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Theologischer Kommentar zum Neuen Testament

Herausgegeben von

Ekkehard W. Stegemann Angelika Strotmann Klaus Wengst

 

 

Band 4

Klaus Wengst

Das Johannesevangelium

Neuausgabe

Verlag W. Kohlhammer

Umschlagbild entnommen aus „Nestle-Aland – Novum Testamentum Graece“, S. 247

27. revidierte Auflage

© 1898, 1993 Deutsche Bibelgesellschaft

 

 

1. Auflage 2000/2001

2. Auflage 2004/2007

Neuausgabe in einem Band 2019

 

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

Print:

ISBN 978-3-17-033331-4

 

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-033336-9

epub: ISBN 978-3-17-033337-6

mobi: ISBN 978-3-17-033338-3

 

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Vorwort

Mit dieser Bearbeitung zur Neuausgabe schließe ich, inzwischen schon elf Jahre pensioniert, meine Arbeit am Johannesevangelium ab. Sie hat mich über Jahrzehnte hin begleitet. Dass es dazu kam, hatte einen eher beiläufigen Anlass. Nachdem ich als Habilitierter – noch sehr jung und ziemlich „grün“ – zunächst nur weiter Seminare angeboten und eine sich an der Frühzeit des „Urchristentums“ orientierende Vorlesung gehalten hatte, sollte ich im Sommersemester 1972 meine erste exegetische Vorlesung halten. Ich traute mir nur eine „kleine“ Schrift zu und wählte den 1. Johannesbrief. In der Beschäftigung mit ihm bin ich dann erst zum Theologen geworden. Dafür war der Auftrag förderlich, für den Ökumenischen Taschenbuch-Kommentar die Johannesbriefe auszulegen. Mit der Kommentierung der gewichtigen Briefeinleitung konnte ich erst beginnen, nachdem ich einen Zugang zum Prolog des Johannesevangeliums und eine Einsicht über das Verhältnis beider Texte zueinander gefunden hatte. Das führte mich zum Johannesevangelium. Meine erste vierstündige Vorlesung hielt ich wenig später über die Abschiedsreden Joh 13–17. Sie ist mir vor allem deshalb in Erinnerung, weil ich vor den beiden wöchentlichen Vorlesungstagen oft erst nachts zwischen zwei und halb fünf genug Text niedergeschrieben hatte, dass der „Stoff“ für die um 9 Uhr c.t. beginnende Vorlesung ausreichte. Von damals bis heute habe ich mich nicht als kühler Beobachter über den Texten empfunden, sondern als in sie Verwickelter, der immer wieder versucht, von innen her und mit ihnen eine Verstehensperspektive zu finden.

Dabei haben sich natürlich Veränderungen ergeben. Die damals aufkommende sozialgeschichtliche Fragestellung, wie sich die Aussagen der Texte und die Lebensbedingungen ihrer Autoren und ersten Rezipienten zueinander verhalten, hat mein Suchen zunächst vorwiegend bestimmt. Aber genau diese Fragestellung führte mich hinsichtlich des Johannesevangeliums dazu, es im jüdischen Kontext zu verorten, in einem innerjüdischen Streit um Jesus als Messias. Das nötigte mich, verstärkt jüdische Tradition und gerade und besonders jüdisch-rabbinische wahrzunehmen. Dabei merkte ich, dass das am Anfang des Studiums in einem einzigen Semester gelernte und danach ab und an etwas aufgefrischte Bibelhebräisch nicht dazu befähigte, die rabbinischen Texte im Original zu lesen. Dazu bedurfte es einer intensiven Nachhilfe an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Zum Verstehen dieser Texte verhalf danach weiter gemeinsame Lektüre mit Jüdinnen und Juden. Ich habe dadurch einen tiefen Respekt vor dieser in Mischna, Talmudim und Midraschim gesammelten großen Tradition gewonnen, die die Grundlage aller Ausgestaltungen des Judentums bis heute bildet.

