Aus dem Amerikanischen von Michael Krug

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe Hell Divers #1

erschien 2016 im Verlag Blackstone Publishing.

Copyright © 2016 by Nicholas Sansbury Smith

Copyright © dieser Ausgabe 2019 by Festa Verlag, Leipzig

Titelbild: Arndt Drechsler

Alle Rechte vorbehalten

eISBN 978-3-86552-779-0

www.Festa-Verlag.de

Gewidmet meinem Agenten David Fugate für sein hervorragendes Feedback und seine Ermutigung sowie den Leuten bei Blackstone Publishing, weil sie an meine Geschichte glauben. Ich schätze mich glücklich, dass ich mit einem so talentierten Team zusammenarbeite.

Es gibt keinen Tod,

nur eine Veränderung der Welten.

– Chief Seattle

1

Die durchschnittliche Lebenserwartung für einen Hell Diver betrug 15 Sprünge. Für Xavier Rodriguez war es der 96., und er würde ihn verkatert bewältigen.

Schweigend, mit geneigtem Kopf wartete er vor den Türen der Startbucht, die Handflächen auf dem kalten Stahl. Die über den Gang verteilten, bewaffneten Wachen dachten vielleicht, er würde beten. Dabei bemühte er sich bloß, nicht zu kotzen.

Die Stimmung in der Nacht vor einem Sprung war immer sehr angespannt, was manchmal zu schlechten Entscheidungen an Bord der Hive führte. Normalerweise schaute Captain Ash bei den Ausschweifungen der Springerteams weg. Immerhin ließ sie diese Leute in die Apokalypse abspringen, um die verseuchte Oberfläche der alten Welt nach brauchbaren Teilen abzugrasen. Nur selten kamen alle Springer zurück. Ein wenig Fusel und Sex in der Nacht davor ließen sich praktisch nicht vermeiden.

»Viel Glück, X«, sagte einer der Wachleute.

X atmete tief ein, band sich das rote Bandana mit dem weißen Pfeilsymbol um den Kopf und schob anschließend die Doppeltür auf. Das rostige Metall kratzte über den Boden und lenkte die Blicke der drei anderen Mitglieder von Team Raptor auf ihn. Aaron, Rodney und Will legten in der Nähe der Spinde bereits ihre Anzüge an.

Am gegenüberliegenden Ende des Raums, jenseits der Kunststoffkuppeln der Startröhren, standen ein paar Springer von Team Angel. Sie stachen deutlich aus der Schar von Technikern und Ergänzungspersonal heraus, die sich entlang der Wand versammelt hatte. Ingenieure, Soldaten, Diebe: Springer besaßen breit gefächerte Fähigkeiten und hoben sich auch ohne ihre roten Overalls von anderen Menschen ab.

Flüchtig ließ X den Blick durch den Raum wandern. Team Apollo war diesmal nicht aufgekreuzt. X hatte nichts dagegen – er mochte es ohnehin nicht, beobachtet zu werden.

»Schön, dass du’s auch geschafft hast, X!«, rief Will. Das neueste Mitglied von Team Raptor zog seine verbeulte Körperpanzerung an und musterte X von oben bis unten, als er zu den Spinden hinüberging.

»Du siehst beschissen aus, Alter«, meinte Will und schmunzelte.

»Das lässt sich mit ein paar Aufputschmitteln leicht beheben«, gab X zurück.

Er brauchte in keinen Spiegel zu blicken, um zu wissen, dass Will recht hatte. X sah wesentlich älter aus als die 38 Jahre, die er auf dem Buckel hatte. Um seine Augen hatten sich Krähenfüße gebildet, weil er sie zu oft zusammenkniff, und seine übliche finstere Miene hatte sich in seine Wangen und Stirn gebrannt. Wenigstens hatte er noch den Großteil seiner Zähne. Ohne sein ungewöhnlich weißes Lächeln hätte er wesentlich schlimmer ausgesehen.

X hielt an seinem Spind für ein weiteres Ritual. Er fuhr mit einem Finger über sein Namensschild und nahm sich einen Moment Zeit, um seiner Vorgänger zu gedenken. Was jeden Tag schwieriger wurde. An manchen Tagen konnte er sich an einige Gesichter überhaupt nicht mehr erinnern. An diesem Tag jedoch lag das teilweise auch an seinen pulsierenden Kopfschmerzen.

Er öffnete die Spindtür und durchsuchte das oberste Fach nach einer Flasche mit Aufputschmitteln, die er bei einem Sprung vor einigen Monaten entdeckt hatte. Die kostbaren Tabletten – auch etwas, das man unmöglich an Bord der Hive herstellen konnte – waren ihr Gewicht in Gold wert.

X spürte durchdringende Blicke auf sich, als er ein paar der Pillen schluckte. Aus dem Augenwinkel nahm er die große, schlanke Gestalt seines besten Freundes Aaron Everhart wahr.

