Cover

Duden

Das große Buch
der Allgemeinbildung

4., aktualisierte Auflage

Dudenverlag
Berlin

Titel der amerikanischen Originalausgabe:
The New Dictionary of Cultural Literacy by E.D. Hirsch Jr., Joseph F. Kett, James Trefil
© 2002 by Houghton Mifflin Harcourt Publishing Company
Mit freundlicher Genehmigung von Houghton Mifflin Harcourt Publishing Company

© Duden 2018
Bibliographisches Institut GmbH, Mecklenburgische Straße 53, 14197 Berlin

Redaktionelle Leitung Iris Glahn
Redaktion Michael Venhoff

Herstellung Ursula Fürst
Layout Bachmann Design, Weinheim
Umschlaggestaltung Schimmelpenninck.Gestaltung, Berlin
Umschlagabbildungen © Shutterstock / Sergey85, © Shutterstock / lisima,
© Shutterstock / Pro3DArtt, © Berliner entomologische Zeitschrift (1881), 42. Jahrg. (1897),
© Quagga Illustrations, © akg-images / Thomas Gade
Realisation E-Book Sagittarius-A GmbH, Hirschberg
Druck und Bindung Firmengruppe APPL, Senefelderstraße 3–11, 86650 Wemding
Printed in Germany

ISBN 978-3-411-91281-0
Auch als Buch erhältlich unter:
ISBN 978-3-411-05628-6
www.duden.de

Inhalt

Geschichte und Gesellschaft

 

Kapitel 1

Weltgeschichte

 

Kapitel 2

Deutsche Geschichte

 

Kapitel 3

Politik

 

Kapitel 4

Wirtschaft

Kultur und Sprache

 

Kapitel 5

Kunst und Musik

 

Kapitel 6

Literatur

 

Kapitel 7

Sprichwörter und Redewendungen

Glauben und Denken

 

Kapitel 8

Religion und Philosophie

 

Kapitel 9

Mythen, Sagen, Märchen

 

Kapitel 10

Die Bibel

Mensch und Leben

 

Kapitel 11

Psychologie, Soziologie, Anthropologie, Ethnologie

 

Kapitel 12

Medizin und Gesundheit

 

Kapitel 13

Die Wissenschaft vom Leben

Erde, Naturwissenschaft und Technik

 

Kapitel 14

Geografie

 

Kapitel 15

Geowissenschaften

 

Kapitel 16

Exakte Naturwissenschaften und Mathematik

 

Kapitel 17

Die Technik

 

Kapitel 18

Digitalisierung

 

Register

 

Bildquellen

Hinweise für Benutzende

Der moderne Mensch ertrinkt in Informationen. Alle paar Jahre verdoppelt sich das Wissen. Die Verunsicherung wächst: Was muss ich wissen, was sollte ich wissen, was ist nicht so wichtig?

Ein Leitfaden durch das Labyrinth des Wissensangebots unserer Zeit zu sein ist das erklärte Ziel des vorliegenden Buchs. Es versammelt die Daten, Fakten und Zusammenhänge, die den Grundbestand unserer Allgemeinbildung darstellen.

Fünf große Themenkreise, übersichtlich eingeteilt in Wissenskapitel, enthalten die alphabetisch geordneten Artikel. Bei der Reihenfolge der Stichwörter innerhalb der Kapitel wurden die bestimmenden Artikel »der«, »die«, »das« nicht berücksichtigt.

Das rote Symbol + kennzeichnet zusätzliche wissenswerte und interessante Einzelheiten zum Artikelinhalt oder auch Verknüpfungen zu anderen Wissensgebieten.

Das Symbol am Artikelende signalisiert, dass zu einem Stichwort ein sog. Infokasten vorhanden ist, der Zitate, Anekdoten oder bemerkenswerte Begebenheiten enthält.

Innerhalb der einzelnen Stichwörter sind Verweise ( ↑ ) auf andere Stichwörter nur vereinzelt gesetzt. Deshalb dient insbesondere das Register am Ende des Buchs zur Orientierung innerhalb und zwischen den einzelnen Kapiteln.

Hinweise zur Aussprache

Aussprachebezeichnungen stehen in eckigen Klammern hinter allen Stichwörtern, bei denen die Aussprache Schwierigkeiten bereiten könnte. Die lautsprachliche Umschrift folgt dem Internationalen Lautschriftsystem der Association Phonetique Internationale; die verwendeten Zeichen bedeuten:

a = helles a, dt. Blatt, frz. patte
ɑ = dunkles a, dt. war, engl. rather
ã = nasales a, frz. grand
ʌ = dumpfes a, engl. but
β = halboffener Reibelaut b, span. Habanera
ç = Ichlaut, dt. mich
ɕ = sj-Laut (stimmlos), poln Sienkiẹwicz
ð = stimmhaftes engl. th, engl. the
æ = breites ä, dt. Äther
ɛ = offenes e, dt. fett
e = geschlossenes e, engl. egg, dt. Beet
ə = dumpfes e, dt. alle
ɛ̃ = nasales e, frz. fin
ɣ = geriebenes g, span. Tarragona, niederländ. Gogh
i = geschlossenes i, dt. Wiese
ɪ = offenes i, dt. bitte
ĩ = nasales i, port. Infante
ʎ = lj, span. Sevilla
ŋ = ng-Laut, dt. Hang
ɲ = nj-Laut, Champagner
ɔ = offenes o, dt. Kopf
o = geschlossenes o, dt. Tor
ø =geschlossenes ö, dt. Höhle
œ = offenes ö, dt. Hölle
œ̃ = nasales ö, frz. parfum
s = stimmloses s, dt. was
z = stimmhaftes s, dt. singen
ʑ = zj-Laut (stimmhaft), poln. Zielona Gora
ʃ = stimmloses sch, dt. Schuh
ʒ = stimmhaftes sch, Garage
θ = stimmloses th, engl. thing
u = geschlossenes u, dt. Kuh
ʊ = offenes u, dt. bunt
ũ = nasales u, port. Atum
v = stimmhaftes w, dt. Wald
w = halbvokalisches w, engl. well
x = Achlaut, dt. Krach
y = geschlossenes ü, dt. Mütze
ʏ = konsonantisches y, frz. Suisse
ː = bezeichnet Länge des vorhergehenden Vokals
ˈ = bezeichnet Betonung und steht vor der betonten Silbe,
z.B. ˈætlɪ = Attlee
̯ = unter Vokalen, gibt an, dass der Vokal unsilbisch ist

