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18. Auflage, 2020

Print ISBN 978-3-415-06661-8
E-ISBN 978-3-415-06663-2

© 1966 Richard Boorberg Verlag

E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara

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Gemeindeordnung · Landkreisordnung Verwaltungsgemeinschaftsordnung für den Freistaat Bayern

Textausgabe mit Einführung, Geschäftsordnungsmustern des Bayerischen Gemeindetags, Mustergeschäftsordnung des Bayerischen Landkreistags und Mustergeschäftsverteilungsplan einschließlich Organigramm sowie ausführlichem Stichwortverzeichnis

Dr. Johann Keller

Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistags

begründet von
Hans von Koch und Dr. Oskar Tschira

fortgeführt von
Wolfgang Magg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistags a. D.

18. Auflage, 2020

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Cover

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Einführung in das Gemeinde- und Landkreisrecht

I. Wesen und Aufgaben der Gemeinde und des Landkreises

1. Begriff

2. Gemeindeeinwohner und Gemeindebürger – Kreiseinwohner und Kreisbürger

3. Gemeindegebiet – Kreisgebiet

4. Gemeindeaufgaben – Kreisaufgaben

5. Eigener und übertragener Wirkungskreis

6. Selbstverwaltungsrecht

II. Die Organe der Gemeinde und des Landkreises

1. Organe

2. Abgrenzung der Zuständigkeiten der Organe

3. Zusammensetzung der Kollegialorgane der Gemeinde und des Landkreises

4. Geschäftsgang der Kollegialorgane

III. Über das Rechtsetzungsrecht der Gemeinde und des Landkreises

1. Satzung und Verordnung

2. Rechtsgrundlagen für den Erlass von Satzungen

3. Inkrafttreten und Bekanntmachung von Satzungen

IV. Über die Finanzen und den Haushalt der Gemeinde und des Landkreises

1. Finanzwesen

2. Gemeindewirtschaft

3. Gemeindehaushalt

4. Landkreisfinanzen

5. Gemeindliche Unternehmen und Unternehmen des Landkreises

V. Die staatliche Aufsicht über die Gemeinde und den Landkreis

1. Sinn der Staatsaufsicht

2. Rechtsaufsicht

3. Fachaufsicht

4. Rechtsbehelfe gegen die Staatsaufsicht

5. Selbsteintrittsrecht

VI. Die Verwaltungsgemeinschaft

1. Wesen und Bildung

2. Aufgaben

3. Organe

4. Kosten

Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO)

Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (Landkreisordnung – LKrO)

Verwaltungsgemeinschaftsordnung für den Freistaat Bayern (Verwaltungsgemeinschaftsordnung – VGemO)

Verordnung über Aufgaben der Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften

Verordnung über Aufgaben der Großen Kreisstädte (GrKrV)

Geschäftsordnungsmuster des Bayerischen Gemeindetags

Muster für größere Gemeinden/Städte

Muster für größere Gemeinden/Städte

Muster Zugangseröffnung für die elektronische Kommunikation

Muster Datenschutzbelehrung Ratsinformationssystem (RIS)

Mustergeschäftsordnung des Bayerischen Landkreistags

Mustergeschäftsverteilungsplan für die Landratsämter in Bayern

Anlage 1: Organigramm

Anlage 2: Mustergeschäftsverteilungsplan

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG) – Auszug –

Verfassung des Freistaates Bayern (BV) – Auszug –

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Art.

Artikel

Abs.

Absatz

AGSG

Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze

BauGB

Baugesetzbuch

BayBG

Bayerisches Beamtengesetz

BayBO

Bayerische Bauordnung

BayRS

Bayerische Rechtssammlung

BayVwVfG

Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BV

Bayerische Verfassung

bzw.

beziehungsweise

f.

folgende

FAG

Finanzausgleichsgesetz

ff.

fortfolgende

GeschoM

Geschäftsordnungsmuster des Bayerischen Gemeindetags

GeschoM-gr

Geschäftsordnungsmuster des Bayerischen Gemeindetags für größere Gemeinden/Städte

GeschoM-kl

Geschäftsordnungsmuster des Bayerischen Gemeindetags für kleinere Gemeinden/Städte

GG

Grundgesetz

GLKrWG

Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz

GO

Gemeindeordnung

GrKrV

Verordnung über Aufgaben der Großen Kreisstädte

GVBl.

Gesetz- und Verordnungsblatt

HGrG

Haushaltsgrundsätzegesetz

IMBek

Bekanntmachtung des Innenministeriums

i. V. m.

in Verbindung mit

KAG

Kommunalabgabengesetz

KJHG

Kinder- und Jugendhilfegesetz

KommZG

Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit

KWBG

Gesetz über kommunale Wahlbeamten und Wahlbeamtinnen

LKrO

Landkreisordnung

MGO

Mustergeschäftsordnung des Bayerischen Landkreistags

o. Ä.

oder Ähnliches

SGB VIII

Achtes Buch Sozialgesetzbuch Kinder- und Jugendhilfe

TVöD

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst

UmwG

Umwandlungsgesetz

usw.

und so weiter

u. v. m.

und vieles mehr

VGemO

Verwaltungsgemeinschaftsordnung

vgl.

vergleiche

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

v. H.

vom Hundert

WHG

Wasserhaushaltsgesetz

z. B.

zum Beispiel

z. T.

zum Teil

Einführung in das Gemeinde- und Landkreisrecht

I. Wesen und Aufgaben der Gemeinde und des Landkreises

1. Begriff

Die Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) bezeichnet in ihrem Art. 1 die Gemeinde als eine ursprüngliche Gebietskörperschaft mit dem Recht, die örtlichen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze zu ordnen und zu verwalten (vgl. auch Art. 11 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung – BV).

Der Landkreis ist nach Art. 1 der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (LKrO) eine Gebietskörperschaft mit dem Recht, überörtliche Angelegenheiten, deren Bedeutung über das Kreisgebiet nicht hinausgeht, im Rahmen der Gesetze zu ordnen und zu verwalten.

Damit ist festgelegt, dass die Gemeinden bzw. Landkreise

a) Körperschaften und damit mitgliedschaftlich organisiert sind,

b) ein bestimmtes Gebiet aufweisen, in dem sie ihre Aufgaben erfüllen,

c) die örtlichen Angelegenheiten (Gemeinde) bzw. die überörtlichen Angelegenheiten (beschränkt auf das Kreisgebiet) zu erfüllen haben und

d) Selbstverwaltungsrecht besitzen.