»Sag’s einfach«, forderte ihn X auf.

»Ich dachte, du wolltest das Zeug zurückschrauben.«

Zu lügen hatte keinen Sinn, das würde Aaron auf Anhieb durchschauen.

»Bin noch nicht dazu gekommen«, erwiderte X stattdessen.

Aaron sah ihm direkt in die Augen und legte die Stirn in Falten. »Bist du sicher, dass du in der Lage …«

X hob die Hand, als wollte er einen Anfänger zurechtstutzen. »Es geht mir gut, Mann.«

Nach einem angespannten Moment ging X los, um nach Rodney zu sehen, der gerade einen dunkelbraunen Fuß in seinen schwarzen Overall steckte. Als er aufschaute, schien sein leerer, emotionsloser Blick geradewegs durch X hindurchzustarren, anstatt ihn zu sehen. Rodney war der dritterfahrenste Springer an Bord des Schiffes. Die Arbeit hatte ihn über die Jahre abgestumpft, und manchmal hatte X den flüchtigen Eindruck, dass Rodney sterben wollte. Bei der letzten Gesundheitsuntersuchung hatte einer der Ärzte X dieselbe Frage gestellt. Aber wer konnte das schon mit Sicherheit sagen? Tief in ihrem Innersten mussten wohl alle Hell Divers zumindest ansatzweise Todessehnsucht verspüren.

»Alle mal herhören«, ergriff X das Wort. »Ich komme gerade vom Oberkommando. Captain Ash sagt, der Himmel sieht gut aus. Keine Anzeichen von Gewitterstürmen über dem Absprunggebiet.«

»Was steht diesmal auf der Liste?«, fragte Rodney.

»Nukleare Brennstoffzellen. Das ist alles. Captain Ash hat sich sehr deutlich ausgedrückt.«

»Mann, was ist daraus geworden, nach anderem Scheiß zu suchen?«, meldete sich Will zu Wort. »Ich vermiss die Tage, als wir noch nach echten Schätzen gesucht haben.«

X warf ihm einen finsteren Blick zu. »Du solltest froh sein, dass wir heute über einer grünen Zone abspringen – weniger Strahlungsgefahr an der Erdoberfläche.«

»Ich schätze, an die Absprünge über grünen Zonen könnt ich mich gewöhnen«, meinte Will. »Vielleicht lebe ich ja lang genug, um irgendwann eine Legende wie du zu werden.« Er ließ ein Grinsen aufblitzen, das unter X’ finsterem Blick gleich wieder verpuffte.

Will war ungefähr so jung wie X damals, als er sich den Hell Divers angeschlossen hatte, und ungefähr genauso naiv.

Kaum zu glauben, dass das vor 20 Jahren war. X war beileibe keine Legende, allerdings hatte er tatsächlich mehr erfolgreiche Sprünge hinter sich gebracht als jeder andere Hell Diver der Geschichte. Der Einzige, der nah an seinen Rekord herankam, war ein Mann namens Rick Weaver an Bord ihres Schwesternschiffes Ares. Soweit X gehört hatte, war Weaver nach wie vor als Springer aktiv.

X legte den Kopf in den Nacken und schluckte zwei weitere Pillen. Er spülte sie mit einem Schluck aus seiner Wasserflasche hinunter, verzog das Gesicht und wandte sich dann an Aaron.

»Wie geht’s dem Kleinen?«, erkundigte er sich. »Ich hab Stan schon länger nicht mehr gesehen.«

»Michael wächst viel zu schnell«, erwiderte Aaron. »Erst vor ein paar Wochen ist er an der Ingenieursschule aufgenommen worden. Zwei Jahre früher als normal.« X nahm einen Anflug von Traurigkeit in Aarons stechenden blauen Augen wahr, wusste jedoch nicht, was er bedeuten mochte. Lag es daran, dass X in letzter Zeit keinen Versuch unternommen hatte, Stan zu sehen? Oder daran, dass Stan entschieden hatte, Ingenieur statt Hell Diver zu werden?

»Du hast doch nicht etwa gedacht, er würde in deine Fußstapfen treten wollen, oder?«, fragte X.

»O Scheiße, nein!«, antwortete Aaron. Seine blonden Augenbrauen zogen sich zusammen. »Dieses Leben würde ich für meinen Jungen nie wollen.«

»Daraus kann ich dir keinen Vorwurf machen.«

Aaron zögerte. Seine Lippen bildeten eine schmale Linie. »Ich wollt’s ja nicht erwähnen, aber du hast seinen Geburtstag verpasst.«