›Das große Buch der Allgemeinbildung‹ verzichtet weitgehend auf Abkürzungen: Einige wenige wurden dennoch verwendet. Es bedeuten:

bzw. = beziehungsweise
d. Ä. = der Ältere
d. J. = der Jüngere
d. Gr. = der Große
hl. = heilige(r)
Hl. = Heilige(r)
Jh. = Jahrhundert
    Mio. = Millionen
Mrd. = Milliarden
n. Chr. = nach Christus
u. a. = unter anderem, unter anderen
v. a. = vor allem
v. Chr. = vor Christus

Geschichte und Gesellschaft

 

[Inhaltsverzeichnis]

 

Kapitel 1

Weltgeschichte

 

Kapitel 2

Deutsche Geschichte

 

Kapitel 3

Politik

 

Kapitel 4

Wirtschaft

[Inhaltsverzeichnis]

Kapitel 1 Die Weltgeschichte

A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | R | S | T | U | V | W | X | Z 

Die Weltgeschichte

Die Erforschung und Darstellung der Menschheitsgeschichte ist ein verhältnismäßig junger Zweig der Geschichtswissenschaft. Sie geht auf die Geschichtsschreibung der Aufklärung zurück. Voltaires Werk ›Versuch einer allgemeinen Weltgeschichte …‹ aus dem Jahr 1756, in dem die Geschichte der Menschheit als gleichmäßiger Aufstieg von primitiver Barbarei bis zur Herrschaft von Vernunft und Tugend dargestellt wird, gilt als erste wirkliche Weltgeschichte.
Seit dem 19. Jh. versucht die Geschichtswissenschaft, die geschichtliche Entwicklung der verschiedenen Völker, Reiche und Kulturen in ihren wechselseitigen Beziehungen und inneren Gemeinsamkeiten zu einem Gesamtbild zusammenzufassen.
Im 20. Jh. und 21. Jh., als Wissenschaften, Technologie, Massenkommunikation und Finanzierungsinstrumente die Menschheit in einen globalen Zusammenhang brachten, erhielt das Interesse an einer Universalgeschichte neuen Auftrieb.
Dieses Kapitel will grundlegendes welthistorisches Wissen vermitteln, indem es auf die wichtigsten Personen und Begriffe eingeht. Eine vollständige Darstellung der Weltgeschichte wurde dabei nicht angestrebt.

[Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

A

Abbasiden, muslimisches Herrschergeschlecht, das 750 die Omaijaden als Kalifen entmachtete und bis 1258 als Kalifen in Bagdad herrschte. Nach der Eroberung Bagdads durch die Mongolen lebte eine Zweiglinie der Abbasiden noch bis 1517 als Kalifen (›Scheinkalifen‹) in Kairo.

Abendland, Okzident, Bezeichnung für den westeuropäischen Kulturkreis, der sich im Mittelalter herausbildete und bis heute über kulturelle Gemeinsamkeiten verfügt. Das Abendland ist geistesgeschichtlich von der römisch-griechischen Antike und von der katholischen Weltkirche des Mittelalters geprägt. Es umfasst die Länder mit katholischer bzw. protestantischer Bevölkerung im Gegensatz zu den Ländern mit orthodoxer Bevölkerung in Osteuropa und islamischer Bevölkerung im Orient. Der Begriff leitet sich davon ab, dass das Abendland von Italien aus gesehen eher im Westen, wo die Sonne am Abend untergeht, liegt. Der Gegenbegriff ist Morgenland (Orient).

Absolutismus, der   monarchische Regierungsform, in der der Herrscher die uneingeschränkte und ungeteilte Staatsgewalt ohne Mitwirkung von Ständen oder Parlament innehat und über den Gesetzen steht. In Europa prägte der Absolutismus besonders das 17. und 18. Jh., wobei der französische König Ludwig XIV. als Musterbeispiel eines absoluten Monarchen gilt.
In der 2. Hälfte des 18. Jh. bildete sich der aufgeklärte Absolutismus aus. Er war geprägt von den Ideen der ↑ Aufklärung (Kapitel 8) und sah im Herrscher den ›ersten Diener‹ des Staates, der dem Gemeinwohl verpflichtet war. Beispiele für Monarchen dieses Stils waren Friedrich II., der Große, in Preußen und Joseph II. in Österreich. Im 19. Jh. wurde der Absolutismus in Europa weitgehend durch den parlamentarischen Verfassungsstaat abgelöst.

Adel, ein ehemals sozial, rechtlich und politisch bevorrechtigter Stand, der durch eigene Lebensformen und ein ausgeprägtes Standesbewusstsein gekennzeichnet ist. Er beeinflusste in Europa über lange Zeiträume hinweg das gesamte gesellschaftliche Leben. Besonders in der Politik war der Adel ein bestimmender Faktor, da meist nur Adlige in wichtige Ämter gelangen konnten. Die Adelsvorrechte wurden überwiegend erst im 19./20. Jh. beseitigt. Der Adel ist meist erblich; in Monarchien kann er durch den Monarchen verliehen werden. In Deutschland sind die bis 1918 verliehenen Adelsbezeichnungen nur noch Teil des Namens.

Adoptivkaiser, Antoninen, die römischen Kaiser des 2. Jh., die durch Adoption zur Herrschaft gelangten, wenn geeignete männliche Erben fehlten. Die Adoption des Nachfolgers durch den regierenden Kaiser wurde dabei als ›Auswahl des Besten‹ verstanden.

