Die Autorin
ist „Staatlich anerkannte Ergotherapeutin“ und arbeitet seit dem Jahre 2001 in der Rehabilitationsklinik „Jesuitenschlössl“ in Passau mit neurologisch erkrankten Patienten.
Ihr Arbeitsschwerpunkt ist neben der sensomotorischen Rehabilitation der Patienten auch die Beratung der Angehörigen. Nebenberuflich ist sie in einer Ergotherapie-Praxis tätig und behandelt ambulant Schlaganfallpatienten.
Hemiplegie nach Schlaganfall, Schädelhirntrauma und anderen Hirnerkrankungen
Ein Ratgeber für
Betroffene und Angehörige
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Die Informationen in diesem Ratgeber sind von der Verfasserin und dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Verfasserin bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
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1. Auflage 2007
ISBN 978-3-8248-0733-8 (PC-PDF)
Alle Rechte vorbehalten
© Schulz-Kirchner Verlag GmbH, Idstein 2007
Fachlektorat: Beate Kubny-Lüke
Lektorat: Doris Zimmermann
Umschlagentwurf und Layout: Rebecca Forst
Umschlagfotos: Archiv DVE und Schulz-Kirchner Verlag
Druck und Bindung: wd print + medien GmbH & Co., Wetzlar
Printed in Germany
Vorwort zur Reihe
Hemiplegie - Was ist das?
Was bedeutet der Begriff „Hemiplegie“?
Wie wirkt sich eine Hemiplegie auf den Körper aus?
Wodurch kann eine Hemiplegie hervorgerufen werden?
Durchblutungsstörungen
Traumatische Schäden
Tumore
Häufigkeit der Ursachen
Welche Störungen können zusätzlich zu einer Hemiplegie auftreten?
Weitere Störungen der Bewegungsfähigkeit
Störungen der Sensibilität und Wahrnehmung
Störungen der höheren Hirnleistungen
Störungen der Kau-, Schluck- und Sprechorgane
Störungen der Sinnesorgane
Vegetative Störungen
Veränderungen der Psyche
Welche Fähigkeiten und Beeinträchtigungen erlebt der Betroffene?
Störungen der Körperstrukturen und -funktionen
Störungen der Aktivitäten
Beeinträchtigung der Teilhabe oder Partizipation
Kontextfaktoren
Wie kann den Betroffenen geholfen werden?
Gestaltung des Lebensumfeldes
Die Rolle der Angehörigen
Krankheitsverarbeitung
Welche Therapien können vom Arzt verordnet werden?
Klassische Heilmittel
Vorstellung verschiedener Therapiekonzepte
Zusätzliche Angebote und Hilfsmittel
Welche Übungen kann der Betroffene selbst oder zusammen mit Angehörigen durchführen?
Training der Sensibilität und Wahrnehmung
Maßnahmen zur Reduzierung der Schwellung
Übungen zur Erhaltung der Beweglichkeit
Kraftübungen
Geschicklichkeitsübungen
Training von Alltagshandlungen
Übungen für die Füße
Hilfreiche Adressen
Literaturtipps
Glossar
Die „Ratgeber für Angehörige, Betroffene und Fachleute“ vermitteln kurz und prägnant grundlegende Kenntnisse (auf wissenschaftlicher Basis) und geben Hilfestellung zu ausgewählten Themen aus den Bereichen Ergotherapie, Sprachtherapie und Medizin.
Die Autorinnen und Autoren dieser Reihe sind ausgewiesene Fachleute, die seit vielen Jahren als Therapeuten in der Behandlung und Beratung und/oder als Dozenten in der Aus- und Weiterbildung tätig sind. Sie sind jeweils für den Inhalt selbst verantwortlich und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Im vorliegenden Band „Hemiplegie nach Schlaganfall“ hat Katrin Naglo, selbst Ergotherapeutin in Klinik und Praxis mit dem Schwerpunkt Neurologie, ihre Erfahrung in der Arbeit nicht nur mit Betroffenen, sondern auch mit deren Angehörigen zusammengefasst.
In verständlicher Form wird ein Überblick über die Hintergründe des Schlaganfalls gegeben, sodann eine Darstellung der Probleme, die für die Betroffenen hieraus resultieren. Es folgt der wichtige Teil der entsprechenden therapeutischen Hilfen sowie die Möglichkeiten der Unterstützung im sozialen Umfeld. Im Anschluss folgt eine Übersicht mit wichtigen Kontaktadressen, bei denen weitergehende Informationen eingeholt werden können.
Durch die gut nachvollziehbare Sprache kann das Buch dazu beitragen, die im Rahmen der Therapie oft mündlich gegebenen Informationen zu festigen. Es empfiehlt sich daher als gute Ergänzung der therapeutischen Behandlung. Der Behandlungserfolg kann durch die größere Transparenz verbessert werden, die Vorschläge für Heimübungsprogramme sind alltagsnah und mithilfe der Fotos auch leicht durchführbar.
Wir hoffen, mit diesem Ratgeber dazu beizutragen, dass der alltägliche Umgang mit Menschen mit Hemiplegie von weniger Schwierigkeiten geprägt ist und so die Belastungen der Betroffenen selbst und deren Angehörigen verringert werden können.
Arnd Longrée
Herausgeber für den DVE
Die Begriffe Hemiplegie und Hemiparese bezeichnen eine Halbseitenlähmung nach einer neurologischen Schädigung.
