Franz Wilhelm Junghuhn, ca. 1850 in Leiden

Renate Sternagel

Der Humboldt von Java

Leben und Werk des Naturforschers

Franz Wilhelm Junghuhn 1809–1864

mitteldeutscher verlag

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2011

© mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)

www.mitteldeutscherverlag.de

Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)

ISBN 9783954621835

INHALT

Title

Impressum

Prolog – 20.9.1844

Gunung Kawi, Ostjava

Die ersten Jahre

Mansfeld

Halle

Freunde und Lehrer

Ökonomische Unordnungen

Verzweiflung und Kreativität

Im Mekka der Botanik

Die Katastrophe

Aus der Bahn geworfen

Meine Feder ist zu schwach, die Trübsal zu schildern

Stimmen: Philipp Wirtgen – Lehrer (1)

In den roten Hosen der Legionäre

Bone: Trunkener Blick, spähendes Auge

In der Hauptstadt der Welt

Unter den weiten Unterrock meiner Großmutter, der Medizin

Carl Ludwig Blume

Langer Abschied

Java 1835 bis 1840

Die Ankunft – Liebe auf den ersten Blick

Batavia und Yogyakarta

Kultur und Wildnis

Herr mit Hut

Bergsucht

Stimmen: Dr. Fritze – Chef des medizinischen Dienstes

Reise durch Westjava

Spekulationen über Eruptionen

Aufbruch nach Osten

Brief nach Koblenz

Stimmen: Philipp Wirtgen – Lehrer (2)

Das Abenteuer am Gunung Lawu

Stimmen: Djojodono – Reisbauer aus Balong

Rotweißblau auf dem Gunung Sumbing

Stippvisite im Wilden Osten

Naturkundliches Zwischenspiel: September 1838 bis November 1839

Gedé-Pangrango

Entlassen!

Sumatra 1840 bis 1842

Stimmen: Pieter Merkus – General-Commissär von Westsumatra

Bei den Bataks

Kannibalismus

Franz Junghuhn: Die menschenfressenden Battaken

Vom Segen der Kolonisation

Java 1842 bis 1845

Rückkehr nach Java

Vorläufer, Zeitgenossen und Konkurrenten

Der kleine Bruder

Niemand lebt ungestraft unter Palmen – der Beginn der „Streitzeit“

Stimmen: Heinrich Zollinger – Naturalist (1)

Endlich Ostjava

Auf dem Dach von Java – Gunung Semeru

Stimmen – Heinrich Zollinger, Naturalist (2)

Tengger und Raon

Gunung Ijen

Stecken geblieben

Paradies, dem Untergang geweiht

Zurück nach Mitteljava

Naturforscher im kolonialen Dienst – 1845 bis 1848

Junghuhn und die Könige

Der Geist, der stets verneint

Stimmen: Abrahamina Johanna van Hoëvell – Pastorengattin

Ein Warnzeichen

Der Generalgouverneur und die Forscher

Ärger um die „Battaländer“

Nützliche Forschung

Urzeitliches

Rückkehr nach Europa

Krank

Die „Overland Mail“

Stimmen: Albertine Junghuhn – die Schwester

Das Opus magnum

Hinter den Wolken das Licht

Glaubensbekenntnis

Louisa

Stimmen: Philipp Wirtgen – Lehrer (3)

Begegnung mit einem großen alten Mann

Heimkehr nach Java

Erwartungen

Petrefacten

Bedrohte Wälder

Heilende Rinde

Ein Raubzug in Peru

Stimmen: Justus Karl Hasskarl – Botaniker

Der Kampf um Cinchona

Wenn die Chemie nicht stimmt

Sesshaft

Besuch im „Waldasyl“

Das Ende

Epilog – 26.10.2009 – Lembang

Stimmen: Johan Eliza de Vrij

Literatur

Anmerkungen

Abbildungsnachweis

Register

Danksagung

Für Peter

Auf die Berge will ich steigen,

wo die dunklen Tannen ragen,

Bäche rauschen, Vögel singen,

und die stolzen Wolken jagen.

Lebet wohl, Ihr glatten Säle,

Glatte Herren! Glatte Frauen!

Auf die Berge will ich steigen,

lachend auf Euch niederschauen.

Heinrich Heine, Harzreise

PROLOG – 20.9.1844

Gunung Kawi, Ostjava

Die Kulis hatten sich geweigert, mitzugehen. Sie hatten gesagt, von der Ostseite her könne man nicht hinauf, noch nie sei das versucht worden. Aber so etwas sagten sie immer und kamen dann doch – sie mussten nur erst erkannt haben, dass ihre Litanei in den Wind gesungen war und ihnen nichts anderes übrig blieb, als ihre Last zu schultern. Allerdings erzwangen sie unterwegs eine Übernachtung, als es am Nachmittag anfing, heftig zu regnen.

Den Gipfel des Berges Kawi zu erreichen, war am nächsten Morgen unerwartet leicht gewesen. Junghuhn hatte sich nur dem Instinkt der Bantengs anvertrauen müssen, der schönen rehbraunen Wildrinder, deren Pfade sich die Hänge hinaufzogen, da wo sie am sanftesten waren.

Er war guter Stimmung wie selten. Oben fand er hinduistische Mauerreste, vielleicht 400 Jahre alt, in deren Schutz sich hervorragend biwakieren ließ. Er gab seine Befehle, und rasch war die ganze Maschinerie in Gang gesetzt: Hütten wurden gebaut, Trinkwasser wurde von einer nahen Quelle geholt, Feuerholz gesammelt, Essen zubereitet. Ein großes Hallo gab es, als plötzlich weit unten aus dem Eichenwald ein kleiner Menschentrupp auftauchte, den Herr de Vogel, der fürsorgliche Resident von Pasuruan, von Norden her auf den Weg gebracht hatte, mit einer Matratze für Junghuhn, Schmankerln für alle – und einigen Flaschen Gipfelwein!

Junghuhn hatte seine Instrumente in Position gebracht, nach allen Seiten gepeilt und gemessen, auch etwas botanisiert und sich nach getaner Arbeit dem Genuss des Ausblicks von hier oben hingegeben. Tief unten die Ebenen und mitten darin, wie kleine Spiegel auf grüner Tapete, die Wasserflächen der frisch angelegten Reisfelder. Einzelne Wolken schwammen darüber hin, zwischen ihm und dem Tiefland. Am Nachmittag vereinigten sie sich allmählich zu einem weißen Meer, das alles unten Liegende verhüllte, und aus dem nur noch die sechs höchsten Vulkangipfel wie Inseln herausragten, die den Gunung Kawi umringten: Wilis, Kelud, Arjuno, Semeru, Tengger, Ajang.

Als es kalt wurde, zog sich Junghuhn in seine Hütte zurück, um beim letzten Tageslicht seine Notizen zu sichten und Messergebnisse und Beobachtungen ordentlich zu Papier zu bringen. Aber es fiel ihm schwer, sich auf seine Zahlenreihen zu konzentrieren.

