CATWALK DREAMS

  Ein erotischer Roman

 

  von

Svenson Björglund

 

 

 

 

 

 

       Himmelstürmer Verlag, Kirchenweg 12, 20099 Hamburg

E-mail: info@himmelstuermer-verlag.de

www.himmelstuermer.de

Foto: Mark-Andreas Schwieder, www.statua.de

Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer, AGD, Hamburg.

www.olafwelling.de

Originalausgabe, April 2007

E-book Ausgabe Juli 2014

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages

 

ISBN print: 978-3-934825-76-5

 ISBN Epub: 078-3-86361-424-9

 ISBN Epub: 078-3-86361-425-6

 

 

 

 

Kapitel 1

 Ilmar legte seine Farbmischpalette zur Seite und betrachtete noch einmal sichtlich zufrieden das Ölbild auf der Staffelei. Wie lange war es her, dass er ein solches Gemälde gemalt hatte? Es musste gleich nach Abschluss des Kunststudiums gewesen sein. Eigentlich lag ihm dieser naturalistische Stil nicht. Wenn es schon Landschaften sein mussten, dann waren seine Werke geprägt von den Einflüssen des Dadaismus und des Expressionismus. Wie oft hatte er mit Emma Gillmor und anderen Künstlern an der königlichen Kunstakademie in Stockholm stundenlang verbissen über die verschiedenen Stilrichtungen diskutiert.

„Man braucht viel Erfahrung, um Malerei zu verstehen und um gut zu malen …“

Wie Recht die Gillmor damals hatte. Ilmar hatte immer noch ihre dunkle Stimme im Ohr. Ja, es war nicht zu übersehen, dass sich gerade in der skandinavischen Malerei eine deutliche Tendenz zu einer neuen abstrakten Kunst abzeichnete, die sich mit Material, Dimensionalität und mit der Frage „Was ist Malerei?“ beschäftigte. Ilmar hatte sich von dieser Strömung mitreißen lassen.

Er lächelte vor sich hin, als er an jenen Nachmittag dachte, an dem er zum ersten Mal Ulrich Genth in der Akademie sah, einen jungen, vielversprechenden Mann aus Deutschland, Mitte zwanzig, der ein besonderes Anerkennungsstudium für seinen Aufenthalt in Stockholm erhalten hatte. Ulrich gefiel ihm, auch wenn Ilmar genau wusste, dass der junge, attraktive Künstler für ihn unerreichbar war. Dieses Gefühl des Unerreichbaren kannte er nur zur Genüge. Es begegnete ihm immer dann, wenn Kommilitoninnen mit ins Spiel kamen. Dann hatte jener nur noch ein Auge für sie. Ulrich war nicht schwul, leider. Wie oft hatte Ilmar versucht, in den Seminaren neben ihm zu sitzen, um auf sich aufmerksam zu machen. Er aber würdigte ihn keines besonderen Blickes, der mehr war als pure, leidenschaftslose Freundschaft.

Mit leichtem Druck lief noch ein wenig gelbe Farbpaste aus der Tube auf die Mischpalette. Ilmar nahm den mittelharten Pinsel und vermischte den braungrünen Farbbrei mit diesem reinen, leuchtenden Gelb und setzte einige wenige Farbtupfer an den Bildrand. Das Bild war fast fertig, aber irgendetwas fehlte noch. Er trat einen Schritt zurück und kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um zum hundertsten Mal die Farbausgeglichenheit des Gemäldes zu überprüfen. Doch, die Hauptfarben waren gut ausgewogen. Okay, der Himmel hätte noch eine Idee kräftiger blau sein können, aber das war es nicht. Vielleicht sollte er links unten einfach noch einen Fingerhut hinzufügen? Das Violett der Blüten könnte ein willkommener, zusätzlicher Farbtupfer sein. Vielleicht war es das ja. Irgendwie widerstrebte ihm diese ganze Abkupferei von einem Farbfoto.

Aus den Lautsprechern seiner Anlage kam verhaltene Meditationsmusik. Das liebte er, wenn er beim Malen war. Es brachte ihn in die richtige, ausgeglichene Stimmung. Langsam, gedanklich noch ein wenig abwesend, griff Ilmar automatisch zum Kaffeetopf. Der Kaffee war längst kalt geworden. Er rührte den kleinen Löffel im Kreis, als könnte er so das starke Getränk wieder erwärmen. Sanfte Harfenklänge breiteten sich in dem kleinen Atelier wie ein hauchdünner, durchsichtiger Schleier liebevoll über alle Gegenstände aus. Es roch nach Firnis und Terpentin.

Wieder ging Ilmar mit dem Foto, das ihm als Vorlage für diese Auftragsarbeit diente, zum Fenster und betrachtete das alte Gebäude auf dem Bild. Architektonisch war es ein Zwischending aus einem traditionellen Gutsherrenhaus und einer barocken Villa, eine merkwürdige bauliche Symbiose, wie man sie sonst in dieser typisch schwedischen Landschaft kaum ein zweites Mal findet. Jede Bewohnergeneration hatte sich offensichtlich durch Veränderungen ein eigenes Denkmal setzen wollen. Schade eigentlich, dachte er. Der Künstler schüttelte leicht missbilligend den Kopf. Na ja, das konnte ihm schließlich auch egal sein, er hatte lediglich den Auftrag, ein Ölbild von diesem Gebäude zu malen. Nur gut, dass der Park vor dem Haus mit der breit angelegten Mitteltreppe so gut bewachsen war. So konnte die Natur manche ästhetische Baumängel nachsichtig überdecken. Es würde später niemandem auffallen, dass Ilmar sogar einige Sträucher einfach so hinzugefügt hatte. Er nahm die Farbmischpalette erneut in die Hand und drückte sich die Ölfarben aus den Tuben zurecht.

Der schrille Ton des Telefons schnitt brutal in Ilmars Gehörgang. Unwillig legte er die Mal-Utensilien zur Seite und betrat den langen Flur, der sich durch das ganze Haus zog. Der dicke Teppich verschluckte diskret alle Schrittgeräusche. Wieder setzte das Klingeln ein.

„Ja ja, ich komm ja schon.“

In seiner Stimme klang eine leichte Verärgerung mit.

„Ja, Isaksson!“

Während er konzentriert in den Hörer lauschte, wischte sich Ilmar seinen Handrücken am weißen Kittel ab, als er merkte, dass da noch ein Rest frischer Ölfarbe war.

„Ja, kann ich machen ... Nein, du kannst auch gerne herkommen. Ich bin fast fertig ... Ja, gut. In einer Stunde? ... Jo, bis dann, Tschüss!“

Er legte den Hörer wieder ein und ging zurück ins Atelier. Jetzt musste er sich beeilen.