»Scheiße«, murmelte X. »Wann ist er neun geworden?«

Wieder zogen sich Aarons Brauen zusammen. »Er ist zehn

X schaute zu Boden. »Tut mir leid. Ich mach’s wieder gut, wenn wir zurück sind.«

Aaron schloss seinen Spind. »Da mach ich mir mal keine allzu großen Hoffnungen.«

Sonst gab es eigentlich nichts mehr zu sagen. X musste sich mit Taten beweisen, nicht bloß ein weiteres leeres Versprechen abgeben. Er griff sich seinen abgetragenen Overall aus dem Spind und schlüpfte mit den Beinen hinein. Die Innenpolsterung passte sich seiner Muskulatur an, als er den Reißverschluss vorne zuzog. Aaron reichte ihm die mattschwarze Körperpanzerung, die seine lebensnotwendigen Organe schützte. Das Teil fühlte sich leicht in den Händen an, aber die Außenhülle aus Titan hielt einem Schuss mit einer Schrotflinte stand. Die Brustplatte hatte ihn schon bei unzähligen Sprüngen vor Knochenbrüchen oder Schlimmerem bewahrt.

Er stülpte sich die Panzerung über den Kopf, zog den Bauch ein und befestigte die Schnallen an beiden Seiten. Sie saß ziemlich eng, war für den Körper eines wesentlich jüngeren Mannes geformt worden, lange bevor sich sein Metabolismus verlangsamt und seine schlechten Angewohnheiten bemerkbar gemacht hatten.

Die Arm- und Beinschützer aus Titan passten auch nicht viel besser. Er brachte sie über alten Muskeln an, mittlerweile bedeckt von einer Fettschicht, die er nicht loszuwerden schien, ganz gleich, wie viele Liegestütze er machte oder wie viele Runden er durch das Schiff joggte. Nach dem Befestigen der Schutzvorrichtungen setzte er den Helm auf. Zum Abschluss der Routine fügte er seine Batterieeinheit in die Fassung seines Brustpanzers ein. Flackernd erwachte ein kühles blaues Licht zum Leben und leuchtete über die mattschwarze Panzerung. Die Ausrüstung mochte alt sein wie alles an Bord des Schiffes, aber die Teile passten perfekt zusammen und schützten ihn vor den feindseligen Bedingungen bei einem Sprung.

»Die Röhren sind bereit!«, rief eine Stimme aus X’ Startröhre. Ty, der Techniker des Teams, kletterte heraus und bekam dabei Schmiere auf seinen gelben Overall. Er kaute nervös auf einem brennwertverstärkten Kräuterstäbchen. So viele von den verdammten Dingern Ty auch aß, er blieb immer spindeldürr.

X griff sich eine mit Leuchtfackeln und Schrotmunition vollgestopfte Weste, warf sie sich über die Schulter und steuerte auf die Abwurfröhren zu. Unterwegs ließ er den Blick prüfend über die Bullaugen wandern. Außer wirbelnden dunklen Wolken war dahinter nichts zu sehen. Die Springer von Team Angel machten Platz, als X und seine Männer ihre Röhren erreichten. Rodney und Will eilten vorbei, aber Aaron hielt wie immer inne und nickte X zu. Die Geste war aussagekräftiger als Worte. Trotz der Spannungen vorhin würden sich die beiden gegenseitig ihr Leben anvertrauen.

Die Springer stiegen einer nach dem anderen in die Metallkokons.

Auch nach all den Jahren verspürte X immer noch einen Anflug von Angst, als Ty die Kunststoffkuppel über ihm schloss. Es dauerte einige Augenblicke, in denen er sich hin und her wand, bevor er eine bequeme Position fand. Sein Verstand kam in die Gänge, der Nebel seines Katers begann sich zu lichten – die Wirkung der Aufputschtabletten setzte endlich ein.

X atmete aus und tippte auf den Minicomputer an seinem rechten Unterarm. Hinter der gesprungenen Glasabdeckung flackerte das Bedienfeld. Er drückte die Schaltfläche zur Aktivierung des Head-up-Displays, kurz HUD. Rechts oben in seinem Visier erschien ein grüner transparenter Subscreen, über den digitale Telemetriedaten scrollten.

Er wischte ein zweites Mal über den Monitor an seinem Unterarm. Ein weiterer transparenter Subscreen tauchte über den Daten seines HUD auf und verfestigte sich zu einer rechteckigen Karte. Vier Signalimpulse zeigten sich darauf, einer für jedes Mitglied von Team Raptor.

X drückte mit dem Kinn auf die Sprechleiste in seinem Helm, um eine Leitung zu seiner Mannschaft zu öffnen. »Raptor, Systemcheck.«

»Bereit, Boss«, gab Rodney zurück.

»Sieht alles gut aus«, sagte Will. Eine kurze Pause, dann: »Bereit zum Sprung.«

Das leichte Zittern, das X in Wills Stimme hörte, überraschte ihn nicht. Es war der 15. Sprung des Jungen, und laut den Statistiken sollte es sein letzter werden.

Scheiß auf die Statistiken, dachte X. Würden die Zahlen immer die ganze Wahrheit sagen, wäre er selbst vor 80 Sprüngen draufgegangen.

