationsmechanismen der Jugend lassen heute schon nach und fordern einen bewussteren und intelligenteren Umgang mit Ihren Ressourcen.

Vor wenigen Tagen erlebte ich ein kleines Intermezzo in der U-Bahn: Ein ca. 60-jähriger Mann sprach den neben ihm sitzenden, ungefähr 25-jährigen Mann auf die Lautstärke seines iPods an und wies ihn etwas schulmeisterlich darauf hin, dass er im Alter von 60 Jahren mit einer Lärmschwerhörigkeit zu rechnen habe. Worauf der Dezibelfan ganz »cool« entgegnete, er würde jetzt sein Leben genießen wollen, und dazu gehöre eine maximale Musiklautstärke. 60 Jahre alt werden wolle er sowieso nicht, das Alter sei ätzend. Punkt. Abruptes Ende der Diskussion.

Das Paradoxe an der Geschichte: Der 60-Jährige schien zumindest optisch in der besseren Form zu sein. Bei unserem 25-jährigen Lautstärkeliebhaber hatte der biologische Alterungsprozess gerade erst begonnen, aufgrund von »schlampiger Lebensweise« sah er aber buchstäblich schon alt aus. Alter ist ein relativer Begriff, objektiv und subjektiv.

Ein 50-jähriger Mann war vor 100 Jahren fast am Ende seines Lebens angelangt, heute liegen, statistisch gesehen, noch knapp 25 Jahre vor ihm. Und: Je älter man selbst wird, desto »jünger« ist ein 60-Jähriger. Alt werden will, sobald der Jugendwahn verrauscht ist, nahezu jeder, alt sein will keiner.

Altern ist heute aber auf jeden Fall ein äußerst negativ besetzter Begriff. Denn Alter wird von den meisten Menschen assoziiert mit Übergewicht, Impotenz, schmerzhaftem Gelenkverschleiß, zusammengefallener Haltung, Einnahme vieler Pillen gegen hohen Blutdruck, Zucker, erhöhten Blutfettwerten, intellektuellem Abbau und vielem mehr bis hin zum Verlust der Selbstbestimmung und Pflegebedürftigkeit. Selbstverständlich stellen sich alterungsbedingte Veränderungen irgendwann ein, man muss nur lang genug leben.

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Ein aktiver Lebensstil hält Körper und Geist jung.

Vivre est toujours un peu mourir, leben ist immer auch ein bisschen sterben.

Die gute Nachricht: Ein Großteil der Folgen des Alterns tritt nicht zwingend auf, sondern ist »hausgemacht« und beginnt viel zu früh: Unser heutiges Leben und die fortschreitende Zivilisation befördern die naturgegebenen Alterungsprozesse in rasanter Art und Weise – if you don’t use it, you’ll lose it.

Dies gilt besonders für die sich täglich reduzierenden körperlichen Anforderungen des Alltags- und Arbeitslebens »in Tateinheit« mit den jederzeit verfügbaren, zu energiereichen Lebensmitteln, die sich die meisten physisch nicht mehr »im Schweiße ihres Angesichts« erarbeiten müssen. Unausgewogene, mit schlechten Kohlenhydraten und Fett überfrachtete Nahrung ist die legale Droge, mit der wir den nach Bewegung gierenden Körper ruhigstellen und damit nicht nur ihn, sondern auch unsere Psyche ruinieren.

In den USA soll es viele Menschen geben, die ihr Leben seit Jahren im Bett verbringen, die »Segnungen« des Internets machen es möglich.

Unsere Bilanz und unsere Balance zwischen Zufuhr an Energie und Verbrauch an Energie sind fast zwangsläufig in eine Schieflage geraten. Und das gilt für zunehmend mehr Menschen auch im psychischen Bereich. Mit jedem Tag, den wir älter werden, entstehen aus dieser Dysbalance mehr Übergewicht und mehr Muskelschwund. Das vermehrte Fettgewebe ist wiederum der Ausgangspunkt für die meisten typischen »Alterserkrankungen«, die, von einigen genetisch bedingten abgesehen, eigentlich »Falsch-gelebt-Erkrankungen« heißen müssten. Echte Alterungsprozesse sind eine biologische Einbahnstraße. Sie sind im Gegensatz zu vielen reversiblen Resultaten einer unachtsamen Lebensführung nicht rückgängig zu machen, zumindest nicht durch natürliche Maßnahmen.


»Richtig altern« – wir haben es in
der Hand!

