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Fußnoten

Immanuel Kant, »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?«, in: Berlinische Monatsschrift (1784) S. 516.

Heinrich von Kleist, »Aufsatz, den sichern Weg des Glücks zu finden und ungestört – auch unter den größten Drangsalen des Lebens – ihn zu genießen. An Rühle«, in: H. v. K.: Sämtliche Werke und Briefe in vier Bänden, hrsg. von Helmut Sembdner, Bd. 3, München/Wien 1982, S. 302.

Heinrich Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft, München 1960, S. 54.

Kleist (s. Anm. 2), Bd.4, München/Wien 1982, S. 887.

Günter Hagedorn, Erläuterungen und Dokumente. Heinrich von Kleist: »Michael Kohlhaas«, Stuttgart 1970, S. 4.

Gero von Wilpert, Sachwörterbuch der Literatur, 7., verb. und erw. Aufl., Stuttgart 1989, S. 151.

Wilpert (s. Anm. 6), S. 482.

Kleist (s. Anm. 4), Bd. 2, 6., erg. und rev. Aufl., München 1977, S. 835.

Thomas Gräff, Lektürehilfen. Heinrich von Kleist: »Michael Kohlhaas«, Stuttgart 21991, S. 9.

Goethe zu Johann Peter Eckermann am »Donnerstagabend den 25. Januar 1827«, in: J. P. E., Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, hrsg. von Otto Schönberger, Stuttgart 1994, S. 234.

Benno von Wiese, Die deutsche Novelle von Goethe bis Kafka. Interpretationen, Düsseldorf 1956, S.48.

»Nachricht von Hans Kohlhasen, einem Befehder derer Chur-Sächsischen Lande. Aus Petrii Haftitii geschriebener Märckischen Chronik«, in: [Schöttgen/Kreysig:] Diplomatische und curieuse Nachlese der Historie von Ober-Sachsen, und angrenzenden Ländern. Zu einiger Erläuterung derselben, gehalten von Christian Schöttgen und George Christoph Kreysig, Dritter Teil, Dresden/Leipzig 1731, S. 528 f. und S. 540 f.

Bernd Hamacher, Erläuterungen und Dokumente. Heinrich von Kleist: »Michael Kohlhaas«, Stuttgart 2003, S. 58.

Klaus-Michael Bogdal, Heinrich von Kleist, »Michael Kohlhaas«, München 1981, S. 11.

Zitiert nach: Bernd Hamacher, »Schrift, Recht und Moral. Kontroversen um Kleists Erzählen anhand der neueren Forschung zu Michael Kohlhaas«, in: Anton Philipp Knittel / Inka Kording (Hrsg.), Heinrich von Kleist. Neue Wege der Forschung, Darmstadt 2003, S. 254278, hier S. 257.

Hamacher (s. Anm. 15).

Martin Luther, D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Bd. 7: Briefwechsel, Weimar 1937, S. 124 f.

Bogdal (s. Anm. 14), S. 76.

Aristoteles, Politik und Fragment der Oeconomik, übers. von J. G. Schlosser, Erstes Buch, Zweiter Abschnitt, Lübeck/Leipzig 1798, S. 14.

Erich Bayer (Hrsg.), Wörterbuch zur Geschichte: Begriffe und Fachausdrücke, Stuttgart 1960, S. 132.

Otto Friedrich Bollnow, Wesen und Wandel der Tugenden, Frankfurt a. M. 1958, S. 3133.

Zitiert nach: Peter Goldammer, Heinrich von Kleist, 2., durchges. Aufl., Leipzig 1986, S. 34.

Kleist (s. Anm. 4).

Gerhard Schulz, Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration, Erster Teil: »Das Zeitalter der Französischen Revolution: 17891806«, München 1983, S. 46.

Fritz Martini, Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 19., neu bearb. Aufl., Stuttgart 1991, S. 296.

Heinrich von Kleist, Prinz Friedrich von Homburg, hrsg. von Wolf Dieter Hellberg, Stuttgart 2015 (Reclam XL, Text und Kontext, 19239), S. 3.

Erika Fischer-Lichte, Heinrich von Kleist: »Michael Kohlhaas«, Frankfurt a. M. 1991, S. 67.

Zitiert nach: Hagedorn (s. Anm. 5), S. 82.

Zitiert nach: Ebenda, S. 83.

Zitiert nach: Fischer-Lichte (s. Anm. 27), S. 69.

