Anne Stallkamp, Werner Hartung
Rauhnächte
Winterernte
Keck trotzt der Raps
Wintergewitter und Graupel,
der waagerecht
ihn zu mähen trachtet.
Vier Fruchtfolgen
auf ein Jahr, diesmal.
Milde regiert den Dezember
vor der Ernte der Rauhnächte.
Zu kalt der Frühling,
zu trocken Sommer und Herbst.
Kein Landregen tränkte,
was nach Reife sich sehnte.
Greife nach der Frucht nun,
wenn das Licht wiederkehrt.
Dieses Jahr hat dich
hungern und dursten lassen.
Mit dem Vollmond
kommen Kälte und Klarheit.
Wende dein Leben
mit der Bahn der Sonne.
Zeit für mich
Bücher haben feste Preise.
1. Auflage 2014
Anne Stallkamp und Werner Hartung
Rauhnächte
© Neue Erde GmbH 2014
Alle Rechte vorbehalten.
Titelseite:
Vorlage: W.A. Bentley und W.J. Humphreys, Snow Crystals (1931)
Gestaltung: Dragon Design, GB
Satz und Gestaltung:
Dragon Design, GB
Gesetzt aus der Minion
Illustrationen aus W.A. Bentley und W.J. Humphreys, Snow Crystals
Gesamtherstellung:
Appel & Klinger, Schneckenlohe
Printed in Germany
ISBN 978-3-89060-643-9
eISBN 978-3-89060-166-3
Neue Erde GmbH
Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken · Deutschland · Planet Erde
www.neue-erde.de
TEIL 1
1. Zeit – Rhythmus des Seins
2. Die Bedeutung der Rauhnächte
Die zwölf heiligen Nächte – Große Pause im Jahreslauf
Channeling von Minerva: Die Rauhnächte
Die Zählweise – Beginn und Ende
Die Themen – Rückschau, Vorausschau und Zeitqualitäten
3. Rückschau
Rückschau und Altes loslassen
Persönliche Rückschau in den Rauhnächten
4. Vorschau
Jahres-Vorschau und Neues erfühlen
Persönliche Vorausschau in den Rauhnächten
5. Trainingsprogramm der Rauhnächte
Die Themen und Zeitqualitäten der zwölf Rauhnächte
1. Rauhnacht – 21./22. Dezember: Die Qualität der Zeit
2. Rauhnacht – 22./23. Dezember: Demut und Hingabe
3. Rauhnacht – 23./24. Dezember: Entdecke deine Herzenskraft
4. Rauhnacht – 24./25. Dezember: Frieden finden
5. Rauhnacht – 25./26. Dezember: Ins Vertrauen gehen
6. Rauhnacht – 26./27. Dezember: Ruhe finden
7. Rauhnacht – 27./28. Dezember: Für sich selbst sorgen
8. Rauhnacht – 28./29. Dezember: Wahrheit und Klarheit
9. Rauhnacht – 29./30. Dezember: Gelassenheit
10. Rauhnacht – 30./31. Dezember: Reise in das neue Leben
11. Rauhnacht – 31. Dezember/1. Januar: Sich selbst neu erfühlen
12. Rauhnacht – 1./2. Januar: Kreatives Schöpfen üben
Rückkehr in den Alltag – 2./3. Januar: Das Leben bewältigen und genießen
6. Lösungsritual für die Rauhnächte
TEIL 2
Kurzanleitung für den Übungsteil
1. Rauhnacht: 21. - 22. Dezember
2. Rauhnacht: 22. - 23. Dezember
3. Rauhnacht: 23. - 24. Dezember
4. Rauhnacht: 24. - 25. Dezember
5. Rauhnacht: 25. - 26. Dezember
6. Rauhnacht: 26. - 27. Dezember
7. Rauhnacht: 27. - 28. Dezember
8. Rauhnacht: 28. - 29. Dezember
9. Rauhnacht: 29. - 30. Dezember
10. Rauhnacht: 30. - 31. Dezember
11. Rauhnacht: 31. Dezember - 1. Januar
12. Rauhnacht: 1. - 2. Januar
Rückkehr in den Alltag: 2. - 3. Januar
Über die Autoren
Beginnen wir mit der Schlüsselfrage: Was ist Zeit?
Zeit ist ohne Rhythmus nicht wahrnehmbar.
Mit Rhythmus bezeichnet man im allgemeinen Sprachgebrauch den Wechsel von Spannung und Entspannung. Man spricht vom Herzrhythmus, vom Rhythmus der Gezeiten, vom Tages- oder Arbeitsrhythmus, aber auch vom Rhythmus eines Gemäldes.
Rhythmus in der Musik ist die zeitliche Gliederung des melodischen Flusses, die sich aus der Abstufung der Tonstärke, der Tondauer und des Tempos ergibt. In der Sprachwissenschaft ist es die Gliederung des Sprachablaufs durch Wechsel von langen und kurzen, betonten und unbetonten Silben, durch Pausen und Sprachmelodie. Rhythmus ist aber auch Gleichmaß, gleichmäßig gegliederte Bewegung, periodischer Wechsel, regelmäßige Wiederkehr. (Duden)
Wie sind denn unsere Zeitrhythmen, was gliedert und rhythmisiert unsere Zeit, macht sie erlebbar?
Ein Atemzug währt drei Sekunden. Jeder Atemzug ist Rhythmus. Zwischen jedem Ein- und Ausatmen liegt eine kleine Pause. Ich kann nicht »voratmen« oder den Atem »nachholen«. Ein Atemzug ist Gegenwart: »Mein Atem ist jetzt.«
Ein Augenblick dauert sechs Sekunden. Der Lidschlag macht das Sehen rhythmisch, ist Atem der Seele.