»Systeme sehen gut aus, X«, meldete Aaron. »Wir sehen uns an der Erdoberfläche.«

»Sicheren Sprung«, gab X zurück und betonte das erste Wort.

Eine neue Stimme ertönte knisternd in seinem Helm. »Missionsfreigabe erteilt, X.« Captain Ashs Stimme, klinisch und unverwechselbar weich.

»Verstanden«, antwortete er. »Wir springen, damit die Menschheit überlebt.« So lautete das Motto der Hell Divers, und es war seine typische Erwiderung – eine Erwiderung, die Captain Ash versicherte, dass sie auf ihn zählen konnte.

Als die Hive langsamer wurde und schließlich zum Stillstand kam, klappte X sein verspiegeltes Visier hoch und presste sich den dünnen Polymer-Mundschutz gegen die oberen Zähne. Mittlerweile befand sich das Schiff in Schwebeflughöhe, aber X wartete darauf, dass Ty bestätigte, was er bereits wusste.

»Wir sind in Position«, meldete Ty kurz darauf. »Schicke in wenigen Sekunden die Versorgungskiste zur Erdoberfläche.«

X zeigte ihm den erhobenen Daumen, und Ty verriegelte die Kunststoffkuppel auf dem Zylinder. Er klopfte mit der flachen Hand auf die durchsichtige Abdeckung, nahm das Kräuterstäbchen aus dem Mund und formte mit den Lippen die Worte: Viel Glück.

Sirenengeheul dröhnte durch die Startbucht. Die erste Warnung.

X spürte das vertraute Kribbeln steigender Erwartung. Eine chaotische Kombination aus Angst und Erregung mit Suchtpotenzial – das Gefühl, das ihn dazu antrieb, wieder und wieder zu springen. Obwohl es X niemals einer Menschenseele gegenüber zugeben würde, lebte er für diesen Kick.

Jeder Sprung war riskant, oft auf eine völlig neue Weise. Ohne Risiko konnte man nicht in 6000 Metern Höhe aus einem Luftschiff springen, durch Gewitterstürme stürzen und auf der feindseligen Erdoberfläche landen. Und diesmal handelte es sich obendrein um keine gewöhnliche Bergungsmission. Die Brennstoffzellen, die sie für Captain Ash auftreiben sollten, waren nicht einfach zu beschaffen. Es gab nur noch wenige bekannte Orte auf dem Kontinent, an denen man das nukleare Gold finden konnte. Ohne die Zellen würde sich die Hive nicht in der Luft halten können. Und wenn die vorhandenen Brennstoffzellen ausfielen …

Bei dem Gedanken biss X entschlossen auf seinen Mundschutz. Er würde nicht versagen. Er versagte nie.

Auf seiner Missionsuhr wurden die Sekunden heruntergezählt. Mittlerweile hatten seine Sinne auf höchste Alarmbereitschaft geschaltet. Er konnte den abgetragenen Kunststoff des Helms riechen, sein hämmerndes Herz fühlen, das pulsierende Rauschen des Blutes in seinen Ohren hören und den sanften blauen Schimmer der inneren LEDs seines Helms sehen.

Eine zweite Sirene ertönte schrill, und die Notbeleuchtung tauchte seine Kapsel in Rot. Auf das Geräusch von knarrendem Metall folgte ein lautes Fupp!, als Ty aus einer anderen Röhre die Versorgungskiste startete.

Eine Minute bis zum Absprung.

X überflog ein letztes Mal die Daten seines HUD. Alle Systeme klar. Die leuchtenden Punkte von Rodney, Will und Aaron blinkten, alle aktiv. Sie waren bereit. X zählte in Gedanken die letzte Minute herunter. Er ballte die Hände zu Fäusten, bis seine Knöchel knackten.

30 Sekunden bis zum Absprung.

Die Sirenen verblassten zu einem leisen Echo, das rote Leuchten ging in Blau über – die letzten Momente der Ruhe vor dem Sturm. In der Wolkendecke unter seinen Füßen schien kurz etwas zu gleißen, doch das musste eine Illusion sein. Das Oberkommando hatte gesagt, dass im Absprunggebiet keine Gewitterstürme tobten.

Die Stimme von Captain Ash ertönte knisternd in seinem Helm, leidenschaftslos, aber irgendwie beruhigend. »Viel Glück, Raptor.«

Fünf Sekunden bis zum Absprung.

Ein Schauder raste X über den Rücken, als er unter sich unbestreitbar einen Blitz durch die Wolken zucken sah. Das entfernte Aufflackern erlosch, ließ nur Spuren verschwommener Helligkeit zurück.

X drückte mit dem Kinn auf die Sprechtaste und schrie: »Start verzögern! Ich wiederhole …«

Er hob in dem Moment den Arm, um gegen die Kuppel zu hämmern, als sich der Glasboden ganz leise öffnete. Seine behandschuhten Fingerspitzen schabten über die Metalloberfläche der Röhre, als er fiel, seine Stimme verlor sich im Tosen des Windes.