Die meisten Menschen haben das Potenzial und die Chance, im Alter weitgehend frei von chronischen Erkrankungen zu sein, einen muskulösen, leistungsfähigen Körper und klaren Geist zu besitzen und auch diese Phase ihres Lebens zu genießen, vielleicht sogar mehr als frühere, belastetere Abschnitte.

Die Zielsetzung beim Älterwerden ist, alles, was verhinderbar ist, zu verhindern und das Unausweichliche möglichst lange hinauszuschieben, um es dann mit einer gewissen Gelassenheit zu ertragen. Sicher spielt die Genetik bei der Art und Weise, wie Sie alt werden, zu etwa einem Drittel eine Rolle. Den überwiegenden Teil haben Sie selbst in der Hand. Mein Buch soll Ihnen Möglichkeiten dieses Verhinderns und Hinausschiebens aufzeigen sowie einen Weg zu einem gelasseneren Akzeptieren des Unabänderlichen weisen.

Das Verhindern, Hinausschieben und gelassen Akzeptieren ruht auf vier Säulen:


Bei diesem Konzept müssen Sie sich nicht entscheiden zwischen täglich Genießen im »Hier und Jetzt« oder lange freudlos Vorsich-hin-Leben, so wie das der junge Mann aus der U-Bahn glaubt: Oft sind wir nur eingefahren in schlechten Gewohnheiten, die uns keinerlei besonderen Genuss verschaffen, oder wir haben Beschäftigungen, die uns nicht nur kurzfristig guttun, in Vergessenheit geraten lassen oder kennen Möglichkeiten der Unterstützung von außen nicht. Sie müssen Ihr Leben nicht in weiten Teilen umkrempeln oder täglich zwanghaft ins Fitnesscenter laufen (und dadurch neuen Stress in Ihr Leben bringen) oder mithilfe einer zweistündigen Meditation Ihren Hunger bekämpfen.

Zwar bin ich selbst eine überzeugte Fitnessanhängerin, habe aber im Laufe der Zeit gelernt, Menschen (und Männer) da abzuholen, wo sie stehen. Und: Es gibt viele Wege nach Rom. Asketen beäuge ich kritisch, denn wie singt Konstantin Wecker: »Wer nicht genießt, wird ungenießbar.« Er ist bei der Umsetzung seines eigenen Mottos allerdings wohl manchmal über das Ziel hinausgeschossen.

Balance heißt deshalb das Schlüsselwort. Wenn Sie sich wie ich manche Essens- oder Trinksünde trotz eines Entspannungsprogramms partout nicht verkneifen können, dann müssen Sie diese Bombe entschärfen: Entweder Sie sparen die Kilokalorien durch besonders intelligentes Essen im Verlauf des Tages ein, oder Sie bewegen sich täglich eine Stunde. Letzteres ist gesundheitlich mindestens so wertvoll und macht sehr viel mehr Freude.

Für die zahlreichen Belastungen unseres modernen Lebens gibt es ebenso zahlreiche Ausgleichsmöglichkeiten, die Ihnen nicht nur kurzfristigen Lustgewinn verschaffen, sondern Sie in die Lage versetzen, Ihr Potenzial an Lebensgenuss heute und in 20 Jahren voll auszuschöpfen. Der drastische Spruch, alles, was Spaß macht, mache entweder dick oder sei unmoralisch, stimmt zum Glück nicht.

Die Vier-Säulen-Balance

Die relativ neue Wissenschaft der Psychoneuroimmunologie, die sich mit dem Zusammenhang von Psyche und Immunsystem beschäftigt, kann auch wissenschaftlich untermauern, warum es für ein langes, gesundes Leben so wichtig ist, es sich gut gehen zu lassen. Sich gut gehen zu lassen, damit meine ich aber nicht, nach einem 14-Stunden-Büro-Arbeitstag auf die Couch zu flüchten und seine Seele mit Fastfood, Chips und Bier zu streicheln, Computerspiele zur Stressbewältigungstherapie zu erklären oder jeden Abend eine 15-km-Trainingseinheit für den nächsten Marathon zu absolvieren. Und um diesen Raubbau an Körper und Geist auszuhalten, eine Eigentherapie mithilfe einiger Hormone aus dem Internet zu starten.

In den vier Säulen finden Sie die für Sie sinnvollen Alternativen, die mindestens so viel »Spaß« machen und anhaltend Freude und Lebensqualität garantieren. Sie müssen zugunsten von Quantität an Lebensjahren nicht auf deren Qualität verzichten. Mit anderen Worten: Es gibt keine prinzipielle Interessenkollision zwischen gut und lange leben.

