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1. Abmahnung

1a. Abgrenzung

1b. Vorbereitung der Abmahnung

1c. Inhalt der Abmahnung

1d. Beispiele für ungenaue Vorwürfe

1e. Abmahnungsberechtigte

1f. Hinreichende Bestimmtheit der Abmahnung

1g. Zugang der Abmahnung und Kenntnisnahme von ihrem Inhalt

1h. Zeitpunkt der Abmahnung

2. Kündigungsrechtliche Bedeutung der Abmahnung

2 a. Pflicht zur vorherigen Abmahnung

2 b. Wirkung der Abmahnung

2 c. Entbehrlichkeit der Abmahnung

2 d. Abmahnungstatbestände bei verhaltensbedingter ordentlicher Kündigung

2 f. Beteiligungsrechte des Betriebsrats

2 g. Entwertung der Abmahnung durch Zeitablauf

2 f. Grundsätzliches

2 g. Wie oft muss vor der Kündigung abgemahnt werden?

2 h. Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses

1 a. Kündigungserklärung

1 b. Inhalt der Kündigung

1 c. Information und Freistellung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung

1 d. Angabe des Kündigungsgrundes

1 f. Kündigung durch Vertreter

1 g. Grundsätzliches

1 h. Zugangsvereitelung

1 i. Kündigungsfrist

Praxis-Beispiel

Praxis-Beispiel

Praxis-Beispiel

Praxis-Beispiel

1j. Arbeitsvertragliche Kündigungsfristen

1k. Die Kündigungsgründe

Verschiedene Arten der Kündigung:

1. Die außerordentliche Kündigung

1 a. Wirksamkeitsvoraussetzungen

Erste Stufe:

Zweite Stufe:

Einzelfälle

Androhung einer Erkrankung

Anzeige gegen Arbeitgeber

Arbeitsverweigerung

Beleidigung

Betriebliche Gründe

Falschaussage

Führerscheinentziehung

Geschäftsschädigende Äußerungen

Konkurrenztätigkeit

Krankheit

Urlaub

Straftat

Verdacht einer schwerwiegenden Verfehlung

1.b Interessenabwägung

Praxistipp:

Praxistipp:

1c. Einhaltung der Ausschlussfrist

2. Die betriebsbedingte Kündigung

2a. Einführung

2b. Dringende betriebliche Erfordernisse

Hinweis

2c. Einzelne betriebsbedingte Gründe

Absatzschwierigkeiten

2d. Sonstige Gründe der Sozialwidrigkeit

2e. Soziale Auswahl

Praxis-Beispiel

2f. Anspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

3. Verhaltensbedingte Kündigung

3a. Voraussetzungen

3.aa Objektiver Grund

3.bb Prognose

3.cc Interessenabwägung

3.dd Ultima Ratio

3.ff Darlegungs- und Beweislast

Fallgruppen:

Arbeitsverweigerung

Pflichtverletzung bei Krankheit

Schlecht- oder Minderleistung

4. Personenbedingte Kündigung

4a. Alkoholkonsum als Kündigungsgrund

4b. Trunksucht als Kündigungsgrund

1. Stufe:

2. Stufe:

3. Stufe:

4c. Eignung

1. Abmahnung

Die Abmahnung ist zu unterscheiden von Ermahnungen und Beanstandungen, mit denen am Verhalten des Arbeitnehmers Kritik geübt wird, von denen aber keine Warnfunktion ausgeht. Solche Hinweise haben lediglich Sanktionscharakter und wirken nicht unmittelbar kündigungsvorbereitend, sie verhindern aber Entstehen einer Vertrauenstatbestandes. Sie können, müssen aber nicht, Vorstufe für den Ausspruch einer Abmahnung sein.

Die Ermahnung dokumentiert den arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoß und enthält eine entsprechende Rüge. Sie stellt also eine „Abmahnung ohne Warnfunktion" dar. Die Ermahnung wird in der Praxis als Vorstufe zur Abmahnung empfohlen, weil sie das mildeste Rügemittel darstellt und damit keine so heftige Reaktion des Arbeitnehmers wie bei der Abmahnung auslöst.

Sie kann mündlich oder auch schriftlich ausgesprochen werden.

1a. Abgrenzung

 Das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers kann gleichzeitig einen Vertragsverstoß und ein gemeinschaftswidriges Verhalten, d.h. einen Verstoß gegen die kollektive Ordnung, darstellen. Die Betriebsbuße dient dazu, eine generelle betriebliche Ordnung durchzusetzen, sie wird häufig in Form von sog. Verwarnungen oder Rügen ausgesprochen.

In einem solchen Fall steht es dem Arbeitgeber- die Existenz einer betrieblichen Bußordnung vorausgesetzt- frei, ob er eine Abmahnung und/ oder einen Verweis aussprechen will. Der AG muss gegenüber dem AN eindeutig und klar zum Ausdruck bringen, wozu er sich entschieden hat.