Nach Art. 1 GO ist die Gemeinde eine „ursprüngliche“ Gebietskörperschaft, d. h., die Gemeindehoheit wurzelt unmittelbar in der Volkssouveränität. Die Gemeinde leitet ihr Selbstverwaltungsrecht also nicht vom Staat ab; der Staat erkennt es lediglich an.

Der Landkreis ist dagegen keine „ursprüngliche“ Gebietskörperschaft, sondern ein vom staatlichen Gesetzgeber geschaffener Verwaltungsträger. Immerhin weisen die bayerischen Landkreise eine über 140-jährige Tradition auf.

2. Gemeindeeinwohner und Gemeindebürger – Kreiseinwohner und Kreisbürger

Gemeindeeinwohner ist derjenige, der im Gebiet der Gemeinde wohnt. Diejenigen Gemeindeeinwohner, die in ihrer Gemeinde das Recht haben, an den Gemeindewahlen teilzunehmen, heißen Gemeindebürger. Hierzu zählt jeder Gemeindeeinwohner, der Unionsbürger ist (also die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union besitzt), das 18. Lebensjahr vollendet hat, seit mindestens 2 Monaten in der Gemeinde seinen Aufenthalt mit dem Schwerpunkt seiner Lebensbeziehung hat und bei dem kein Ausschließungsgrund für das Wahlrecht vorliegt (Art. 15 GO, Art. 1 GLKrWG). Entsprechend ist Kreiseinwohner der Landkreisangehörige, der im Landkreis wohnt, und Kreisbürger der Kreiseinwohner, der bei den Landkreiswahlen wahlberechtigt ist (Art. 11 LKrO, Art. 1 GLKrWG).

Alle Gemeinde- und Kreiseinwohner haben das Recht, die öffentlichen Einrichtungen, die die Gemeinde oder der Landkreis zur Verfügung stellen, zu benutzen (Art. 21 GO, Art. 15 LKrO).

Den Rechten stehen Pflichten gegenüber. So hat der Gemeindeeinwohner die Lasten seiner Gemeinde, der Kreiseinwohner die Lasten des Landkreises zu tragen, entweder unmittelbar durch die Entrichtung von Steuern und Abgaben, oder mittelbar: z. B. bringen die Kreisumlage, die ein wesentliches Finanzierungsmittel des Landkreises ist, die kreisangehörigen Gemeinden auf (Art. 18 FAG); diese Kreisumlage aber geht auf die Steuerkraft der Gemeinden zurück, die wiederum von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeindeeinwohner abhängt.

Gemeindeordnung und Landkreisordnung verpflichten jeden Bürger, Ehrenämter zu übernehmen und dadurch an der Verwaltung der Gemeinde und des Landkreises mitzuwirken. Gemeinde und Landkreis sind auf die Aktivität und Mitarbeit ihrer Bürger angewiesen. Die Ablehnung eines kommunalen Ehrenamtes ist nur aus wichtigem Grund zulässig (Art. 19 GO, Art. 13 LKrO), z. B. wenn der Betroffene durch sein Alter, seine Berufs- oder Familienverhältnisse oder seinen Gesundheitszustand an der Übernahme des Amtes verhindert ist.

3. Gemeindegebiet – Kreisgebiet

Als Gebietskörperschaften umfassen Gemeinden und Landkreise jeweils ein bestimmtes Gebiet. Die Gesamtheit der zu einer Gemeinde gehörenden Grundstücke bildet das Gemeindegebiet (Art. 10 Abs. 1 GO). Das Kreisgebiet dagegen besteht aus der Gesamtfläche der dem Landkreis zugeteilten Gemeinden und der gemeindefreien Gebiete (Art. 7 LKrO). Innerhalb ihres Gebietes erfüllen Gemeinde und Landkreis ihre öffentlichen Aufgaben; sie können dazu auch hoheitliche Befugnisse – Anordnungen und Zwang – ausüben. Die Hoheitsgewalt einer Gemeinde bzw. eines Landkreises umfasst einerseits alle innerhalb des Gemeinde- bzw. Landkreisgebietes gelegenen Grundstücke und sich aufhaltenden Personen, andererseits kann die Hoheitsgewalt, z. B. der Erlass von Verordnungen oder Satzungen, nicht in das Gebiet einer anderen Gemeinde bzw. eines anderen Landkreises hineinwirken (Art. 22 GO, Art. 16 LKrO).

4. Gemeindeaufgaben – Kreisaufgaben

Art. 6 GO bestimmt, dass den Gemeinden in ihrem Gebiet die Erfüllung aller öffentlichen Aufgaben zusteht. Art. 4 LKrO sieht vor, dass den Landkreisen die Erfüllung der auf das Kreisgebiet beschränkten überörtlichen und aller sonstigen, das Leistungsvermögen der kreisangehörigen Gemeinden übersteigenden öffentlichen Aufgaben zusteht, soweit es sich nicht um Staatsaufgaben handelt.

In ihrem Gebiet erfüllt die Gemeinde für die örtliche Gemeinschaft alle öffentlichen Aufgaben, die ihre Leistungskraft nicht übersteigen. Zum Beispiel muss sie die Gemeindestraßen und die erforderlichen Einrichtungen zur Versorgung mit Trinkwasser herstellen und unterhalten, Volksschulen bauen und die bauliche Planung durchführen. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben des eigenen Wirkungskreises muss die Gemeinde die Belange des Natur- und Umweltschutzes berücksichtigen. Alle Aufgaben der Gemeinde wurzeln in der örtlichen Gemeinschaft (Art. 6, 7, 57 GO, Art. 83 Abs. 1 BV).

Die überörtlichen oder sonstigen, die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden übersteigenden Aufgaben hat der Landkreis zu erfüllen, soweit es sich hierbei nicht um Aufgaben des Bezirks (dritte Stufe der kommunalen Gebietskörperschaften) oder um reine Staatsaufgaben handelt. So sind die Landkreise beispielsweise zuständig für den Bau und die Unterhaltung der Kreisstraßen, für die stationäre Krankenversorgung (Kreiskrankenhäuser), für den Bau von Berufsschulen, Gymnasien und Realschulen, für die Sozialhilfe, Jugendhilfe und Altenbetreuung und den öffentlichen Personennahverkehr.