Ein dunkles Cabrio kam den ausgefahrenen und mit grobem Schotter nur notdürftig ausgebesserten Weg entlang und setzte an einigen Stellen sogar mit dem Bodenblech zwischen den Spurrinnen auf. Ilmar schaute
aus dem Fenster und lächelte. Er wusste genau, was gleich kommen würde. Sein Freund würde ihm wieder die größten Vorwürfe machen, wie jedesmal, wenn er über diese Piste fahren musste. Sievert verstand nicht, dass Ilmar sich hier in der Einsamkeit überhaupt wohlfühlen konnte. Was hatte er sich aufgeregt, als der Künstler vor zwei Jahren dieses ehemalige schmucke Waldarbeiterhaus kaufte. Es war sein absolutes Traumhaus, mitten im Wald gelegen in idyllischer Ruhe. Am Anfang war er des öfteren in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, um das Rotwild zu beobachten, das sich bis dicht ans Haus herantraute.

Der Maler hatte kaum etwas an den Räumen verändert. Die historisch entstandene Atmosphäre des Hauses sollte möglichst erhalten bleiben. Überall roch es nach Geschichte und Geschichten. An den Wänden hingen alte Bilder, zumeist irgendwelche billigen Kopien, aber sie gehörten hierher und waren deshalb wunderschön, zumindest für Ilmar. Sie machten das Haus erst zu dem, was es für ihn war. So liebte es der Maler. Selbst das alte Metallbett hatte er, nachdem er es himmelblau angestrichen hatte, an der alten Stelle stehen lassen. Was mochte nicht alles in diesem Bett geschehen sein? Was würde es nicht alles erzählen, wenn es doch nur dazu in der Lage wäre. Von Geburten vielleicht oder heißen Liebesnächten. Vielleicht hatte hier auch jemand seine letzten Lebensminuten ausgehaucht.

Wie oft hatte Ilmar eine Phantasiereise in die Vergangenheit unternommen. Er fand es jedes Mal äußerst spannend, bei einem guten Rotwein und im Kerzenschein mit seinen Gedanken durch das Haus zu geistern. Das alte Holzgebälk schien durch sein ständiges Arbeiten die Phantasie des Künstlers noch zu beflügeln. Nein, das Haus mit seinen vielen Geheimnissen und Rätseln sollte so bleiben.

Lediglich das Atelier war komplett neu ausgebaut worden. Er brauchte viel Tageslicht zum Arbeiten, deshalb das riesige Dachfenster, durch das auch jetzt helles, gleißendes Sonnenlicht in den Raum eindrang.

Sievert kam ohne anzuklopfen herein.

„Alter, dich müsste man verklagen.“

Ilmar grinste. Er wusste genau, was jetzt kommen würde.

„Diese Scheiß-Wege hierher sind eine Zumutung.“

Der Maler grinste immer noch.

„Du musst ja nicht herkommen. Außerdem solltest du dir mal ein anständiges Auto zulegen, nicht solche halben Straßenhobel. Wie wäre es mit einem Geländewagen? Genau, das wäre es doch, du solltest dir einen Landrover zulegen.“

„Verarschen kann ich mich selber!“

Es klang leicht beleidigt. Ilmar wusste jedoch, dass es nicht ernst gemeint war.

„ Willst du einen Tee?“

„Klar, aber mit Schuss bitte, mit einem kräftigen Schuss.“

Die Antwort klang schon wieder versöhnlicher. Während Ilmar in die Küche verschwand, schaute Sievert sich das noch frische Ölbild an, das er sofort unter dem Fenster entdeckt hatte. Ja, genau so hatte er es sich vorgestellt. Er war zufrieden. Klar, er hätte sich als Starfotograf auch eine seiner vielen Aufnahmen vom Haus vergrößern und einrahmen können, aber ein Ölbild hatte doch eine ganz andere Ausstrahlungskraft als ein Foto, selbst wenn es seinen Namen trug.

Sievert hatte überhört, dass Ilmar wieder eingetreten war und erschrak, als sein Freund plötzlich hinter ihm stand und über seine Schulter hinweg kritisch sein Werk begutachtete.

„Und?“

„Na ja, hast dich ja doch angestrengt.“

Mehr brauchte Ilmar auch gar nicht zu wissen. Sie kannten sich so gut, dass sogar schon die Blicke ausgereicht hätten, um die Meinung des anderen richtig zu deuten.

„Es ist noch zu frisch, du kannst es noch nicht mitnehmen.“

Ilmar hatte sich zu Sievert auf die Couch gesetzt und schlürfte genüsslich seinen Tee. Der Rum im Glas schien den im Raum hängenden Firnisgeruch zu neutralisieren.

„Was ist eigentlich mit Felix los, hast du mal was von ihm gehört?“

Es stimmte, normalerweise riefen sich die drei Freunde fast regelmäßig einmal in der Woche an, und einmal im Monat trafen sie sich reihum. Sie kannten sich schon aus ihrer Gymnasiastenzeit, also bereits eine Ewigkeit, und schienen unzertrennlich zu sein. Jetzt waren sie Mitte dreißig und hatten bereits in ihren Berufen Karriere gemacht. Von Felix hatten sie tatsächlich lange nichts gehört. Komisch, dass es ihnen erst jetzt auffiel.

„Ist der nicht wieder zu einer Präsentation? Ich glaube, er wollte nach Göteborg.“

Erst jetzt erinnerten sie sich, dass die internationale Verkaufsmesse, bei der er ausstellen wollte, ja bereits in dieser Woche stattfand. Sie hatten es ganz vergessen. Gut, dann würde er sich ja in den nächsten Tagen zurückmelden.

„Wir sollten mal wieder zusammen essen?“

„Klar, sollten wir, und bei wem?“

Ilmar goss seinem Gast noch Tee nach und gab einen ordentlichen Schuss Rum dazu.

„Meinetwegen bei mir.“

Sievert war froh, wenn er nicht aus dem Haus musste. Außerdem hatte er, im Gegensatz zu den Freunden, eine Haushälterin, die es wie keine andere verstand, gebeizten Lachs auf frischen Preiselbeeren zuzubereiten. Ein himmlischer Genuss. Sicher war dies auch der Grund, weshalb sich Ilmar immer wieder gern bei Sievert selbst einlud.

Von Ilmar kam deshalb auch kein Widerspruch.

„Ich werde Felix Bescheid sagen.“

Damit war das Thema vom Tisch. Ilmar hatte seine Tasse auf dem kleinen Glastisch abgestellt und sich auf sein linkes Bein gesetzt, so wie er es immer tat, wenn er es sich besonders gemütlich machen wollte.

„So, erzähl mal!“

Er schaute Sievert herausfordernd an, der sofort wusste, was Ilmar jetzt wissen wollte, und grinste nur.

„Komm, sag, wie war er?“

Sievert ließ seinen Freund bewusst lange zappeln.

„Oder ist er gar nicht gekommen?“

„Du Ferkel, klar ist der gekommen, und wie der gekommen ist, wie eine Rakete ist der gekommen!“

Während Sievert gemächlich einen Schluck Tee schlürfte, schaute er seinen Freund schelmisch grinsend aus den Augenwinkeln an. Ilmar wurde zunehmend ungeduldig.

„Ehrlich, ist er nicht etwas zu jung für dich? Du solltest dich schämen.“

„Stimmt!“

Er nahm einen weiteren Schluck aus seiner Tasse und schob Ilmar wortlos einen Fotoumschlag hin, lehnte sich zurück und beobachtete seinen Freund, der sofort hastig den Umschlag öffnete und die Bilder in einem Stoß entnahm. Mit seinen Gedanken war er wieder bei Ulf und Sebastian, die sich jetzt gerade irgendwo auf seinem Grundstück umsahen. Vielleicht war es ja das gemeinsame Interesse an jungen Männern, das diese drei Freunde so fest verband.