Er nahm die kleine Terrakottafigur in die Hand, die er beim Aufstieg gefunden hatte. Der Bantengpfad hatte mitten durch eine alte Tempelanlage geführt, über verfallene Terrassen und an Mauerresten vorbei. Das Figürchen hatte auf einer Treppenstufe gelegen, halb begraben unter einem Haufen Bantengmist. Es stellte die Göttin Durga dar, vielarmig und mit üppigen Rundungen.

Er kratzte Reste getrockneten Dungs aus dem hohlen Inneren und spürte noch einmal die Freude, die ihn erfüllt hatte, als er das kleine Ding entdeckte. Kurz danach war er auf die Casuarina gestoßen – seinen Lieblingsbaum, von ihm 1838 am Gunung Lawu entdeckt und seither nie mehr gesehen! Ein Baum, der ihn an seine Kindheit, an die Tannen im Harz erinnerte. Merkwürdig, dass er von den Harzer Tannen zu den javanischen Casuarinen geraten war, von den Pilzen seiner Heimat, diesen melancholischen Gewächsen, versteckt tief unten im Schatten der Gebüsche, erst zu den Pilzen Javas und dann zu den Kratern der javanischen Vulkane, die hoch über allem aufragten, nur den Himmel über sich! Dabei hatten sie, genau betrachtet, etwas gemeinsam, die Pilze und die Vulkane. Das Wichtigste lag unter der Erde, und über ihr bildeten beide Ketten und Ringe.

Sein Vater hatte die Pilze nicht leiden können, weil sie den Sohn von der Chirurgie abgehalten hatten. Er stellte sich vor, sein Vater hocke hier oben neben ihm, auf der Matratze des Herrn de Vogel, den Rücken angelehnt an das Mäuerchen aus Hinduzeiten. Würde ihm die Himmelsnähe gefallen, der Blick über das Wolkenmeer? Würde er das Erhabene hier oben spüren?

Junghuhn dachte an Mansfeld, die Stadt seiner Kindheit, an das graue Haus hinter St. Georg. Die Kirche beherrschte den Platz, alles in ihrer Umgebung drängte sie an den Rand und ließ es winzig erscheinen. Was für ein armseliges graues Haus im Schatten der Kirche! Nein, der Vater würde nie aus diesem Schatten heraustreten, sich nie aus der Enge befreien, er hatte sich beschieden, war zu Haus im Reich der Ebene, schlimmer noch, der schwarzen Gruben und Minen, nicht auf Berggipfeln. „Was willst du hier oben?“, würde er den Sohn fragen. „Wozu sollen das Gemesse und die Zahlenkolonnen gut sein? Was ist der Nutzen davon? Hilfst du damit einem einzigen kranken Menschen, gesund zu werden? Erinnere dich dran, du bist Arzt! – Schuster, bleib bei deinem Leisten!“

Die Ebenen waren schuld, dachte Junghuhn. Sie töteten den Geist und stumpften das Gemüt ab, sie machten die Menschen engstirnig und spießig, in Europa genauso wie in der Kolonie. Ihm kam die Idee, eine Karte zu zeichnen, auf der es keine Ebenen gab. Eine Karte von Java, auf der er stufenweise die tiefer gelegenen Regionen im Meer versinken lassen würde, bis nur noch die höchsten Erhebungen übrig blieben. Das würde von oben einen Anblick bieten wie den, den er heute Nachmittag gehabt hatte, nur dass auf seiner Karte das Meer an die Stelle flüchtiger Wolken träte.

Zwei Tage blieb Junghuhn auf dem Gipfel des Gunung Kawi, beobachtete, zeichnete, maß, wie er es immer auf Bergen tat. Es waren glückliche Tage. Seine Kulis hielt er durch kleine Geschenke bei Laune: Zigarren und etwas Opium. Vor der Rückkehr ins Tal setzte er die kleine Durga auf einen Steinblock am höchsten von ihm gemessenen Punkt.

Monate später, noch immer in Ostjava, erhielt er die Nachricht vom Tode seines Vaters – Wilhelm Friedrich Junghuhn war am 20. September 1844 im Alter von 58 Jahren in Mansfeld gestorben und vier Tage später beerdigt worden.

Junghuhn suchte seine Beschreibung des Gunung Kawi, die er inzwischen für einen Artikel in der „Tijdschrift voor Neêrland’s Indie“ fertiggeschrieben hatte, hervor, las sie noch einmal und fügte am Ende einen Absatz hinzu:

„Wie zufrieden, wie leicht im Gemüt ruht man nicht auf diesen Höhen, während der Wind leise durch die Casuarinen haucht und die Sterne durch die leichte grüne Wölbung der Hütte schimmern. Kein schweres Dach von Ziegeln verbirgt uns den freundlichen Anblick des Himmels, keine schwere Decke drückt über uns, keine düsteren Mauern engen uns ein, man atmet frei und leicht über der drückenden Atmosphäre der Tiefländer, wo – in dunklen Höhlen, die sie Häuser nennen – engherzig und beschränkt die misstrauischen Menschen wohnen.“

DIE ERSTEN JAHRE

Mansfeld

Im Städtchen Mansfeld am Südostrand des Harzes, das seit einigen Jahren den Beinamen „Lutherstadt“ trägt, landen Touristen auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten früher oder später in einer schmalen Straße, die um die mächtige St. Georgskirche herumführt und in der einst die Schule des Reformators stand. Luther kennt in Manfeld jedes Kind – aber auf die Frage nach Junghuhn, dem Namensgeber des Sträßchens, reagieren Ortsansässige oft ratlos. Die Dame in der Stadtinformation ein paar Schritte weiter gibt Auskunft und weist den Fremden zur Rückseite der Kirche, dahin, wo eine Lücke in der niedrigen Häuserzeile klafft. Dort, am Straßenrand, ist eine Gedenktafel auf einem Steinsockel nicht zu übersehen.

26. X. 1809 werd hier geboren

de natuuronderzoeker Franz Wilhelm Junghuhn.

Nederland herdenkt dankbar zijn arbeid op Java 1835–18641

Junghuhns Geburtshaus, über dessen Eingangstür diese Tafel ab 1910 hing, wurde Anfang der achtziger Jahre wegen Baufälligkeit abgerissen, jetzt ist an seiner Stelle ein Parkplatz, und der Blick schweift frei über die Talsenke hinweg zu einem eindrucksvollen Bauwerk am jenseitigen Hang. Schloss Mansfeld, das Franz Junghuhn als Junge täglich vor sich hatte, wenn er aus dem Fenster blickte, und das er von dort aus zeichnete, ist heute nicht mehr die einzige landmark in der Umgebung der Stadt. An vielen Stellen ragen aus der weiten Hochfläche riesige Erdpyramiden auf, faszinierender Blickfang – und ein Dorado für Botaniker, Mineralien- und Fossiliensucher, zu denen Franz Junghuhn sich zweifellos gesellt hätte, wären zu seiner Zeit diese Abraumhalden schon da gewesen – doch sie sind erst im Lauf des 20. Jahrhunderts entstanden, als der Kupferschieferbergbau hier seinen letzten Höhepunkt erreichte. Heute erinnern sie an „bessere Zeiten“, denn seit der unrentabel gewordene Bergbau 1990 endgültig eingestellt wurde, ist das Mansfelder Land zu einer Region mit großen Problemen geworden, geprägt von hoher Jugendarbeitslosigkeit, Abwanderung und Überalterung, für die Bewohner alles andere als die Idylle, welche die Natur Erholungssuchenden und Ferienreisenden hier bietet.