Während die Gemeindeverwaltung nur für den Vollzug der Gemeindeaufgaben zuständig ist, hat das Landratsamt eine Doppelstellung: Es ist sowohl Verwaltungsbehörde des Landkreises als auch untere staatliche Verwaltungsbehörde (auch Kreisverwaltungsbehörde genannt) und somit sowohl für den Vollzug von Kreisaufgaben als auch von Staatsaufgaben zuständig (Art. 37 Abs. 1 LKrO).

Eine Sonderstellung im Verwaltungsgefüge nehmen die kreisfreien Gemeinden ein (Städte). Neben ihren eigenen Gemeindeaufgaben erfüllen sie in ihrem Gebiet alle sonst vom Landratsamt als der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrzunehmenden Aufgaben und außerdem alle den Landkreisen obliegenden Aufgaben.

Die Großen Kreisstädte sind kreisangehörige Gemeinden, erfüllen in ihrem Gebiet aber neben ihren eigenen Gemeindeaufgaben auch noch einzelne Aufgaben, die sonst vom staatlichen Landratsamt wahrzunehmen sind (z. B. Baugenehmigungsbehörde, vgl. die Verordnung über Aufgaben der Großen Kreisstädte – GrKrV).

5. Eigener und übertragener Wirkungskreis

Die Aufgaben der Gemeinde oder des Landkreises sind eigene oder übertragene Angelegenheiten. Der eigene Wirkungskreis der Gemeinde umfasst die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, der eigene Wirkungskreis des Landkreises die Angelegenheiten der auf das Kreisgebiet begrenzten überörtlichen Gemeinschaft. Im eigenen Wirkungskreis handeln die Kommunen – soweit nicht gesetzliche Vorschriften es ausdrücklich anders bestimmen – nach eigenem Ermessen, müssen sich dabei aber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewegen.

Der übertragene Wirkungskreis umfasst an sich staatliche Aufgaben, die das Gesetz den Kommunen zur Besorgung im Auftrag des Staates zuweist, so z. B. den Erlass von Verordnungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Hier hat sich der Staat eine strengere Aufsicht über den kommunalen Selbstverwaltungsträger vorbehalten. Während sich nämlich der Staat gegenüber dem eigenen Wirkungskreis auf die bloße Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit beschränkt, also nur feststellen kann, ob die Gemeinde oder der Landkreis sich in ihrem Handeln oder Unterlassen an das Gesetz gehalten haben, besitzt der Staat im Bereich des übertragenen Wirkungskreises größere Befugnisse. Er kann auch das Ermessen überprüfen und sogar durch Weisungen beeinflussen (Art. 8, 9, 58 GO, Art. 6, 53 LKrO).

6. Selbstverwaltungsrecht

Die Selbstverwaltung kann einmal politisch gesehen werden. Sie bedeutet dann Verwaltung durch von den Bürgern demokratisch gewählte Verwaltungsorgane. Die Selbstverwaltung im politischen Sinn kommt durch die Wahl der Gemeinderats- und Kreistagsmitglieder, des ersten Bürgermeisters und des Landrats durch die Bürger zum Ausdruck.

Selbstverwaltung im rechtlichen Sinn bedeutet die selbstständige, vom Staat weitgehend unabhängige Verwaltung der eigenen Aufgaben im eigenen Namen, nach eigenem Ermessen und mit eigenen Verwaltungs, Finanz- und Wirtschaftsmitteln. Dieses Selbstverwaltungsrecht drückt sich sehr deutlich aus:

a) Im Ermessen, das die Kommune bei der Verwaltung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises besitzt.

b) In der Selbstorganisation der Kommune, d. h. der Befugnis, die innere Verfassung selbst zu bestimmen; etwa den Geschäftsgang des Gemeinderats bzw. des Kreistags und der Ausschüsse durch eine Geschäftsordnung zu regeln, die Bildung der Ausschüsse frei zu gestalten.

c) Im Schutz gegen staatliche Eingriffe. Die staatlichen Eingriffsmöglichkeiten müssen auf ein Mindestmaß beschränkt und gesetzlich klar dargelegt sein; dies ist durch die Ausprägung der Rechts- und Fachaufsicht in der Gemeinde- und Landkreisordnung geschehen (Art. 108 ff. GO, Art. 94 ff. LKrO).

d) Durch die Garantie der finanziellen Unabhängigkeit. Echte Selbstverwaltung setzt sie als Kernbestandteil voraus (vgl. Art. 106 GG, Art. 1 ff. FAG).

II. Die Organe der Gemeinde und des Landkreises

1. Organe

Gemeinde und Landkreis sind als Gebietskörperschaften wie jede andere juristische Person des öffentlichen und des privaten Rechts nicht selbst handlungsfähig. Eine juristische Person handelt durch ihre Organe.

Die Organe der Gemeinde sind in den Art. 29–39 GO, die Organe des Landkreises in den Art. 22–35 LKrO genannt. Bei den Gemeinden sind es Gemeinderat, beschließende Ausschüsse des Gemeinderats und erster Bürgermeister, bei den Landkreisen Kreistag, Kreisausschuss und etwaige andere beschließende Ausschüsse des Kreistags sowie der Landrat.

Gemeinderat und beschließende Ausschüsse des Gemeinderats, Kreistag, Kreisausschuss und weitere beschließende Ausschüsse des Kreistags sind kollegial zusammengesetzt. Die Beschlüsse dieser Gremien werden vom ersten Bürgermeister oder Landrat vollzogen; erster Bürgermeister und Landrat vertreten die Gemeinde bzw. den Landkreis auch nach außen. Tragen erster Bürgermeister oder Landrat Bedenken, ob die Entscheidung eines Kollegialorgans rechtmäßig ist, dürfen sie diesen Beschluss nicht vollziehen, sondern müssen ihn im Vollzug aussetzen und ggf. die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde herbeiführen (Art. 59 Abs. 2 GO, 54 Abs. 2 LKrO).

2. Abgrenzung der Zuständigkeiten der Organe

Immer dann, wenn eine Gemeinde oder ein Landkreis durch eines seiner Organe auftritt, stellt sich die Frage, ob dieses Organ im konkreten Fall zuständig ist. Wann muss im gemeindlichen Bereich der Gemeinderat handeln? Wann kann ein beschließender Ausschuss tätig werden? Wann ist der erste Bürgermeister aus eigener Machtvollkommenheit berechtigt, für die Gemeinde tätig zu werden?

