Einführung in didaktisches Denken
Einführung in
didaktisches Denken
Waxmann 2012
Münster / New York / München / Berlin
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Waxmann Studium
ISSN 1869-2249
ebook-ISBN 978-3-8309-5074-5
© Waxmann Verlag GmbH, Münster 2012
www.waxmann.com
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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
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Inhalt
Einleitung |
|
1. |
Begriffsklärung |
2. |
Voraussetzungen didaktischen Denkens |
2.1 |
Notwendigkeit |
2.2 |
Möglichkeit |
2.3 |
Legitimität |
3. |
Das didaktische Bedingungsgefüge |
3.1 |
Der Rahmen |
3.2 |
Der Lerner |
3.3 |
Der Vermittler |
3.4 |
Der Inhalt |
4. |
Die Prozesse |
4.1 |
Auswählen und aufbereiten |
Exkurs zur Funktion der (neuen) Medien bei der Vermittlung |
|
4.2 |
Verarbeiten und Lernen |
4.3 |
Interagieren und Kommunizieren |
5. |
Didaktische Konzepte |
5.1 |
Analyse des Kontextes von Unterricht: |
5.2 |
Auswahl von Inhalten: Bildungstheoretische Didaktik |
5.3 |
Operationalisierung von Inhalten: Lernzielorientierte Didaktik |
5.4 |
Individuelle Konstruktion von Inhalten: |
5.5 |
Didaktik: allgemein oder speziell? |
6. |
Unterrichtskonzepte |
6.1 |
Erziehender Unterricht der Herbartianer |
6.2 |
Erlebnispädagogik |
7. |
Unterrichtsmethoden |
8. |
Literatur |
Abbildungsverzeichnis |
|
Tabellenverzeichnis |
Einleitung
Didaktik meint in ihrem weitesten Verständnis die „Wissenschaft (und Lehre) vom Lehren und Lernen“ (Dolch 1963, S. 45). Dazu, wie diese Wissenschaft zu betreiben ist und welche Aspekte des Lehrens und Lernens wie zu behandeln sind, gibt es unterschiedliche Vorstellungen und entsprechend zahlreiche mehr oder weniger spezialisierte didaktische Konzepte. Kron listet 46 Varianten (52008, S. 66) und gibt damit sicherlich noch keinen vollständigen Überblick. Vollständigkeit ist nicht das Ziel des vorliegenden Buches, weder in der historischen Rückschau (vgl. dazu Kron 320001; Martial 22002; Terhart 2009) noch in der Behandlung aktueller didaktischer Zugänge.
Dieses Buch heißt „Einführung in didaktisches Denken“, weil es nicht so sehr die Ergebnisse – didaktische Konzepte – behandeln soll, sondern das Denken dahinter: Warum gibt es diese Konzepte überhaupt, welche Probleme sollen diese Konzepte bewältigen helfen? Und: Wovon hängen die unterschiedlichen Antworten auf diese Frage ab? Dazu werden exemplarisch typische Zugänge zum Lehren und Lernen und ausgewählte didaktische Positionen vorgestellt und diskutiert. Das Ziel ist am Ende nicht die genaue Kenntnis der didaktischen Modelle A, B oder C, sondern die Anregung, die eigene Position zu den hier behandelten Fragen des Lehrens und Lernens zu prüfen und zu klären – und sich davon ausgehend mit den vorliegenden didaktischen Konzepten zu befassen, die in zahlreichen Darstellungen verfügbar sind.2
Das vorliegende Buch ist als überarbeitete Fassung aus dem Skript zur Vorlesung „Didaktik“ an der Universität Stuttgart hervorgegangen.
1 Das historische Kapitel der 3. Auflage ist in der 5. Auflage nicht mehr enthalten, aber weiter unter www.reinhardt-verlag.de verfügbar.
2 Z.B. Jank/Meyer (1991); Kron (52008); Martial (22002)
1. Begriffsklärung
In der Einleitung wurde die gängige Definition der Didaktik als Wissenschaft vom Lehren und Lernen verwendet. Hier soll anders formuliert davon gesprochen werden, dass sich Didaktik damit beschäftigt, was zu bedenken ist, wenn man anderen Menschen etwas beibringen will. Je nach spezifischem Didaktikverständnis werden dabei unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: Darf man andere Menschen überhaupt verändern wollen? Wie kommen Lernprozesse zustande und sind sie von außen zu steuern? Wie entscheidet man, was wichtig genug ist, vermittelt zu werden? Was hilft beim Lernen? usw. Welche und wie viele dieser und anderer Aspekte ein didaktisches Konzept behandelt, ist ebenso unterschiedlich wie die Positionen, die dazu vertreten werden. Einflussreiche Konzepte mit ihren jeweiligen Positionierungen werden später noch dargestellt und diskutiert.