Abb. 1: Stadt und Schloss Mansfeld, vermutlich Jugendzeichnung Junghuhns

Aber täuschen wir uns nicht – idyllisch war Mansfeld auch zu Anfang des 19. Jahrhunderts nicht, als Franz Junghuhn hier die ersten siebzehn Jahre seines Lebens verbrachte.2 Schon damals gab es zahlreiche Harzreisende, die von Wäldern, Schluchten und dem romantischen halb verfallenen Mansfelder Schloss schwärmten – die Stadt selbst fanden sie „miserabel“ oder nicht erwähnenswert, das Leben in ihr scheint schwerfällig, spießbürgerlich und öde gewesen zu sein.3

In diesem Mansfeld hat Franz Junghuhn seine Kindheit und Jugend verbracht, als Student ist er fortgangen und nur noch einmal für wenige Tage zurückgekehrt – als Vierzigjähriger. In einem autobiografischen Bericht aus dieser Zeit schwieg er über den Besuch, so wie er auch sonst jede Erwähnung seiner Heimatstadt peinlichst vermied.

Auch seine Familie war eng verbunden mit dem Mansfelder Bergbau, Vater und Großvater waren als Bergchirurgen bei den Mansfelder Bergleuten zuständig für Schröpfköpfe, Aderlass, Wundpflege und das Zähneziehen, für das Heilen von Entzündungen, Frostbeulen und das Einrichten von Knochenbrüchen. Das galt aber nur für die leichten Fälle, die ernsthaft Erkrankten mussten sie an den studierten Bergarzt überweisen. Heute bringen wir den Begriff Chirurgie mit medizinischer Innovation und Spitzenleistungen und selbstverständlich mit einem akademischen Beruf in Verbindung. Bis ins 19. Jahrhundert hinein jedoch war der Chirurg Handwerker, er hatte keine Universitätsausbildung und sein sozialer Status war niedrig. Chirurgie war Medizin zweiter Klasse. Drei Jahre Lehrzeit als Barbier und ein Anatomiekurs mit anschließender Prüfung, so war Vater Junghuhn Chirurg geworden. Die Barbierstube war seine Haupteinnahmequelle. Der Goßvater hatte, um die Familie ernähren zu können, nebenbei sogar noch den Mansfelder Ratskeller betreiben müssen, der Vater kam auch ohne das aus. Aber das Haus hinter der Kirche hätte er sich nicht leisten können ohne das Geld seiner Frau, die einer wohlhabenden Handwerkerfamilie entstammte. Sie gab 1815 dafür 250 Taler preußische Courant, er seine Einwilligung zum Kauf. Als sie dort einzogen, hatten sie erst einen Sohn, den sie Franz Wilhelm genannt hatten. Fünf Kinder gebar die Mutter noch, aber Franzens Altersabstand zu ihnen war groß. 1819, als er zehn war, folgte Bruder Karl, 1822 Schwester Henriette und 1825 Schwester Albertine. Zwei weitere Schwestern starben bereits kurz nach der Geburt.

Abb. 2: Junghuhns Elternhaus, um 1900

Über Franz Junghuhns Kindheit und Jugend wissen wir fast nichts. Er selber schwieg sich über diese Zeit seines Lebens gründlich aus – oder er legte falsche Spuren. Für seine niederländische Personalakte machte er sich 1850 um drei Jahre jünger. Der damalige Mansfelder Pfarrer hatte ihm auf seine Bitte durch ein Schreiben bestätigt, er sei 1812 geboren – warum, bleibt ein Rätsel. Gerade rechtzeitig vor der Feier zum 100. Geburtstag entdeckte ein niederländischer Forscher4 durch einen Blick ins Mansfelder Kirchenbuch die richtige Jahreszahl: 1809, die seither auch auf seinem Grabstein im westjavanischen Lembang eingraviert steht. Aber noch heute, wiederum 100 Jahre später, spuken in Artikeln und Lexikoneinträgen über Junghuhn falsche Zahlen herum.

Wo es wenig Gesichertes gab, war die Versuchung für Biografen, Gerüchten Glauben zu schenken und Fakten frei zu erfinden, groß. Denn es war ja nicht so, dass man sich in Junghuhns Heimatstadt Mansfeld nichts über ihn erzählte, ganz im Gegenteil. Schon der Heranwachsende zog die Aufmerksamkeit seiner Umwelt in besonderem Maße auf sich. Sein erster deutscher Biograf, der Botaniker Karl Müller aus Halle, der im Sommer 1864 durch eine Zeitungsanzeige Jugendgenossen, Freunde und Verwandte Junghuhns aufrief, ihm ihre Erinnerungen an den gerade im fernen Java Verstorbenen zu übermitteln, erhielt zu seiner Überraschung zahlreiche Rückmeldungen, aus denen er Junghuhns Kindheits- und Jugendgeschichte zusammenbastelte.5 Und als sich vierzig Jahre später Junghuhns Großneffe Max Paul Schmidt daran machte, zur Jahrhundertfeier 1909 eine große Biografie seines Onkels zu schreiben,6 konnte auch er noch einige Zeitzeugen befragen. Schmidt war Altphilologe und sehr bedacht auf Genauigkeit. Er studierte die Akten, soweit sie ihm zugänglich waren, bemühte sich auch, alles Hagiografische zu vermeiden – aber natürlich war ihm aus familiärer Pietät sehr daran gelegen, Junghuhn Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ihm muss Karl Müller, der kritiklos alles übernommen hatte, was ihm zugetragen worden war – zumeist Negatives – und der den jungen Franz Junghuhn daher in keinem günstigen Licht zeigte, ein Gräuel gewesen sein. Schmidt versah Müllers Biografie kurzerhand mit der Note „wertlos“.

Besonders Müller schilderte Franz Junghuhn in seiner Schul- und Universitätszeit als einen Unangepassten, einen Exzentriker, der Dinge tat, über die „normale“ Menschen den Kopf schüttelten.

Er habe sich zum Beispiel mitten im Winter bei großer Kälte halb entblößt in einer kalten Kammer auf ein Strohlager gelegt, und sei, Kopf, Brust und Leib mit Schnee und Eis bedeckt, solange liegen geblieben, wie er es ausgehalten habe.7 Und er habe eines Tages die Lieblingskatze seiner Mutter an die Stalltür genagelt und ihr lebend Brust und Bauch aufgeschnitten, um ihren Blutkreislauf zu beobachten. Besonders diese Geschichte war es, die spätere Biografen gern als Beweis für Junghuhns angeblich „bedenkliche Charaktereigenschaften“, seine „Rohheit“ und „Gefühllosigkeit“ anführten.8

Fest steht, dass es in Junghuhns Jugend einen großen Konflikt mit dem Vater gegeben hat, der sein ganzes weiteres Leben überschattete, schuld an seinem abgebrochenen Medizinstudium und seiner späteren Flucht ins Ausland war. Die Ursachen dieses Konflikts sahen sowohl Müller wie Schmidt darin, dass der alte Junghuhn seinen Sohn habe zwingen wollen, den Beruf zu ergreifen, den er selbst ausübte – wozu der Junge keinerlei Lust gehabt habe. Der habe von frühster Jugend an nur Botaniker werden wollen.