Für den ersten Eckpfeiler, die Bewegung, ist sogar bewiesen, dass sie Quantität und Qualität des menschlichen Lebens verbessert. Jeder Mann sollte zusätzlich zu seinem idealen Bewegungsprogramm seine individuell passende Ernährungs- und Entspannungsform finden, um das Leben jeden Tag voll auszukosten – und vital alt zu werden. Viele meiner Patienten profitieren von der Unterstützung einer gezielten Hormonersatztherapie, sie erreichen dadurch manche Trainings- und Fettreduktionsziele erheblich schneller. Einigen bringt der Ersatz bestimmter Hormone eine bessere Lebensqualität und Vitalität, dies ist aber beileibe nicht bei jedem der Fall. Da eine Hormonersatztherapie das Leben nach derzeitigem Wissensstand zwar oft lebenswerter macht, aber nicht unbedingt verlängert, muss der langfristige Einsatz von Hormonen kritisch abgewogen werden.

Es liegt auch an unserem Zeitgeist, dass wir die Balance, die Mitte, den Mittelweg auf körperlicher und psychischer Ebene immer schwerer halten können – und nur diese Balance kann Körper, Geist und Seele gesund halten.


Individuelle Abstimmung ist nötig!

Die Balance auf vier Säulen wird für jeden von Ihnen anders aussehen. Denn die gesunde Bewegung, Ernährung, Entspannung, Hormonersatztherapie gibt es nicht. Was für den einen zu viel ist, ist für den anderen zu wenig. Das Lauftraining, das dem einen hilft, seine Kondition zu verbessern, verschlimmert bei dem anderen womöglich die Knieschmerzen. Die Ernährung, die Ihrem Freund oder Kollegen zu weniger Gewicht und konstanter Energie verhilft, hat bei Ihnen möglicherweise den gegenteiligen Effekt. Die Hormone, die den Bauchumfang des Kollegen reduziert und seine Stimmung gehoben haben, lassen bei Ihnen »Brüste« wachsen und die Libido in den Keller sinken. Die Entspannungsmethode, die den Freund zum gelassenen Buddha macht, bringt Sie in einen Zustand nervöser Gereiztheit.

Ein Patentrezept, das unterschiedslos bei allen wirkt, gibt es nicht und kann es bei der Komplexität des menschlichen Organismus auch nicht geben. Es gilt also zunächst, gezielt zu untersuchen, wo Ihre Stärken und wo Ihre Schwachpunkte liegen, und aus den Ergebnissen ein individuell auf Sie zugeschnittenes Programm zu entwickeln.

Eine architektonische Planung Ihres Wunschgebäudes ist angesagt, davor sollte man(n) sich aber über die Bodenbeschaffenheiten, Lichtverhältnisse und andere natürliche Gegebenheiten informieren.

In jedem der folgenden Kapitel bekommen Sie daher einige diagnostische Werkzeuge und Planungstools an die Hand, um sich selbst ein »Bild« machen zu können, wo Sie aktuell stehen und wo Sie hinsollen oder-wollen. Diese Bestandsaufnahme ist quasi das Fundament, auf das Sie Ihr Haus stellen.

Dann werden die einzelnen therapeutischen Bausteine ausgewählt, zu einem idealen Puzzle zusammengesetzt und aufeinander abgestimmt. Größe und Anzahl der Puzzlesteine differieren von Mann zu Mann erheblich. Planloses »Drehen an einzelnen Schrauben« birgt manchmal eher Einsturzgefahr.


Entwickeln Sie einen »Businessplan
« für Körper, Geist und Seele!

Zielführend ist die Umsetzung des Begriffes Balance: Balance innerhalb einer Säule und zwischen den vier Säulen.

Sind die einzelnen Maßnahmen aus den vier Eckpfeilern in ihrer individuell unterschiedlichen Gewichtung gut austariert und stehen sie in Bezug zueinander, so potenzieren sich die Effekte.

Für viele von Ihnen werden »Businesspläne« zum täglichen Brot gehören, entwickeln Sie doch mal anhand der Ist-Analyse aus den vier Kapiteln Ihren individuellen Drei- oder Sechsmonatsplan für Körper, Geist und Seele: Das macht mindestens so viel Sinn und Spaß!

Obwohl es in meinem Buch auch um Alterungsprozesse geht, ist es kein klassisches »Anti-Aging«-Buch: Schon das Wort »anti« widerspricht der Mentalität eines positiven Denkens grundlegend. Verstehen Sie dieses Buch als eine Anleitung und einen Anstoß, durch Herstellen einer neuen, vielschichtigen Balance wieder mehr für Körper, Geist und Seele zu sorgen und dadurch jede Minute Ihres Lebens zu genießen. Wenn Ihnen das gelingt, werden Sie nicht nur glücklicher leben, indem Sie Ihr Potenzial als Mann voll ausschöpfen, sondern auch Ihr persönliches Maximum an Lebenserwartung realisieren können.