Afghanistankrieg, der mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen zum Schutz der kommunistischen Regierung 1979 ausgebrochene Krieg zwischen afghanischen Regierungstruppen und sowjetischen Interventionstruppen (bis 1988/89) sowie islamisch orientierten Rebellengruppen (Mudschaheddin). Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen dauerte der Krieg als Bürgerkrieg zwischen verfeindeten Mudschaheddingruppen an. Seit 1994 griffen die Milizen der radikalislamischen Taliban in die Kämpfe ein und eroberten schnell den größten Teil des Landes. Nach der Einnahme von Kabul 1996 riefen sie einen islamischen Staat aus, der 1997 den Namen ›Islamisches Emirat Afghanistan‹ erhielt.
Nach den Terroranschlägen in New York und Washington am 11. September 2001, für die der saudi-arabische Terrorist Osama Bin Laden (* um 1957, † 2011) verantwortlich gemacht wurde, der sich in Afghanistan aufhielt, griffen Anfang Oktober britische und amerikanische Truppen das Taliban-Regime an, das die Auslieferung Bin Ladens verweigerte. Mit ihrer Unterstützung konnte die Nordallianz bis Dezember 2001 den größten Teil des Landes einnehmen und noch im Dezember wurde eine Übergangsregierung gebildet. Anfang 2002 wurde zur Absicherung des Übergangsprozesses eine internationale Friedenstruppe unter UN-Mandat nach Afghanistan entsandt (ISAF). Nach und nach wurden politische Strukturen geschaffen, die Lage blieb aber instabil und der Krieg dauert an. Die ISAF-Mission endete 2014. Es sind jedoch weiterhin internationale Streitkräfte im Land, um die afghanische Armee zu unterstützen.

ägäische Kultur, die bronzezeitliche Kultur des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. auf dem griechischen Festland (helladische und mykenische Kultur), den Inseln der Ägäis (Kykladenkultur), auf Kreta (minoische Kultur) und an der Küste Kleinasiens. Zu ihrer höchsten Blüte kam sie um 1500 v. Chr. auf Kreta.

ägyptisches Reich, zusammenfassende Bezeichnung für die Reichsbildungen in Ägypten von 2850 v. Chr. bis zur Eroberung des Landes durch Alexander den Großen 332 v. Chr. In dieser Zeit wurde Ägypten von 31 Dynastien regiert; man gliedert diese Zeit in Altes Reich (2660–2160), Mittleres Reich (2040–1785) und Neues Reich (1552–1070) mit Zwischenzeiten, einer Frühzeit und einer Spätzeit. Nach Alexander dem Großen gehörte Ägypten zum griechischen, dann zum römischen und seit dem 7. Jh. zum arabischen Kulturkreis.

Albigenser, nach der Stadt Albi in Südfrankreich gebildete Bezeichnung für die südfranzösischen Katharer, die in den Albigenserkriegen (1209–29) im Rahmen eines Kreuzzuges vor allem durch die französischen Könige unterworfen wurden. Damit wurde die Beherrschung des zuvor weitgehend unabhängigen Südfrankreich durch die französische Krone eingeleitet.

Alea iacta est, Die Würfel sind gefallen.

Alexander der Große

Das Reich Alexanders des Großen 323 v. Chr.

Alexander der Große, König von Makedonien (* 356, † 323 v. Chr.). Als Herrscher über Griechenland begann Alexander 334 seinen Krieg gegen das ↑ Persische Reich, das er bis 327 ganz eroberte; 325 drang er bis nach Indien vor. Seine Bemühungen um eine Verschmelzung aller Reichsteile scheiterten an seinem frühen Tod. Danach zerfiel sein Reich schnell und wurde unter mehrere Nachfolger, die ↑ Diadochen, aufgeteilt. Die Kriegszüge Alexanders erschlossen neue Räume und führten zur Entstehung eines Welthandels und -verkehrs, auf dessen Basis die hellenistische ›Weltkultur‹ entstehen konnte.
+ Alexander wurde 342–340 von dem Philosophen Aristoteles unterrichtet, der ihm den Zugang zur griechischen Bildung vermittelte.

Alliierte [zu französisch allier ›verbünden‹], Bezeichnung für eine Gruppe verbündeter (alliierter) Staaten, vor allem für die im Ersten Weltkrieg gegen die Mittelmächte, im Zweiten Weltkrieg gegen die Achsenmächte und im zweiten Golfkrieg 1991 gegen den Irak verbündeten Staaten.

Alte Welt, Bezeichnung für die schon in der Antike bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika im Gegensatz zu Amerika, der Neuen Welt, die erst seit der Entdeckung durch Kolumbus (1492) bekannt ist; Australien bleibt dabei unberücksichtigt.

Amenophis, ↑ Echnaton IV.

amerikanischer Bürgerkrieg, ↑ Sezessionskrieg.

amerikanischer Unabhängigkeitskrieg, 1775–83, der Krieg zwischen Großbritannien und seinen 13 nordamerikanischen Kolonien, der zur Bildung der USA führte. Mit französischer Hilfe gelang es dem amerikanischen Oberkommandierenden George Washington 1781, die britischen Truppen zur Kapitulation zu zwingen. Im Frieden von Paris erkannte Großbritannien 1783 die Unabhängigkeit der USA an.

amerikanische Unabhängigkeitserklärung, weitgehend von Thomas Jefferson verfasstes und durch den Kontinentalkongress als parlamentarische Versammlung der 13 rebellierenden britischen Kolonien in Nordamerika am 4. 7. 1776 verabschiedetes Dokument. Mit ihm erklärten sich die 13 Kolonien von Großbritannien unabhängig, erläuterten die Gründe für diesen Schritt und legten die Prinzipien dar, für die sie um ihre Unabhängigkeit kämpften.
+ Der 4. Juli, der Tag der Verkündung der Unabhängigkeitserklärung, ist der Nationalfeiertag der USA.

Amselfeld, serbisch Kosovo polje, fruchtbares Hochbecken im Kosovo. Das Amselfeld war wiederholt Stätte entscheidender Schlachten. Am 28. 6. 1389 besiegte ein türkisches Heer unter Murad I. (* 1326 ?, † 1389) ein südslawisch-serbisches Heer unter Lazar I. Hrebeljanović (* um 1329, † 1389). Die Folge war die Unterwerfung Serbiens unter türkische Herrschaft.
Am 19. 10. 1448 wurde der ungarische Reichsverweser J. Hunyadi (* um 1408, † 1456) mit seinem Heer von den Türken unter Murad II. (* 1404, † 1451) geschlagen.