Fest steht auch aber auch, dass Vater Junghuhn sich bemühte, seinem begabten Ältesten den Weg zum Abitur zu ebnen. Die Voraussetzungen dafür waren nicht ideal. In Mansfeld gab es keine Lateinschule. Das nächste Gymnasium war fünfzehn Kilometer entfernt in Eisleben, heutzutage mit dem Bus problemlos zu erreichen, in der Postkutschenzeit eine zu große Distanz für einen Fahrschüler. Ein Internat kam aus finanziellen Gründen nicht infrage. Als einzige Möglichkeit blieb der Privatunterricht. Archidiakon Hecht, der Pfarrer der St. Georgskirche, bei dem Franz auch Konfirmandenunterricht hatte, erklärte sich bereit, dem Jungen Privatstunden in den Gymnasialfächern zu erteilen.

Max Schmidt nahm in seiner Biografie besonders Junghuhns Lateinkenntnisse unter die Lupe, über die er einiges an Lob zu sagen wusste: Sie seien die „Früchte eines braven, altväterlichen Unterrichts, der gründlich die Elemente paukte und von dem modernen Wahn, Arbeit sei Spiel, Lernen sei leicht, Sprachen bewältige man ohne grammatische Regeln und gründliches Vokabellernen, noch unberührt war“.9 Im Übrigen jedoch fand er den Unterricht des Archidiakonus Hecht „oberflächlich in allem Wichtigen“.10

Halle

Irgendwann muss es den Beteiligten klar gewesen sein: Um vor der Königlich Preußischen Commission das Abitur bestehen zu können, brauchte es mehr als das, was die Vaterstadt und der Archidiakon zu bieten hatten. Franz Junghuhn, inzwischen konfirmiert, ging nach Halle, vermutlich im Februar 1825, um sich vorzubereiten. Er wohnte bei einem jungen Theologieprofessor, Johann Karl Thilo,11 bei dem er vermutlich auch Privatunterricht erhielt.

Warum eigentlich hat Franz Junghuhn in Halle nicht eine Schule der berühmten Franckeschen Stiftungen besucht? Wenn es schon nicht das Pädagogium sein konnte, das dem Adel und wohlhabenden Bürgersöhnen vorbehalten war, so gab es ja noch die Lateinschule, die auch Schüler aus weniger vermögenden Familien aufnahm. Vielleicht wäre Junghuhn dort zu jener lückenlosen Bildung gelangt, an der es ihm nach Meinung mancher Biografen so gemangelt haben soll. Sicher ist eines: Er wäre dort unglücklich gewesen wie ein Vogel im Käfig. Die Lateinschule war bekannt für ihre Strenge. Neben dem Lernen blieb so gut wie keine freie Zeit; an botanische Ausflüge zum Beispiel wäre dort nicht zu denken gewesen. Und nicht nur das: Auch der Geist, der an dieser Schule herrschte, die Frömmigkeit pietistischer Prägung, wäre für Franz ein ständiger Stachel im Fleisch gewesen. Auch wenn er erst viel später zu seiner eigenen Religiosität fand, nach schwierigen Jahren und unter dem tiefen Eindruck, den die Natur Javas auf ihn machte – vom Christentum, wie es ein Archidiakonus Hecht und die Theologen an den Franckeschen Schulen lehrten, hatte er sich vermutlich schon als Sechzehnjähriger endgültig verabschiedet.

Er bestand die Reifeprüfung, wenn auch nur mit der Note drei. In den Universitätsakten ist zum 1. Juli 1827 vermerkt, Franz Wilhelm Junghuhn aus Mansfeld, Alter siebzehn Jahre, habe sich als Medizinstudent immatrikuliert. Der Betrag „der jährlichen Subsistenzmittel“ sei unbestimmt.

Folgen wir der Schilderung Karl Müllers – von Max Schmidt gibt es keinerlei Auskunft über die Zeit in Halle –, dann verließ Franz Junghuhn mit Beginn des Studiums seine bisherige Unterkunft bei Professor Thilo. Er habe seine Zeit in Halle verbummelt, so Müller. Statt zielstrebig zu studieren, sei er „der Sirenenstimme der Natur“ gefolgt und habe nur noch botanisiert. Er habe sich mit einer Schauspielerin eingelassen und selbst unter die Schauspieler gehen wollen. Daraufhin habe er keine Unterstützung mehr vom Vater erhalten und nach Haus zurückkehren müssen. Nach Halle sei er nur noch einmal gegangen, um sich sein Abgangszeugnis von der Universität abzuholen, „doch scheint es nicht, dass dasselbe besonders brillant ausgefallen war“.12 Soweit Karl Müller.

Zum Glück waren die Preußen ordentliche Leute. Sie legten über alles Akten an und hoben sie akkurat für die Nachwelt auf, zum Beispiel auch Franz Junghuhns Abgangszeugnis von der Universität Halle aus dem Jahr 1829. Eben jenes Zeugnis, von dem Karl Müller behauptete, es könne nicht „besonders brillant ausgefallen“ sein. Ich habe eine beglaubigte Abschrift dieses Dokuments entdeckt13 und fand es, wenn auch nicht brillant, so doch sehr eindrucksvoll. Es zeigt nämlich, dass der Medizinstudent Franz Junghuhn in seinen drei Studiensemestern in Halle keineswegs „gebummelt“ haben kann. Er besuchte alle Vorlesungen und Übungen, die für die ersten beiden Studienjahre in der Medizin vorgeschrieben waren. Alle Professoren, bei denen er hörte, bescheinigten ihm „außerordentlichen Fleiß“. Zahlen sind überliefert: An der medizinischen Fakultät in Halle gab es 1828 insgesamt 75 Studenten,14 das war – verglichen mit den 836 Studenten der Theologie – eine sehr kleine Anzahl. Junghuhn hätte also bestimmt nicht unbemerkt seine Vorlesungen schwänzen oder Fleiß vortäuschen können. Außer den medizinischen Veranstaltungen besuchte er eine stattliche Anzahl von Vorlesungen der philosophischen Fakultät. Nach einer neuen Vorschrift aus dem Jahr 1826 mussten Medizinstudenten, um zur Promotion zugelassen zu werden, zuvor eine philosophische Prüfung ablegen, das sogenannte „Tentamen philosophicum“. Dadurch sollte verhindert werden, dass „bloße Routiniers, besonders ehemalige Chirurgen und Apotheker, ohne die erforderliche wissenschaftliche Bildung in den Stand der Ärzte sich eindrängen“.15 Franz Junghuhn bereitete sich mit dem Besuch dieser Vorlesungen auf sein „Tentamen philosophicum“ vor – ein Beweis dafür, dass er auf dem besten Weg war, promovierter Mediziner zu werden.