Hagedorn (s. Anm. 5), S. 95.

Zitiert nach: Fischer-Lichte (s. Anm. 27), S. 68.

Zitiert nach: Ebenda, S. 68.

Hagedorn (s. Anm. 5), S. 76.

Deutsche Film- und Medienbewertung, Deutsche Literatur- und Medienbewertung (FBW) vergibt die Auszeichnung: Literaturverfilmung, Prädikat »besonders wertvoll«: »Michael Kohlhaas«. (Online einsehbar unter: https:// www.fbw-filmbewertung.com/uploads/fbwdb_film/ infopdf/28a7d099ce99e30480d5f4ffe8d92ed1b58aa7e9.pdf. Stand: 1382018.)

David Hugendick, »Aber immerhin Mads Mikkelsen«, in: Zeit online, 1392013. (Online einsehbar unter: https://www.zeit.de/kultur/film/2013-09/film-michael-kohlhaas. Stand: 1382018.)

Eine Erfüllung findet er im Soldatenberuf jedoch nicht. Im April 1799 nimmt er seinen Abschied aus dem Militärdienst. In dieser Zeit schreibt er zur eigenen Suche nach dem GlückLebensorientierung einen umfangreichen Aufsatz, in dem er Gedanken der Aufklärung verarbeitet. In einem 1784 erschienenen Essay hatte der Philosoph Immanuel Kant (1724–1804) ermuntert, sich aus den Fesseln der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien und zu wagen, einen eigenen Weg zum Glück zu suchen.1 Der junge Kleist nimmt auf Kants Appell Bezug und gibt seinem Aufsatz den Titel: »Aufsatz, den sichern Weg des Glücks zu finden und ungestört – auch unter den größten Drangsalen des Lebens – ihn zu genießen!« Darin heißt es:

»Wenn ich Ihnen so das Glück als Belohnung der Tugend aufstelle, so erscheint zunächst freilich das erste als Zweck und das andere nur als Mittel. Dabei fühle ich, dass in diesem Sinne die Glück durch Tugend?Tugend auch

Doch die Weltlage und die Schwierige LebensverhältnisseLebensverhältnisse des jungen Mannes machen es ungemein schwierig, diesen »Weg des Glücks« zu finden:

Der Staat Preußen war unter Friedrich II., der auch der Große genannt wurde, zur europäischen Großmacht geworden, dann aber von dem Welteroberer und Weltumgestalter Napoleon entscheidend besiegt worden und in eine schwere Krise geraten. Kleist, der das militärische Scheitern Preußens als Soldat miterlebt hatte, sah sich gezwungen, einen neuen Lebensplan zu entwerfen, der ihm die Möglichkeit gibt, sich auszuzeichnen und seinen Ehrgeiz zufriedenzustellen.

Nach gescheiterten Versuchen auf verschiedenen Gebieten sucht er Ruhm nach dem TodErfolg und öffentliche Anerkennung auf dem Feld der Literatur. Er traut sich durchaus zu, mit seinen berühmten Zeitgenossen Goethe und Schiller in einen Wettstreit zu treten. Doch bleibt ihm deren Anerkennung und auch die des Publikums und der Kritiker versagt. Sein Ruhm beginnt erst nach seinem Tod zu strahlen.

Mit Suche nach Recht und Gerechtigkeitzwei Werken, die nach 1807 entstehen, sichert er sich, ohne das erleben zu können, einen Spitzenplatz in der ewigen Bestenliste der deutschen Literaturgeschichte: mit dem Schauspiel Der zerbrochne Krug (Erstaufführung: 1808, Druckfassung: 1811) und mit der Erzählung Michael Kohlhaas (Teilveröffentlichung: 1808, Gesamtveröffentlichung: 1810). In beiden Werken fragt und diskutiert Kleist, wie es um Recht und Gerechtigkeit in dieser Welt bestellt ist. Im Mittelpunkt der Werke steht jeweils ein Rechtsprozess, der folglich auch die Struktur beider Werke bestimmt. Das Schauspiel Der zerbrochne Krug bringt einen ganzen Gerichtsprozess von der Vorbesprechung der agierenden Parteien bis zur Urteilssprechung auf die Bühne. Der Fall, in dem Michael Kohlhaas die Hauptfigur ist, wird dagegen episch ausgebreitet.