Nach Art. 29 GO wird die Gemeinde durch den Gemeinderat verwaltet, soweit nicht der erste Bürgermeister selbständig entscheidet (Art. 37 GO). Gemeinderat und erster Bürgermeister sind die beiden Hauptorgane der Gemeinde. Für die Abgrenzung ihrer Zuständigkeiten ist zunächst zu prüfen, ob kraft Gesetzes oder durch Bestimmungen der Geschäftsordnung eine Kompetenz des ersten Bürgermeisters besteht. Fehlt eine solche, ist von der Zuständigkeit des Gemeinderats auszugehen.

Art. 37 GO gibt dem ersten Bürgermeister einen Rahmen, in dem er selbstständig als Organ für die Gemeinde handeln kann und muss. Der erste Bürgermeister vollzieht in diesem Bereich nicht nur die Beschlüsse der Kollegialorgane (Art. 36 GO); er handelt vielmehr aus eigener Organzuständigkeit. Art. 37 Abs. 1 GO nennt vor allem „die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen“ und die „Angelegenheiten, die im Interesse der Sicherheit der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder geheim zu halten sind“.

Was eine laufende Angelegenheit der Gemeinde ist, das kann man nicht abstrakt bestimmen; denn dies richtet sich nach der Größe, der Struktur, der Wirtschafts- und Finanzkraft und anderen Merkmalen der jeweiligen Gemeinde. Der Gemeinderat kann Richtlinien aufstellen, die diese Geschäfte abgrenzen. Er kann z. B. in der Geschäftsordnung bestimmen, dass der erste Bürgermeister im Rahmen der laufenden Angelegenheiten die Gemeinde bis zu einer bestimmten Summe verpflichten kann.

Wenn eine laufende Angelegenheit vorliegt, kann ein Kollegialorgan der Gemeinde nicht in die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters einwirken. Es ist z. B. nicht zulässig, dass der Gemeinderat – etwa aus politischen Gründen – eine Angelegenheit an sich zieht, die in den Bereich gehört, den der erste Bürgermeister selbstständig wahrnehmen muss. Die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters ist durch das Gesetz gegeben; sie kann nicht durch Beschluss eines Kollegialorgans beschnitten werden.

Art. 37 Abs. 3 GO stellt fest, dass der erste Bürgermeister auch dann selbstständig handeln darf, wenn ein „unaufschiebbares Geschäft“ oder eine „dringliche Anordnung“ vorzunehmen ist. Der erste Bürgermeister wird dann an Stelle des Gemeinderats oder eines etwaigen beschließenden Ausschusses tätig. Unaufschiebbarkeit oder Dringlichkeit liegen immer dann vor, wenn so schnell gehandelt werden muss, dass keine Zeit mehr besteht, das an sich zuständige Kollegialorgan mit der Angelegenheit zu befassen, ohne dass die Interessen der Gemeinde geschädigt würden.

Selbstverständlich kann der erste Bürgermeister – besonders wenn es sich um eine größere Gemeinde handelt – die Funktionen, die ihm zustehen, vor allem die vielen täglichen Geschäfte der laufenden Verwaltung, nicht selbst wahrnehmen. Art. 39 Abs. 2 GO gibt ihm daher die Möglichkeit, einzelne seiner Befugnisse z. B. den weiteren Bürgermeistern und in den Angelegenheiten der laufenden Verwaltung einem Gemeindebediensteten zu übertragen.

Vor allem in größeren Gemeinden ist der Gemeinderat in der Regel zu schwerfällig, die Summe der Verwaltungsaufgaben, die nicht vom ersten Bürgermeister selbstständig wahrgenommen werden können, zu bewältigen. Der Gemeinderat kann daher beschließende Ausschüsse errichten und diesen für einen bestimmten Geschäftszweig oder zur Erledigung einzelner Angelegenheiten Beschlussfunktion übertragen. Ein solcher beschließender Ausschuss tritt an die Stelle des Gemeinderats. Seine Beschlüsse sind genau so rechtswirksam, wie wenn sie der Gemeinderat getroffen hätte; allerdings kann innerhalb einer Woche deren Nachprüfung durch den Gemeinderat beantragt werden (Art. 32 Abs. 3 Satz 1 GO).

Neben den beschließenden Ausschüssen können vorberatende Ausschüsse des Gemeinderats gebildet werden, die – wie der Name schon sagt – die Beratungsgegenstände des Gemeinderats nur vorberaten. Beschlussfunktion kommt diesen Ausschüssen nicht zu (Art. 32 Abs. 1 GO).

Verschiedene Angelegenheiten, die Art. 32 Abs. 2 GO aufzählt, sind der Beschlussfassung durch beschließende Ausschüsse entzogen; in diesen Angelegenheiten muss der Gemeinderat selbst tätig werden.

Nachdem der beschließende Ausschuss des Gemeinderats seine Funktionen vom Gemeinderat herleitet, sieht die Gemeindeordnung vor, dass der Gemeinderat die Beschlüsse seiner Ausschüsse auch korrigieren kann. Die Beschlüsse beschließender Ausschüsse, die Rechte Dritter berühren, werden erst nach Ablauf einer Woche rechtswirksam.

Die Organe des Landkreises sind entsprechend denen der Gemeinde konstruiert. Dem Gemeinderat entspricht dabei der Kreistag. Mit den beschließenden Ausschüssen des Gemeinderats sind der Kreisausschuss und etwaige weitere beschließende Ausschüsse des Kreistags zu vergleichen. Die Rechtsstellung des ersten Bürgermeisters – wie sie Art. 37 GO ausprägt – findet ihre Parallele beim Landrat in Art. 34 LKrO. Ein wichtiger Unterschied besteht allerdings: Während die Gemeinde ein Ermessen hat, ob sie vorberatende und beschließende Ausschüsse errichten will, ist der Kreistag gezwungen, den Kreisausschuss zu bestellen. Der Kreisausschuss hat neben einer gesetzlich verankerten vorberatenden Funktion auch nach Maßgabe seiner Ermächtigung durch den Kreistag eine Beschlusszuständigkeit. Beim Landkreis ist der Kreisausschuss praktisch das Hauptverwaltungsorgan.

Den Organen des Landkreises steht es nicht zu, auf das Landratsamt als Staatsbehörde Einfluss zu nehmen. Der Kreisausschuss kann z. B. das Landratsamt nicht „anweisen“, ein Baugesuch o. Ä. positiv zu entscheiden. Die Bauaufsicht u. v. m. sind Aufgaben des Landratsamtes als unterer Verwaltungsbehörde des Staates (Art. 1, 37 Abs. 1 LKrO).