Über all die Pflichtübungen verlor Junghuhn aber nicht sein eigentliches Ziel, das Studium der Botanik, aus den Augen. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, denn in Halle traf er zum ersten Mal in seinem Leben auf Menschen, die seine Leidenschaft für die Pflanzenwelt verstanden und teilten.

Freunde und Lehrer

Zwei der bedeutendsten Botaniker ihrer Zeit unterrichteten damals in Halle: bei den Medizinern Kurt Sprengel (1766–1833), der gleichzeitig den Botanischen Garten leitete, an der philosophischen Fakultät Georg Friedrich Kaulfuß (1786–1830). Bei beiden hörte Franz Junghuhn Vorlesungen über sein Lieblingsgebiet, die Pilze. Man sollte meinen, die Hörer hätten die Vorlesungen dieser Koryphäen gestürmt – aber nein. Der junge Schweizer Oswald Heer, der im Wintersemester 1828/29 nach Halle kam, hauptsächlich, um Theologie zu studieren, nebenbei aber auch der Naturwissenschaft wegen, schrieb entrüstet an seinen Vater: „Denkt doch, wie wenig Interesse die Botanik in Halle findet; Sprengel hat keines der beiden angekündigten Kollegien zu Stande gebracht!“16 – Umso enger war wohl der persönliche Kontakt zwischen den Professoren und ihren wenigen interessierten Studenten. Dass Junghuhn sich nach dem Auszug bei Professor Thilo ausgerechnet eine Studentenbude am Jägerplatz suchte, war sicher kein Zufall. Denn der Platz lag – und liegt noch heute – in unmittelbarer Nachbarschaft zum Botanischen Garten, Sprengels „Revier“. In der Großen Märkerstraße traf man sich bei Professor Kaulfuß, und hier lernten sich Franz Junghuhn und Oswald Heer kennen. Noch einer gehörte zum Freundeskreis, Hermann Burmeister aus Stralsund, ein Insektenkundler. Man traf sich in den Vorlesungen, unternahm gemeinsame Exkursionen und besuchte sich gegenseitig zu Hause. Über Oswald Heers Studentenbude schrieb ein Kommilitone: „Hilf Himmel, wie sah es da aus! Eher Fausts Hexenküche ähnlich als der Behausung eines frommen Theologen. Auf dem Stuhl blähte sich eine Kröte; über den Fußboden huschte eine Coluber natrix (Natter). Auf dem Tisch befanden sich allerlei Violen, Fläschchen, Zangen, Loupen, Mikroskop, Schachteln mit Insekten usw, auf dem Fensterbrett Gläser mit schmutzigen Flüssigkeiten, in denen Infusorien gezüchtet wurden.“17 Heer berichtete nach Hause, sein Freund Junghuhn sei ein „wackerer junger Botaniker, der besonders in den Kryptogamen stark zu sein“ scheine, und er bat, der Vater möge für ihn Pilze im heimatlichen Kleintal sammeln lassen.

Damals war es unter Studenten Mode, einander Verse oder Sprüche ins „Stammbuch“ zu schreiben. Auch Heer hatte so ein Stammbuch, in das ihm sein Freund Junghuhn zur Erinnerung schrieb: „Du richtest Deine Blicke auf das heitere Leben der Insekten, die fröhlich durch die Luft schwirren, aber ich wandle unter den melancholischen Pilzen, die, eine Traumwelt der Pflanzen, im Schatten der Gebüsche wachsen. Aber beide kommen wir zum Ziel.“18

Das „Ziel“ wenn Junghuhn damit den Doktortitel gemeint hatte, dann irrte er sich – wenigstens, was ihn selbst betraf! Die Freunde beendeten zwar beide ihr Studium mit Erfolg: Burmeister, der Junghuhn um zwei Jahre voraus war, erwarb im Spätherbst 1829 gleich zwei Titel: den des Dr. med. und den des Dr. phil. Oswald Heer, der drei Jahre Jüngere, studierte bis 1831 in Halle und wurde in St. Gallen zum Dr. theol. promoviert. In Junghuhns Leben jedoch ereigneten sich eben zu dieser Zeit die Katastrophen, die ihn für immer aus der Bahn zu werfen drohten.

Ökonomische Unordnungen

Gegen Ende des Wintersemesters 1828/29 brach Franz Junghuhn aus unbekannten Gründen sein Studium ab und kehrte ins Elternhaus zurück. Unwahrscheinlich ist, dass er freiwillig von Halle fortging. Er hatte bis dahin erfolgreich auf sein Examen hingearbeitet, er hatte fähige Lehrer, gute Freunde – und er war an der Universität, an der das studentische Leben damals scharf von der Obrigkeit kontrolliert wurde, in keiner Weise unangenehm aufgefallen. In seinem Abgangszeugnis wurde das ausdrücklich bestätigt: Franz Junghuhn, hieß es, sei „einer Theilnahme an verbotenen Studentenverbindungen nicht verdächtig gewesen“. Dabei hatte er sicher reichlich Gelegenheit gehabt, mit Burschenschaftlern in Berührung zu kommen, die sich trotz des Verbots und drakonischer Strafen immer wieder in der Öffentlichkeit zeigten. 1826 zum Beispiel hatte es am 23. Juli einen „Tumult“ in der Stadt gegeben. Burschenschaftler waren in einem Biergarten mit Bürgern in Streit geraten. Die Polizei kam, die Studenten türmten und zogen zum Alten Markt. Sie forderten, dass in den Häusern die Lichter ausgelöscht würden, und zerschlugen dort, wo das nicht geschah, die Scheiben im Erdgeschoss. Militär rückte an. „Etliche Individuen“ wurden festgenommen, nicht ohne Widerstand.19

Aber das war nicht Junghuhns Welt und nicht die seiner Freunde. Oswald Heer schrieb seinem besorgten Vater, er besuche keine der Verbindungen, weder die deutsche Burschenschaft, noch die schweizerische Studentenkorporation „Helvetia“, habe es vielmehr vorgezogen, Mitglied des neu gegründeten Museums zu werden, wo man viele wissenschaftliche Zeitschriften finde. Vermutlich waren Burmeister und Junghuhn darin mit ihm einig. Pilze und Käfer, Algen und Farnkräuter, das waren die Gesprächsthemen der drei Freunde, die Jagdobjekte bei ihren Exkursionen. Wie hätten sie bei dieser Leidenschaft noch Zeit oder Interesse haben sollen für politisch-patriotische Allotria? Junghuhn hätte sich ohnehin die Bierabende, die zum Comment gehörten, gar nicht leisten können. Er konnte froh sein, wenn er überhaupt etwas zu essen und zu trinken hatte.