„Hey, das sind ja gleich zwei ... Gut sehen die aus.“

Ilmar überflog zunächst hastig die Fotos, um dann einzelne Aufnahmen noch einmal genauer zu betrachten. Jedes Detail sog er wie süchtig in sich hinein. Er hatte seine Umgebung völlig vergessen.

„Die sind ja süß!“

Sievert ließ ihm viel Zeit, sehr viel Zeit. Er goss sich in aller Ruhe Tee nach. Ja, mit den beiden Jungs konnte er etwas anfangen. Die würden gut in seiner Fotostory rauskommen. Da war er sich schon jetzt sicher.

„Die beiden sind gut, wo hast du die wieder aufgetrieben?“

Es war eine rein rhetorische Frage, die Ilmar sich selbst hätte beantworten können. Immerhin hatte Sievert ihn vor einigen Tagen angerufen und ihm von seinem neuen Auftrag für eine erotische Fotogeschichte erzählt und auch von seinem Plan, wie er wieder seine Models finden wollte. Ilmar war wohl hundertprozentig davon überzeugt, dass Sievert die Jungs auch gleichzeitig nach den Aufnahmen vernaschen würde. Sollte er das doch ruhig denken! Es konnte sein Image bei den beiden Freunden nur noch verbessern. Sievert grinste breit bei diesem Gedanken. Sie hielten ihn eh für ein Sexmonster, das nichts ausließ, wenn sich ihm eine günstige Gelegenheit bot.

Sievert hatte über eine Zeitungsanzeige einige junge Männer für ein Fotoshooting gesucht. Es hatten sich nur drei gemeldet. Einer von ihnen sprang gleich ab, als er hörte, dass es sich auch um Nacktfotos handeln würde. Die beiden anderen waren dafür mehr als Klasse.

Sievert hatte sie sehr zeitig in sein Lieblingscafé zu Vittorio bestellt und dort mit ihnen bei einem riesigen Früchteeisbecher die Einzelheiten dieser ganzen Aktion durchgesprochen. Er hatte darin Erfahrung, und sie vertrauten ihm offensichtlich, immerhin hatte er bereits einen guten Namen in der Fotobranche. Es gab wohl kaum ein Magazin, das nicht ab und zu Fotos von ihm veröffentlichte. Erst kürzlich konnte er zwei Lizenzen für Fotobände nach Frankreich verkaufen, Landschaftsbilder aus dem Elsass. Ulf, einer der beiden Jungs, die schließlich übrig blieben, schien das zu wissen.

Sievert hatte den neuesten Bildband mit Aktaufnahmen mitgebracht und den Jungs damit die künstlerisch anspruchsvollen Arbeiten demonstriert. Boys mit sportlichen Körpern waren in verschiedenen Posen zu sehen. Mal lagen sie in der Sonne oder planschten im Wasser. Dann wieder spielten sie Ball oder betätigten sich an irgendwelchen Geräten. Es war aber nur ein Teilbereich, ein sehr kleiner Bereich sogar von dem, was er mit den Jungs vorhatte. Den zweiten Teil verschwieg er ihnen mit gutem Grund. Seine Erfahrung war, dass die Jungs, sobald sie einmal vor seiner Kamera standen, sehr mutig wurden und es ihnen schließlich Spaß machte zu posieren, selbst wenn sie nichts mehr an hatten.

Vittorio, der Wirt, schaute öfter zu ihnen herüber. Ob er die Jungs kannte? Ausgeschlossen war dies nicht, denn hier gingen viele von ihnen ein und aus.

Bald war ein Termin für ein Wochenende gefunden, an dem sie alle Zeit hatten. Sievert wollte sie mit seinem Wagen abholen.

„Jungs, ich freu mich riesig auf euch, es wird bestimmt eine gute Session.“

Der Fotograf reichte ihnen zum Abschied über den Tisch hinweg die Hand und schaute in ihre Gesichter. Das konnte echt eine tolle Sache werden, die Jungs sahen gut aus, sehr gut sogar. Hoffentlich waren sie auch zuverlässig und ließen ihn nicht hängen.

Ulf hatte die Anzeige vor gut einer Woche in einer Kontaktzeitung bei einem Kommilitonen gelesen und sie Sebastian am darauf folgenden Tag in der Uni zustecken wollen. Ungeduldig wartete er auf das Pausezeichen. Die Vorlesung war wieder sowas von langweilig, dass er immer wieder Mühe hatte, sich auf den Lernstoff zu konzentrieren. Endlich konnten sie in die Mensa gehen.

„Sieh dir das hier nachher mal an. Ich glaub, das wäre was für uns beide! Ich habs angestrichen. Lass es aber nicht gleich alle sehen.“

Ulf schob Sebastian die Zeitung zu. Sebastian verstand nicht gleich. Er hatte nur flüchtig auf das Coverfoto gesehen und die Zeitung sofort in die Hosentasche geschoben, als er merkte, was das für ein Blatt war. Erst nach der letzten Vorlesung, als alle anderen bereits die breite Terrazzotreppe zum Ausgang hinuntereilten, zog Sebastian die Zeitung hervor und überflog flüchtig die von Ulf markierte Anzeige.

Ulf war hinter ihn getreten und schaute ihm über die Schulter.

„Na, das wäre doch was für uns, das bringt Knete!“

Sebastian las sich den Text ein zweites Mal durch.

„Und was bedeutet das?“

Er schaute seinen Freund fragend an.

„Du machst als Fotomodel Karriere, wenn du bei dem dran kommst.“

Ulf brachte es überzeugend rüber. Klar, Sebastian war völlig blank und einige Kronen in der Tasche zusätzlich zu seinem nicht gerade üppigen Stipendium würden ihm gut tun. Aber als Fotomodel? Musste man dann nicht besonders gut sein und musste man als Model nicht manchmal sogar alles zeigen, sich ganz ausziehen? Bis jetzt hatte er nur mit Ulf einiges nackt gemacht. Sie hatten sich gegenseitig ihre Schwänze angefasst. Später dann hatten sie sich, wie viele andere Jungs in ihrem Alter auch, zusammen einen runtergeholt. Das war es aber auch schon. Sonst machte er es sich gern alleine.

„Ey, du kannst dir dann die tollsten Klamotten kaufen, überleg doch mal!“ Ulf holte ihn in die Realität zurück.

„Und was bringt das?“, wollte Sebastian schließlich zögernd wissen. Ulf erkannte sofort seine Chance und redete weiter auf seinen Freund ein. Das Geld war natürlich sehr verlockend, aber allein wollte er nicht zum Fotografen gehen.

„Kommt drauf an, was der mit uns macht. Tausend bestimmt.“ Ulf wusste, dass es nur noch wenig brauchte, um Sebastian zu überreden.

„Für jeden?“

„Klar, für jeden, mindestens. Überleg mal, was du dir dann alles kaufen kannst“, setzte Ulf noch einen drauf, um auch die letzten Bedenken auszuräumen.