Einen Moment lang fühlte er sich schwerelos, als bestünde er nur aus reinem Bewusstsein. Dann erfasste ihn der Wind und sog ihn in die schwarze Leere. Wut kochte in ihm hoch. Wie konnte dem Oberkommando das Unwetter entgangen sein? Ein defekter Sensor? Ein nachlässiger Offizier, der zu beschäftigt damit gewesen war, einer hübschen Auszubildenden an den Hintern zu fassen? X wusste es nicht, und im Augenblick spielte es ohnehin keine Rolle. Er musste sich auf den Sprung konzentrieren und darauf, sein Team lebend hinunter auf die Erdoberfläche zu bringen.

X kapitulierte vor den Kräften, die an seinem Anzug zerrten und ihn auf die Erde zuschleuderten. Indem er die Arme und Beine ausstreckte, ging er in eine stabile Position für den freien Fall über. Die glatte, käferähnliche Hülle der Hive schwebte über ihm, die Mantelstromtriebwerke flimmerten wie Insektenflügel. Weit über dem Schiff, tief in der Masse der Wolken, erhaschte er einen flüchtigen Blick auf etwas, das er lange nicht mehr gesehen hatte: eine Schliere goldenen Lichts. Die Sonne, die sich durchzukämpfen versuchte. Dann verschwand das Licht abrupt.

X richtete den Blick wieder auf sein HUD. Sie waren bereits auf 5800 Meter gefallen. Aus dem Augenwinkel nahm er den blauen Schimmer von Aarons Batterieeinheit wahr. Eine Millisekunde lang fragte er sich, was seinem alten Freund durch den Kopf gehen mochte, doch er konnte es sich gut vorstellen. Aaron sprang mit einer Last, die mehr als sein Fallschirm und seine Körperpanzerung wog. Auf ihn wartete oben ein Sohn.

X hatte niemanden, der auf ihn wartete oder auf ihm lastete. Und dadurch wurde er zu einem der besten Springer.

X spürte, wie die kühle Matratze des Windes gegen ihn drückte, und streckte den linken Arm ein paar Zentimeter aus – gerade genug für eine langsame Drehung nach rechts, damit er nach den anderen Springern sehen konnte. Sie näherten sich, arbeiteten sich auf eine Keilformation mit 100-Meter-Abständen zu.

Er neigte den Helm nach unten, spähte wieder in die Wolken. Ein blendendes Geflecht gezackter Blitze erstreckte sich in einer Höhe von etwa 4500 Metern unter ihnen.

Ein statisches Knistern drang aus dem Lautsprecher in seinem Helm, als einer der anderen Springer zu sprechen versuchte, aber die verstümmelten Worte ließen sich unmöglich verstehen. X richtete den Blick auf die wirbelnden Wolken. Die Dunkelheit tarnte die Ausmaße des Unwetters, doch er ließ sich nicht täuschen. Wenn es bereits ihre Elektronik beeinträchtigte, musste es gewaltig sein.

Während er rasend durch den Himmel fiel, nahm die Intensität der sporadischen Blitze zu. Bei 3600 Metern schleuderte ihn eine Ballung von Turbulenzen plötzlich nach links. Der Wind pfiff über seine Körperpanzerung hinweg und zerrte an seinem Overall. X achtete darauf, seine Masse zu zentrieren und seine stabile Position für den freien Fall beizubehalten.

3000 Meter. Die Hälfte geschafft.

Er schoss durch eine Wolkenbank so schwarz und flach wie ein Amboss und beobachtete entsetzt, wie der gesamte Himmel vor elektrisch blauen Blitzen aufleuchtete. Sofort übernahm seine Erfahrung die Kontrolle. Er winkelte die Arme nach hinten zu einem V an, neigte die Nase nach unten und verengte das V zu einer Pfeilspitze.

Sein Team war zwar in den Wolken verschwunden, aber die anderen würden dasselbe tun. Durch die Windscherungen und elektrischen Störungen würden sie blind und taub und ihre Elektronik nutzlos sein. Deshalb hatte X seiner Mannschaft beigebracht, die Höhe und Geschwindigkeit anhand der Zeit im freien Fall zu berechnen und sich an allem zu orientieren, was sie auf dem Boden oder am Horizont erspähen konnten. Dadurch waren sie nicht völlig auf die Unterstützung eines Computerprogramms angewiesen.

Nur erwies sich Kopfrechnen als nahezu unmöglich, während man durch eine Gewitterfront fiel. Der Wind peitschte jeden Quadratzentimeter seines Körpers, und die Blitze schienen die Dunkelheit zu verzerren und den Raum um X herum zu krümmen. Einen so heftigen und ausgedehnten Sturm hatte er seit Langem nicht mehr erlebt. Die Schlechtwetterfront erstreckte sich über sein gesamtes Sichtfeld. Es gab keine Möglichkeit, den Sturm zu umgehen. Sie konnten nur so schnell wie möglich hindurchtauchen.