Potenz bis ins hohe Alter ist keine Illusion

Eines der wichtigsten Potenziale des Mannes ist seine Potenz: Sie ist nicht nur Indikator für körperlich-seelische Gesundheit, sondern beeinflusst ganz wesentlich das Lebensgefühl des Mannes. Und sie ist ein wesentlicher Stabilitätsfaktor in partnerschaftlichen Beziehungen. Der Abschnitt über Potenz steht bewusst außerhalb und an erster Stelle der Vier-Säulen-Gliederung, da viele Aspekte aus den einzelnen »Säulenbereichen« zur Erhaltung der Potenz beitragen. Sie zieht sich daher thematisch als roter Faden durch die einzelnen Kapitel.

Bei Störungen des Sexuallebens müssen wir unterscheiden zwischen der Libidostörung, der mangelnden Lust auf sexuelle Aktivitäten und dem Unvermögen (Impotentia = Unvermögen), den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Die Libidostörung geht »vom Kopf« aus. Der Impotenz liegen vorwiegend körperliche Ursachen zugrunde, die dazu führen, dass der Penis nicht mehr ausreichend mit Blut gefüllt wird und deshalb die nötige Steifheit fehlt, um eine Penetration zu vollziehen. Man spricht hier medizinisch von der erektilen Dysfunktion (ED).

Impotenz ist nicht unbedingt eine Alterserscheinung. So wie Altern per se keinen Krankheitsprozess darstellt, so darf man(n) eine schwindende Potenz nicht zwangsläufig als eine Alterserscheinung akzeptieren. Sie spiegelt vor allem einen ungünstigen Lifestyle und das nicht rechtzeitige Erkennen und Behandeln von Krankheiten wider, das sind v. a. Bluthochdruck, Zuckerkrankheit und erhöhte Blutfettwerte.

So wie ein gut trainierter 60-Jähriger einem nicht trainierten 30-Jährigen auf längeren Strecken davonläuft, so kann ein 60-Jähriger bei einem konsequent durchgeführten, individuellen Vier-Säulen-Programm einen 20-Jährigen bezüglich körperlicher Liebesfähigkeit in den Schatten stellen.

Zwar verlaufen die Erregungsprozesse im Alter langsamer, und die Erholungszeiten sind länger; durch Erfahrung, Hingabe und Genussfähigkeit dürfte das allerdings leicht zu kompensieren sein. Denn die Quantität der Jugend wird durch die Qualität des Alters ersetzt.

Das in der Jugend selbstverständliche und manchmal auch unpassend auftretende »Wunder« der Natur, die Erektion, ist ein komplexer Vorgang, bei dem Psyche, sensibles und autonomes Nervensystem, arterielle Durchblutung, Venenverschluss des Schwellkörpers und Beckenbodenmuskulatur, fein aufeinander abgestimmt, zusammenwirken müssen.


Die Erektion – eine stark vereinfachte Beschreibung des komplexen Szenarios

Der Penis gleicht zwei unter der Haut liegenden Schwämmen (Corpora cavernosa), die von arteriellen, Sauerstoff liefernden Blutgefäßen versorgt werden.

Bei Emotionen, audiovisuellen Stimuli oder Phantasien werden – vermittelt über das parasympathische (Entspannungs-)Nervensystem – die glatten Muskelzellen in den Penisarterien entspannt und dadurch die Arterien weit geöffnet. Dieser Mechanismus

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Viagra, Cialis und Levitra sind Medikamente, die die Wirkung von Stickstoffmonoxid verlängern.

wird durch ein Molekül namens Stickstoffmonoxid ermöglicht. Der Blutfluss in den Schwellkörper erhöht sich durch das Öffnen der Muskelschleusen auf das 20- bis 25-Fache. Viagra verlängert übrigens nur die Wirkung von Stickstoffmonoxid.

Um die Steifheit des Penis zu erhalten, muss aber gleichzeitig der Abstrom des Blutes über die Venen blockiert werden, dies geschieht in raffinierter Weise dadurch, dass die vorhandenen Venenventile durch den massiven Blutzustrom temporär komplett verschlossen werden.