Ulf kannte sich aus. Er hatte sich bereits mit fünfzehn fotografieren lassen. Der Apotheker im Nachbarhaus hatte ihn an einem Sonntagnachmittag beim Baden am Baggersee angesprochen und Fotos gemacht, zuerst mit und dann ohne Badehose. Am Anfang war es Ulf peinlich, als der Apotheker seinen schlappen Penis in die Hand nahm und damit herumspielte. Klar, Ulf hatte sich das damals fett bezahlen lassen. Bestimmt lagen die Fotos immer noch irgendwo in den Schubladen des alten Herrn herum, oder seine Alte hatte sie inzwischen entdeckt und verbrannt. Ulf durfte mit niemanden darüber reden, dafür hatte er einen Schein extra bekommen. Er hatte auch nie mit Sebastian darüber gesprochen. Warum sollte er auch?

„Sebastian, überleg doch mal, das ist doch die Gelegenheit, schnell Geld zu bekommen. Komm, wir machen das.“

Umständlich kramte Ulf in seinem Bigbag nach dem Handy, als wäre das nun eine abgesprochene Sache.

„Und was würden meine Großeltern dazu sagen?“

„Was, spinnst du? Du musst es ihnen doch nicht auf die Nase binden, oder?“

Ulf zeigte kein Verständnis für diese Sorge.

Noch nie hatte Sebastian irgendetwas vor seinen Großeltern verheimlichen können. Er wollte sie nicht verletzen, auch jetzt nicht.

„Bist du bescheuert oder was? Ja, du kriegst es auch noch fertig und läufst zu ihnen und fragst sie nach ihrer Erlaubnis. Wie alt bist du eigentlich?“

Kopfschüttelnd wandte Ulf sich von seinem Freund ab.

„Du verstehst das nicht!“

„Was versteh ich nicht? Dass sie dich damals, als deine Eltern verunglückten, gleich aufgenommen haben und sich seitdem um dich kümmern? Das ist ja auch alles okay, auch, dass sie ständig versuchen, dich zurechtzubiegen. Auch das ist meinetwegen okay. Aber, dass du dir vieles nicht leisten kannst, ist das vielleicht auch okay? Du hast nicht mal’n blödes Handy, und erst recht keinen Rechner oder so’n Scheiß. Was hast du denn schon? Jetzt kannst du mal was verdienen und dir was kaufen und jetzt kneifst du. Du bist bescheuert, Alter. Echt. Weißt du das auch?“

Ulf tat beleidigt. Vielleicht hatte er ja auch Recht. Ganze zwei Jahre hatte Sebastian auf sein Fahrrad gespart, das ihm ein halbes Jahr später vor der Schule von so’nem Penner geklaut wurde. Gut, dass die Versicherung ihm schließlich das Geld für ein neues ausgezahlt hatte.

Ulf hatte beide Arme in die Seite gestemmt und zeigte damit demonstrativ seine ganze Empörung und sein Unverständnis. Kopfschüttelnd ging er im Kreis um Sebastian herum wie ein Löwe im Zirkuskäfig.

Ganz so einfach war das alles doch nicht, wie Ulf das hier darstellte. Er, Sebastian, verdankte schließlich seinen Großeltern sehr viel. Wenn sie nicht gewesen wären, wer weiß, wo er jetzt wäre?

Warum musste Sebastian jetzt gerade an damals denken, als er plötzlich von einer Tante in einem uralten Auto direkt aus dem Kindergarten aufs Land geholt wurde? Sebastian durfte sogar mit vorne auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, was sonst niemals vorkam. Er fand alles unheimlich spannend.

Frühmorgens ging er mit in den Stall zum Kühemelken und half anschließend beim Füttern der Hühner und Enten. Viel zu schnell war die Zeit für ihn vergangen, und Sebastian fand es überhaupt nicht schön, dass er schon wieder nach Stockholm zurück musste. Nur eines hatte er damals sehr vermisst: Mum und Dad. Warum waren sie nicht mitgefahren wie sonst, wenn sie gemeinsam Urlaub auf einer der vielen Inseln machten? Dass er sie nie wiedersehen würde, das ahnte er damals noch nicht. Immer, wenn er nach ihnen fragte, nahm Großmutter ihn in den Arm und begann leise zu weinen. Sebastian konnte das überhaupt nicht verstehen. Großvater ging dann immer sofort aus dem Zimmer. Einmal, als Großmutter Sebastian ins Bett brachte, schaute er ihr fest in die Augen.

„Oma, wo ist Mum jetzt?“

Die alte Frau begann schon wieder mit den Tränen zu kämpfen. Sie streichelte zärtlich über seine Haare.

„Sie ist jetzt im Himmel und schaut zu dir herunter und passt auf dich auf, genauso wie Dad.“

„Sind Mum und Dad jetzt Engel?“

Die Alte nickte nachdenklich mit dem Kopf. „Ja, mein Junge, sie sind jetzt Engel!“

„Was ist nun, träumst du, oder was?“

Ulf gab einfach keine Ruhe. Er ärgerte sich, dass Sebastian jetzt so dastand und nichts sagte. Wo war der überhaupt mit seinen Gedanken?

„Ich musste grad schon wieder an meine Großeltern denken.“

„Was?“

Ulf warf verständnislos seine Stirn in Falten.

„Du spinnst doch echt! Und was is’ dabei rausgekommen? Darf man das wissen?”

Sebastian schwieg.

„Du tickst nicht richtig. Was haben die jetzt mit dem Fotoshooting zu tun, kannst du mir das mal sagen?“ Ulf griff sich an den Kopf.

„Nichts!“, gestand Sebastian kleinlaut.

„Eben. Wie alt bist du eigentlich? Komm, sag an! Du benimmst dich wie ein pubertierender Teenager, und nicht wie jemand, der bereits zwanzig ist.“

„Aber ich will ihnen nicht wehtun.“

„Tust du doch auch nicht. Die müssen es ja nicht erfahren, wenn du es ihnen nicht auf die Nase bindest“, versuchte Ulf seinen Freund zu beschwichtigen. „Von mir jedenfalls erfahren sie es nicht!“

„Und wenn sie’s doch rauskriegen?“, hakte Sebastian nach.

Kopfschüttelnd setzte Ulf seine raubtierähnliche Lauferei fort.

„Sei doch froh, dass du keine Alten hast, die ständig in alles

reinquatschen und dir die blödesten Vorschriften machen!“

Sebastian spürte, dass er Ulf langsam zur Weißglut brachte.

„Los, komm, wir machen es, klar!“

Das klang wie ein Schlusspunkt nach dieser ganzen scheinbar nie endenwollenden Diskussion.

Sebastian antwortete immer noch nicht. Er war sich unklar, auf was er sich bei dieser ganzen Aktion einließ. Dann aber dachte er an das Geld. Vielleicht konnte er sich dann bei ebay eine Konzertgitarre ersteigern? Ein Wunschtraum, der in unerreichbarer Ferne zu sein schien und nun plötzlich greifbar nahe kam. Das wäre es doch.