X raste durch die Wolken wie eine Rakete. Der Wind heulte über seinen Körper, als sich seine Geschwindigkeit steigerte. 2400 erschien flackernd auf dem HUD seines Visiers, bevor er mitten ins dunkle Herz der Leere geriet. Er fiel mit 257 Stundenkilometern und beschleunigte immer noch. Jede Muskelfaser seines Körpers schien vor angespannter Bereitschaft zu vibrieren. Durch den kreischenden Wind drangen die peitschenden Knalle naher Donnerschläge und das grollende Rumoren weiter entfernt. Die ständigen Scherungen schleuderten ihn bald hierhin, bald dorthin und zwangen ihn, die Beine zu versteifen und die Hände als ausgleichende Ruder einzusetzen, um den Sturzflug beizubehalten und nicht unkontrolliert zu trudeln.

Unmittelbar vor ihm schnellte ein Blitz vorbei. Ihm blieb keine Zeit, sich zu rühren oder auch nur zu zucken. Er spürte, wie sich sämtliche Härchen an seinem Körper gleichzeitig aufrichteten.

Doch allein die Tatsache, dass ihm diese Gedanken durch den Kopf schossen, verriet ihm, dass es sich um keinen kritischen Treffer handelte. Er konnte immer noch sehen, und sein Herz hämmerte nach wie vor wie wild. Der Blitz hatte nicht die Schicht der synthetischen Materialien seines Anzugs durchdrungen, der ein gewisses Maß an Schutz gegen Stromschläge bot. Dennoch würde er schon bald ein Brennen spüren.

2000 Meter.

Er streckte die Arme seitlich aus, winkelte die Knie an und arbeitete sich zurück in eine stabile Position. Endlich machte sich die Hitze bemerkbar. Seine Haut fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. Er biss härter auf den Mundschutz, schmeckte den Kunststoff.

1500 Meter.

Die digitale Karte auf seinem HUD hatte sich wieder gefestigt. Einer der blinkenden Punkte – die Herzschläge der anderen – war verschwunden. Es war Rodney, dessen Leuchtsignal erloschen war.

»Gottverdammt«, flüsterte X. Er spannte die Kiefermuskulatur an und bemühte sich, den Zorn zu bändigen, der unter seiner brennenden Haut brodelte. Irgendjemand würde für diese Dummheit bezahlen – aber das würde warten müssen.

1200 Meter.

Weitere Blitze zuckten durch seine Falllinie. Diesmal blieb er ungerührt. Er war fast unten und konzentrierte sich völlig darauf, die verbleibende Zeit zwischen ihm und der Erdoberfläche abzuschätzen. Die Anzüge besaßen kein automatisches Aktivierungssystem – die Techniker hatten es vor Jahren auf X’ Drängen entfernt. Er wollte nicht, dass ein fehleranfälliges Computersystem, das so alt wie er selbst war, darüber entschied, wann sich sein Fallschirm öffnete.

Ein blinkender Punkt in der Fülle der Daten auf seinem HUD lenkte seine Aufmerksamkeit zurück zum Visier. Wills Signalanzeige war dramatisch vom Kurs abgekommen.

X neigte den Kopf, suchte in der Dunkelheit nach dem blau schimmernden Licht der Batterieeinheit und erspähte es, als es in die brodelnde schwarze Masse hinein davonwirbelte.

Gleich darauf erlosch Wills Signal, als sein Herzschlag von einem fatalen Schlag statischer Elektrizität beendet wurde. Der Junge war am Ende doch genau im statistischen Mittel gelandet – tot beim 15. Sprung.

X spürte, wie sein Körper vor Wut zitterte. Die zwei Springer hatten es schon beinahe geschafft, das Unwetter fast hinter sich gelassen und die relative Sicherheit der verseuchten Erde erreicht. Und nun waren sie tot. Eine Verschwendung kostbaren menschlichen Lebens, die man hätte vermeiden können, wenn die Offiziere des Oberkommandos ihre verfluchte Arbeit ordentlich erledigt hätten. Wie konnte man einen Sturm mit einem Radius von um die 150 Kilometer übersehen?

Vor Zorn brüllend stieß X mit Höchstgeschwindigkeit durch den Boden der Wolkenschicht und betätigte mit dem Kinn den Taster in seinem Helm, um die Nachtsichtoptik zu aktivieren. Unter ihm geriet eine verfallende Stadt in Sicht. Die rostigen Ruinen von Wolkenkratzern ragten wie Grabsteine in einem Friedhof aus Metall und Beton empor. Jene Gebäude, die nicht eingestürzt waren, lehnten aneinander wie ein Wald abgestorbener Hochstümpfe. Ihre schief stehenden Träger, die sich knallgrün abzeichneten, füllten sein Visier aus und wurden mit jedem Schlag seines Herzens größer.