In der Bevölkerung wird mit einem Schlaganfallpatienten oft ein ganz bestimmtes Bild assoziiert und Begrifflichkeiten werden aus Unkenntnis manchmal nicht genau benutzt.
So kann es zum Beispiel passieren, dass ein Patient mit einer Parese als „gelähmter Patient“ bezeichnet wird, obwohl er Restfunktion hat und Arm oder Bein bewegen kann, wodurch die Fähigkeiten des Patienten unterschätzt werden.
Hemi-: (griech.) Wortteil mit der Bedeutung „halb“, „einseitig“
Plegie: (griech. Schlag) Vollständige Lähmung
Parese: (griech. Erschlaffung) Unvollständige Lähmung
Hemiplegie: Vollständige Lähmung einer Körperhälfte. Der Patient kann mit dem betroffenen Arm/Bein keine sichtbare Aktivität ausführen.
Hemiparese: Unvollständige Lähmung einer Körperhälfte. Der Patient kann seine betroffene Körperhälfte in gewissem Maß selbst bewegen.
Lähmung: Oberbegriff für die Minderung (Parese) bzw. den Ausfall (Plegie) der Funktionen eines Körperteils oder Organsystems.
Im Bereich der Neurologie bedeutet „Lähmung“ die Minderung der motorischen oder sensiblen Funktionen eines Nervs mit Bewegungseinschränkung bzw. – unfähigkeit (motorische Lähmung) oder quantitative Sensibilitätsstörungen (sensible Lähmung) (Pschyrembel, 1998).
Man unterscheidet außerdem zwei Arten der Lähmung:
Schlaffe Lähmung: Der Muskeltonus (bzw. die Muskelspannung) ist kurz nach dem auslösenden Ereignis stark herabgesetzt (= Hypotonus).
Arm und Bein auf der betroffenen Seite fühlen sich schlaff an und können vom Patienten selbst weder gehalten noch bewegt werden, man spricht von einer „schlaffen Plegie“.
Können willkürlich geringste Bewegungen ausgeführt werden, z.B. Arm, Finger oder Fuß bewegt werden, dann spricht man von einer „schlaffen Parese“.
Spastische Lähmung: Die Muskulatur entwickelt nach einiger Zeit eine hohe Spannung (= Hypertonus). Die betroffenen Körperteile fühlen sich fest an und können nur schwer von einer Hilfsperson bewegt werden.
Kann der Patient nur mit großer Anstrengung wenige stereotype Bewegungen ausführen, spricht man von einer „spastischen Parese“.
Ist der Patient aufgrund des hohen Muskeltonus überhaupt nicht in der Lage, die betroffenen Körperteile zu bewegen, spricht man von einer „spastischen Plegie“.
Im deutschen Sprachgebrauch werden die Begriffe Hemiplegie und Hemiparese häufig synonym benutzt, wobei der Begriff „Hemiplegie“ überwiegend verwendet wird.
Auf die Muskelspannung eines paretischen oder plegischen Armes oder Beines bezogen, kann es zu Mischformen kommen, z.B. schlaffe Lähmung der Schultermuskulatur, so dass der Oberarmkopf aus der Schultergelenkspfanne heraushängt, aber gleichzeitig eine spastische Beugung des Handgelenks und der Finger auftritt.
Beim betroffenen Bein kann die Muskelspannung im Knie oder in der Hüfte verringert sein, im Fuß- oder Zehenbereich jedoch erhöht.
Bei einer schweren neurologischen Schädigung zeigt sich eine schlaffe Lähmung einer gesamten Körperhälfte (Gesicht, Arm, Rumpf, Bein). Es ist diejenige Körperhälfte betroffen, die gegenüber dem Ort der Schädigung im Gehirn liegt. Hatte der Patient beispielsweise eine Hirnschädigung (durch einen Schlaganfall, ein Schädelhirntrauma o.Ä.) in der rechten Hirnhälfte, so zeigt sich die Lähmungserscheinung auf der linken Körperseite.
Begleitend zur Bewegungsunfähigkeit der betroffenen Körperseite kommen Wahrnehmungsstörungen hinzu. Das kann bedeuten, dass der Betroffene seine gelähmte Körperseite überhaupt nicht spürt und somit nicht weiß, wo sich z.B. sein betroffener Arm befindet. Auch Reize von außen, z.B. Berührungen oder Temperaturveränderungen, können nicht oder nur in veränderter Form wahrgenommen werden.
Der Grund für diese Auswirkungen liegt in der Kreuzung der Hirnbahnen und der unterschiedlichen Zuständigkeit beider Gehirnhälften für bestimmte Körperfunktionen.
Die rechte Gehirnhälfte ist beispielsweise zuständig für die zeitliche und räumliche Orientierung, die Konfliktverarbeitung, die Planung von Handlungen und für das Erkennen von Zusammenhängen.
Bei Personen, die eine rechtsseitige Hirnverletzung erlitten haben, können deshalb folgende Zusatzstörungen auftreten:
Wahrnehmungsstörung
Nichtbeachtung der linken Körperhälfte
reduzierter Eigenantrieb
Wesensveränderung (reizbar, stur, weinerlich, …)
Die linke Gehirnhälfte hingegen ist für komplexe logisch-analytische Aufgaben zuständig, wie z.B. Mathematik. Ausfälle der Sprache und des Verstehens, Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Rechnen treten häufig bei linksseitigen Hirnverletzungen auf.