Schon während meiner noch anfänglichen Beschäftigung mit jüdischen Texten bei der Auslegung des Neuen Testaments bin ich durch glückliche Zufälle in das christlich-jüdische Gespräch hineingekommen – und nehme weiter an ihm teil. Ich habe dieses Gespräch als ein von gegenseitigem Respekt getragenes erlebt, von wirklicher Wahr-Nahme des und der jeweils anderen. Ich musste mich nicht selbst behaupten, sondern erfuhr mich in meiner Identität als Christ akzeptiert. Das ließ keine Verluste befürchten und machte offen dafür, mich ohne Angst verändern zu können. So ergab es sich für mich ganz selbstverständlich, keinen Absolutheits- und Exklusivitätsanspruch zu stellen. Dagegen beobachte ich im Johannesevangelium, dass genau ein solcher Anspruch das Gespräch immer wieder scheitern und zusammenbrechen lässt. Wie ist damit in der Auslegung dieses Evangeliums umzugehen?

Das primäre Ziel dieser von Peter von der Osten-Sacken angestoßenen Kommentarreihe war und ist: eine „Erneuerung des christlich-jüdischen Verhältnisses in Gestalt der Art und Weise der historisch-theologischen Auslegung des Neuen Testaments“, verbunden mit einer „unpolemischen, verstehenden und theologisch vertieften Wahrnahme des jüdischen Volkes“. Das ist keine ideologische Verengung, sondern vom Text geboten. Das Johannesevangelium – wie andere neutestamentliche Schriften auch – basiert auf der jüdischen Bibel und ist in einem jüdischen Kontext entstanden. Für das 1. Jahrhundert von „Christentum“ zu reden, ist schlicht anachronistisch. Bei der Auslegung der in einem innerjüdischen Streit im Johannesevangelium gemachten polemischen Aussagen bedenke ich nicht nur diese Entstehungssituation, sondern auch, dass sich die eigene Situation davon beträchtlich unterscheidet. Das verbietet es einer verantwortlichen Auslegung, in einem völlig anderen Kontext entstandene Aussagen einfach nachzusprechen. Der Unterschied der eigenen Situation zur Entstehungssituation der Texte ist bei deren Auslegung mit zu reflektieren.

Eine Rezension zur 1. Auflage dieses Kommentars war überschrieben: „Ein Kommentar zum Lesen“. Diese nach zwei Auflagen unternommene Neubearbeitung ist auch ein Versuch, ihn noch lesbarer zu machen. Ich habe ihn dabei nicht nur sprachlich überarbeitet, sondern ihn auch um nicht nur Weniges gekürzt, sodass er nun in einem Band erscheinen kann. Zugleich musste ich ihn aber auch wieder erweitern durch Aufnahme neuerer Literatur. Dabei habe ich die Diskussion vor allem an Stellen gesucht, an denen sich gegensätzliche Interpretationswege scheiden.

 

Bochum, im September 2018

Klaus Wengst

Inhalt

Vorwort

Einleitung

1.  Einige Erwägungen vorab

2.  Die Entstehung des Johannesevangeliums in einer innerjüdischen Kontroverse

3.  Konsequenzen für die Interpretation

4.  Der zu interpretierende Text

5.  Gattung und Gliederung

Der Prolog (1,1–18)

1.  Zur Frage einer Vorlage

2.  Zum religionsgeschichtlichen Hintergrund

3.  Aufbau

4.  Funktion

5.  Einzelauslegung

Erster Teil: Das Wirken Jesu als des von Gott Gesandten findet Glaubende und Nichtglaubende (1,19–12,50)

I.  Die erste Woche (1,19–2,12)

1.  Das indirekte Zeugnis des Johannes (1,19–28)

2.  Das direkte Zeugnis des Johannes angesichts Jesu (1,29–34)

3.  Die ersten beiden Schüler aufgrund des Zeugnisses des Johannes (1,35–39)

4.  Das Hinzukommen des Simon Petrus (1,40–42)

5.  Das Hinzukommen des Philippus und Natanael beim Aufbruch nach Galiläa (1,43–51)

6.  Hochzeit in Kana (2,1–12)

II.  Erste Wirksamkeit in Jerusalem und Judäa (2,13–3,36)

1.  Die Austreibung aus dem Tempel und das Wort über ihn (2,13–22)

2.  Die Geburt aus dem Geist (2,23–3,21)

3.  Das letzte Zeugnis des Johannes (3,22–36)

III.  Durchreise durch Samarien und Wirken in Galiläa (4,1–54)

1.  Einleitung: Aufbruch von Judäa nach Galiläa (4,1–3)

2.  Jesus auf der Durchreise in Samarien (4,4–42)

3.  Rückkehr nach Galiläa (4,43–54)

Exkurs: Ist die Textfolge in Kap. 5–7 zerstört?