„Und? Machen wir’s? Klar machen wir es, oder?“ Ulf schaute seinen Freund immer noch fragend an.

„Hey, Alter, überleg doch mal, du könntest mit einem Schlag zweihundert Kronen in der Hand haben!“

Er zog die Seite mit der Anzeige aus seiner Hosentasche.

„Vorschlag: Wir gucken uns den Typen erst mal an und dann entscheiden wir uns, okay?“ Ulf tippte entschlossen die angegebene Nummer ins Handy ein.

Bald war der Termin festgemacht.

Als Ulf und Sebastian ihre Fahrräder am Café „Vittorio“ anschlossen, sahen sie das dunkle Cabrio schon auf dem Parkplatz stehen. War das ein toller Schlitten! Helle Lederpolster, dunkelblau lackiert, breite, verchromte Felgen und ein eleganter, sportlicher Heckspoiler. Der Wagen musste dem einzigen Gast gehören, der ziemlich verlassen an einem der runden Tische direkt am Fenster saß und sie schon von weitem neugierig musterte. Sicher war das der Typ, mit dem sie sich hier verabredet hatten.

Vittorio stand an der kleinen Theke und schaute neugierig zu den eintretenden Jungs. Sie hatte er hier noch nie gesehen, obwohl sein Café eine ziemlich einschlägige Adresse war. Die beiden steuerten gleich auf den Tisch des einzigen Gastes zu. Man machte sich miteinander bekannt. Kaum hatten sie ihre Plätze eingenommen, erschien auch schon der Wirt. Sein neugieriger Blick schien die beiden Jungs total zu verschlingen. Er reichte ihnen die Eiskarten. Aus den kleinen Lautsprechern kam dezent italienische Folkloremusik. Vittorio nahm die Bestellung auf.

Ulf hatte wie immer sofort die Gesprächsführung übernommen. Sebastian antwortete nur kurz, wenn er direkt gefragt wurde. Er nutzte die Zeit, sich sein Gegenüber genauer anzusehen.

Der Fotograf war Anfang dreißig. Er hatte dunkles, kurzes Haar und trug eine rahmenlose Brille, die auffallend weit auf der Nasenspitze saß. Ab und zu sah er über die Brille hinweg abwechselnd zu den beiden Jungs.

„Und?“ Ulf hatte zu Sebastian herübergeschaut und erwartete, dass der Freund endlich sein Einverständnis gab. Unsicher nickte der kurz mit dem Kopf.

„Sag mal, Sebastian, wie alt bist du überhaupt?“, wollte der Fotograf plötzlich wissen. Ihm war aufgefallen, dass Sebastian für sein Alter recht schüchtern war, nicht so überschwänglich offen wie Ulf. War das nun ein Nachteil für den Jungen oder eher positiv zu bewerten? Sievert wusste es nicht. Es war ihm einfach nur aufgefallen.

„Nächsten Monat werd ich einundzwanzig!“

„Gut, dann sehen wir uns also am kommenden Wochenende. Ich hole euch hier am Freitagnachmittag ab. Sagen wir um fünfzehn Uhr?“

Der Fotograf ging zur Theke und bezahlte die Rechnung. Die beiden Jungs sahen ihn zufrieden lächelnd in seinen Sportwagen steigen und davonfahren.

 

 

Kapitel 2

 

Es lag ein langes Wochenende vor ihnen und sie hatten viel Zeit, sich näher kennenzulernen. Sievert legte großen Wert darauf, dass, bevor er mit neuen Models arbeitete, zunächst einmal Nähe und Vertrautheit aufgebaut wurden.

Langsam fuhren sie übers Land, vorbei an weitflächigen Wiesen, auf denen gemächlich einige Pferde grasten. Sievert genoss diese Fahrten durch sein geliebtes Schweden, die weiten Wiesen, die nur ab und zu von Hecken oder Sträucherreihen unterbrochen wurden, den rotbraun angestrichenen Holzhäusern mit ihren weißen Fenstern, die sich verliebt in die Gegend einschmiegten, die weiten Wälder, die Berge im Norden. Er liebte es, in die Weite sehen zu können und genoss diese wild vor ihm ausgebreitete Freiheit.

Ulf hatte sofort auf dem Beifahrersitz Platz genommen; Sebastian machte es sich hinten im Wagen bequem. Schon längst hatten sie das geschäftige Stockholm hinter sich gelassen. Die Gegend wurde immer ländlicher. Wo waren sie hier überhaupt? Irgendwo hatte Sebastian den Hinweis nach Nyköping gelesen, also fuhren sie in den Süden.

Wieder ging es durch eine einsame Gegend. Wie wenig befahren diese Straße war. Selbst der sonst übliche Fahrzeugstrom in Richtung Stockholm hatte stark nachgelassen. Waren sie überhaupt noch auf der E4? Sievert musste seinen Wagen stark abbremsen, weil ihnen in einer Kurve ein Langholztransporter entgegen kam. Rechts tauchte ein Ortseingangsschild auf: Stoneby. Ulf buchstabierte laut den Namen. Den hatte er noch nie gehört.

„So, Jungs, wir sind gleich da.“

Sie bogen rechts in eine alte Eichenallee ein, bis sie vor ein großes, weißes Eisentor rollten, das sich, völlig selbsttätig, langsam lautlos nach innen öffnete. Ulf war von der Technik fasziniert. Er schaute sich noch einmal begeistert um und sah zu, wie sich das Tor hinter ihnen wieder schloss, wie durch Geisterhand geführt. Für Sebastian sah es eher wie eine Mäusefalle aus, die sich da hinter ihnen schloss.

„Ist das mit Fernbedienung?“ Ulf spürte selbst die Unsinnigkeit seiner Frage. Der Fotograf reichte ihm wortlos das kleine schwarze Kästchen hin.

„Geil! Auf welche Entfernung reagiert das Ding?“

Noch bevor Sievert geantwortet hatte, standen sie vor dem alten Herrenhaus, das in der gleißenden Sonne einladend wirkte. Die beiden ahnten natürlich nichts von den Besonderheiten auf diesem einsam gelegenen Landsitz, das einmal einem der berühmtesten Urahnen des Königs von Schweden gehört hatte, und das dieser ab und zu als Jagdschloss genutzt hatte.

Sievert hatte sich beim Umbau dieses alten Gebäudes sehr viel Zeit gelassen und ein Vermögen investiert, das sich allerdings auch bald für ihn bezahlt gemacht hatte. Seine Rechnung war aufgegangen.

Wie hatten seine Freunde damals gelästert, als Sievert zunächst einmal aus diesem alten Gebäude alle nicht tragenden Wände im Kellerbereich des alten Gebäudes entfernen ließ. Dann wurden ganz gezielt neue eingezogen. Es entstand ein kleines, fensterloses Clubzimmer inmitten des Hauses, sozusagen als Kern des ganzen Kellergeschosses. Um dieses Zimmer herum waren drei weitere Räume, die nur von außen durch einen Rundgang betreten werden konnten. Selbst die Handwerker hatten gestaunt, als er ihnen sein Projekt als Bauzeichnung vorführte. Es war aber nicht ihre Aufgabe, nach dem Sinn dieses Umbaus zu fragen. Sie hatten ihre Aufträge auszuführen, weiter nichts.