Ein Satz in seinem Abgangszeugnis deutete auf dieses Problem hin: „Hinsichtlich seines Verhaltens wird bemerkt, dass ökonomische Unordnungen zu rügen waren.“ Ökonomische Unordnungen – was konnte das anderes heißen, als: er konnte Miete und Kollegiengelder nicht bezahlen, er ließ beim Wirt und Buchhändler anschreiben, solange ihm Kredit gewährt wurde – er machte Schulden, in der Hoffnung, dass ein Wunder geschehe – so lange, bis sie ihm über den Kopf wuchsen. Die Freunde werden geholfen haben – aber sie selber kamen wohl auch gerade so hin, keiner von beiden stammte aus einem wohlhabenden Elternhaus. Für bedürftige Studenten gab es zu jener Zeit kaum eine andere Unterstützung als die sogenannten „Freitische“. Möglicherweise genoss Junghuhn einen solchen Freitisch – Belege dafür gibt es nicht. Das Studentenwerk, in dessen Arbeitsvermittlungsbüro er sich einen Erwerb hätte suchen können, war erst eine Erfindung des 20. Jahrhunderts.

Schon in Junghuhns Immatrikulationsakte hatte es ja geheißen, der Betrag der jährlichen Subsistenzmittel sei „unbestimmt“. Anderthalb Jahre danach wies das Abgangszeugnis in einem Nebensatz darauf hin, dass die erwähnten ökonomischen Unordnungen mit einem „Mangel an ausreichenden Subsistenzmitteln“ zu tun hatten. Mit anderen Worten: Vater Junghuhn zahlte seinem Sohn zu wenig Unterhalt. Konnte er nicht mehr geben oder wollte er nicht? Wenn er nicht gekonnt hätte, hätte er doch wohl kaum den Sohn zur Ausbildung nach Halle gehen lassen. Also bleibt die Vermutung, dass er nicht wollte. Karl Müller und Max Schmidt – und nach ihnen alle anderen Biografen – behaupteten, der alte Junghuhn habe den Geldhahn zugedreht, um Franz dafür zu strafen, dass er nur Botanik und nichts anderes im Kopf hatte und alle anderen medizinischen Fächer vernachlässigte. Das Abgangszeugnis spricht eine andere Sprache. Er hatte sein Pflichtprogramm absolviert und das auch noch „mit außerordentlichem Fleiß“. Warum also musste Franz Junghuhn ohne finanzielle Hilfe des Elternhauses auskommen und dabei verständlicherweise scheitern? Klarheit darüber gibt es nicht, wohl aber eine naheliegende Vermutung.

Zur gleichen Zeit, als sich Vater Junghuhn Gedanken um die Zukunft des Ältesten machte, wurde in Preußen die Ausbildung der Chirurgen reformiert. Spezielle Lehranstalten waren in mehreren Universitätsstädten eingerichtet worden, an denen die Kandidaten eine dreijährige halbakademische Ausbildung zum Wundarzt erster Klasse absolvieren konnten. 1826 plante man auch in Halle eine solche Lehranstalt, die allerdings nicht zustande kam. Dort wurde stattdessen die Neuerung eingeführt, dass künftige Chirurgen auch ohne Immatrikulation neben ihren Praktika an bestimmten Universitätsvorlesungen teilnehmen und so ihr Prüfungswissen erwerben konnten. Vermutlich war es diese neue Ausbildung zum Wundarzt erster Klasse, die Vater Junghuhn für seinen Sohn ins Auge fasste. Sie war kein volles Medizinstudium, führte jedoch eine Stufe höher als die, bis zu der er selber es gebracht hatte.

Doch den Sohn zog es nicht zu den kranken Menschen, sondern in die Natur, nicht zur Medizin, sondern zur Botanik. Für ihn stand seit langem fest, dass er Botaniker werden würde. Nur hatte das einen Haken. Keiner, der damals wissenschaftlicher Botaniker werden wollte, kam um das Medizinstudium herum, denn die Botanik war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts noch kein eigenständiges Fach, sondern eine medizinische Hilfswissenschaft. Alle bedeutenden Botaniker mussten sich damals zu diesem Umweg bequemen.

Wahrscheinlich immatrikulierte sich Franz Junghuhn an der Universität Halle für ein volles Studium an der medizinischen Fakultät – gegen den ausdrücklichen Willen seines Vaters, da dieser lediglich bereit war, eine Ausbildung zum Chirurgen erster Klasse zu finanzieren. Die war billiger, denn sie dauerte nur drei statt vier Jahre – und vor allem: Sie machte aus dem Sohn einen Arzt und keinen Botaniker! Vermutlich hielt der alte Junghuhn von der Botanik sehr wenig. Sie galt damals noch in weiten Kreisen als „Weibersache“. Berühmt war der Satz, mit dem Napoleon Bonaparte Alexander von Humboldt zu verstehen gegeben hatte, dass er ihn verachtete: „Sie betreiben die Botanik? – Das tut meine Frau auch!“ –

Vielleicht hatte Franz gehofft, während der ersten Semester seinen Vater durch Fleiß und Beharrlichkeit umzustimmen. Das war ihm offenbar nicht gelungen. So blieb ihm zuletzt nichts anderes übrig, als sein Studium aus Geldmangel aufzugeben.

Verzweiflung und Kreativität

Sich die tiefschwarze Stimmung vorzustellen, in der Franz Junghuhn von Halle nach Mansfeld zurückkehrte, fällt nicht schwer. In dieser Situation lagen Gedanken an Selbstmord wohl nahe. Unternommen hat er den Versuch, sich umzubringen, vermutlich erst nach seiner Heimkehr und der unvermeidlichen Auseinandersetzung mit seinem Vater. Es wird um die Schulden gegangen sein, die er zurückgelassen hatte, aber vor allem um seinen Ungehorsam, seine Weigerung, Chirurg zu werden, um die große Enttäuschung des Vaters über den Sohn.

In einem halb eingestürzten Kellergewölbe des Mansfelder Schlosses habe er sich eine Kugel in den Hinterkopf geschossen – so der Biograf Max Schmidt. Eine Frau, die zufällig vorübergegangen sei, habe ein Stöhnen gehört, den schwer Verletzten gefunden und den Vater zu Hilfe gerufen. Als der erfahren habe, es handle sich um seinen eigenen Sohn, habe er die Stiefel, die er gerade anziehen wollte, „scheinbar gelassen“ wieder in die Ecke gestellt. Er sei dann aber doch zur Unglücksstätte gekommen, habe die Kugel entfernt, den Sohn verbunden und ihn zu Haus gesund gepflegt. Aber später, wann immer er auf den Vorfall zu sprechen gekommen sei – kein anderer habe es gewagt, davon anzufangen –, habe er sich nicht beruhigen können über die „Dummheit“, dass ein Mediziner und gewandter Schütze sich „von hinten“ habe erschießen wollen! Er habe sich mit dem Finger an die Stirn getippt und voller Empörung gerufen: „So hätte er es machen müssen!“20

Diese Geschichte hat oft zum Beweis dafür herhalten müssen, dass zwischen Vater und Sohn Junghuhn die Chemie nicht stimmte, dass ihr Verhältnis zueinander von Kälte und Feindseligkeit bestimmt war. Aber könnte sie – wenn sie sich denn überhaupt so zugetragen hat – nicht auch Zeichen für das tiefe Entsetzen, den Schock des Vaters über die Verzweiflungstat seines Sohnes sein, mit dem er nicht anders umgehen konnte als auf diese scheinbar zynische Weise?