Ancien Régime, das   [ãˈsjɛ̃ reˈʒiːm; französisch ›alte Regierungsform‹], Bezeichnung für das absolutistisch regierte Frankreich vor der Französischen Revolution 1789, allgemein auch für die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Europa im 17./18. Jh., besonders die Welt des Adels.

Antike, die   [von lateinisch antiquus ›alt‹], Epochenbegriff für das um das Mittelmeer zentrierte griechisch-römische Altertum. Sie beginnt mit der Einwanderung der Griechen nach Griechenland im 2. Jahrtausend v. Chr. und endet etwa um 500 n. Chr. mit der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers (476). Die Antike prägte das abendländische Europa in vielfacher Hinsicht (z. B. in Wissenschaft, Kunst, Philosophie, Recht).

Antisemitismus, der   Abneigung oder Feindseligkeit gegen Juden. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit gab es einen religiös begründeten Antisemitismus, der den Juden die Kreuzigung Jesu Christi zum Vorwurf machte. Ein rassistischer Antisemitismus entstand dagegen erst im 19. Jahrhundert. Im späten 19. und frühen 20. Jh. wurde der Antisemitismus besonders in Deutschland und Frankreich zum politischen Schlagwort einzelner Politiker und Parteien. Schwere Judenverfolgungen (Pogrome) gab es in Russland. Der Antisemitismus gipfelte nach 1933 unter der Herrschaft des Nationalsozialismus in Deutschland in der planmäßigen Ausrottung der großen Mehrzahl der europäischen Juden.

Antoninen, ↑ Adoptivkaiser.

Arbeiterbewegung

Arbeiterbewegung  Plakat ›Arbeiter und Bauern‹ von Alexander Apsit (1920). Mit diesem Plakat wurde in der Sowjetunion das Klassenbündnis am Ende des Bürgerkrieges beschworen.

Arbeiterbewegung, der Kampf der Industriearbeiterschaft um die Beteiligung an der politischen und gesellschaftlichen Macht seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Den geschichtlichen Hintergrund bildeten das starke Wachstum der Arbeiterschaft infolge der ↑ industriellen Revolution und die krisengefährdete, sozialpolitisch und arbeitsrechtlich ungesicherte Lage der Arbeiter. Zur geistigen Grundlage wurden sozialistische Ideen, besonders die von Karl Marx.
In den einzelnen Staaten gestaltete sich die Arbeiterbewegung sehr unterschiedlich. Träger wurden im politischen Bereich die Arbeiterparteien und hinsichtlich der wirtschaftlichen Forderungen die Gewerkschaften. Nach dem Sieg der Bolschewiki in der russischen ↑ Oktoberrevolution 1917 spaltete sich die Arbeiterbewegung in die reformorientierte Sozialdemokratie und die nach Revolution strebenden kommunistischen Parteien.

Assyrien, im Altertum das Herrschaftsgebiet der Stadtfürsten von Assur, das seit etwa 2400 v. Chr. nachweisbar ist. Im 13. Jh. stieg Assyrien zur Großmacht im Vorderen Orient auf und beherrschte zeitweise auch Babylon und Ägypten. 612 v. Chr. vernichteten Babylonier und Perser das assyrische Reich.

Atatürk, ↑ Kemal Atatürk, Mustafa.

Athen

Der Parthenontempel auf der Akropolis in Athen ist das Hauptwerk der hochklassischen griechischen Kunst. Giebel und umlaufende Friese waren reich mit Reliefdarstellungen geschmückt.

Athen, in der Antike eine der bedeutendsten Städte und die größte Stadt Griechenlands. Athen war die führende Macht unter den griechischen Stadtstaaten in den Perserkriegen. Unter Perikles erlebte es seine höchste politische und kulturelle Blüte (↑ attische Demokratie). Im Peloponnesischen Krieg unterlag es Sparta, 338 v. Chr. kam es unter makedonische, seit dem 2. Jh. v. Chr. unter römische Herrschaft. Mit dem Untergang des Römischen Reichs verfiel auch Athen; neue Bedeutung erlangte es erst seit 1834 als Hauptstadt des unabhängigen Griechenland.

Atlantik-Charta [- k...], 1941 von dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill vereinbarte Erklärung über die Grundlagen einer zukünftigen Weltordnung, die nach dem Beitritt der Sowjetunion von allen Alliierten des Zweiten Weltkriegs als allgemeines Programm anerkannt wurde. Die Atlantik-Charta forderte vor allem das Selbstbestimmungsrecht der Völker, den Aufbau eines kollektiven Sicherheitssystems und die Entwaffnung von Friedensbrechern. Ihre Prinzipien und Ziele gingen 1945 in die ›Charta der Vereinten Nationen‹ ein.

Attila, König der Hunnen († 453). Er herrschte über ein Reich, dessen Mittelpunkt im heutigen Ungarn lag; es reichte im Osten bis zum Kaukasus und im Westen fast bis zum Rhein. Mit seinen Reiterheeren drang er tief ins Römische Reich ein. So konnte sein Kriegszug nach Gallien 451 erst nahe der Loire in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern durch eine Koalition von Westgoten, Burgundern, Franken und Römern gestoppt werden. Nach Attilas Tod zerfiel sein Reich.
+ Attila lebt in Sagen und Liedern fort, so z. B. als Etzel im Nibelungenlied.

attische Demokratie, in Athen im 6./5. Jh. v. Chr. entstandene und unter Perikles vollendete Staatsform. Sie zielte auf eine gleichmäßige politische Vertretung aller Vollbürger der Stadt ab und sollte die Herrschaft eines Einzelnen (Tyrannis) verhindern. Die attische Demokratie gilt als ältestes Vorbild der modernen Demokratien, wenngleich antike Denker wie Platon und Aristoteles sie als nicht stabil kritisierten.

Aufklärung ↑ Kapitel 8.