3. Zusammensetzung der Kollegialorgane der Gemeinde und des Landkreises

Der Gemeinderat ist die politische Vertretung (Repräsentation) der Gemeindebürger, also nicht die rechtliche Vertretung der Gemeinde selbst als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er ist auch nicht eine Vertretung in dem Sinn, dass der Gemeinderat bei seinen Beschlüssen abhängig von dem mutmaßlichen Willen der Bevölkerung wäre. Mit der Einführung des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids in Bayern (Art. 18 a GO) kann aber der Mehrheitswille der Bürger an die Stelle von Gemeinderatsbeschlüssen treten. Damit sind die Bürger nicht mehr darauf angewiesen, ihren Unwillen über die Arbeit eines Gemeinderats in unverbindlichen Bürgerinitiativen oder anlässlich der Gemeinderatswahlen kundzutun. Eine schwächere Form der Mitwirkung des Bürgers stellt der in Art. 18 b GO geregelte Bürgerantrag dar.

Der Gemeinderat setzt sich aus dem ersten Bürgermeister und den ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern zusammen. In Gemeinden über 10 000 Einwohnern besteht außerdem die Möglichkeit, berufsmäßige Gemeinderatsmitglieder zu wählen, die aber im Gemeinderat nur in Gegenständen ihres Geschäftsbereiches mitberaten, nicht mitbeschließen können. Die berufsmäßigen Gemeinderatsmitglieder werden vom Gemeinderat gewählt und sind kommunale Wahlbeamte; ihre Rechtsstellung ist im Gesetz über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen – KWBG – geregelt. Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder, die in ehrenamtlicher Eigenschaft auf die Dauer von 6 Jahren gewählt werden und in die der oder die weiteren Bürgermeister bereits eingerechnet sind, richtet sich nach der Einwohnerzahl. Sie beträgt in der kleinsten Gemeinde 8 und in der größten 80 Personen, wobei etwaige berufsmäßige Gemeinderatsmitglieder nicht mitzuzählen sind. Die Einzelheiten ergeben sich aus Art. 31 Abs. 2 GO.

Der Kreistag ist die Repräsentation der Kreisbürger. Auch er wird für 6 Jahre gewählt. Er besteht neben dem Landrat aus den Kreisräten. Die Zahl der Kreisräte beträgt in Landkreisen

mit bis zu 75 000 Einwohnern 50,

mit mehr als 75 000 bis zu 150 000 Einwohnern 60,

mit mehr als 150 000 Einwohnern 70.

Die Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse der Gemeinde ist dem Art. 33 GO zu entnehmen. Der Gemeinderat hat durch die Geschäftsordnung zu bestimmen, wie viele Mitglieder die einzelnen beschließenden Ausschüsse aufweisen sollen. Wenn die Zahl der Mitglieder feststeht, müssen die den Gemeinderat bildenden Fraktionen und Gruppen gemäß ihren Vorschlägen nach dem Verhältnis ihrer Stärke in einem beschließenden Ausschuss vertreten sein („verkleinertes Spiegelbild der Zusammensetzung des Gemeinderats“).

Entsprechend der Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse des Gemeinderats ist die Zusammensetzung des Kreisausschusses und etwaiger weiterer beschließender Ausschüsse des Kreistags geregelt (Art. 27 LKrO). Ein Unterschied besteht nur insofern, als die Zahl der Kreisräte, die in den Kreisausschuss bestellt werden, durch das Gesetz selbst festgelegt ist und nicht wie im Falle des beschließenden Ausschusses des Gemeinderats durch die Geschäftsordnung. Art. 27 Abs. 1 LKrO sagt nämlich, dass der Kreisausschuss aus dem Landrat und 10, 12 oder 14 Kreisräten besteht. Bei den weiteren Ausschüssen kann dagegen der Kreistag die Zahl der Sitze bestimmen.

Für die Sitzverteilung in den Ausschüssen gibt es verschiedene Verfahren. Gebräuchlich sind insbesondere d’Hondt, Hare/Niemeyer und St. Laguë/Schepers. Welches Verfahren zur Anwendung kommt, entscheidet der Gemeinderat bzw. der Kreistag mit Mehrheit. Wichtig ist, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat/Kreistag auch im jeweiligen Ausschuss widerspiegeln. Einen absolut gleichen Proporz kann es allerdings nicht geben, weil z. B. Einzelgänger im Gemeinderat/Kreistag dem Ausschuss nicht zu einem Bruchteil angehören können. Nach der Rechtsprechung ist allerdings darauf zu achten, dass keine sog. “Überaufrundung” eintritt, d. h. eine Gruppierung nicht mehr als einen ganzen Sitz über das hinaus erhält, was ihr nach dem mathematischen Proporz zusteht (Beispiel: wenn einer Gruppierung rechnerisch 3,79 Sitze zustehen, darf sie höchstens vier Sitze, nicht aber fünf Sitze erhalten).

Bürgerbegehren und Bürgerantrag, die neben die Organe Landrat und Kreistag treten, gibt es nach Art. 12 a und 12 b LKrO auch auf Kreisebene.

4. Geschäftsgang der Kollegialorgane

Der Geschäftsgang des Gemeinderats und der Ausschüsse ist in einer Geschäftsordnung des Gemeinderats unter Beachtung der Art. 45 ff. GO näher zu regeln.

Die Einberufung der Sitzungen des Gemeinderats erfolgt durch den ersten Bürgermeister oder im Verhinderungsfall durch seinen Vertreter. Die näheren Vorschriften über die Ladung hat die Geschäftsordnung aufzustellen. Der erste Bürgermeister bereitet auch die Beratungsgegenstände vor.

Der erste Bürgermeister unterrichtet über Zeitpunkt und Ort einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats unter Angabe der Tagesordnung spätestens am 3. Tag vor der Sitzung auch die Öffentlichkeit. Grundsätzlich tagt der Gemeinderat nämlich öffentlich. Die Öffentlichkeit muss also auch wissen, wann Gemeinderatssitzungen stattfinden. Allerdings bewirkt ein Verstoß gegen diese Öffentlichkeitsbestimmungen keine Unwirksamkeit der vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse. (Die Rechtsprechung macht davon eine Ausnahme, wenn zu Unrecht in einer nicht-öffentlichen Sitzung über eine Rechtsnorm – Verordnung oder Satzung – entschieden wird). Bei Art. 52 GO handelt es sich grundsätzlich um eine Ordnungsvorschrift.