Sievert erwies sich als Glas-Fetischist. Das Clubzimmer war sechseckig wie eine Bienenwabe, rundum mit großen kupferfarbenen Glastafeln versehen. Er hatte sich diese Scheiben mit einem Spezialtransporter aus Hamburg kommen lassen. Nichts ließ erkennen, dass es sich hier um Spezialspiegel handelte, die den Blick in die einzelnen Räume uneingeschränkt möglich machten. Um das zu kaschieren, wiesen sie verschnörkelte Motive aus der Biedermeierzeit auf. Das aufgedruckte Gold hob sich vom bronzefarbenen Untergrund besonders elegant hervor und machte den Raum noch interessanter. Durch die indirekte Deckenbeleuchtung bekam alles zusätzlich eine angenehme Wärme, wenngleich der Raum andererseits durch die matte Spiegelung unruhig wirkte. Der Fußboden war mit einem dicken, olivfarbenen Teppichboden ausgelegt.

Als Mobiliar befanden sich in diesem Raum lediglich ein runder Glastisch mit vier modernen Stahlrohrsesseln, die wahllos im Raum herumstanden, und ein dunkelbrauner Schrank mit einer kleinen Bar.

Der Raum war etwas ganz Besonderes und nur für gute Freunde und ausgesuchte Gäste zugängig. Es gab Freunde, die Sievert nur wegen dieses Clubzimmers regelmäßig besuchen kamen.

Neben diesem Raum befand sich ein schmaler Gang, der sich merkwürdigerweise an der Außenwand herumzog, wie in einem Theater, und mit einem Fotovlies dekorativ gestaltet war. Das machte den ganzen Bereich optisch groß und betonte den Charakter des Rundganges. Ilmar, der Maler, fand die Idee schließlich doch großartig, als er damals den fertigen Umbau angesehen hatte.

Die Ausgestaltung der anderen Räume, die sternförmig um das Clubzimmer angeordnet waren, war zweckmäßig. Als erstes war ein Fotostudio mit allen Raffinessen eingerichtet. Einige riesige Scheinwerfer standen in der Ecke herum. An der linken Wand, gleich neben der Tür, war eine kleine Bühne angedeutet. Ein hellblaues Tuch hing wie eine Landkarte von der Decke bis runter zum Fußboden und ging weiter bis vor zum vorderen Bühnenrand. Davor stand ein antiker, verschnörkelter Eichenstuhl. Rechts waren zwei schwarze Stative. An der rechten Wand befand sich ein schmaler Schrank, der mit verschiedenen Fotoutensilien bestückt war, daneben ein kleiner Spiegel. In der Tür genau gegenüber war wieder diese kupferfarbene Glasscheibe, die dem Raum gekonnt den farblichen Gegensatz zum Himmelblau gab.

Am Ende des Ganges befand sich das Gästezimmer. Es war der einzige Raum, der auch ein breites Fenster mit einer Glastür nach draußen besaß. Hier war der Erdboden abgetragen und eine in sich abgeschlossene Terrasse angelegt worden. Die Stützwände bestanden aus kostspieligem Naturstein, vereinzelt mit grünem Efeu bewachsen.

Auch dieser Raum grenzte an einer Seite ans Clubzimmer. Wo mochte Sievert die französischen Stilmöbel herbekommen haben? Das Mobiliar bestand aus einer Polstersitzgruppe, in englischrot gehalten, einem französischen Bett und zwei flachen, langen Schränken. Dem Bett gegenüber war eine Fotowand gestaltet, die sofort alle Blicke der Eintretenden auf sich zog. An der rechten Seite stand eine niedrige, lange Anrichte, daneben ein Ganzkörperspiegel mit genau denselben Gestaltungselementen wie auf den Glasteilen in den anderen Räumen. Sonst war hier auf jegliche Dekoration verzichtet worden. Die Farbabstimmung war perfekt.

Von diesem Zimmer aus ging eine Tür in den dritten Raum: ein großzügig eingerichtetes Bad. Nein, es war eher eine Badelandschaft. Neben den üblichen Keramikteilen befanden sich hier eine offene Doppeldusche und gleich daneben, gekonnt in eine Mauernische eingebaut, eine kleine Saunakabine mit einem Tauchbecken davor. Sievert war selbst erstaunt gewesen, dass man so viele Dinge in diesem Raum unterbringen konnte, ohne dass er zugestellt wirkte. Es war sogar an einer Wand noch so viel Platz, dass auch hier das Schmuckelement mit den goldgeprägten Biedermeierschnörkeln Platz fand.

Die beiden jungen Männer staunten nicht schlecht, als Sievert sie in das Gästezimmer führte. So etwas hatten sie noch nie gesehen.

„So, Jungs, lasst euch Zeit, wenn ihr euch erfrischt habt, könnt ihr rauf in den Garten kommen. Den Weg werdet ihr finden.“

Erst als Sievert hinter sich die Tür zugezogen hatte, fanden sie ihre Sprache wieder.

„Boah, eh, wo sind wir denn hier gelandet? Das stinkt ja wahnsinnig nach Geld!“ Ulf warf seinen Bigbag auf das Bett.

Als die beiden Studenten in den Garten kamen, legte Sievert die Fachzeitschrift, in der er gerade ziemlich gelangweilt herumgeblättert hatte, zur Seite und schaute sie erwartungsvoll an. Sie blieben unsicher an der großen Terrassentür stehen. Sollten sie sich jetzt einfach zu Sievert an den Tisch setzen? Wie benimmt man sich überhaupt in einem so vornehmen Haus? Sie fühlten sich verunsichert. Es war alles so still hier im Garten. Nur leises Vogelgezwitscher war zu hören.

Irgendwie ähnelte die offene Terrasse einem botanischen Garten. Hier gab es hohe Palmen und andere exotische Gewächse, die die Jungs noch nie zuvor gesehen hatten und die für den hohen Norden auch ziemlich ungewöhnlich waren. Die Sonne schien sich ebenfalls auf die Pflanzen abgestimmt zu haben. Sie schien prächtig vom Himmel und breitete eine angenehme Wärme aus. Einige bunte Schmetterlinge flatterten durch die Luft und suchten nach duftenden Blüten.

„Na, zurechtgekommen? Ich hoffe, ihr fühlt euch hier wohl. Wenn ihr irgendetwas braucht, dann müsst ihr es mir nur sagen. Was wollt ihr trinken?“

Sievert hatte sich umgezogen und trug jetzt nur eine weiße Bermudashorts. Seine braungebrannten, behaarten Beine hoben sich von der Textilfarbe kontrastreich ab.

„Ich glaub, ich werde auch mal Fotograf!“, hatte Sebastian leise vor sich hingemurmelt, gerade eben noch so laut, dass Ulf ihn verstehen konnte. Kaum vorstellbar, dass Sievert mit allen Models einen solchen Aufwand betrieb und sie zu sich ins Haus einlud.

„Haben sie das alles hier selber gemacht?“

Ulf übernahm wieder, wie ja meistens, das weitere Gespräch, während Sebastian sich ausführlich im Garten umsah. Er hörte Sievert lachen und von einem Freund erzählen, der zufällig ein guter Architekt sei.