Augustus [lateinisch ›der Erhabene‹], eigentlich Gaius Octavianus, der erste römische Kaiser (* 63 v. Chr., † 14 n. Chr.). Von seinem Großonkel Gaius Julius Caesar testamentarisch adoptiert und zum Haupterben eingesetzt, setzte er sich als Mitglied des 2. ↑ Triumvirats gegen die Caesarmörder und danach gegen seine Bundesgenossen Marcus Antonius (* um 82, † 30 v. Chr.) und Marcus Aemilius Lepidus (* um 90, † 13/12 v. Chr.) durch. Seit 30 v. Chr. war er alleiniger Herrscher Roms. Er behielt den formalen Staatsaufbau der römischen Republik bei, bündelte aber die wichtigsten Funktionen in seiner Person und formte so die Republik zur Monarchie um. Er beendete die Bürgerkriege, führte eine geordnete Verwaltung ein und rundete das Staatsgebiet ab. Das Augusteische Zeitalter war eine Blütezeit des Römischen Reiches.
+ ›Augustus‹ war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit der offizielle lateinische Titel der Kaiser.

Azteken, Indianervolk, das zur Zeit der spanischen Eroberung im 16. Jh. weite Gebiete Mexikos beherrschte. Seit dem 12. Jh. hatten die Azteken eine Hochkultur und ein bedeutendes Reich geschaffen, das durch Hernán Cortés 1519–21 für Spanien erobert wurde und unterging. Die Nachkommen der Azteken bilden noch heute einen Großteil der Bevölkerung Zentralmexikos.

[Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

B

Babylon, Stadt in Mesopotamien, die erstmals Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. erwähnt wurde und vom Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. bis zu Alexander dem Großen das kulturelle Zentrum Vorderasiens war. Nach einem ersten Höhepunkt vom 18. bis 13. Jh. stand sie unter der Vorherrschaft Assyriens, erlebte dann aber im 6. Jh. unter Nebukadnezar II. (* 605, † 562 v. Chr.) als Neubabylonisches Reich ihre höchste Blüte. Ab 550 v. Chr. war Babylon eine der drei Hauptstädte des Perserreichs.
+ ›Babylonische Gefangenschaft‹ nennt man den Zwangsaufenthalt der Juden in Babylonien unter Nebukadnezar II.; später im übertragenen Sinne auch den Aufenthalt der Päpste in Avignon (1309–76).
+ Der ›Babylonische Turm‹ der Bibel war ein Stufentempel in Babylon, der bis in den Himmel reichen sollte und dessen Fertigstellung Gott durch die babylonische Sprachverwirrung verhinderte (↑ Turmbau zu Babel, Kapitel 10).

Bartholomäusnacht, auch Pariser Bluthochzeit, die Ermordung von Tausenden von Hugenotten mit ihren Führern in der Nacht zum 24. 8. (Bartholomäustag) 1572 in Paris. Sie erfolgte auf Drängen der Königinmutter Katharina von Medici (* 1519, † 1589) wenige Tage nach der Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra (* 1553, † 1610), des späteren Königs Heinrich IV., mit Margarete von Valois (* 1553, † 1615), der Schwester des Königs Karl IX. (* 1550, † 1574). Die Bartholomäusnacht brachte die Hugenotten in unversöhnlichen Gegensatz zur Krone.

Bastille [basˈtiːj], im 14. Jh. erbaute Burg in Paris. Die als Staatsgefängnis benutzte Bastille wurde im Verlauf der Französischen Revolution am 14. 7. 1789 von einer revolutionären Menschenmenge gestürmt und später zerstört. Dieses Ereignis gilt als entscheidender Durchbruch der Revolution.
+ Der 14. Juli, der Tag des Sturms auf die Bastille, ist der französische Nationalfeiertag.

Befreiungskriege, Freiheitskriege, die Kriege der europäischen Mächte 1813–15 gegen die Herrschaft Napoleons I. Österreich, Russland, Preußen und Schweden vereinigten sich und besiegten Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig (16.–19. 10. 1813). Nach weiteren Kämpfen zogen die Verbündeten am 31. 3. 1814 in Paris ein. Napoleon wurde auf die Insel Elba verbannt.
Im März 1815 (während des Wiener Kongresses) landete Napoleon wieder in Frankreich, es begann die ›Herrschaft der Hundert Tage‹. Bei Waterloo siegten am 18. 6. 1815 der preußische Marschall Blücher und der britische Feldherr Arthur Wellesley, Herzog von Wellington (* 1769, † 1852), gemeinsam über Napoleon. Wieder wurde Paris eingenommen. Napoleon wurde auf die Insel Sankt Helena verbannt.

Benedikt von Nursia, Ordensgründer (* um 480, † 547), Gründer und Abt des ersten Benediktinerklosters Monte Cassino bei Neapel. Durch die von ihm verfasste und nach ihm benannte Regel für das Ordensleben wurde er der Begründer des abendländischen Mönchtums.
+Eine wichtige Maxime aus der Benediktinerregel lautet: ›Ora et labora!‹ (›Bete und arbeite!‹).

Ben Gurion, David früher David Grün, israelischer Politiker (* 1886, † 1973). Als Anhänger der zionistischen Bewegung kam der in Polen geborene Ben Gurion 1906 nach Palästina, wo er 1921 Mitbegründer der jüdischen Gewerkschaftsbewegung und 1930 der sozialistischen Partei war. 1948 rief er den Staat Israel aus und war dessen erster Ministerpräsident, 1955–63 auch Verteidigungsminister.

Berliner Kongress, 1878, Zusammenkunft der führenden Staatsmänner der europäischen Großmächte und des Osmanischen Reichs in Berlin zur Neuordnung der Verhältnisse auf dem Balkan nach dem russisch-türkischen Krieg von 1877/78. Als ›ehrlicher Makler‹ übernahm der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck die Aufgabe, die unterschiedlichen Interessen von Großbritannien, Russland und Österreich-Ungarn auszugleichen. Die Folge war jedoch eine Verschärfung des russisch-österreichischen Gegensatzes und der nationalen Frage auf dem Balkan.

Bettelorden, im 13. Jh. entstandene Mönchsorden (Franziskaner, Dominikaner), die auf Besitz verzichten und sich durch Arbeit oder Betteln erhalten. Sie verbinden klösterliches Leben mit seelsorgerischer Tätigkeit. Bettelorden wollten der Verweltlichung der Kirche entgegenwirken und prägten stark das kirchliche Leben des späten Mittelalters.