Eine Stunde bildet die Dauer für eine tiefe Begegnung. Jemandem eine Stunde schenken.
Ein Tag hat 2 x 12 Stunden: Tag und Nacht (3 (Zahl des Himmels) x 4 (Zahl der Erde) = 12 (Zahl der Grundqualitäten der Schöpfung). Die Dämmerungen sind die Übergangszeiten, Schwellenzeiten des Tages. Sie verstärken die geistig-seelische Kraft und die Intuition (Blaue Stunde). Die Tore zur Anderswelt sind geöffnet.
Das entspricht vielen spirituellen Traditionen, in denen die Abende, die Abenddämmerung Zeiten sind, in denen man sich den eigenen Gefühlen und Stimmungen sowie den einwirkenden Kräften besser öffnen kann, als im Tagesbetrieb. Einschlafen und Wachwerden sind ebenso Schwellenzeiten. Übergänge, in denen geistig-seelische Fragen und Antworten nahe sind.
Eine Woche entspricht mit ihren 7 Tagen (3 + 4) einer viertel Mondphase. Die gesamte Menschheit lebt diesen 7er-Rhythmus. Jede Woche wiederholt die Qualitäten der Schöpfungswoche. Die 6 oder der sechsstrahlige Stern entspricht dem vollkommenen Menschen, dem höchsten, was der Mensch erreichen kann (2 x 3 = 6 Tage +1 Tag Schöpfungspause = 7 Wochentage). Mit dem Abend des vorhergehenden Tages beginnt der nachfolgende Tag.
Der Sonnabend ist der Vorabend zum Sonntag. Die Woche prägt den Rhythmus der Seele.
Ein Monat 4 x 7= 28 Tage entspricht einem Mondwechsel: einem Zyklus von Werden und Vergehen.
Ein Jahr hat 4 Jahreszeiten mit je 3 Monaten: 4 x 3 = 12 Monate, unterteilt durch die Sonnenwendezeiten als Hoch-Zeiten und Übergangs- und Schwellenzeiten:
21. März |
Frühlings Tag- und Nachtgleiche (Ostara/Alban Eiler, christl. Ostern) |
21. Juni |
Sommersonnenwende, längster Tag des Jahres, Mittsommer (Litha/Alban Hefyn, christl. 24. Juni Johanni) |
21. September |
Herbst Tag- und Nachtgleiche (Mabon/Alban Elved, Erntedank, christl. 29. September Michaeli) |
21. Dezember |
Wintersonnenwende, längste Nacht des Jahres (Yule/Alban Artahn, christl. 24. Dezember Weihnacht) |
Die christlichen Festtage sind, wie wir sehen, um drei oder mehr Tage im Verhältnis zu den eigentlichen Hoch-Zeiten versetzt. Das sind die Sonnenfeste, bestimmt vom Sonnenlauf.
Entsprechend diagonal dazu im Jahreskreis liegen die keltischen Mondfeste:
1. - 2. Februar |
(kelt. Imbolc, christl. 2. Februar Maria Lichtmess) |
30. April - 1. Mai |
(Walpurgisnacht, kelt. Beltane) |
31. Juli - 1. August |
(Schnitterfest, kelt. Lughnasadh) |
31. Oktober - 1. November |
(kelt. Samhain, christl. 1./2. November Allerseelen/Allerheiligen) |
Die zwölf heiligen Nächte oder auch Rauhnächte stellen die zeitliche Differenz dar zwischen dem Sonnen- und dem Mondjahr, es ist die Zeit »zwischen den Jahren«. Es ist die große Pause im Rhythmus des Jahres. Eine einzige große Hoch-Zeit, Schwellen- und Übergangszeit, Zeit innezuhalten (früher mussten alle Räder still stehen) und zugleich eine Zeit der Vorausschau auf das kommende Jahr.
Seit der Erfindung des künstlichen Lichtes (1880), also erst seit gut 130 Jahren, sind wir nicht mehr an die Rhythmen von Tag und Nacht, von Sonne und Mond gebunden. Gerade die Rhythmen von Sonne und Mond im Jahreslauf, ihre Hoch- und Wendezeiten, sind uns nicht mehr nah.
Auch ist hier bei uns in der westlichen Welt jederzeit alles verfügbar. Wir müssen nicht mehr auf eine gute Ernte hoffen und darum bitten, dass sie uns über den Winter bringt. Um so mehr haben wir die Möglichkeit und sind gefordert, uns dem Geistigen zuzuwenden. Die Frage lautet heute: Trägt mich das geistige Licht, die geistige Ernte auch durch die dunkle oder eine dunkle Zeit? Dazu bedarf es der Rückbesinnung auf die Kräfte der Schöpfung, nicht nur im Raum, sondern in Raum und Zeit und ihren Hoch-Zeiten.
In meinen Tiefträumen
weint die Erde
Blut
Sterne lächeln
in meine Augen
Kommen Menschen
mit vielfarbnen Fragen
Geht zu Sokrates
antworte ich
Die Vergangenheit
hat mich gedichtet
ich habe
die Zukunft geerbt
Mein Atem heißt
Jetzt
* Rose Ausländer, Mein Atem. Aus: dies., Ich höre das Herz desuGedichte 1977-1979 © S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1984
Als »Rauhnächte« (auch Raunacht oder Rauchnacht, zwölf Nächte oder Zwölfte sowie als Glöckelnächte, Innernächte oder Unternächte