Sebastians Großeltern hatten auch einen Garten und auch einen kleinen Rasen, auf den sich Sebastian manchmal im Sommer zum sonnen hinlegte. Aber daneben gab es Gemüsebeete und Obststräucher und all das, was man so üblicherweise bei alten Leuten im Garten hat, nicht eine solche Anlage mit seltenen Bäumen und Pflanzen. Ihm fiel auf, dass das ganze Grundstück von außen nicht eingesehen werden konnte. Das gefiel ihm. Überall standen Bäume und Sträucher mit den verschiedensten Blattformen und -farben. In einer Ecke des Gartens war mitten im gepflegten Rasen mit weißen Marmorplatten eine zweite Terrasse angelegt. Einige Liegestühle standen ungeordnet darauf herum. In einer Gartenecke stand, inmitten der Sträucher, eine Kopie des David von Michelangelo in weißen Marmor gehauen, oder war es nur ein Betonabguss? Egal, es sah jedenfalls gut aus.

Ulf hatte für sie beide einen Orangensaft bestellt, den Sievert nun auf den Tisch stellte.

„Mögt ihr auch Eis?“

Die kleinen Würfel knisterten, als sie in das gelbe Getränk geworfen wurden.

„Übrigens, ich duze mich immer mit meinen Models, eine Marotte von mir. Wenn ihr also mögt?“ Er lächelte die Jungs an und hielt ihnen herausfordernd sein noch halb gefülltes Weinglas entgegen.

„Ich heiße Sievert.“

„Ich bin Ulf.“

Auch Sebastian nannte seinen Vornamen. Sie prosteten sich zu. Sievert schien zufrieden zu sein.

„So, das hätten wir schon mal. Macht es euch bequem und lasst euch nicht stören, wenn ich ganz nebenbei Aufnahmen von euch mache, okay?“

Was sollten die Jungs dagegen haben?

Während sie sich zwanglos über alles Mögliche unterhielten, machte Sievert seine ersten Fotos und schaute immer wieder prüfend auf das kleine Cam-Display.

„Und was studiert ihr beide?“, wollte der Fotograf so ganz nebenbei wissen, um sie noch mehr aus ihrer Verkrampfung zu lösen. Die Studenten erzählten von ihren Professoren und dem Studienplan, den sie für völlig überfrachtet hielten.

„Die Aufnahmen sind gut geworden. Ich schlage vor, wir machen jetzt eine kurze Pause, ihr könnt euch hier überall umsehen. Ich fahre mal schnell noch zu einem Freund, muss noch was Dringendes erledigen, einverstanden? Ich bin auch gleich wieder zurück.“

Den jungen Männern war es so recht. So konnten sie sich wenigsten frei und ungezwungen bewegen.

„Hier habt ihr meine Handynummer, falls was ist. Ansonsten sehen wir uns in einer Stunde wieder?“ Er schaute nur kurz auf seine Armbanduhr, eine Rolex, wie Ulf sofort bemerkte.

„Sagen wir um vier? Dann werten wir gemeinsam die Aufnahmen aus. Morgen machen wir die richtigen Aufnahmen. Lasst es euch inzwischen nicht langweilig werden.“ Sievert reichte Ulf einen Zettel und den Haustürschlüssel. „Nur für den Notfall!“, fügte er hinzu.

Die Jungs hörten wenige Minuten später die schwere Haustür laut ins Schloss fallen. Jetzt waren sie allein.

 

Kapitel 3

 

Ilmar legte die Fotos beiseite.

„Die haben mich richtig neugierig gemacht.“

„Du meinst sicher: geil, mein Lieber, ich kenn dich doch.“

Ilmar reagierte nicht darauf.

„Die sind Klasse. Wie du nur immer an solche tollen Typen kommst?“

Es lag zweifellos Anerkennung und Bewunderung in dieser Bemerkung.

„Kannst ja kommen und sie live erleben.“

Eigentlich hatte Sievert das mehr aus Spaß gesagt, aber für Ilmar war es dennoch eine offizielle Einladung. Klar, er hatte ja ohnehin nichts weiter vor. Das Ölbild war so gut wie fertig und ein wenig „Inspiration“ tat immer gut. Neugierig genug war er nun inzwischen auch.

„Klar komm ich! Soll ich was mitbringen?“

Schon bald machte Sievert sich auf den Heimweg. Er musste ja noch für sich die Aufnahmen analysieren, bevor er sie den Models vorlegte. Er freute sich auf den Abend mit ihnen, der durchaus interessant zu werden versprach.

Ulf und Sebastian waren noch nicht wieder im Haus. Oder waren sie etwa …? Sievert eilte in den Studiobereich und drückte die Klinke der Clubraumtür herunter. Die Tür war verschlossen. Erleichtert ging er wieder in den oberen Wohnbereich und schaute aus dem Fenster, gerade früh genug, um sie über den Vorplatz ins Haus kommen zu sehen. Sie unterhielten sich angeregt und lachten. Zufrieden ging er an die Haustür. Ja, so sollte es sein. Es war wichtig, dass die Chemie unter den Models stimmte. Dann konnten auch gute Aufnahmen gemacht werden. Eigentlich hatte er in dieser Hinsicht kaum Probleme mit seinen Jungs.

„Kommen wir etwa zu spät?“

Erschrocken schaute Sebastian auf seine Armbanduhr. Nein, sie hatten noch ganze zwei Minuten.

Die Sonne schien immer noch intensiv und ließ die Luft über den Marmorplatten im Garten leicht erzittern.

„Boah, ist das heiß!“

Ulf hatte sich in einen Liegestuhl geworfen und griff nach einer Saftflasche. „Willst du auch?“ Er goss auch Sebastian ein Glas ein. Sie tranken sofort in einem Zug ihre Gläser leer.

„Ich glaub, ich muss erst mal mein T-Shirt ausziehen, darf man das?“

Ulf schaute fragend zu Sievert hinüber, der noch am Tisch mit seinen Fotos beschäftigt war.

„Du darfst hier fast alles. Tu dir nur keinen Zwang an. Kannst auch deine Hose ausziehen! Ich bin solche Anblicke gewöhnt!“

Wie meinte er das jetzt? Als Ulf Sievert anschaute, sah er ein verstecktes Grinsen. Er stand auf und entledigte sich demonstrativ seiner Klamotten. Nur noch mit einem kleinen schwarzen Stringtanga bekleidet, legte er sich wieder in den Liegestuhl zurück in die Sonne.

Nun begann auch Sebastian, sich aus seinen Sachen zu schälen. Schließlich trug er nur noch eine dunkelblaue klassische Badehose. Sievert konnte nicht umhin, sich die beiden Boykörper ausführlich anzuschauen. Sie waren nicht besonders behaart, aber mit ausgebildeten Muskeln, sonnengebräunt und glatt. Wie verschieden die beiden doch waren.

„Ach so, hier sind die Schnappschüsse, die ich vorhin von euch gemacht habe!“ Er reichte sie den Jungs rüber. Sofort fielen die beiden über die Fotos her.