Bill of Rights, die   [-əv ˈraɪts; englisch ›Gesetz der Rechte‹], das englische Staatsgrundgesetz von 1689, das nach der Vertreibung Jakobs II. entworfen wurde. Es verbrieft u. a. die parlamentarische Redefreiheit und macht die Erhebung von Steuern und den Unterhalt eines stehenden Heeres von der Billigung des Parlaments abhängig. Die Bill of Rights war eine wichtige Voraussetzung für die parlamentarische Regierungsform in Großbritannien.

Blut, Schweiß und Tränen, ↑ Churchill, Sir Winston.

Bolívar, Simon südamerikanischer Politiker und Freiheitskämpfer (* 1783, † 1830), Führer des Unabhängigkeitskampfes des nördlichen Südamerika gegen die spanische Kolonialherrschaft 1811–24. Er regierte 1825–30 als Diktator die neu entstandene Republik Großkolumbien, konnte aber den Abfall Venezuelas und Perus nicht verhindern. Kurz vor seinem Tod dankte er ab. Nach ihm wurde der Staat Bolivien benannt.

Bolschewiki [russisch ›Mehrheitler‹], seit 1903 der am marxistischen Konzept der proletarischen Weltrevolution festhaltende größere, von Lenin geführte Flügel der russischen Sozialdemokraten im Gegensatz zu den reformorientierten Menschewiki (›Minderheitler‹). Die Bolschewiki ergriffen mit der Oktoberrevolution 1917 die Macht in Russland und errichteten die Sowjetunion. Aus den Bolschewiki ging die Kommunistische Partei der Sowjetunion hervor.

Borgia [ˈbɔrdʒa], aus Spanien stammendes Adelsgeschlecht, aus dem die Päpste Calixtus III. (* 1378, † 1458, Papst ab 1455) und Alexander VI. (* 1430, † 1503, Papst ab 1492) stammten, deren Vetternwirtschaft die Borgia Reichtum, Einfluss und Macht verdankten. Die Borgia-Päpste stehen sinnbildlich für die Päpste der Renaissancezeit, die vor allem Wert auf Macht und Luxus legten und ihre geistlichen Aufgaben vernachlässigten.
+ Berühmte Vertreter der Borgia sind auch Lucrezia Borgia (* 1480, † 1519), eine Tochter Alexanders VI., deren Jahrhunderte überdauernder schlechter Ruf durch zeitgenössische Verleumdung entstand, und ihr Bruder, der als Musterbeispiel eines Renaissancemenschen geltende Cesare Borgia (* 1475, † 1507).

Boston Tea Party [ˈbɔstən ˈtiːpɑːtɪ; englisch ›Bostoner Teefeier‹], die Vernichtung einer Ladung Tee der britischen Ostindischen Kompanie durch als Indianer verkleidete Bürger im Hafen von Boston am 16. 12. 1773. Dieser Protest gegen die Teesteuer verschärfte den Konflikt der nordamerikanischen Kolonien mit dem Mutterland Großbritannien, der letztlich zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung führte.

Bourbonen [bur…], französisches Herrschergeschlecht, das 1589–1792 und 1814–30 sowie in einer Nebenlinie 1830–48 alle französischen Könige stellte. Weitere Nebenlinien herrschten 1701–1808, 1814–68, 1874–1931 und seit 1975 in Spanien, 1735–1860 in Neapel-Sizilien und 1731–36 und 1748–1803 im italienischen Herzogtum Parma.

Bourgeoisie, die   [bʊrʒwaˈziː; französisch], Bezeichnung für das wohlhabende städtische Bürgertum des 19. Jahrhunderts. Als Spitzengruppe des ↑ dritten Standes stieg die Bourgeoisie durch die Französische Revolution zur führenden gesellschaftlichen Kraft in Frankreich auf. Im marxistischen Sprachgebrauch ist die Bourgeoisie die führende Klasse der kapitalistischen Gesellschaft, da sie über die entscheidenden Produktionsmittel und das Finanzkapital verfügt. Sie ist somit der eigentliche Gegner der Arbeiterschaft und wird im Zuge einer Revolution durch das Proletariat entmachtet.

Boxeraufstand, nach dem chinesischen Geheimbund der Boxer benannter Aufstand im Jahr 1900, der sich vor allem gegen den westlichen Einfluss in China richtete und in der Kriegserklärung der chinesischen Regierung an die europäischen Mächte gipfelte. In der Folge besetzte eine gemeinsame Armee Großbritanniens, Frankreichs, Russlands, Italiens, Deutschlands, Österreich-Ungarns und der USA Peking und schlug den Aufstand nieder.
+ Aus dem Krieg gegen die Boxer stammt der Ausspruch des britischen Oberbefehlshabers ›Germans to the front‹ (›Deutsche an die Front‹).

Breschnew, Leonid Iljitsch sowjetischer Politiker (* 1906, † 1982). Er war 1964 führend am Sturz N. Chruschtschows beteiligt und seither Parteivorsitzender der KPdSU. In den folgenden Jahren verdrängte Breschnew zunehmend die anderen Mitglieder der Staats- und Parteiführung und wurde 1977 Staatsoberhaupt der Sowjetunion. Unter ihm setzte innenpolitisch wieder eine verschärfte Unterdrückungspolitik ein, außenpolitisch verstärkte sich der Druck auf die Staaten des Ostblocks. Das Hauptziel seiner Politik war es, die Großmachtstellung der Sowjetunion zu erhalten und auszubauen.

Breschnew-Doktrin, von dem sowjetischen Staats- und Parteichef Leonid Breschnew aufgestellte These von der beschränkten Unabhängigkeit der Ostblockstaaten, die sich der Führungsmacht Sowjetunion unterzuordnen hätten. Die Breschnew-Doktrin diente u. a. 1968 zur Rechtfertigung des Einmarsches von Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei (↑ Prager Frühling).