Durch Ausdauersport können Sie generell die körpereigene Produktion des wichtigsten »Erektionsmoleküls«, des Stickstoffmonoxids, ankurbeln. Nicht nur der Penis nutzt das Stickstoffmonoxid (NO), um »an mehr Blut zu kommen«, die Verteilung der gesamten Blutzirkulation wird durch dieses Gas intelligent gesteuert. Ist ein Muskel durch Arbeit oder Sport aktiv, so benötigt er mehr Sauerstoff und Durchblutung. Das Gas Stickstoffmonoxid entsteht durch den mechanischen Reiz, den das vorbeiströmende Blut auf die Innenauskleidung (Endothel) des Blutgefäßes ausübt. Durch die erhöhte Gasproduktion entspannen und weiten sich die Blutgefäße im arbeitenden Muskel, dadurch trifft vermehrt Blut auf das Endothel, die NO-Produktion steigt, und eine positive Spirale wird initiiert. Die Produktion von NO erfolgt aber nur ausreichend genug, wenn kein Mangel an den Hormonen Östrogen, Testosteron und DHEA vorliegt, denn diese aktivieren die NO-Synthetase. Hier schließt sich der Kreis zum ganzheitlichen Konzept.


Fast alle wollen, immer weniger können

Über 80% der Männer aller Altersklassen sind sexuell aktiv. Eine Impotenz, medizinisch erektile Dysfunktion (ED), tritt schon bei 15% der 50- bis 59-Jährigen auf, bei den über 70-Jährigen sind über 50% nicht mehr in der Lage, Geschlechtsverkehr auszuüben. 17% der über 50-Jährigen haben gar keine Lust mehr, sich mit dem Thema zu befassen, sie haben eine Libidostörung, die man als soziales Überforderungsphänomen betrachtet.

Während früher in etwa 80% der Fälle psychologische Ursachen für die ED verantwortlich gemacht wurden, konnte die Grundlagenforschung in den letzten Jahren bei etwa 60 bis 70% der Fälle primär organische (körperliche) Ursachen nachweisen. Die altersassoziierten körperlichen Ursachen können in unterschiedlichen, für den Erektionsvorgang verantwortlichen Bereichen liegen, häufig liegen Kombinationen vor. Auf folgende Ursachen können Sie mit dem Vier-Säulen-Konzept erheblichen Einfluss nehmen.


Impotenz – ein Symptom, viele
Ursachen

Ilf_97838641347_0037_005.gif Wichtig

Wie erhalten Sie Ihre Potenz?

Verknüpfen Sie zur Prävention und Therapie der ED alle vier Säulen des Vier-Säulen-Programms:

  1. Bewegung: Ausdauertraining erhöht die Produktion des Zaubermoleküls Stickstoffmonoxid (NO) und zügelt den Sympathikus (autonomes Stressnervensystem). Beckenbodentraining ist das natürliche »Viagra«.
  2. Ernährung: Ausreichende Zink- und Eiweißzufuhr begünstigen die körpereigene Testosteronproduktion. Auch eine Reduzierung des Bauchspecks lässt den Testosteronspiegel wieder steigen.
  3. Hormonersatztherapie: Die Gabe von Testosteron und DHEA (Nebennierenrindenhormon) ist eine »Abspeckkur« für den Schwellkörper und fördert die NO-Bildung zur Erweiterung der Blutgefäße.
  4. Psychische und geistige Stabilität: Entspannungstechniken aktivieren den Parasympathikus (Entspannungsnerv) und ermöglichen so den Start. Denn die Erektion beginnt im Kopf.

Potenzprobleme können nicht nur durch Versagensängste oder andere psychische Ursachen entstehen, sondern auch durch Befürchtungen, die aus körperlichen Einschränkungen oder Erkrankungen erwachsen. Auch nach Herz- oder anderen Erkrankungen sind Sie meist fit genug für einen normalen Geschlechtsverkehr! Wenn Sie 75 bis 100 Watt auf dem Fahrradergometer ohne Probleme treten können, steht auch dem Training etwas anderer Art nichts mehr im Wege. Den Test kann jeder Hausarzt durchführen.

Woran können Sie selbst erkennen, ob es mehr die Psyche und der Stress sind, die bei Ihnen temporär als »Weichmacher« wirken, oder ob krankhafte körperliche Prozesse zugrunde liegen? Ein wichtiger Indikator für körperliche Ursachen sind rückläufige nächtliche Erektionen während der sogenannten REM-Phasen (Rapid Eye Movement, Traumphasen).

Nehmen Sie länger andauernde Symptome einer Erektionsschwäche ernst, und lassen Sie die Ursachen vom Arzt abklären. Hoher Blutdruck, hohe Blutfettwerte und Diabetes mellitus lassen die »Schleusentore« rosten und klemmen.

80% aller ED können erfolgreich behandelt werden, und ich meine: Fast 100% der »altersbedingten« ED könnten verhindert werden.

