Flegel_Gruselnacht_im_Klassenzimmer_631x1000dpi

Über dieses Buch:

Lesenacht in der Schule! Die Klasse Vier ist schon ganz aufgeregt: Ausgerüstet mit Schlafsack, Teddybär und Lieblingsbuch freuen sich Emilia, Emil und ihre Freunde auf die bevorstehende Nacht im Klassenzimmer. Die Lehrerin Frau Ziegenhals hat nicht nur eine spannende und gruselige Vampirgeschichte dabei, sondern auch die eine oder andere Überraschung im Gepäck! Als dann aber das Licht im Schulhaus ausgeht und die Klasse Vier sich im Dunkeln aufmachen muss, die Ursache zu erkunden, geht das Abenteuer erst richtig los. Was Emilia, Emil und ihre Freunde nachts in der Schule erleben – darauf wären sie in ihren kühnsten Träumen nicht gekommen!


Eine schaurig-spannende Nacht in der Schule – Spuk und Abenteuer garantiert!

Über den Autor/Über die Autorin:

Sissi Flegel, Jahrgang 1944, hat neben ihren Romanen für erwachsene Leser sehr erfolgreich zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, die in 14 Sprachen erschienen sind und mehrfach preisgekrönt wurden. Die Autorin ist verheiratet und lebt in der Nähe von Stuttgart.


Die Autorin im Internet: http://www.sissi-flegel.de


Bei dotbooks erschienen Sissi Flegels Romane „Weiber, Wein und Wibele“ und „Das Flüstern der Vergangenheit“.

***

Neuausgabe April 2014

Copyright © der Originalausgabe 2000 K. Thienemanns Verlag, Stuttgart – Wien – Bern

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

ISBN 978-3-95520-122-7

***

Wenn Ihnen dieses Buch gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weiteren Lesestoff aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort Gruselnacht im Klassenzimmer an: lesetipp@dotbooks.de

Gerne informieren wir Sie über unsere aktuellen Neuerscheinungen und attraktive Preisaktionen – melden Sie sich einfach für unseren Newsletter an: http://www.dotbooks.de/newsletter.html

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.twitter.com/dotbooks_verlag

www.gplus.to/dotbooks

Sissi Flegel

Gruselnacht im Klassenzimmer

dotbooks.

DAS GROSSE LAGER

17:45

»Achtung! Vorsicht! Platz da!«, riefen Emilia und Emil. Sie schleppten Tische und Bänke auf den Flur.

Als die Vierer das Klassenzimmer bis auf den Schrank und die Regale an den Wänden leer geräumt hatten, sagte ihre Lehrerin, Frau Ziegenhals, zufrieden: »So, jetzt könnt ihr's euch gemütlich machen.«

»Juhu!« Alle brüllten durcheinander, rollten in Windeseile die Isomatten aus, pusteten Luftmatratzen auf und legten Schlafsäcke oder Kissen und Decken bereit.

»Ich bin fertig«, sagte Karin zufrieden. Schnell schob sie ihren Teddy, ohne den sie keine Nacht verbringen konnte, in den Schlafsack. »So 'ne Lesenacht in der Schule ist super, findet ihr nicht auch?«, meinte sie dann.

Cedric neben ihr knurrte nur. Mitleidig beobachtete sie, wie er sich mit seiner Luftmatratze abmühte. Sie schubste ihn beiseite und sagte: »Lass mich mal!«

Er nahm das Ventil aus dem Mund.

»Igitt, ist da viel Spucke dran.« Karin wischte mit dem Ärmel drüber und pustete aus Leibeskräften.

Die Vierer hatten es gut. Zusammen mit ihrer Lehrerin wollten sie eine Lesenacht im Klassenzimmer feiern. Jeder brachte sein Lieblingsbuch mit, konnte es den anderen zeigen und den Inhalt erzählen.

Frau Ziegenhals steuerte ihren Teil natürlich auch bei: Sie hatte ihren Schülern eine spannende, gruselige Vampirgeschichte versprochen – und eine Überraschung extra. Doch dafür war es noch zu früh.

Jetzt packte Marilene ihren Proviant aus: eine große Tüte Chips, eine Flasche Apfelsaft samt Becher mit der Tigerente, zwei Bananen und Gummibärchen.

Emil schaute sich unzufrieden um. »Der Platz gefällt mir nicht«, sagte er zu seiner Freundin Emilia. »Hier sind wir so eingekeilt, meinst du nicht auch?«

Emilia stellte sich neben ihn. »Stimmt. Aber wo –«

Emil deutete mit dem Kinn nach rechts. »Da am Fenster. Wenn Alfi ein wenig beiseite rutscht, haben wir noch Platz.«

Emilia war rundlich und klein, sie hatte brombeerschwarze Augen und dunkle Haare. Ihr Freund Emil war einen Kopf größer als sie, er war dünn und hatte jede Menge rötlich braune Sommersprossen. Die beiden verstanden sich seit der ersten Klasse ganz ausgezeichnet.