In beiden Fällen geht es, wie es vor Gericht üblich ist, um einen »der Vergangenheit angehörenden Prüfung von Tat und GesetzTatbestand im Sinne der Anklage (Klage) oder der Verteidigung«3. Beurteilt wird, wie die getane Handlung

 

Heinrich von Kleist hat ein wechselvolles, von vielen Enttäuschungen geprägtes Leben durchlaufen müssen. SuizidSelbstbestimmt beendet er im Alter von 34 Jahren dieses Leben und resümiert in einem Abschiedsbrief an seine Schwester: »[…] die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war.«4

Kleists Nachruhm setzte später ein; seine Geburtsstadt Frankfurt an der Oder ehrte ihn mit einem diskurswürdigen Kleist-Denkmal und einem informativen und eindrucksvollen Kleist-Museum.

Der erklärende Hinweis im Untertitel, dass es sich bei der Bezug zur WirklichkeitGeschichte um eine Übernahme »Aus einer alten Chronik« handle – ein Hinweis, der allerdings erst der Buchausgabe beigegeben wurde –, bereitet den Leser darauf vor, dass ihm ein Ausschnitt aus der Welt der Wirklichkeit vermittelt wird. In diesem Fall handelt es sich um eine Geschichte, die sich »um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts« im Wesentlichen »[a]n den Ufern der Havel« (S. 3) abgespielt hat, also in Brandenburg.

Der Leser wird damit in eine Zeit versetzt, in der noch Zeit der HandlungKaiser an der Spitze des »Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation« von Wien aus die Herrschaft behaupteten, in der aber die Territorialstaaten wirtschaftlich und politisch an Bedeutung gewannen. So auch die Kurfürstentümer Brandenburg und Sachsen. Diese Fürsten standen an der Spitze des Adels, der das Offizierskorps, d. h. alle Offiziere einer Streitkraft, und die höheren Beamten stellte. Die Tätigkeit der Bürger war im Wesentlichen auf Handel und Gewerbe beschränkt. Die rechtlosen Bauern hatten für preiswerte Lebensmittel zu sorgen. Der Beginn einer neuen Epoche religiösen, aber auch wirtschaftlichen und politischen Denkens wird zusammenfassend in dem Thesenanschlag Luthers an der Schlosskirche von Wittenberg 1517 gesehen.

Abb. 1: Karte der Schauplätze. Entnommen aus: Heinrich von Kleist: Michael Kohlhaas. Mit Anmerkungen von Bernd Hamacher. Stuttgart: Reclam, 2003. S. 110.

Orte der HandlungKohlhaasenbrück heißt das brandenburgische Dorf, in dem Michael Kohlhaas mit seiner Familie lebt und

Der Der handelsreisende BürgerPferdehändler Michael Kohlhaas lebt mit seiner Familie in Kohlhaasenbrück, einem kleinen Ort an der Havel, und ist Untertan des Kurfürsten von Brandenburg, der seine Residenz in Berlin hat. Kohlhaasens Geschäfte führen ihn über die Grenze, »ins Ausland« (S. 3), nämlich ins Kurfürstentum Sachsen mit der Haupt- und Residenzstadt Dresden und der Messestadt Leipzig. Auf einer solchen Geschäftsreise wird er eines Tages nach dem Passieren der Landesgrenze auf dem Gebiet des Junkers Wenzel von Tronka, auf der sogenannten Tronkenburg, angehalten und nach dem »landesherrlichen Erlaubnisschein« (S. 4), einem Die Schikane des JunkersPassierschein mit Genehmigung zur Durchreise durch fremdes Gebiet, gefragt. Kohlhaas, der von einer entsprechenden Notwendigkeit nichts weiß, wird gezwungen, »ein Paar Rappen« (S. 5), auf die der Junker ein Auge geworfen hat, als Pfand zurückzulassen, wenn er seine Reise fortsetzen will. In Dresden erfährt er, dass die Forderungen des Junkers ungesetzlich sind. Als er auf der Rückreise seine Pferde von der Tronkenburg abholen will, muss er feststellen, dass die Rappen heruntergewirtschaftet sind und dass der zurückgelassene Pferdeknecht vertrieben wurde. Kohlhaas beschließt, den Junker bei Gericht in Dresden zu verklagen und Die Forderung nach WiedergutmachungWiedergutmachung für Mensch und Tier zu fordern. Im Bemühen, sein Recht zu erstreiten, scheitert er an den verfilzten

Der Rachefeldzug des Michael Kohlhaas (S. 28–40)