Ilf_9783864134_0124_008.gif Zusammenfassung

Was braucht man(n) für harte und anhaltende Erektionen?

  1. Gute Durchblutung in der Penisarterie, das heißt durchgängige, »kalkfreie« Arterien (siehe Kapitel 1, Ausdauertraining: Kleine Jungbrunnenübung für den Schwellkörper)
  2. Einen trainierten Beckenboden (siehe Kapitel 1, »Stehvermögen« mit Rumpf- und Beckenbodenmuskeln)
  3. Einen »dichten« Schwellkörper – das heißt einen kräftigen Musculus bulbospongiosus (siehe Kapitel 1, »Stehvermögen« mit Rumpf- und Beckenbodenmuskeln)
  4. Einen ausgewogenen Hormonspiegel, v. a. genügend Testosteron und DHEA, um das Fett aus dem Schwellkörper fernzuhalten (siehe Kapitel 3, Testosteronmangel)
  5. Sensible Nerven – Diabetes mellitus und Alkoholmissbrauch vermeiden (siehe Kapitel 1, 2 und 4)
  6. Gute situative Entspannungsfähigkeit – Technik zur Aktivierung des Parasympathikus erlernen (Kapitel 4 Mental- und Entspannungstraining)
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SÄULE 1
Bewegung

»Körperliches Training kommt von allen Dingen am nächsten an eine Anti-Aging-Pille heran.«
ALEX LEIF, PROFESSOR AN DER HARVARD MEDICAL SCHOOL OF GERONTOLOGY

Bewegung – Jungbrunnen und Medizin

Jeder weiß: Bewegung ist gesund, hält fit und jung: Studien zeigen, dass uns regelmäßige körperliche Aktivität etwa sieben zusätzliche und vor allem auch gesunde Jahre beschert. Denn mit regelmäßiger Bewegung sinken beispielsweise der Blutdruck und die schlechten LDL-Blutfettwerte, die gesunden (HDL) steigen. Damit vermindern Sie Ihr Risiko für eine Arteriosklerose, was Sie wiederum vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützt. Aber auch anderen Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht und Diabetes mellitus, die frühzeitig zu Impotenz führen, beugen Sie durch Sport vor. Die Spannbreite der positiven Wirkung reicht von organischen Erkrankungen wie Krebs und Osteoporose (auch bei Männern ein Thema!) bis hin zu Depressionen und der Verzögerung von Demenzerkrankungen.

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Prophylaxe und Therapie
der wichtigsten Zivilisationskrankheiten durch Bewegung

De facto gibt es kaum eine Zivilisationserkrankung oder Alterserscheinung, die sich nicht durch ein gezieltes Bewegungstraining verbessern oder heilen ließe.

Riesige Pharmaunternehmen beschäftigen sich mit der Entwicklung von neuen Medikamenten, die die Wirkung von Bewegung in »Pillen einfangen wollen«. Dies ist wichtig für Menschen, die sich wegen körperlicher Behinderungen nicht ausreichend bewegen können. Die primäre Verschreibung von Medikamenten anstelle von Bewegung ist aber bestenfalls »second choice«. Eine »Pille«, die eine solch umfassende therapeutische Wirksamkeit wie Bewegung besitzt und bei gezielter Verordnung auch noch nebenwirkungsfrei ist, wird wohl niemals entwickelt werden können.

Wie oft höre ich von meinen Patienten das Argument »ich habe keine Zeit für Bewegung«. Richtig wäre in aller Regel: Ich nehme mir keine Zeit für Bewegung. Nach einer Studie der Hamburger Jugendmarktforschung factory spielt die Hälfte der 11- bis 18-jährigen Jungen zwei Stunden pro Tag am Computer. Inzwischen ist der durchschnittliche Fernsehkonsum kontinuierlich angestiegen; lag er vor 30 Jahren noch bei zwei Stunden pro Tag, beträgt er heute bereits knapp vier Stunden, wohingegen der Lesekonsum in derselben Zeit von 22 Minuten auf 18 Minuten zurückgegangen ist. In einem konsequenten Vier-Säulen-Programm geht es darum, bis ins hohe Alter gesund, beweglich und in seiner Kraft zu bleiben, um sich so körperlich und psychisch wohlzufühlen. Wer sich zu wenig oder gar nicht bewegt, wird früher altern. Er hat jetzt und später quantitativ und qualitativ weniger vom Leben.

Es ist jedoch kaum je zu spät, etwas zu verändern! Unser Körper verfügt über ein erstaunliches Maß an regenerativen Kapazitäten.

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Bewegung in der Natur ist ein Jungbrunnen für Körper und Seele.