900 Meter.

Kaum hatte X den Sturm endlich hinter sich gelassen, zog er einen Arm an und vollführte eine halbe Drehung um die Längsachse, bevor er sich auf den Rücken legte und die Beine und Arme ausbreitete. Der Schimmer einer Batterieeinheit tauchte auf. Zwei Sekunden später schoss ein Springer durch die Wolken über ihm. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass es sich um Aaron handelte, rollte er sich zurück in eine stabile Position und zog an seiner Reißleine. Die Fangleinen strafften sich und rissen ihn mit einem Ruck nach oben, oder zumindest fühlte es sich so an. X griff über sich, packte die Schlaufen der Steuerleinen und lenkte auf ein Trümmerfeld nördlich von zwei eingestürzten Gebäuden zu.

Nachdem er die Landezone bestimmt hatte, zog er an der linken Steuerleine und drehte die Fallschirmkappe so, dass er den Himmel absuchen konnte. Einen Herzschlag danach kam Aaron in Sicht, aber irgendetwas stimmte nicht. Er befand sich immer noch im Sturzflug und raste auf die Ruinenpyramide zu.

»Aaron, lös den verfluchten Fallschirm aus!«, brüllte X in die Sprechverbindung.

Eine Sekunde lang ertönte nur ein statisches Knistern. Der Boden näherte sich um weitere 75 Meter.

Aarons panische Stimme dröhnte durch die Leitung. »Ich kann nichts sehen. Meine Nachtsicht funktioniert nicht!«

X erübrigte eine halbe Sekunde für einen prüfenden Blick zu seiner Landezone. Er befand sich nach wie vor auf Kurs dorthin. Sein Blick kehrte zurück zum Himmel und heftete sich auf den blauen Meteor, an den Aaron erinnerte.

»Zieh die Reißleine! Ich geb dir Anweisungen.«

»Ich kann nur Dächer sehen!« Das statische Knistern in der Leitung verbarg nicht die Angst, die in Aarons Stimme mitschwang.

»Zieh verdammt noch mal die Reißleine, wenn du nicht eines dieser Dächer küssen willst!«

X atmete erleichtert durch, als sich Aarons Fallschirm endlich öffnete. Er hatte immer noch die Chance, seinen Fall zu bremsen und zu überleben. X würde ihn leiten. Er würde für Aaron sehen.

»Lenk nach links!«

Aaron entfernte sich zwar von den Türmen, aber es waren so viele. Zu viele. Er hielt auf das emporragende Gerippe eines einst prächtigen Bürowolkenkratzers zu.

X drehte sich, um besser zu sehen. Seine Ohren verschlossen sich durch die Druckveränderung. Ein Schwindelgefühl erfasste ihn. Er blinzelte es weg und hielt den Blick auf Aaron gerichtet. Langsam trieb er von den Gerippen eingestürzter Gebäude weg.

»Ich kann nichts sehen, X!«

»Zieh weiter nach links. Du hast’s fast geschafft!«

Eine Pause entstand.

»Weißt du noch, was ich dir über Stan gesagt habe?« Aarons Stimme klang ruhiger als zuvor.

X’ Herzschlag setzte eine halbe Sekunde lang aus. »Ja.«

»Du musst dich um ihn kümmern. Versprich’s mir!«

»Aaron, du schaffst es. Halt dich einfach weiter links! Du bist fast dran vorbei.«

Der Fallschirm zog Aaron zwar weg von dem Dschungel aus Stahl und Glas, aber X konnte keine ungefährliche Landezone ausmachen. Er wand sich in seinem Gurtzeug hin und her. Seine Augen suchten verzweifelt die trostlose Landschaft nach einem sicheren Weg hinunter ab.

»Versprich’s mir, verflucht noch mal!«, wiederholte Aaron seine Forderung.

X sog einen gemessenen Atemzug ein. »Ich versprech’s. Aber du wirst …«

Bevor er den Satz beenden konnte, wurde die blaue Silhouette herumgerissen und krachte gegen die Seite eines Gebäudes. Hilflos musste X mit ansehen, wie sich der Fallschirm an scharfkantigem Metall verfing. Durch die Wucht des Aufpralls rissen die Leinen, und der blaue Schimmer stürzte in die dunkle Tiefe.

Das einsame Knistern von statischen Interferenzen drang über die Funkverbindung. Einen Lidschlag später verlor er Aaron aus den Augen, aber er hörte über die Leitung das knirschende Platschen, als der Körper seines Freundes auf dem Straßenpflaster aufschlug.

X starrte auf die verheerten Gebäude, während ihm der Atem in der Brust stockte. Er konnte nicht verarbeiten, dass Aaron tatsächlich tot war. Ihm blieben nur Sekunden, bis er den eigenen Fallschirm aufweiten und selbst landen musste. Aber er konnte den Blick nicht von den Türmen lösen oder den Gedanken ertragen, unten Aarons zerschmetterte Leiche zu finden. Nicht nachdem er so viele Sprünge überlebt hatte.