IV.  Zweites Wirken in Jerusalem: die Heilung eines Kranken am Teich Betesda (5,1–47)

1.  Die Heilung eines Kranken (5,1–9a)

2.  Überleitung (5,9b–16)

3.  Weiterführung der Wundergeschichte im Blick auf Jesu Person (5,17–47)

V.  Letztes Wirken am galiläischen Meer. Rückzug und Bekenntnis angesichts Jesu als des Lebensbrotes (6,1–71)

1.  Speisung und Überfahrt (6,1–25)

2.  Die Deutung des Speisungswunders (6,26–58)

3.  Die Folge: Trennung in der Schülerschaft (6,59–71)

VI.  Drittes Wirken in Jerusalem. Von Sukkot bis Chanukka (7,1–10,42)

1.  Jesu Teilnahme an Sukkot (7,1–52)

[Nicht den Stab brechen über die, die sich verfehlen (7,53–8,11)]

2.  Diskussionen im Tempel (8,12–59)

3.  Die Heilung eines Blindgeborenen (9,1–10,21)

4.  Erneute Auseinandersetzung an Chanukka und Rückzug Jesu (10,22–42)

VII.  Die Auferweckung des Lazarus und ihre Folgen (11,1–57)

1.  Einleitung (11,1–16)

2.  Gespräch über die Auferstehung (11,17–17)

3.  Die Wundertat der Auferweckung (11,28–44)

4.  Die Folgen (11,45–57)

VIII.  Abschluss des öffentlichen Wirkens Jesu am Beginn der letzten Woche seines Lebens (12,1–50)

1.  Die Salbung in Betanien (12,1–11)

2.  Jesu Einzug in Jerusalem (12,12–19)

3.  Letzter Auftritt Jesu in der Öffentlichkeit (12,20–36)

4.  Abschluss des ersten Teils (12,37–50)

Zweiter Teil: Der ans Kreuz gehende Jesus gibt sich den Glaubenden als zu Gott Zurückkehrender zu verstehen und verheißt seine Gegenwart im Geist (13,1–20,29)

I.  Das letzte Mahl Jesu mit seinen Schülern vor Pessach (13,1–17,26)

1.  Die Fußwaschung (13,1–20)

2.  Die Ansage des Verrats (13,21–30)

3.  Die erste Abschiedsrede (13,31–14,31)

4.  Die zweite Abschiedsrede (15,1–16,33)

5.  Das Gebet Jesu (17,1–26)

II.  Die Festnahme Jesu, sein Prozess und seine Hinrichtung als Rückkehr zum Vater (18,1–19,42)

1.  Die Festnahme Jesu, die Vernehmung vor Hannas und die Verleugnung des Simon Petrus (18,1–27)

2.  Der Prozess Jesu vor Pilatus (18,28–19,16a)

3.  Die Hinrichtung und Bestattung Jesu (19,16b–42)

III.  Der auferweckte Gekreuzigte (20,1–29)

1.  Mirjam aus Magdala und die beiden Schüler am leeren Grab (20,1–10)

2.  Die Begegnung Jesu mit Mirjam aus Magdala (20,11–18)

3.  Die Begegnung Jesu mit seinen Schülern (20,19–23)

4.  Die Begegnung Jesu mit Thomas (20,24–29)

Epilog (20,30f.)

Nachtrag (21,1–25)

1.  Erneute Begegnung Jesu mit Schülern am Meer von Tiberias (21,1–14)

2.  Jesu Worte an Simon Petrus und über den Schüler, den er liebte (21,15–24)

3.  Buchschluss (21,25)

Über- und Unterschrift

Anhang

Abkürzungen

Quellenverzeichnis

a)  Bibel

b)  Außerrabbinisches Judentum

c)  Samaritanische Texte

d)  Rabbinische Texte

e)  Nichtjüdische antike Literatur

f)  Inschriften

Sekundärliteratur

a)  Kommentare zum Johannesevangelium

b)  Übrige Literatur

Register

Altes Testament einschließlich Apokryphen

Neues Testament

Zwischentestamentliches und nachneutestamentliches Judentum

Alte Kirche

Nichtjüdische und nichtchristliche antike Autoren