FALLBEISPIEL

Fritz, 68 Jahre alt, Ingenieur im Maschinenbau, frühpensioniert

Ein Beispiel hierfür ist Fritz, der mit Ende 50 von den Ärzten aufgegeben wurde, eine Haltung »wie ein Rollmops« (Aussage der Ehefrau) hatte und sich schon im Rollstuhl sah. Heute, mit 68 Jahren, hat er durch gezieltes Training die Ausstrahlung eines jungen Mannes. Sie können diese beeindruckende »Rückentwicklung« von Fritz auf den Abbildungen (unten) sehen und in seinem Bericht nachlesen.

Seit Jahren litt ich unter diversen, zum Teil verletzungsbedingten Beschwerden, ich hatte Probleme mit der Lendenwirbelsäule und den Nackenwirbeln. Letztendlich konnte ich den Hals überhaupt nicht mehr auf und ab bewegen. Ich hatte eine Odyssee zu Ärzten hinter mir, die mir alle nicht helfen konnten und mir hauptsächlich Spritzen gegen die Schmerzen gaben. Dem Hals ging es zwar zeitweise besser, aber nicht dauerhaft, und irgendwann galt ich als austherapiert. Als ich vor acht Jahren zu … kam, wurde mir anhand meiner Befunde ein Fitnesstraining verschrieben. Ich wusste, dass meine Leiden nicht von heute auf morgen gekommen waren, also stellte ich mich darauf ein, dass sie auch nicht von heute auf morgen verschwinden würden. Ich erhielt einen Arbeitsplan für verschiedene Geräte und testete erst einmal aus, was überhaupt ging. Zu der Zeit saß ich eigentlich nur mehr auf dem Sofa und schlich quasi ins Fitnessstudio. Drei Monate musste ich das Programm durchziehen, bis erste Erfolge zu sehen waren und ich mich tatsächlich wohler fühlte: Ich ging drei- bis viermal die Woche hin und trainierte mit Pausen 2 bis 2,5 Stunden. Keiner zwang mich, ich zog es allein durch und machte weiter, wenn auch weiterhin mit Schmerzen, denn die Ergebnisse waren trotzdem positiv. Ich lernte andere Ältere kennen, denen es ähnlich ging und die trotzdem wieder mit dem Sport aufhörten – zu der Sorte gehöre ich nicht, denn meine Alternative war: Rollstuhl oder das Programm weiterführen. Langsam begann ich auch mit Gruppentraining, belegte Wirbelsäulengymnastik- und Yogakurse. Die Gruppenkurse haben den Vorteil, dass die Trainer sehr motivierend wirken und sich vor allem auskennen: Sie wissen über jeden Muskel Bescheid, geben Tipps und verbessern die Haltungen. Auch dort erzielte ich im Laufe der Wochen Fortschritte, und ich entwickelte langsam ein Gespür dafür, was mir guttut. Ich muss nicht mehr jede Übung durchziehen – ich weiß vorher, was ich kann. Wenn man sagt: »Augen zu und durch«, wird man es büßen! Stattdessen muss man lernen: »Was einem nicht guttut, sollte man auch nicht machen.« Vertrauen zum Trainer ist hier sehr wichtig, es geht nicht darum, sich mit anderen vergleichen zu wollen oder zu müssen. Konkurrenzdenken lenkt nur ab. »Es soll wehtun, aber nicht schmerzen« – diesen Unterschied erkennt man erst mit einiger Übung. Ich habe meinen Körper neu kennengelernt, und nach einer bestimmten Zeit sieht man auch, was vor einem halben Jahr noch gar nicht möglich war. Diese Situationen machen sich dann auch »draußen« bezahlt, wenn man etwa ausrutscht und sich abfängt, weil man inzwischen seine Reaktionsfähigkeit verbessert hat. Früher wäre mir das nicht gelungen – ich wäre einfach hingeplumpst.

Da kommen Muskeln in Bewegung, es ist ein Erlebnis! Man merkt auch an der Atmung, wie man sich noch verbessern kann. Und die Motivation ist immer noch da! Ich

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Schlechte Haltung von vorne

bin nun acht Jahre dabei, komme regelmäßig dreimal die Woche. Wenn ich einmal nicht kann, gehe ich an einem anderen Tag, aber ich bleibe fest bei drei Terminen, egal, ob Kraft- oder Kreislauftraining, denn ich spüre gleich, wenn ich eine Seite vernachlässige. Und wenn ich das eine mehr betone, merke ich bald, dass das andere fehlt. Das meiste bringt mir persönlich das angeleitete Training. Es ist ein Kreis aus Kraft, Kondition und Dehnung, der aus einer Pflichtübung über die Jahre zum Vergnügen geworden ist.