Hier reicht zur Vorverständigung die oben formulierte Arbeitsdefinition. An dieser Definition sind drei Aspekte wichtig: erstens die Intentionalität. Didaktik beschäftigt sich mit den Lernprozessen, die nicht schon ohne Planung und Zutun Anderer ablaufen, sondern mit denen, die ein ‚Nachhelfen‘ erfordern. Zweitens beschäftigt sich Didaktik mit Lernprozessen, bei denen ein Vermittler zwischen den Lernenden und die Sache tritt, nicht mit denen, die ohne diese Vermittlung stattfinden. Drittens beschäftigt sich Didaktik mit dem, was zu bedenken ist, d.h. sie liefert keine konkrete Vorlage für die Gestaltung spezieller Lern- und Vermittlungsprozesse, sondern macht Vorschläge, wie man zu einem begründeten Vorgehen gelangen kann. Didaktik nimmt also gegenüber der Praxis eine Metaperspektive ein.
Das lässt sich in der Abgrenzung zu den Begriffen „Unterrichtskonzept“ und „(Unterrichts-)Methode“ (bzw. Technik) verdeutlichen. Wie der Begriff „Didaktik“ werden auch diese Begriffe in der Literatur in der unterschiedlichsten Weise verwendet. Was im einen Fall „Technik“ genannt wird, heißt anderswo „Methode“, was der eine Autor „Methode“ nennt, bezeichnet ein anderer als „Didaktik“ usw. Hier soll mit folgenden Unterscheidungen gearbeitet werden:
Didaktische Konzepte sind Aussagesysteme, die eine reflektierte Entscheidung für ein bestimmtes Unterrichtskonzept vorbereiten. Sie behandeln die Voraussetzungen, die geklärt sein müssen, damit ein Unterrichtskonzept zum Einsatz kommen kann (z.B. Legitimation von Zielen, Auswahl von Inhalten, Vorstellung vom Lernen).
Unterrichtskonzepte bieten eine Anwendungsplanung, wie nach den didaktischen Vorentscheidungen konkrete Methoden begründet und integriert zum Einsatz kommen können. Man gelangt dann z.B. auf der Basis eines bestimmten Gesellschafts-, Persönlichkeits- und Lernverständnisses zur Entscheidung für einen projektorientierten Unterricht.
Methoden sind einzelne konkrete Verfahrensweisen, die innerhalb eines Konzepts zur Anwendung kommen, etwa eine Partnerarbeit, ein Lehrervortrag oder ein Schülerexperiment. Diese Methoden können einerseits innerhalb eines Unterrichtskonzepts in unterschiedlichen Kombinationen und Gewichtungen zur Anwendung kommen, können andererseits auch in verschiedenen Konzepten Verwendung finden.
Grafisch lässt sich die Relation von didaktischen Konzepten, Unterrichtskonzepten und Methoden so veranschaulichen:
Dabei ist zweierlei wichtig:
Zwischen didaktischen Konzepten und Unterrichtskonzepten sowie Unterrichtskonzepten und Unterrichtsmethoden bestehen keine 1:1-Relationen. Ein Lehrervortrag kann z.B. in verschiedenen Unterrichtskonzepten sinnvoll zum Einsatz kommen – dann allerdings mit jeweils anderen Begründungen, Inhalten und an anderen Stellen im Prozess.
Die Zuordnungen zu den einzelnen Ebenen und die Differenzierungen auf den einzelnen Ebenen sind nicht trennscharf. Ob etwas nur eine Methode oder schon so komplex ist, dass man besser von einem Unterrichtskonzept sprechen sollte, ist oftmals Ermessensfrage. Ebenso schließen manche Unterrichtskonzepte grundsätzlichere didaktische Überlegungen ein, so dass dann verhandlungsfähig ist, ob man von einem didaktischen oder einem Unterrichtskonzept reden sollte. Die hier gewählte Differenzierung liefert also eine Orientierung, aber keine zweifelsfreie Zuordnung einzelner Methoden oder Konzepte – dafür sind diese zu vielschichtig, nicht selten auch nur zu vieldeutig.