Irgendwann rissen ihn sein Versprechen und sein Pflichtgefühl aus dem benommenen Dämmerzustand. Die Menschheit zählte auf ihn. Aaron war gestorben, wie Will und Rodney vor ihm. Aber X durfte nicht sterben. Er hatte immer noch zwei Dinge zu erledigen: die Brennstoffzellen finden und für Stan da sein, bis der Junge erwachsen wäre.

Der Erdboden raste ihm entgegen. X winkelte leicht die Knie an, zog an den Steuerleinen, um den Abstieg weiter zu bremsen, und führte eine zweistufige Aufweitung durch. Eine Staubwolke wallte um ihn herum auf, als seine Stiefel auf dem verseuchten Untergrund landeten. Er versuchte, mit dem Schwung auszulaufen, doch ohne im Wind flatterndes Gras oder Laub hatte er sich verschätzt und sich dem Boden seitlich zum Wind genähert. Seine Knie knickten ein und er verlor das Gleichgewicht.

X knallte hart auf den Boden. Sein Körper überschlug sich, bevor er über die nackte Erde schlitterte. Letztlich kam er auf dem Rücken zum Stillstand. Ein paar Sekunden lang blieb er liegen. Jenes grauenhafte knirschende Platschen hallte ihm immer noch in den Ohren. Er konnte weder sehen noch atmen. Er hatte bei einem einzigen Sprung sein gesamtes Team verloren – und dabei sollte es eigentlich ein Absprung über einer grünen Zone sein.

Wutentbrannt zerrte er an den Haupttragegurten und den Fangleinen, die sich um seine Hüfte und seine Beine gewickelt hatten. Das Nylon wiegte sich in der toxischen Brise. X wand sich und zog es von seiner Körperpanzerung weg, wobei er stolperte und fiel. Schließlich zog er sein Messer und schnitt das Gurtzeug durch, um sich endlich zu befreien. Abermals fluchte er und trat, noch immer sitzend, auf den Boden.

Der Wind hatte sich beruhigt und das Grollen des Donners ertönte weit entfernt. Er steckte das Messer zurück in die Scheide und verharrte noch kurz auf dem Boden, bevor er sich letztlich auf die Beine stemmte.

Als das Blut aus seinem Kopf abfloss, wankte er leicht, dann blickte er durch die tänzelnden Sternchen in seinem Sichtfeld auf sein HUD. Das Anzeigesignal der Versorgungskiste, die Ty abgeworfen hatte, befand sich rund 800 Meter entfernt.

X fasste nach unten und aktivierte den Computer an seinem Handgelenk. Eine Karte breitete sich über den Bildschirm aus. Mit einer Fingerspitze schnippte er gegen die Oberfläche und zog einen Navigationsmarker auf die Position der Kiste.

Wenigstens würde er nicht stundenlang durch das Ödland marschieren müssen, um seine Ausrüstung zu bergen. Er überprüfte die Karte ein zweites Mal auf das Hauptziel der Mission. Den Aufzeichnungen an Bord der Hive zufolge befanden sich die nuklearen Brennstoffzellen in einem alten Lagerhaus etwa dreieinhalb Kilometer von der Versorgungskiste entfernt. X kennzeichnete die Position mit einem zweiten Navigationsmarker.

Als er mit der Planung der Route fertig war, überprüfte er die Strahlungswerte. Sein Herz setzte einen Schlag aus, als er die digitalen Telemetriedaten auf seinem HUD sah. Da konnte irgendetwas nicht stimmen. Die Zahlen waren astronomisch hoch.

Von wegen grüne Zone!

Im Augenblick fehlte ihm die Zeit, um Captain Ashs Team nach Strich und Faden zu verwünschen. Er musste sich in Bewegung setzen. Sein mehrschichtiger Anzug würde nicht die gesamte Strahlung abblocken, die Uhr tickte also. X zog die Schrotpistole aus dem Holster an seiner rechten Hüfte und öffnete das dreiläufige Kipplaufsystem. Im Verschluss kamen zwei Schrotpatronen zum Vorschein. Gut, dass er nachgesehen hatte – er hatte das Leuchtgeschoss vergessen. Er griff sich eines aus seiner Weste, legte es in den obersten Lauf ein und ließ den Verschluss mit einem Klicken zuschnappen.

Seine Ausbildung und die Erfahrung, die er im Verlauf von 96 Sprüngen gesammelt hatte, machten sich bemerkbar. Aufmerksam ließ er den Blick über die Verwüstung um ihn herum wandern, zu beiden Seiten gesäumt von Hunderten Gebäudeskeletten. Darüber tobte der wirbelnde Sturm. Ein Anblick, den andere Hell Divers unzählige Male gesehen hatten … doch diesmal gab es nur noch X, der ihn bezeugen konnte.