Beispiele aus der betrieblichen Praxis stellen die Umgehung von betrieblichen Kontrollen und die Missachtung von Rauch- oder Alkoholverboten dar.

Die Betriebsbuße stellt eine Strafmaßnahme zur Durchsetzung der betrieblichen Ordnung dar.

Sie unterscheidet sich von der Abmahnung dadurch, dass die Abmahnung nur vom Einzelnen die Einhaltung der arbeitsvertraglich oder gesetzlich geschuldeten Pflichten fordert.

Sie setzt sowohl eine Betriebsbußenordnung als auch die Beteiligung des Betriebsrates im Einzelfall der Verhängung der Buße voraus.

Die Abmahnung ist die Rüge eines konkreten Fehlverhaltens, verbunden mit der Androhung vertraglicher Konsequenzen für den Fall der Wiederholung ähnlich gelagerter Pflichtverletzung. Zugleich fordert der AG den AN für die Zukunft zu einem Vertragstreuen Verhalten auf.

Sie geht grundsätzlich einer verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung unter vorausgesetzter Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes als milderes Mittel vor.

Ein einschlägig abgemahnter AN kann sich später nicht mehr darauf berufen, er habe gedacht, der AG dulde sein Verhalten, weil dieser nie etwas gesagt habe.

Durch die Aufnahme der Abmahnung in die Personalakte eines abgemahnten AN wird die Pflichtverletzung förmlich dokumentiert.

1b. Vorbereitung der Abmahnung

Wenn möglich sollten zur Vorbereitung einer Abmahnung schriftliche Aussagen der Beteiligten eingeholt werden. Das führt auf der einen Seite dazu, dass der Beschwerdeführer sich noch einmal überlegt, ob es wirklich so gewesen ist, denn jetzt zeigt sich, dass an seiner Behauptung festgehalten werden kann und Beschuldigungen nicht ohne Konsequenzen erhoben werden können.

Eine Anhörung des AN vor Ausspruch der Abmahnung ist grundsätzlich nicht erforderlich.

1c. Inhalt der Abmahnung

Es ist ratsam,
als Überschrift das Wort "Abmahnung" zu verwenden, damit dem Arbeitnehmer auf einen Blick klar ist, um was es geht;
die Abmahnung kurz zu fassen, d. h. den Vorwurf auf den Punkt zu bringen, damit der Betroffene in der Lage ist, die Fakten zu erfassen und sofort weiß, was er ändern muss.

In gebotener Kürze aber Genauigkeit erfordert daher das als "Abmahnung" bezeichnete Schreiben den
Vorwurf einer ganz konkreten Pflichtverletzung
Eine Abmahnung kann nur Wirksamkeit entfalten, wenn sie dem anderen Vertragsteil die Pflichtverletzung klar vor Augen führt, man sagt, sie muss hinreichend bestimmt sein. Dem anderen (in aller Regel dem Arbeitnehmer) soll sein Fehlverhalten klar und unmissverständlich vor Augen geführt werden.

Zudem hat der Abgemahnte nur bei konkreter Darlegung die Möglichkeit, konkret Stellung zu nehmen und sich zu verteidigen.

Hier werden immer wieder vermeidbare Fehler gemacht, indem oberflächlich und unsubstantiiert nichtssagende Floskeln verwendet werden. Wichtige Punkte sind dabei die Angabe von Datum, Ort, Uhrzeit und Art der Pflichtverletzung.

1d. Beispiele für ungenaue Vorwürfe

"Ihr Verhalten ist unmöglich"; "Ihre Leistung lässt zu wünschen übrig";
"Immer wieder kommen Sie zu spät", "Sie stören den Betriebsfrieden", "Sie sind unzuverlässig".

Diese Aussagen sind zu allgemein, sie sind lediglich Schlagworte und machen die Abmahnung unwirksam. Das beanstandete Verhalten muss so genau wie möglich bezeichnet werden.

Beispiel für einen genauen Vorwurf:

"Sie sind am 1.8.2004 erst um 10.15 Uhr zur Arbeit gekommen.", "Sie haben am 12.8.2004 Ihrem Vorgesetzten, Herrn… erklärt, Sie würden seine Anweisung, das Buch… aus dem Lager zu holen, nicht befolgen."

Hinweis darauf, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Dieses Erfordernis wird in der Praxis überwiegend erkannt. Dennoch kann man auch hier Fehler machen:

Der Arbeitgeber ist nicht gezwungen, die arbeitsvertraglichen Konsequenzen, die bei einer Wiederholung des Fehlverhaltens gezogen werden sollen, konkret zu nennen. Denn der Arbeitnehmer darf nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber nacheinander alle denkbaren Konsequenzen ergreift, bevor er die Kündigung ausspricht. Dennoch bietet sich meist an, die Konsequenz "Kündigung" konkret zu nennen, damit der Abgemahnte deutlich erkennt, "jetzt wird es ernst".