Über nicht-öffentliche Sitzungen muss die Öffentlichkeit neuerdings nicht mehr informiert werden. Eine Information ist jedoch zulässig, wenn dabei nichts Geheimhaltungsbedürftiges bekannt gegeben wird.

Der Gemeinderat ist beschlussfähig, wenn

a) alle Mitglieder ordnungsgemäß geladen sind,

b) die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist und

c) die Mehrheit der Mitglieder stimmberechtigt ist, d. h. nicht wegen persönlicher Beteiligung im Sinne von Art. 49 GO ausgeschlossen (Art. 47 Abs. 2 GO) ist. Wirkt ein Mitglied trotz persönlicher Beteiligung bei der Beschlussfassung mit, so macht dies den Beschluss aber nur dann ungültig, wenn die Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis ausschlaggebend war.

Art. 48 Abs. 1 GO macht es den Gemeinderatsmitgliedern zur Pflicht, nicht nur zu den Gemeinderatssitzungen zu kommen, sondern auch an den Abstimmungen teilzunehmen.

Die Verhandlungen des Gemeinderats sind niederzuschreiben. Jedes Gemeinderatsmitglied kann jederzeit die Niederschrift einsehen und sich Abschriften der in öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse erteilen lassen. Alle übrigen Gemeindebürger können Einsicht in die Niederschriften über öffentliche Sitzungen nehmen (Art. 54 GO). Die Vorschriften über den Geschäftsgang des Gemeinderats finden entsprechende Anwendung für den Geschäftsgang der beschließenden Ausschüsse des Gemeinderats.

Die Regelung des Geschäftsgangs des Kreistags, des Kreisausschusses und der weiteren beschließenden Ausschüsse des Landkreises entspricht den Bestimmungen, die erläutert wurden. Der Geschäftsgang dieser Kollegialorgane des Landkreises ist in den Art. 40 ff. LKrO näher behandelt. Diese Vorschriften decken sich z. T. wörtlich mit denen der Gemeindeordnung.

III. Über das Rechtsetzungsrecht der Gemeinde und des Landkreises

1. Satzung und Verordnung

Gemeinde und Landkreis können in zweierlei Formen Recht setzen. Sie können Satzungen und sie können Verordnungen erlassen.

Die Satzung basiert auf einer den Kommunen generell übertragenen Rechtsetzungsbefugnis – einer Rechtsetzungsautonomie. Die Rechtsetzungsautonomie ergibt sich aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde und des Landkreises. Mit einer Satzung regelt die Kommune im Allgemeinen die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen und ihres Eigentums.

Die Verordnung ist auf delegierte staatliche Rechtsetzungsgewalt zurückzuführen. Sie findet im Allgemeinen eine sicherheitsrechtliche Motivierung. Weil es sich um „an sich“ staatliche Rechtsetzungsbefugnis handelt, die auf die Kommune übertragen ist, kann eine Kommune nur dann Verordnungen erlassen, wenn sich eine spezielle Ermächtigung in einem Gesetz findet. Diese Ermächtigung muss nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein. Die wichtigsten Ermächtigungen zum Erlass von Verordnungen sind im Landesstraf- und Verordnungsgesetz enthalten.

Für die Rechtmäßigkeit eines Rechtsetzungsaktes einer Kommune ist es von entscheidender Bedeutung, ob es sich um eine Satzung oder eine Verordnung handelt. Die Rechtsgrundlage und das Verfahren sind unterschiedlich gestaltet.

2. Rechtsgrundlagen für den Erlass von Satzungen

Das gemeindliche Satzungsrecht ist in seinen Rechtsgrundlagen in den Art. 23 ff. GO, das des Landkreises in den Art. 17 ff. LKrO näher behandelt. Es lässt sich auf folgende Grundsätze zurückführen:

a) Satzungen des eigenen Wirkungskreises bedürfen grundsätzlich keiner besonderen Ermächtigung, soweit sie nicht in Rechte Dritter eingreifen bzw. Verpflichtungen Dritter begründen.

b) Satzungen im übertragenen Wirkungskreis bedürfen einer besonderen, einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung. Sie sind insoweit den Verordnungen vergleichbar.

c) Unter den Satzungen des eigenen Wirkungskreises treten die bewehrten Satzungen besonders heraus. Bewehrte Satzungen sind solche, bei denen Zuwiderhandlungen gegen die Satzungsbestimmungen als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen bedroht sind. Diese Satzungen bedürfen ebenfalls einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Das ergibt sich aus Art. 24 Abs. 2 GO, Art. 18 Abs. 2 LKrO.

d) Eine besondere gesetzliche Ausprägung haben einzelne Satzungstypen gefunden, bei denen die Interessen des einzelnen und der Allgemeinheit einer gründlichen Abwägung bedürfen. Für diese Satzungen sind besondere Tatbestandsmerkmale im Gesetz aufgestellt; sie finden sich in Art. 24 Abs. 1 GO und Art. 18 Abs. 1 LKrO. Es handelt sich z. B. um Satzungen, die den Anschluss- und Benutzungszwang an öffentliche Einrichtungen der Kommunen festlegen.

3. Inkrafttreten und Bekanntmachung von Satzungen

Satzungen treten eine Woche nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. In der Satzung kann ein anderer Zeitpunkt bestimmt werden, in bewehrten Satzungen und anderen Satzungen, die nicht mit rückwirkender Kraft erlassen werden dürfen, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag. Die Bekanntmachung gemeindlicher Satzungen ist näher in Art. 26 GO, die Bekanntmachung der Satzungen des Landkreises in Art. 20 LKrO behandelt.

IV. Über die Finanzen und den Haushalt der Gemeinde und des Landkreises

1. Finanzwesen

Die Ordnung des gemeindlichen Finanzwesens ist wesentlicher Bestandteil des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde. Der jährliche Haushaltsausgleich und ein verantwortliches finanzpolitisches Planen auf weite Sicht ist nur möglich, wenn der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Deckung der ihr dabei entstehenden Ausgaben die erforderlichen Einnahmen zur Verfügung stehen. Echte Selbstverwaltung setzt möglichst weitgehende finanzielle Selbstständigkeit voraus.