Nun schüttelte Emilia die Haare aus dem Gesicht und packte ihre Isomatte. Vorsichtig machte sie sich auf den Weg zum Fenster.

Alles ging gut, bis sie zu Max kam. Dieser schob gerade seine Tasche nach links, das brachte sie aus dem Gleichgewicht, sie stolperte und trat versehentlich auf Marilenes Chipstüte. Die Tüte platzte.

»Du Trampeltier!«, brüllte Marilene und warf sich auf die kostbaren Chips. Emil nutzte den Aufruhr. Schnell schob er Alfis Luftmatratze einen halben Meter in Richtung Zimmermitte. Dann legte er seine und Emilias Isomatte daneben, darauf kamen die Kissen und Decken, die Taschen stellte er ans Fußende, und das Esszeug, die Taschenlampen und die Bücher, die sie lesen wollten, stapelte er ans Kopfende.

»Sind alle fertig?«, fragte Frau Ziegenhals.

»Ja!« und »Nein!« und »Gleich!« schrien die Viertklässler durcheinander. Frau Ziegenhals lachte. »Dann können wir ja zu unserem Nachtspaziergang aufbrechen. Der ist die passende Vorbereitung auf das, was in den nächsten Stunden kommen wird.«

STARKER WIND UND SCHWARZE WOLKEN

18:00

Am Eingang des Schulgebäudes wartete Frau Peltrini, die Hausmeisterin. Sie war die Mutter von Emilia und hatte noch eine zweite Tochter, Vesselina, die schon in die siebte Klasse ging.

Frau Peltrini verstand sich gut mit Frau Ziegenhals, deshalb war sie auch gleich bereit gewesen die Vierer auf ihrer Nachtwanderung zu begleiten.

»Hu, so eine Nacht!«, sagte sie jetzt und band ein Kopftuch um.

»Ist doch super!«, schrie Emil. »Starker Wind, schwarze Wolken und manchmal ein bisschen Mond, das ist 'ne richtige Gruselnacht. Viel zu schade, um nur zu Hause im Zimmer zu lesen.«

»Ich fürchte mich jetzt schon«, meinte Marilene und hängte sich bei Karin ein. »Am liebsten würde ich hier im Warmen bleiben.«

»Ganz alleine?«, fragte Karin erstaunt. »Würdest du dir das zutrauen, so ganz allein im Schulhaus zu bleiben? Du spinnst, ein leeres Haus ist viel grusliger als eine Wanderung mit der ganzen Klasse.«

»Alles klar?«, rief Frau Ziegenhals. »Dann geht's los. Macht eure Taschenlampen an und bleibt dicht hinter mir.«

»Wohin geht's denn?«, wollte Alfi wissen. »Sie tun so geheimnisvoll, Frau Ziegenhals.«

»Bestimmt nur die Dorfstraße entlang bis zum Weiher. Ich wette, das ist die ganze Wanderung«, maulte Cedric verächtlich.

Das hörte Frau Ziegenhals. »Da täuschst du dich gewaltig, mein Lieber«, sagte sie und marschierte energisch voran.

Die Lehrerin war noch nicht richtig alt, aber jung war sie ganz und gar nicht mehr. Viele aus dem Dorf waren schon zu ihr in die Schule gegangen. Eine Menge Geschichten wurden über sie erzählt, lustige und unglaubliche. So soll sie einmal aus lauter Wut über einen faulen verlogenen Schüler dessen Schultasche aus dem geöffneten Fenster geschleudert haben. Zum Glück war der Hof damals menschenleer. Nicht auszudenken, wenn der fliegende Ranzen einen Schüler getroffen hätte!

Aber sie war gerecht, sie verstand Spaß, sie liebte ihre Schüler und diese lernten viel bei ihr.

Die Wanderung begann ganz harmlos.

Sie gingen tatsächlich die Dorfstraße entlang bis zur Kirche, aber gleich hinter dem Lebensmittelgeschäft bogen sie in die enge Webergasse ein, die bergauf bis zum Dorfende führte.

»Drehen wir hier oben um?«, fragte Marilene ängstlich.

»Abwarten«, antwortete die Lehrerin. »Wir machen eine Wanderung und keinen winzigen Spaziergang.«

»Jetzt weiß ich, wohin wir gehen!«, rief Emil nach kurzer Zeit. »Zur Burg!«

»Na klar!«, bestätigte Frau Ziegenhals lachend. »Ich wette, keiner von euch war jemals nachts auf der Burg.«

»So 'ne dumme Idee, würden meine Eltern sagen«, murrte Karin. »Bei Nacht sieht man doch nichts.«

»Ich finde auch, das ist 'ne dumme Idee. Warum gehen wir nicht lieber auf den Friedhof? Nachts war ich da auch noch nicht«, meinte Cedric.