Der Arbeitgeber sollte sich selbst nicht in Zugzwang bringen mit dem Hinweis, im Wiederholungsfall werde in jedem Fall gekündigt. Besser ist es, mitzuteilen, bei nochmaligem ähnlichem Pflichtverstoß sei "mit einer Kündigung zu rechnen". Denn es ist möglich, dass bei einem Wiederholungsfall der Arbeitgeber aus besonderen, nicht vorhersehbaren Gründen gerne auf eine Kündigung verzichten würde, sich aber durch die Androhung in der vorangegangenen Abmahnung, das nächste Mal in jedem Fall zu kündigen, selbst in Zugzwang gebracht sieht.

Der Arbeitgeber ist nicht gezwungen darauf hinzuweisen, dass Konsequenzen nur bei der Wiederholung eines genau gleichen Vorfalls gezogen werden. Es reicht aus, wenn von der Wiederholung "ähnlicher Pflichtverletzungen" oder sogar noch allgemeiner von "weiteren Pflichtverletzungen" gesprochen wird.

Praxis-Beispiel
"Sollten sich ähnliche Pflichtverletzungen wiederholen, müssen Sie mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen."

1e. Abmahnungsberechtigte

Die Abmahnung kann durch den Arbeitgeber selbst, von bevollmächtigten Vertretern wie z. B. von Vorgesetzten ausgesprochen werden. Denn nach der Rechtsprechung des BAG sind alle Mitarbeiter abmahnungsberechtigt, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung dazu befugt sind, Anweisungen bezüglich des Orts, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen. Das sind die Personen, an die das Direktionsrecht delegiert wurde. Damit sind grundsätzlich die leitenden Angestellten wie die Abteilungs-, Personal-, Filial-, Zweigstellenleiter, aber auch die Vorgesetzten (Z.B der Verkaufsleiter oder TPL) zum Ausspruch von Abmahnungen berechtigt. Da aber die Abmahnung den gerügten Pflichtverstoß als Kündigungsgrund verbraucht, Fehler beim Ausspruch einer Abmahnung gemacht werden können und im Übrigen u. U. der Dokumentationspflicht nicht nachgekommen wird, sollte intern der Kreis der Abmahnungsberechtigten eingeschränkt werden.

1f. Hinreichende Bestimmtheit der Abmahnung

Wie bereits unter Inhalt der Abmahnung dargelegt, erfordert die Abmahnung zu ihrer Wirksamkeit den Vorwurf einer ganz konkreten Pflichtverletzung. Nur dann ist die Abmahnung wirksam.

Es ist erforderlich, das beanstandete Verhalten so genau wie möglich zu bezeichnen

1g. Zugang der Abmahnung und Kenntnisnahme von ihrem Inhalt

Die Abmahnung ist zwar keine Willenserklärung, gilt aber als geschäftsähnliche Handlung, weshalb für ihren Zugang die Regelungen über den Zugang von Willenserklärungen (§§ 130 bis 132 BGB) entsprechend gelten. Hieraus folgt zuerst, dass die Abmahnung allenfalls Wirkung entfalten kann, wenn sie dem Abmahnungsempfänger tatsächlich zugeht (vgl. § 130 Abs. 1 BGB).

Bei einer mündlichen Abmahnung (auf die man wegen der schwierigen Beweisführung tunlichst verzichten sollte), hierzu zählt auch die telefonische, wird verlangt, dass der Empfänger die mündliche Erklärung auch verstehen kann, weshalb der Zugang z. B. bei Taubheit, Sprachunkenntnis oder Bewusstlosigkeit ausgeschlossen ist.

Eine schriftliche Abmahnung unter Anwesenden ist mit der Übergabe des Schriftstücks zugegangen.

Unter Abwesenden ist sie nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB dann zugegangen, wenn sie in verkehrsüblicher Art in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers oder eines anderen, der ihn in der Empfangnahme von Briefen vertreten konnte, gelangt und ihm dadurch die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft ist.

Bei der Abmahnung gilt zusätzlich eine Besonderheit, dass der reine Zugang nicht ausreicht. Das BAG fordert als Wirksamkeitsvoraussetzung einer Abmahnung, dass über ihren Zugang hinaus auch die Kenntnis des Empfängers von ihrem Inhalt vorliegt.

Das heißt für die betriebliche Praxis: Grundsätzlich muss nicht nur der Zugang einer Abmahnung, sondern auch die Kenntniserlangung von ihrem Inhalt bewiesen werden.

Im Übrigen gilt für den Zugang: Der, der sich auf die Abmahnung beruft, muss ihren Zugang bei Bestreiten beweisen (in den meisten Fällen der Arbeitgeber).

Allein der Beweis der Aufgabe zur Post begründet jedoch noch keine Vermutung, dass ein einfacher Brief auch tatsächlich zugegangen ist. Wird dagegen die Abmahnung per Einschreiben versandt und ist beim Empfänger niemand anzutreffen, geht das Schreiben nicht zu, da in den Briefkasten und damit in die Verfügungsgewalt nicht das Einschreiben selbst, sondern nur ein Benachrichtigungszettel gelangt.