Die Gemeinden haben folgende wesentliche Einnahmequellen:

a) Erträgnisse des Gemeindevermögens (z. B. aus Waldbesitz);

b) Steuern (insbesondere die Realsteuern und örtliche Abgaben);

c) Gebühren (Amtshandlungsgebühren und Benutzungsgebühren – vgl. das Kostengesetz);

d) Beiträge (vgl. insbesondere Art. 5 KAG);

e) Leistungen aus dem Finanzausgleich.

Den Gemeinden sind ein Anteil an dem Aufkommen der Einkommen- und Umsatzsteuer und die Realsteuern – die Grund- und Gewerbesteuer – durch Art. 106 Abs. 6 GG garantiert. Nach dem Grundgesetz stehen sie mit dem Freistaat Bayern auch im Steuerverbund hinsichtlich der Einnahmen des Landes aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer und der Gewerbesteuerumlage sowie des Länderfinanzausgleichs. Wie sich dieser Steuerverbund konkretisiert, ist dem Finanzausgleichsgesetz zu entnehmen. Die aus dem Finanzausgleich fließenden „Schlüsselzuweisungen“ sind „Ersatz fehlender eigener Steuerkraft“ der Gemeinde.

Der kommunale Finanzausgleich in Bayern hat mit Wirkung vom 1.1.2004 eine entscheidende Änderung infolge der Neufassung von Art. 83 der Bayerischen Verfassung erfahren: Überträgt der Staat den Gemeinden oder Gemeindeverbänden Aufgaben, verpflichtet er sie zur Erfüllung von Aufgaben im eigenen Wirkungskreis oder stellt er besondere Anforderungen an die Erfüllung bestehender oder neuer Aufgaben, hat er gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Verbleibende Mehrbelastungen sind durch staatliche Leistungen auszugleichen (Konnexitätsprinzip). Die Staatsregierung hat zur Umsetzung des Konnexitätsprinzips ein Konsultationsverfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart.

Durch die am 1.9.2006 in Kraft getretene Förderalismusreform ist es dem Bund verwehrt, den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben zu übertragen (Art. 84 Abs. 1 und Art. 85 Abs. 1 GG). Eine Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene kann vielmehr nur noch durch die Länder erfolgen. Damit gilt das Konnexitätsprinzip der Bayerischen Verfassung auch für bundesrechtlich geregelte Aufgaben, die der Freistaat Bayern auf die Kommunen überträgt.

2. Gemeindewirtschaft

Die Gemeindewirtschaft gehört gemäß Art. 83 Abs. 1 BV zu den wesentlichen Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde. Sie ist vor allem unter folgende Grundsätze gestellt:

a) Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Dabei ist § 51 des Haushaltsgrundsätzegesetzes Rechnung zu tragen (Art. 61 Abs. 1 GO).

b) Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu planen und zu führen (Art. 61 Abs. 2 GO).

c) Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, wenn das zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Die Verschenkung und die unentgeltliche Überlassung von Gemeindevermögen sind unzulässig (Art. 74 Abs. 1, Art. 75 Abs. 3 GO).

Ausnahmsweise kann insbesondere die Vermietung kommunaler Gebäude zur Sicherung preiswerten Wohnens unter Wert erfolgen (Art. 75 Abs. 2 GO).

3. Gemeindehaushalt

Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Gemeindehaushalt ist die Haushaltssatzung (Art. 63 GO). Sie ist für jedes Haushaltsjahr aufzustellen und bietet die Grundlage der gemeindlichen Finanzwirtschaft. Die Haushaltssatzung kann Festsetzungen für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, enthalten.

Die Haushaltssatzung (Art. 63 GO) enthält die Festsetzung

a) des Haushaltsplans unter Angabe des Gesamtbetrags der Einnahmen und der Ausgaben des Haushaltsjahres (bei Anwendung der Kameralistik),

der Erträge und Aufwendungen des Haushaltsjahres sowie des sich daraus ergebenden Saldos des Ergebnishaushalts, des Gesamtbetrags der Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit des Haushaltsjahres sowie des sich daraus ergebenden Saldos des Finanzhaushalts (bei doppelter Buchführung),

b) Des Gesamtbetrags der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Kreditermächtigung),

c) des Gesamtbetrags der vorgesehenen Ermächtigungen zum Eingehen von Verpflichtungen, die künftige Haushaltsjahre mit Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen belasten (Verpflichtungsermächtigungen),

d) der Abgabesätze, die für jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen sind,

e) des Höchstbetrags der Kassenkredite.

Der Haushaltsplan (Art. 64 GO) enthält alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde

a) zu erwartenden Einnahmen,

b) voraussichtlich zu leistenden Ausgaben und

c) voraussichtlich benötigten Verpflichtungsermächtigungen.

Der Haushaltsplan ist in einen Verwaltungshaushalt und einen Vermögenshaushalt zu gliedern.

4. Landkreisfinanzen

Die Finanzen und der Haushalt des Landkreises wickeln sich nach gleichen Grundsätzen ab. Es ist jedoch herauszustellen, dass der Landkreis über keine ergiebige eigene Steuerquelle verfügt. Er ist daher verstärkt auf den Finanzausgleich angewiesen.

Ein wesentliches Finanzierungsmittel des Landkreises ist die Kreisumlage. Der Landkreis erhebt sie von den kreisangehörigen Gemeinden (Art. 18 FAG). Umlagegrundlagen sind die Steuerkraftzahlen und derzeit 80 % der Schlüsselzuweisungen der kreisangehörigen Gemeinden (Art. 18 FAG). Geschichtlich gesehen ist die Kreisumlage ein Anteil des Landkreises am Steueraufkommen der kreisangehörigen Gemeinden.

Bei der Festsetzung der Kreisumlage hat der Kreistag sowohl die eigene Finanzlage als auch die der umlagepflichtigen Gemeinden in den Blick zu nehmen. Die Daten dazu können auch vom Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde über die kreisangehörigen Gemeinden und/oder der staatlichen Rechnungsprüfung zur Verfügung gestellt werden. Eine förmliche Anhörung der kreisangehörigen Gemeinden ist hingegen nicht erforderlich. Dennoch entspricht es gutem Miteinander, frühzeitig über den geplanten Kreisumlagesatz zu informieren.

5. Gemeindliche Unternehmen und Unternehmen des Landkreises

Seit 1.9.1998 gibt es für Gemeinden und Landkreise die Möglichkeit, die Rechtsform für die Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben grundsätzlich frei zu wählen und auch die Möglichkeit des rechtlich selbständigen Kommunalunternehmens. Insbesondere gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Unternehmen.