»Der Friedhof muss nicht sein«, schrie Alfi. »Aber die Burg ist supergeil! Vielleicht sehen wir ein Gespenst? Vielleicht spukt dort ein Mörder herum, einer, der seinen abgeschlagenen Kopf unterm Arm trägt?«

»Ja, oder ein Skelett baumelt von einem Baum herunter! Junge, so was sieht man nicht alle Tage«, meinte Emil und drückte aufgeregt Emilias Hand.

Die Freundin kicherte. Sie machte sich los, schlängelte sich hinter Marilene und zog sie kräftig an den Haaren.

»Huch!«, schrie Marilene auf. »Da ist wer! Ich geh nicht weiter, Frau Ziegenhals, ich fürchte mich!«

»Komm zu mir«, sagte Frau Peltrini. »Ich halte deine Hand.«

»Du brauchst doch keine Angst zu haben«, meinte Frau Ziegenhals beruhigend. »Denkst du, ich würde euch einer Gefahr aussetzen? Es ist alles nur Spaß, Marilene.«

Frau Ziegenhals setzte unbeirrt ihren Weg fort. Zuerst führte er durch eine Wiese, dann standen links und rechts Büsche, die aber jetzt, im späten Oktober, ihre Blätter abgeworfen hatten. Windböen peitschten die Zweige, eine rabenschwarze Wolke verdeckte den Mond.

Als sie den Wald erreicht hatten, flüsterte Emilia: »Himmel, ist das toll dunkel. Gut, dass wir die Taschenlampen dabeihaben. Aber findest du nicht auch, Emil, dass unsere Schatten wie Gespenster aussehen?«

Nach und nach verstummten die Gespräche. Selbst Alfi hielt den Mund und achtete darauf, dicht hinter Cedric und neben Max zu bleiben.

Sie gingen und gingen.

Niemand rief: »Nicht so schnell, Frau Ziegenhals!«, oder: »Könnten wir nicht mal 'ne Pause machen?«

Höchstens, dass der eine oder andere leise stöhnte.

Schließlich führte der Weg aus dem Wald heraus, es wurde ein bisschen heller und sie konnten erkennen, wo die dunklen Burgmauern in die Finsternis ragten.

»Wohnt da noch jemand?«, fragte Karin.

»Quatsch. Das ist doch nur noch eine Ruine, nur Mauern und Steine und so«, erklärte Emil. »Das weißt du doch, Karin.«

»Wartet hier mit Frau Peltrini, bis ich euch rufe«, sagte Frau Ziegenhals. »Es dauert nur wenige Augenblicke.« Sie verschwand in der Dunkelheit.

»Was hat sie vor?«, fragte Max.

»Sie schaut nach, ob das Gespenst schon da ist«, antwortete Emil. »Wenn nicht, ruft sie es. Seid mal still, vielleicht hören wir ihre Stimme.«

»Oder sie kontrolliert, ob kein Einbrecher in der Burg ist«, überlegte Karin.

»Einbrecher!« Emil schnaubte verächtlich. »Was soll ein Einbrecher in der Burg schon klauen? Da gibt es nichts mehr. Wahrscheinlich prüft sie nach, ob sich ein Mörder zwischen den Steinen versteckt.«

»Ja, und wenn sie nicht mehr kommt, ist sie tot«, ergänzte Emilia.

Sie warteten und zitterten in der Dunkelheit.

Sie hielten den Atem an.

Sie leuchteten mit ihren Taschenlampen auf den Weg und auf die Steine und in die Gesichter der anderen.

»Sie bleibt aber lange weg«, flüsterte Cedric.

»Was machen wir, wenn sie nicht mehr kommt?«, fragte Karin aufgeregt.

Frau Peltrini lachte. »Also Kinder, was ihr euch nur so alles überlegt!«

»Hallo! Da bin ich wieder!«, rief Frau Ziegenhals ihnen endlich zu. »Seht ihr mich?«

»Na klar!«, brüllten alle durcheinander.

»Dann kommt! Eine Überraschung wartet auf euch!«

Sie rannten über einen kurzen Steg, dann durch einen Torbogen, der noch vollständig erhalten war, und dann –

»Warum ist es hier so hell?« Emilia blieb verwundert stehen.

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich – oh, Frau Ziegenhals, haben Sie die vielen Fackeln angezündet?«, rief Emil.

Zehn Fackeln und mehr brannten im Burghof, es gab auch eine Feuerstelle, auf der rot glühende Holzscheite lagen.

»Super!«, brüllte Alfi. »Nicht schlecht, ehrlich, die Überraschung ist ziemlich geil.«