Ein amerikanischer Expat betritt die öffentlichen Toiletten des Kulturpalasts von Sofia, auf der Suche nach Sex. Es ist Herbst und außergewöhnlich warm, und dort unten, wo niemand einfach so hingeht, trifft er auf Mitko, einen jungen Mann, der Charisma ausstrahlt und Gefahr. Der Amerikaner, ein Lehrer, bezahlt Mitko für die körperliche Nähe, und in den Wochen danach trifft er ihn immer wieder, gefangen in seinem Begehren und in einer Beziehung, in der Zärtlichkeit umzuschlagen droht in Gewalt. Und während ihn die Ereignisse dazu zwingen, sich der Erinnerung an seine Kindheit in den amerikanischen Südstaaten zu stellen, kann er weder seinem Verlangen entkommen noch den Privilegien als Ausländer, die ihn von Mitko trennen. Was zu dir gehört ist ein Roman über die Macht von Scham und Sehnsucht. Und über eine Liebe entgegen jeder Wahrscheinlichkeit.

 

Hanser Berlin E-Book

GARTH GREENWELL

 

WAS ZU DIR GEHÖRT

 

Roman

 

Aus dem Englischen von Daniel Schreiber

 

 

Hanser Berlin

 

 

Für Alan Pierson und Max Freeman und für Luis Muñoz

I    MITKO

 

 

Dass meine erste Begegnung mit Mitko B. in einem Verrat endete, wenn auch einem geringfügigen, hätte mir eine größere Warnung sein müssen, und die wiederum hätte mein Verlangen nach ihm bremsen oder sogar komplett auslöschen sollen. Aber solche Warnungen gehören an Orten wie den Toiletten des Nationalen Kulturpalasts, wo wir aufeinandertrafen, zur Luft, die man atmet, sie sind allgegenwärtig und so unentrinnbar, dass sie zum Teil all jener werden, die diese Orte aufsuchen, und zur wesentlichen Komponente des Begehrens, das sie dorthin führt. Schon als ich die Treppe hinunterging, hörte ich seine Stimme, die wie alles an ihm zu groß für diese unterirdischen Räume war und aus ihnen herausquoll, als drängte es sie zurück in den hellen Nachmittag, der, obwohl es Mitte Oktober war, nichts Herbstliches an sich hatte; die Weintrauben, die überall in der Stadt von den Reben hingen, zerplatzten noch warm im Mund. Ich war überrascht, jemanden dort so freizügig reden zu hören, wo einem unausgesprochenen Code folgend Stimmen selten lauter als ein Flüstern waren. Am Fuß der Treppe bezahlte ich meine fünfzig Stotinki an eine alte Frau, die mich aus ihrer Kabine heraus mit undurchdringlicher Miene ansah, während sie mit der einen Hand die Münzen nahm und mit der anderen einen Schal fest an sich drückte, gegen die Kälte, die hier unten immer und unabhängig von der Jahreszeit herrschte. Erst als ich mich dem Ende des Korridors näherte, hörte ich eine zweite Stimme, die der ersten leise raunend antwortete. Die Stimmen kamen aus dem zweiten der drei Toilettenräume, wo sie, hätte das Geräusch fließenden Wassers sie begleitet, zu Männern gehört haben könnten, die sich die Hände wuschen. Ich hielt im äußersten der Räume inne, inspizierte mein Bild in den Spiegeln, die die Wände bedeckten, und verfolgte ihre Unterhaltung, von der ich jedoch kein Wort verstand. Es gab nur einen einzigen Grund, warum sich Männer an diesem Ort aufhielten. Die Toiletten des NDK (wie der Kulturpalast genannt wird) sind ausreichend verborgen und haben einen Ruf, der dafür sorgt, dass sie kaum für etwas anderes benutzt werden. Und dennoch schien das Verhalten des Mannes, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog, als ich den zweiten Raum betrat, nicht zu dieser Übereinkunft zu passen, seine leutselige und ungestüme Art, die überhaupt nichts Heimliches an sich hatte, selbst an diesem Ort privatester Vertraulichkeiten.