Ob der Selbstmordversuch gleich nach Franzens Rückkehr aus Halle unternommen wurde, ist unbekannt. Vorstellbar ist auch, dass er sich erst im Winter oder darauffolgenden Frühjahr zutrug, weil sich die häuslichen Streitigkeiten über seine unordentliche Lebensweise ins Unerträgliche gesteigert hatten. Denn er fügte sich nicht mehr ins Familienleben ein. „Halb Genie, halb Vagabund“, sei er oft in den Wäldern des Harzes verschwunden und erst Wochen später wieder zu Hause aufgetaucht. Wenn er dann wieder erschien, muss er tage- und nächtelang, das lateinische Glossar neben sich, am Schreibtisch gesessen, wie ein Besessener gezeichnet und geschrieben haben. Verzweiflung und Kreativität lagen bei ihm dicht beieinander. Das Ergebnis war seine erste wissenschaftliche Arbeit. Um Weihnachten herum schickte er das Manuskript dem Herausgeber der botanischen Zeitschrift „Linnaea“ in Berlin, Diederich von Schlechtendal. Im Jahr darauf erschien es unter dem Titel: „Observationes Mycologicae in species fungorum tam novas tam male cognitas Auctore Francisco Junghuhnio (med. stud).“

Der goethesche Vers aus Faust I, den Junghuhn seiner Arbeit als Motto vorangesetzt hatte, lautete:

Geheimnisvoll am lichten Tag

Lässt sich Natur des Schleiers nicht berauben,

Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,

Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.

Das Zitat war fast das einzige Deutschsprachige in diesem Artikel, denn die Sprache der Botanik war damals selbstverständlich das Lateinische, und darin bewegte sich Junghuhn dank Archidiakonus Hecht und Professor Thilo fehlerfrei.

Bei allen von ihm beschriebenen Pilzen gab er die Fundorte an, und die Auflistung zeigt, dass er in den Herbstmonaten des Jahres 1829 den gesamten Unterharz durchstreift haben muss – kein Wunder also, dass er Wochen unterwegs war. Auch heute noch ist der Harz ein Pilzparadies, wo man an grasigen Hängen nicht selten auf wunderschöne Großfamilien der Spezies Boletus edulis (Steinpilz) stößt. In Junghuhns Artikel kam der Boletus nicht vor. Ihm ging es um Beobachtungen an „species fungorum tam novas tam male cognitas“, also um neue und wenig bekannte Arten. Der Zwanzigjährige erwarb sich mit dieser Arbeit einen bleibenden Ruf als Mykologe.

Zum Sommersemster 1830 ging Franz Junghuhn nach Berlin. Ob es der Suizidversuch war, der seinen Vater zum Einlenken gebracht hatte, oder die erstaunliche Tatsache, dass es dem Sohn mit seinem „Herumvagabundieren“ offenbar gelungen war, unter die Wissenschaftler aufgenommen zu werden, wir wissen es nicht. Vermutlich hat die Mutter zwischen den beiden vermittelt und zur Aussöhnung beigetragen. Vielleicht hat der Vater seinen Widerstand gegen das teure Medizinstudium aufgegeben, und die Mutter hat in ihrer Familie Geld dafür locker machen können, schließlich war einer ihrer Brüder Franzens Taufpate. Ein Neuanfang schien möglich, alles konnte doch noch gut werden – so sah es aus. Drei Monate später war die nächste Katastrophe da.

Im Mekka der Botanik

Ostern 1830 schrieb sich Franz Junghuhn an der medizinischen Fakultät der königlichen Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin ein. Unter den Neuimmatrikulierten gehörte er zu den wenigen, deren Väter weder höhere Beamte noch Gutsbesitzer waren. Er wohnte nur kurze Zeit am Neumarkt 9, dann zog er um in die Weinmeisterstraße 7, wo er bis zu seinem Weggang aus Berlin sein Domizil hatte.21

Berlin war damals so etwas wie das Mekka der Botanik. Ein österreichischer Naturwissenschaftler schrieb 1822, nachdem er den Botanischen Garten, das Königliche Herbarium und die Botaniker an der Universität besucht hatte: „Es scheint, dass fortan, wie der Muselman zum Grabe des Propheten, so jeder Botaniker nach Berlin wird pilgern müssen, wenn er botanisch selig sterben will!“22 Zu diesem Mekka hatte Franz Junghuhn nun freien Zugang, bestens eingeführt durch seinen Artikel über die Pilze. Diederich von Schlechtendal, der Herausgeber der „Linnaea“, empfing ihn freundlich und wurde rasch zu seinem Mentor. Schlechtendal war außerordentlicher Professor an der Philosophischen Fakultät und in seiner Tätigkeit als Kustos des Herbariums, der „öffentlichen Kräutersammlung“, so hoch angesehen, dass man ihm einen eigenen Diener zum Vergiften und Aufkleben der Pflanzen zugebilligt hatte.23 Kein Wunder bei der Kostbarkeit der Schätze, über die er zu wachen hatte. Der kostbarste von allen war die berühmte Sammlung Willdenow, zu der die Herbarien von Vater und Sohn Forster, von Cooks zweiter Weltumsegelung und Alexander von Humboldt gehörten. Es ist ein kleines Wunder, dass diese Schätze bis heute überlebt haben. Bei einem Bombenangriff 1943 brannte das Herbariumsgebäude nieder, Willdenows Herbar blieb erhalten.

Wenn er nicht in seinen medizinischen Vorlesungen saß, wird Junghuhn wohl bei Schlechtendal in Schöneberg im Herbarium oder im Botanischen Garten gewesen sein. Sicher hatte ihn auch die Aussicht nach Berlin gelockt, dort Schlechtendals Freund Adelbert von Chamisso, den Dichter und weit gereisten Kustos des Gartens kennenzulernen und – wer weiß – mit etwas Glück sogar den großen Alexander von Humboldt. Letzteres ergab sich nicht, aber Chamisso wird er begegnet sein. Doch auch in der medizinischen Fakultät konnte er auf Größen in seinem Lieblingsfach treffen, vor allem auf Heinrich Friedrich Link, der ebenso begeisterter Botaniker wie engagierter Mediziner war.

Die Katastrophe

Sommer in Berlin, der Botanische Garten duftete und stand in voller Blüte – aber die Biergärten lockten eben auch. Für einmal verließ Franz Junghuhn seine Einsamkeit und stürzte sich ins Getümmel – mit verheerenden Folgen. Als er nach Hause zurückkehrte am Abend jenes 30. August 1830, wusste er, dass ihm ein Duell bevorstand. Was war passiert? Das Protokoll einer Berliner Justizbehörde gibt in dürren Worten Auskunft über das Ereignis, das Junghuhns Leben endgültig auf den Kopf stellen, ihm böse Jahre bescheren und sein Verhältnis zu Welt und Menschen endgültig prägen sollte.