Schlampig zu sein braucht man nicht, sonst kann man gleich in den Biergarten gehen. Wenn ich krank bin, gehe ich nicht, damit schadet man sich mehr, als man sich nützt,

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Schlechte Haltung seitlich

aber ansonsten immer. Seinen Schweinehund muss man immer wieder überwinden! Meine Frau ist ebenfalls froh, denn sie weiß, dass ich im Vergleich zu anderen Männern in meinem Alter besser dastehe. Meine Freunde finden es zwar gut, dass ich mein Programm durchziehe, können sich leider aber nicht aufraffen, wenn sie hören, dass sie die Arbeit selber tun müssen. Ein Freund von mir löst den ganzen Tag nur Kreuzworträtsel, er ist übergewichtig und schwitzt schon beim Treppensteigen. Immerhin einen konnte ich überzeugen; er war relativ korpulent und konnte auch Erfolge verzeichnen. Und: Auch neue Freundschaften lassen sich schließen, und zwar umso leichter, wenn man gemeinsam schwitzt!

Die Ernährung stellt sich mit der Zeit von selber um. Früher beim Grillen gab’s natürlich immer die dicken Schweinshaxen, jetzt habe ich gar keine Lust mehr darauf. Einmal im Jahr reicht mir das! Zurzeit trenne ich mich von Weißmehlprodukten wie Rohr- und Dampfnudeln und stelle auf Vollkornmehl um. Aber man sollte sich auch ab und zu einen Fehltritt leisten, das gehört dazu! Jährlich mache ich einen Blut- und einen Konditionstest, der dann mein Sportprogramm »nachjustiert« und die Empfehlungen zu Bewegung und Ernährung modifiziert. Bei Gelenkschmerzen helfen Magnesium und Magnesiumersatz, aber auf Schmerzmittel verzichte ich und lerne lieber, mit ihnen zu leben.

Ich bin überzeugt davon, dass ich sehr viel mehr Stabilität aufgebaut und der Zustand der Halswirbelsäule sich nicht so verschlechtert hätte, wenn ich zehn Jahre früher mit meinem Programm begonnen hätte. Dennoch bin ich sehr zufrieden damit, was ich erreicht habe! Meine Alternative wäre der Rollstuhl gewesen.

Man darf sich nie an etwas gewöhnen, sondern muss immer abwechseln und Neues suchen. Auch an den Geräten darf man nicht schlampig werden, sondern muss sich immer wieder kontrollieren: Ist die Haltung auch gut, mache ich noch alles richtig? Immer wieder wird eine andere Muskelgruppe angeregt und beansprucht. Man ist auch nicht immer gleich gut drauf, aber uninteressant ist es nie, sich mit seinem Körper zu beschäftigen und die Erfolge nachzuzeichnen. Und das ist es mir wert!

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Gute Haltung von vorne

Trainingsrelevante Veränderungen des Körpers

Bewegungsmangel und natürliche Alterungsprozesse bewirken ungünstige Veränderungen bei allen fünf gesundheitsfördernden Fitnesskomponenten (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit, Koordinationsfähigkeit und psychische und geistige Stabilität).

Diese Prozesse beeinflussen sich wechselseitig: Die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems nimmt ab, einen wesentlichen Anteil daran hat der quantitative und qualitative Abbau der Muskulatur. Dehnfähigkeit und Koordinationsfähigkeit stehen ebenfalls eng miteinander in Verbindung und verschlechtern sich oft parallel.

Jeder Körper ist einem Alterungsprozess unterworfen. Dieser ist aber nur zu einem Drittel genetisch bedingt. Die restlichen zwei Drittel haben Sie selbst in der Hand. Durch angepasstes Training können Sie Ihren Körper 20 Jahre lang auf dem Niveau eines 40-Jährigen halten und mit 80 Jahren so gut dastehen wie ein 60-Jähriger. Auch

Fitnesskomponenten


die intellektuelle Leistungsfähigkeit lässt sich, neben einer vielseitigen geistigen Beschäftigung, durch Bewegung bis ins hohe Alter erhalten. Hierzu tragen einige Aspekte aus den anderen drei Säulen maßgeblich bei.

In den praktischen Trainingsempfehlungen für die fünf Fitnesskomponenten werden Sie jeweils kurz darüber informiert, welche Veränderungen mit dem Training aufgehalten oder rückgängig gemacht werden können.

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Gehen, Wandern oder Laufen sind die gesündesten Arten des Ausdauertrainings.