Früher waren die Gemeinden und Landkreise bei der Wahl der Rechtsform, in der sie ihre Aufgaben erfüllen wollen, vorrangig auf den sog. Regiebetrieb und auf den Eigenbetrieb angewiesen, weil die Wahl der Rechtsform des Privatrechts starken Einschränkungen unterworfen war. Nunmehr unterliegen die Gemeinden und Landkreise nicht mehr den bisherigen Einschränkungen, insbesondere ist die Genehmigungspflicht für die Gründung eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts oder die Beteiligung an einem solchen entfallen.

Das in die Gemeindeordnung und Landkreisordnung eingeführte „selbständige Kommunalunternehmen“ ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und als Alternative zur Wahl von Privatrechtsformen vorgesehen. Es ist im Vergleich zu den herkömmlichen Regie- und Eigenbetrieben des öffentlichen Rechts mit größerer Flexibilität ausgestattet, bleibt aber trotz seiner rechtlichen Selbständigkeit im öffentlichen Recht verankert und unterliegt damit auch der staatlichen Rechtsaufsicht, im Gegensatz zu den Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts (Art. 89 ff. GO, Art. 77 ff. LKrO).

V. Die staatliche Aufsicht über die Gemeinde und den Landkreis

1. Sinn der Staatsaufsicht

Die Gemeinden und Landkreise sind Selbstverwaltungsträger. Sie üben hoheitliche Befugnisse aus. Die Selbstverwaltung darf aber nicht dazu führen, dass sich im Staate „Staaten“ bilden. So ist es verständlich, dass sich der Freistaat Bayern über die Kommunen eine Aufsicht vorbehalten hat. Diese Aufsicht ist dann stärker ausgeprägt, wenn die Kommune an sich staatliche Aufgaben im Auftrage des Staates wahrnimmt, also gegenüber den Handlungen des übertragenen Wirkungskreises. Für die staatliche Aufsicht kommt es also darauf an, ob die Gemeinde bzw. der Landkreis im eigenen oder übertragenen Wirkungskreis tätig geworden ist bzw. tätig hätte werden müssen.

2. Rechtsaufsicht

Die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises überwacht die Rechtsaufsicht. Ihr geht es darum sicherzustellen, dass die Kommune die gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen erfüllt und ihre Verwaltungstätigkeit gesetzmäßig verläuft. Eine reine Rechtskontrolle zeichnet diese Form staatlicher Aufsicht aus; auf das Ermessen nimmt sie grundsätzlich keinen Einfluss (Art. 109 Abs. 1 GO, Art. 95 Abs. 1 LKrO).

Die Mittel, deren sich die Rechtsaufsicht bedient, lassen sich in die Stichworte „Information, Beanstandung, Fristsetzung, Ersatzvornahme“ fassen. Stellt die Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 110 GO, Art. 96 LKrO) z. B. fest, dass ein Beschluss des Gemeinderats oder Kreistags rechtswidrig ist, dann kann sie sich zunächst informieren, wie die Angelegenheit im Einzelnen verlaufen ist. Anschließend kann sie die gesetzwidrige Verwaltungstätigkeit beanstanden und – meist gleichzeitig – eine Frist setzen, dass der Gemeinderat oder Kreistag den rechtswidrigen Beschluss selbst zurücknimmt. Kommt die Gemeinde oder der Landkreis diesem Ersuchen nicht nach, übt die Rechtsaufsichtsbehörde eine Ersatzvornahme aus, d. h., sie hebt den Beschluss selbst auf (Art. 111–113 GO, Art. 97–99 LKrO).

3. Fachaufsicht

Im übertragenen Wirkungskreis erstreckt sich die staatliche Aufsicht auch auf die Handhabung des Verwaltungsermessens. Über die Befugnisse der Rechtsaufsicht hinaus stehen der Fachaufsichtsbehörde (Art. 115 GO, Art. 101 LKrO) auch noch Weisungsbefugnisse zu. Die Eingriffe in das Ermessen der Gemeinde oder des Landkreises sind jedoch auf die Fälle zu beschränken, in denen das Gemeinwohl oder öffentlich-rechtliche Ansprüche Einzelner eine Weisung oder Entscheidung erfordern (Art. 109 Abs. 2 GO, Art. 95 Abs. 2 LKrO).

4. Rechtsbehelfe gegen die Staatsaufsicht

Den Maßnahmen der Rechts- und Fachaufsicht ist die Kommune nicht schutzlos ausgesetzt. Glaubt sie z. B., eine rechtsaufsichtliche Beanstandung sei deswegen rechtswidrig, weil sie auf das Ermessen Einfluss nehme, so kann sie förmlichen Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten begehren. Es geht ja um ihr Selbstverwaltungsrecht. Für die Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung ist dabei entscheidend, dass alle rechts- und fachaufsichtlichen Maßnahmen Verwaltungsakte sind.

5. Selbsteintrittsrecht

Von den Maßnahmen der Rechts- und Fachaufsicht gegenüber einem Landkreis ist streng zu unterscheiden das uneingeschränkte Weisungsrecht der staatlichen Aufsichtsbehörden gegenüber dem staatlichen Landratsamt. Kommt das staatliche Landratsamt, dessen Leiter der Landrat ist, einer schriftlichen Weisung der Aufsichtsbehörde Regierung nicht fristgerecht nach, so kann der Regierungspräsident an Stelle des staatlichen Landratsamtes handeln (Selbsteintritt). Dieser Selbsteintritt ist aber gegenüber dem Landratsamt als Staatsbehörde – anders als gegenüber sonstigen Staatsbehörden – nur zulässig, wenn der fachlich zuständige Minister ein sofortiges Handeln aus wichtigen Gründen des öffentlichen Wohls, insbesondere in Fällen von überörtlicher oder landesweiter Bedeutung, im Einzelfall für erforderlich hält und dies gegenüber der Aufsichtsbehörde Regierung erklärt. Aufgrund einer entsprechenden Änderung des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) im Jahr 1985 wurde eine bis dahin bestehende Rechtslücke geschlossen mit der Folge, dass nun auch bei der Aufgabenerfüllung durch das Landratsamt als Staatsbehörde zweifelsfrei eine „Ersatzvornahme“ in Form der Verlagerung der Zuständigkeit auf die Regierung möglich ist.

VI. Die Verwaltungsgemeinschaft

1. Wesen und Bildung