Brest-Litowsk, Stadt in Weißrussland, in der am 3. 3. 1918 der von den ↑ Mittelmächten diktierte Frieden zwischen ihnen und Sowjetrussland geschlossen wurde. Russland verlor Polen, Litauen, Kurland und die Ukraine sowie Gebiete im Süden Armeniens. In einem Zusatzvertrag vom August 1918 erkannte es auch die Unabhängigkeit Estlands, Livlands und Georgiens an.

Briand, Aristide [briˈã], französischer Politiker (* 1862, † 1932). Als Ministerpräsident und Außenminister bemühte sich Briand in den 1920er-Jahren um Abrüstung und eine deutsch-französische Aussöhnung. Für seine Bemühungen um den Locarno-Pakt erhielt er mit dem deutschen Außenminister Gustav ↑ Stresemann (Kapitel 2) 1926 den Friedensnobelpreis. Im Briand-Kellogg-Pakt erreichte er 1928 die völkerrechtliche Ächtung des Angriffskrieges.

Britisches Empire [- ˈempaɪə], das englisch-britische Weltreich. Nach Anfängen im 16. Jh. erwarb England im 17. Jh. Kolonien in Nordamerika und in der Karibik sowie Handelsniederlassungen in Westafrika und Indien. In Kriegen gegen Frankreich vergrößerte es im 18. Jh. diese Besitzungen. Die Unabhängigkeit der USA (1776/83) brachte das Ende dieses ›Ersten Empire‹.
Im 19. Jh. erwarb Großbritannien umfangreichen Kolonialbesitz: Kanada und Australien wurden erschlossen, Indien restlos britischer Herrschaft unterworfen und weite Teile Afrikas kamen unter britische Gewalt. Die von Europäern besiedelten Kolonien erhielten in der 2. Hälfte des 19. Jh. parlamentarische Selbstverwaltung und wurden zu Dominions zusammengeschlossen (Kanada 1867, Australien 1901, Neuseeland 1907, die Südafrikanische Union 1910). Seit 1918 stiegen sie zu selbststständigen, dem Mutterland gleichgestellten Mitgliedern des Britischen Reichs auf. Die anderen Kolonien wurden vom Mutterland direkt verwaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Großbritannien auch diese nach und nach in die Unabhängigkeit entlassen. Viele von ihnen sind jedoch bis heute im ↑ Commonwealth of Nations (Kapitel 3) zusammengeschlossen.

Bronzezeit

Bronzezeit  Wallanlage aus Holz und Erde (Rekonstruktion im Biskupin, Polen). Sie ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Befestigungsanlagen der jüngeren Bonzezeit.

Bronzezeit [ˈbrɔ̃sə...], vorgeschichtliche Kulturstufe zwischen der ↑ Steinzeit und der ↑ Eisenzeit, die vor allem durch den Gebrauch von Bronze zur Herstellung von Geräten und Waffen geprägt war. In fast allen Teilen der Alten Welt gab es eine Bronzezeit, deren Beginn und Dauer jedoch nach regionalen Gegebenheiten unterschiedlich war. In Mitteleuropa begann sie etwa zu Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. und dauerte bis gegen 700 v. Chr.

Brot und Spiele, lateinisch panem et circenses, Zitat aus den Satiren des römischen Schriftstellers Juvenal (* um 60, † 140 n. Chr.), der damit ausdrückte, dass man dem Volk nur genügend zu essen und Vergnügungen bieten müsse, um es zufrieden zu stellen.

Brutus, eigentlich Marcus Iunius Brutus, einer der Mörder Caesars (* 85, † 42 v. Chr.). Obwohl Caesar ihn großzügig förderte, wurde Brutus als Anhänger der römischen Republik das Haupt der Verschwörung gegen Caesar. Nach der Niederlage der Verschwörer in der Schlacht bei Philippi 42 v. Chr. gegen Marcus Antonius (* um 82, † 30 v. Chr.) und Augustus beging er Selbstmord.
+ ›Auch du, Brutus?‹ (lateinisch ›Et tu, Brute?‹), waren nach dem römischen Schriftsteller Sueton (* um 70, † um 140) die letzten Worte Caesars, als er bei seiner Ermordung Brutus unter seinen Mördern erkannte.

Buren, die ehemals politisch führende Bevölkerungsgruppe in Südafrika, die sich selbst als Afrikaander bezeichnen. Die Buren sind Nachkommen der seit 1652 ins Kapland eingewanderten niederländischen, deutschen und französischen Siedler. Sie zogen 1835–38 im Großen Treck nach Norden und gründeten die Burenstaaten Natal, Transvaal und Oranjefreistaat, die 1843 (Natal) und dann nach dem Burenkrieg 1902 unter britische Herrschaft kamen.

Burenkrieg, der Krieg zwischen Großbritannien und den von Buren besiedelten südafrikanischen Staaten Transvaal und Oranjefreistaat 1899–1902. Er führte nach harten Kämpfen zur Eingliederung der Burenstaaten in das Britische Empire.

Bürgerkönig, Beiname des französischen Königs Louis Philippe (* 1773, † 1850), der nach der Julirevolution von 1830 als Kandidat des liberalen Großbürgertums auf den Thron kam. Außenpolitische Misserfolge und die Verschleppung innenpolitischer Reformen führten 1848 zu seinem Sturz in der Februarrevolution. Er war der letzte französische König.

Burgunder, Burgunden, germanischer Stamm, der seit 406/407 im Gebiet um Mainz, Alzey und Worms siedelte. Von hier 436 durch Römer und Hunnen vertrieben, wurden die Burgunder im Rhônegebiet angesiedelt, wo sie ein Reich gründeten. 532 wurden sie von den Franken besiegt und ins Fränkische Reich eingegliedert.
+ Die Niederlage der Burgunder im Kampf gegen die Hunnen fand Eingang ins Nibelungenlied.

Byzantinisches Reich, das Oströmische Reich, das nach der Reichsteilung 395 n. Chr. entstand und die östliche Hälfte des Römischen Reichs umfasste. Es war geprägt von der staatliche Tradition Roms und einer Verbindung von hellenistischer und christlicher Kultur. Seit dem 7. Jh. wurde es auf dem Balkan durch die Slawen, in Afrika und dem Vorderen Orient durch den Islam immer weiter zurückgedrängt. Mit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 ging es unter.
+ Den Namen Byzantinisches Reich für das Oströmische Reich prägten erst die Humanisten nach Byzanz, dem antiken Namen von Konstantinopel.