Mit Interesse begann Sievert, die beiden miteinander zu vergleichen. Ulf war ein Jahr älter als Sebastian, also bereits einundzwanzig, was auch äußerlich zu sehen war. Er hatte dunkle kurze Haare. Ein leichter Dreitagebart zeichnete sich in seinem Jungmännergesicht ab. Die rechte Brustwarze war gepierct. Er hatte sich bewusst so in Szene gesetzt, vorhin, beim Ausziehen. Das wurde Sievert in diesem Moment erst voll bewusst. Der Junge hatte zweifellos „Erfahrung“. Sicher war es auch Berechnung, dass er diesen winzigen String trug, der ihm zweifellos ausgezeichnet stand.

Ganz anders war Sebastian. Er schien noch recht unerfahren und naiv zu sein. Wieder musste Sievert an die Geschichte dieses Jungen denken, die er vorhin am Mittagstisch gehört hatte. Sebastian hatte unglaublich sportlichen Körper, dunkelbraune Haare und dunkelbraune Augen. Seine Frisur wirkte wild und struppig, was Sieverts Interesse für diesen Jungen noch mehr erhöhte.

Na ja, das Wochenende konnte recht interessant werden.

Was mochten die beiden wohl so in der Hose haben? Sievert schmunzelte bei der Vorstellung, sie nachher nackt zu sehen. Er war sehr gespannt.

„So, Jungs, der Pizzaservice wird in etwa zwei Stunden kommen. Vielleicht könnt ihr euch darauf einstellen?“

„Was, hierher aufs flache Land?“ Ulf staunte.

„Komm Sebastian, wir gehen schnell noch duschen.“

„Oder wollen wir gleich noch ein paar Probeaufnahmen machen, wie denkt ihr?“, setzte Sievert schnell nach. Er war inzwischen von dem Anblick der fast nackten jungen Männer so erregt, dass er sie bereits jetzt gerne ohne Klamotten sehen würde.

Den beiden Jungs war es egal. Sie wollten nur ihre Sachen abstellen und dann gleich ins Studio nachkommen. Dort schaltete Sievert die Scheinwerfer ein und steckte die Digitalkamera auf das massive Stativ.

Hilflos und doch neugierig standen die Models im Studio herum. Sie hatten sich wieder ihre Sachen übergezogen.

„Habt ihr schon mal solche Aufnahmen gemacht?“

Als sie beide verneinten, sagte Sievert ihnen einige grundsätzliche Dinge zu professionellen Aufnahmen. Die Fotos jetzt sollten zunächst einfach nur dazu dienen, herauszubekommen, was sie an ihrem Outfit morgen ändern mussten und was bei ihnen am besten wirkte.

Die Klimaanlage funktionierte einwandfrei. Sievert hatte sie nachträglich noch einbauen lassen, als er bemerkt hatte, dass seine Models schnell ins Schwitzen kamen und unerfreuliche Reflektionen bei den Aufnahmen auf der Haut zu sehen waren. Es war jetzt angenehm frisch im Raum. Die starken Halogenscheinwerfer lieferten die Raumtemperatur, die sie jetzt brauchten.

„So, dann stellt euch bitte einfach mal da vorne vor die Wand ... Nun geht bitte mal hin und her und lasst euch nicht stören, einfach hin- und hergehen, ganz lässig bitte ... Ja, so ist es gut.“

Sievert drückte unentwegt auf den Auslöser.

„Nun stellt euch hintereinander und schaut mich dabei an.“

Ulf hatte Sebastian vor sich stehen und seine Hände locker auf dessen Schultern gelegt.

„So, bitte etwas lächeln, ja, so ist es schön. Nun andersherum. Sebastian, du musst etwas zur Seite gehen, sonst sehe ich dich zu wenig. Ja, so ist es gut.“

Es schien den beiden bereits Spaß zu machen. Sie wurden immer lockerer.

„So, Männers, jetzt lasst bitte mal die Hüllen fallen!“

Der Fotograf versuchte das so ganz nebenbei und ohne besondere Betonung zu sagen, obwohl er selbst die wahnsinnige Neugierde auf diese beiden nackten Boykörper in sich verspürte, die sich auch schon längst körperlich bemerkbar gemacht hatte. Auf diesen Moment hatte Sievert gewartet. Während sich die Jungs ihre T-Shirts und Jeans auszogen, drückte Sievert unentwegt auf den Auslöser.

„Ja, so ist es gut. Jetzt noch die Slips runter, bitte!“

Für Ulf war dies überhaupt kein Problem. Er griff den dünnen Stoffstreifen seines Stringtanga und rollte das Miniteil herunter. Sein unbeschnittener Penis hing entspannt vor seinem locker herunterhängenden Hodensack. Alles war in einer dunklen Haarpracht eingehüllt. Ulf strich kurz mit der Hand darüber und schaute erwartungsvoll zu seinem Freund. Er wusste, dass es Sebastian schwerer fiel, sich jetzt hier so nackt vor Sievert zu präsentieren.

Sebastian zögerte tatsächlich. Dann aber fiel auch bei ihm die letzte Hülle. Sievert fühlte sich bestätigt. Der Junge vor ihm hatte sich die natürliche Schüchternheit und das Schamgefühl bewahrt. Das machte ihn empfindlich und begehrenswert zugleich.

„Bitte jetzt wieder umdrehen, ja? Gut, das war es schon für jetzt. Ihr seid Klasse, das wird bestimmt super mit euch!“

Während sich die Jungs ihre Wäsche wieder anzogen, stellte Sievert seine Technik zur Seite.

„So, jetzt sollten wir bald was essen. Habt ihr großen Appetit?“

Sievert schaute auf die Uhr, als es an der Haustür läutete. Der Pizzaservice war pünktlich.

Kapitel 3

 

Als Felix mit seinen Mannequins nach zweistündigem Programm die Bühne verließ, war er mächtig verärgert, obwohl das Publikum übermäßig stark applaudiert hatte. Wie konnte dies nur passieren? Seit Monaten hatten sie sich auf diese Präsentation vorbereitet, hatten alle Details bis ins Kleinste hinein durchgesprochen, und dann diese Panne? Die Zuständigkeitsbereiche waren doch genauestens abgesteckt, und Disziplin war gerade in diesem Job das A und das O.

Ausgerechnet Claudia, sein Starmodel, musste zu spät kommen. Sie hatten es gerade noch einigermaßen hinbekommen mit der Frisur und der Maske. Die Nervosität hatte sich aber auf alle übertragen. Nur gut, dass die Besucher und potentiellen Kunden nichts mitbekommen hatten. Na, die konnte sich auf was gefasst machen. Sie nahm sich eh viele Sonderrechte vor den anderen Models heraus. Er musste mal ein ernstes Wort mit ihr reden, aber nicht heute, dafür war er jetzt viel zu verärgert. Aber gleich zu Beginn der nächsten Woche.

Der Modemacher überließ es seinen Mitarbeitern, sich um die restlichen Arbeiten zu kümmern, stieg in seinen Wagen und fuhr zurück nach Hause. Er musste sehen, dass er so schnell wie möglich auf andere Gedanken kam.