„Am 30. August 1830 wurde der Student der Arzneiwissenschaft Franz Wilhelm Junghuhn aus Mansfeld von dem Studenten Schwoerer aus Basel in einer hiesigen Restauration ‚dummer Junge‘ genannt und gab ihm hierauf den Schimpfnamen ‚infamer Hundsfott‘ zurück. Infolge dieser Beleidigung ließ der Schwoerer den Junghuhn auf krumme Säbel fordern. Letzterer lehnte diese Waffe ab und wählte Pistolen, angeblich weil er nicht zu schlagen imstande. Zur Durchführung des Duells fanden sich die beiden Duellanten nebst ihren Sekundanten, einem Leutnant außer Diensten, von Lüderitz, und einem gewissen Reidangel, am 1. September 1830 bei der in der Nähe des Gesundbrunnens belegenen Artillerieschanze, in Begleitung mehrerer anderer Personen ein und wurde der Zweikampf, nachdem der Junghuhn dem Schwoerer hatte sagen lassen, dass er bereit wäre, die ihm zugefügte Beschimpfung zurückzunehmen, wenn er ein Gleiches thäte, Schwoerer aber eine Aussöhnung abgelehnt hatte, in der Art vollzogen, dass die Duellanten auf fünf Schritte Barrière gleichzeitig schossen. Junghuhn erhielt einen Schuss durch den linken Schenkel, Schwoerer blieb ungetroffen. Die dem Junghuhn zugefügte Wunde ist jedoch ohne bleibenden Nachtheil für sein Leben und seine Gesundheit gewesen. Schwoerer erschoss sich vor seiner Verhaftung. Die Untersuchung konnte daher weder gegen ihn, noch auch gegen dessen Sekundanten, welcher unter dem angeblichen Namen Reidangel nicht zu ermitteln war, eröffnet werden.“

Im Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem fand ich vor einigen Jahren die Duellakte, aus der das obige Zitat stammt.24 Durch sie kommt Licht in eine Angelegenheit, über die bis dahin wilde Gerüchte kursierten. Junghuhn selbst schwieg zeitlebens eisern über den Vorfall, selbst Freunden gegenüber. Nur einmal, in seinem ersten autobiografischen Bericht, stellte er klar, er sei der Beleidigte gewesen und auch derjenige, der die Verletzung davongetragen habe – aber dieser Bericht wurde erst 45 Jahre nach seinem Tod, durch Max Schmidt, veröffentlicht. Da war es längst zu spät, das Urteil über ihn stand fest: Er war mit einem anderen wegen eines Mädchens aneinandergeraten, er hatte ihn beleidigt und ihn – noch dazu einen Familienvater! – getötet.25 Und mochte es sich auch in Wahrheit ganz anders zugetragen haben, ihm war so etwas zuzutrauen. Vielleicht hätten nicht einmal die aktenkundigen Tatsachen – wenn sie denn bekannt geworden wären – das abfällige Urteil der Zeitgenossen zurechtrücken können. Denn hatte er nicht versucht, das Duell in letzter Minute abzuwenden und damit nach geltendem Ehrenkodex seine Feigheit offenbart?

Zum Glück gingen Duelle meistens glimpflich aus. Bei den üblichen Gefechten mit abgestumpften Säbeln konnten sich die Gegner wohl Schnitte, aber keine lebensgefährlichen Stichwunden beibringen. Pistolenduelle waren die große Ausnahme. Junghuhn aber musste diese Waffe wählen, weil er kein Verbindungsstudent war und sich mit Säbeln nicht auskannte.

Irgendwann zwischen dem Abend des 30. August und dem Morgen des 1. September ist er wohl wieder zu Verstand gekommen, und es muss ihm gedämmert haben, dass er im Begriff war, eine Riesendummheit zu begehen. Aus heutiger Sicht erscheint es sehr vernünftig und erwachsen, dass er dem Gegner vor dem Schusswechsel anbot, die Sache friedlich beizulegen. Er wusste aber natürlich, „dass man das nicht tut“. Wie zu erwarten, ging Schwoerer nicht auf das Friedensangebot ein, und so blieb Junghuhn nur noch eine Möglichkeit, zu zeigen, dass er das Spiel nicht mitspielte: Er schoss absichtlich daneben – denn anders ist sein Fehlschuss bei so geringer Distanz nicht zu erklären.

Es gibt eine interessante Parallele zu dem Ereignis. 1841 sah sich der damals schon berühmte Heinrich Heine gezwungen, auf eine Duellforderung einzugehen, obwohl er diese Art, seine Ehre zu wahren, lächerlich fand. Er konnte sich nicht entziehen, weil er vor der Öffentlichkeit nicht als Feigling dastehen wollte. Er schoss in die Luft, nachdem die Kugel seines Gegners ihn nur deswegen verfehlt hatte, weil sie am Portemonnaie in seiner Hosentasche abgeprallt war. Sein Gegner verließ tief beleidigt den Platz.26

Vielleicht war Schwoerer ebenfalls tief beleidigt, weil Junghuhn ihn keines Treffers würdigte, und nahm sich deshalb das Leben? Wir wissen es nicht. Das Verhalten unserer Altvorderen gibt uns Heutigen manches Rätsel auf! Und wie mag sich die Nachricht von Schwoerers Suizid auf Junghuhn ausgewirkt haben, dessen eigener Selbstmordversuch noch nicht lange zurücklag? Mag sein, dass darin der Schlüssel für sein späteres Schweigen liegt. Vielleicht nahm ihn der von ihm nicht verschuldete, tragische Ausgang der Affäre so mit, dass er das Ganze verdrängen musste.

Irgendjemand hat sie dann wohl verpfiffen, Duelle waren in Preußen damals strengstens verboten, und es gab viele „Duellspione“. Die noch verbliebenen Schuldigen, also Junghuhn, sein Sekundant und vier Freunde, die dabei gewesen waren, wurden vorgeführt und legten ihre Geständnisse ab. Danach entließ man sie zunächst wieder in die Freiheit. Von dem, was ihm bevorstand, kann Junghuhn keine Vorstellung gehabt haben. Während er weiter studierte und darauf wartete, Bescheid zu erhalten, schrieb er Ende November 1830 an den Königlichen Oberbibliothekar Professor Wilken und bat um Verlängerung der Leihfrist für von ihm entliehene Bücher. Er müsse eines Duells wegen mit einer Haftstrafe rechnen und wolle die Zeit im Gefängnis nutzen, um die Arbeit an seinem mykologischen Handbuch zu beenden. „Nicht nur der Hang nach gelehrter Beschäftigung und Bereicherung meiner Kenntnisse treibt mich zur Fortsetzung meiner Arbeit an: es ist damit noch der Nebenzweck verbunden, dass ich für besagte vollendete Arbeit ein nicht unbedeutendes Honorar erhalte, was mir bei meinen gegenwärtigen dürftigen Umständen und gänzlichem Geldmangel höchst willkommen sein muss. Deshalb ersuche ich Ev. Wohlgeboren ergebenst, mir doch gütigst im Gefängnis, wo dieselben gewiss doppelt gut gehalten und in Acht genommen werden, den Gebrauch jener Bücher zu gestatten.“27

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