[Kapitelanfang] [Inhaltsverzeichnis]

C

Caesar

Gaius Iulius Caesar 

Caesar

Den Rubikon überschreiten

Im Jahr 49 v. Chr. überschritt der römische Konsul Julius Caesar, um seine Stellung gegenüber Pompeius zu behaupten, mit seinem Heer den Fluss Rubikon, der Italien von der Provinz Gallia Cisalpina trennte. Damit beschwor er den Bürgerkrieg herauf, der ihm die Macht im Staat sicherte. Die Redewendung wird noch heute im Sinn von ›eine folgenschwere, nicht mehr rückgängig zu machende Entscheidung treffen‹ gebraucht.

Caesar, eigentlich Gaius Iulius Caesar, römischer Staatsmann und Feldherr (* 102 oder 100, † 44 v. Chr.). Nach der Unterwerfung Galliens unter die Herrschaft Roms setzte sich Caesar im Bürgerkrieg (49–45 v. Chr.) gegen Gnaeus Pompeius (* 106, † 48 v. Chr.) als alleiniger Machthaber durch. 44 v. Chr., an den ↑ Iden des März, wurde er von Anhängern der Republik, die ihm vorwarfen, eine Monarchie errichten zu wollen, ermordet. Nach ihm nannten sich die späteren römischen Kaiser Caesaren.
+ Von ›Caesar‹ ist das deutsche Wort ›Kaiser‹ ebenso wie das russische ›Zar‹ abgeleitet.
+ Caesar erlangte Ruhm auch als Schriftsteller. Überliefert sind von ihm die Schriften über den Gallischen Krieg (›De bello Gallico‹) und über den Bürgerkrieg gegen Pompeius.icon

Calvin, Johannes französisch-schweizerischer Reformator (* 1509, † 1564). Calvin wirkte seit 1536 hauptsächlich in Genf, wo er eine strenge Kirchenzucht einführte, die alle Lebensbereiche erfasste und notfalls mit Gewalt durchgesetzt wurde. Er ist neben Ulrich Zwingli (* 1484, † 1531) Begründer der reformierten Kirchen (↑ Kalvinismus, Kapitel 8).

Camp-David-Abkommen [ˈkæmp ˈdeɪvɪd -], nach den vorangegangenen Verhandlungen auf dem Landsitz der amerikanischen Präsidenten, Camp David, benanntes ägyptisch-israelisches Abkommen von 1978, das den israelischen Rückzug von besetztem ägyptischem Gebiet (Sinaihalbinsel) regelte. Es führte 1979 zum Abschluss des ägyptisch-israelischen Friedensvertrags, der den seit der Gründung Israels 1948 bestehenden Kriegszustand zwischen beiden Staaten beendete.

Cannae. Bei der antiken Ortschaft Cannae in Süditalien fand am 2. 8. 216 v. Chr. eine Schlacht zwischen dem karthagischen Heer unter Hannibal und einem erheblich größeren römischen Heer statt. Es gelang Hannibal, das römische Heer durch die karthagische Reiterei einzukesseln und die römische Armee fast völlig zu vernichten.
+ Die Schlacht von Cannae gilt bis heute als Muster einer Umfassungsschlacht und wird von Militärtheoretikern studiert.

Castro Ruz, Fidel [- rus], kubanischer Revolutionär und Politiker (* 1927, † 2016). Castro kämpfte 1956–59 mit einer Rebellenarmee gegen den damaligen kubanischen Staatspräsidenten Fulgencio Batista (* 1901, † 1973) und übernahm 1959 die Macht. Seit 1961 führte er, in Anlehnung an die Sowjetunion, eine kommunistische Diktatur in Kuba ein. Das Kuba Castros wurde in den 60er- und 70er-Jahren häufig als Modell für die Dritte Welt angesehen. Der verheerende wirtschaftliche Niedergang seit dem Zusammenbruch des Ostblocks nach 1989, verstärkt durch die Wirtschaftsblockade der USA, zwang Castro, marktwirtschaftliche Ansätze (z. B. Bauernmärkte) zuzulassen. Krankheitsbedingt übergab er 2006 seine Ämter seinem Bruder Raúl; dieser war von 2008 bis 2018 auch Präsident.

Cato, eigentlich Marcus Porcius Cato Censorius, römischer Staatsmann (* 234, † 149 v. Chr.). Cato gilt wegen seines konservativen Festhaltens an alten römischen Werten und Institutionen als Hauptvertreter altrömischer Staats- und Moralvorstellungen, der besonders im Gegensatz zum nach Rom eindringenden Hellenismus stand.
+ Als unversöhnlicher Gegner Karthagos soll Cato jede seiner öffentlichen Reden mit dem Satz ›Ceterum censeo Carthaginem esse delendam‹ (›Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.‹) beendet haben.

Chamberlain, Neville [ˈtʃeɪmbəlɪn], britischer Politiker (* 1869, † 1940). Als Premierminister (1937–40) betrieb Chamberlain zunächst eine Beschwichtigungspolitik (↑ Appeasement, Kapitel 3) gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland, die im ↑ Münchner Abkommen, Kapitel 2) gipfelte. Nach deren Scheitern gab er im März 1939 eine Garantieerklärung für Polen ab und erklärte Deutschland nach dessen Überfall auf Polen im September 1939 den Krieg.

Che Guevara [tʃe geˈβara], eigentlich Ernesto Guevara Serna, lateinamerikanischer Revolutionär (* 1928, † 1967). Che Guevara war als Industrieminister (1961–65) maßgeblich an der revolutionären Umgestaltung Kubas unter Fidel Castro Ruz beteiligt. Bei dem Versuch, in Bolivien eine Guerillaorganisation aufzubauen, wurde er erschossen.
+ Che Guevara war eine Leitfigur der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt und ein Idol der Studentenbewegung 1968.

Chiang Kai-shek [tʃiaŋkaiʃɛk]