Er war groß, dünn, aber seine Schultern waren breit, und er trug diesen kurzen, militärischen Haarschnitt, der unter jenen jungen Männern in Sofia beliebt war, die einen hypermaskulinen Stil vortäuschen und eine Aura von Kriminalität zur Schau stellen. Der zweite, kleinere Mann fiel mir kaum auf. Er wirkte dienstfertig, hatte blondierte Haare und nahm die Hände nicht aus den Taschen seiner Jeansjacke. Es war der größere Mann, der sich mir mit augenscheinlich freundlichem Interesse, ohne Gebärde der Drohung oder Angst, zuwandte, und so verdutzt ich war, so merkte ich doch, dass ich ihm mit einem Lächeln antwortete. Er begrüßte mich mit einem Redeschwall, dem ich nur entgegnen konnte, indem ich benommen den Kopf schüttelte, die große Hand ergriff, die er mir ausgestreckt hinhielt, und ihm als gebrochene Entschuldigung und Rechtfertigung jene wenigen Sätze darbrachte, die ich bis zum Umfallen geübt hatte. Sein Lächeln wurde breiter, als er begriff, dass ich Ausländer war, und gab den Blick auf einen abgebrochenen Vorderzahn frei, dessen gezackten Rand er (wie ich später erfahren sollte) in Momenten der Zerstreutheit obsessiv mit dem Zeigefinger betastete. Sogar auf Armeslänge nahm ich den Alkohol wahr, der Geruch ging weniger von seinem Atem aus als von seiner Kleidung und seinem Haar, und er erklärte die Ungezwungenheit, mit der er sich an einem Ort bewegte, der aller Freizügigkeit zum Trotz Hemmungen auslöste, sowie den seltsam unschuldigen Blick, der bestimmt, aber nicht bedrohlich wirkte. Er neigte den Kopf und begann wieder zu sprechen, und in einem Kauderwelsch aus Bulgarisch, Englisch und Deutsch hielten wir fest, dass ich Amerikaner war, dass ich mich seit einigen Wochen in der Stadt aufhielt und mindestens ein Jahr lang bleiben würde, dass ich als Lehrer am American College arbeitete und mein Name in seiner Sprache mehr oder weniger unaussprechlich war.

Unser stockendes Gespräch streifte weder den eigentümlichen Ort, an dem wir uns befanden, noch das, wofür er beinahe ausschließlich benutzt wurde, und so stieg, während wir uns unterhielten, eine Beklemmung in mir auf, die zu gleichen Teilen aus Verlangen und Unbehagen bestand, weil nicht klar war, warum er hier war und was er vorhatte. Es war noch ein dritter Mann dort, der mehrmals die hinterste Kabine betrat und wieder verließ und uns dabei ernst ansah, ohne jedoch auf uns zuzugehen oder ein Wort zu verlieren. Schließlich, nachdem wir uns bekannt gemacht hatten und jener Dritte erneut seine Kabine betreten und die Tür hinter sich geschlossen hatte, zeigte Mitko (ich wusste inzwischen, wie er hieß) dorthin, blickte mich vielsagend an, sagte: iska, er will, und machte eine unmissverständliche anzügliche Geste. Sowohl er als auch sein Begleiter, den er als brat mi bezeichnete und der seit meinem Eintreten noch nicht gesprochen hatte, brachen daraufhin in Lachen aus. Sie schauten mich an, als wollten sie mich in ihre Erheiterung einbeziehen, obwohl ich natürlich genauso das Objekt ihres Spottes war wie der Mann, der ihnen in seiner Kabine zuhörte. So sehr wollte ich zu ihnen gehören, dass ich, ohne darüber nachzudenken, lächelte und meinen Kopf hin- und herwiegte, eine Geste, die hier ebenso Übereinkunft und Zustimmung ausdrückt wie ein gewisses Staunen über die Launen des Lebens. Aber an dem Blick, den sie wechselten, erkannte ich, dass dieser Versuch die Distanz zwischen uns nur vergrößerte. Nach einer kleinen Pause, in der ich mir in Gedanken die notwendigen Silben zurechtlegte (die mir trotz aller Bemühungen selten so über die Lippen kommen, wie sie sollen, auch jetzt noch, da mir gesagt wird, ich spreche chubawo oder prawilno, und ich den Gesichtern das Erstaunen darüber ablese, dass ich eine Sprache beherrsche, die zu lernen kaum jemand für nötig hält, der sie nicht ohnehin schon spricht), fragte ich ihn, um wieder Halt zu gewinnen, was er hier mache an diesem Ort, der sich so kühl und klamm anfühlte. Über uns war es noch immer sommerlich, der Platz lag im Licht und war voller Menschen, unter ihnen junge Männer mit Skateboards oder Inlineskates oder aufwendig aufgemotzten Fahrrädern, die im selben Alter waren wie die beiden.

Mitko sah seinen Freund an, den er als seinen Bruder bezeichnet hatte, obwohl sie keine Brüder waren; der Freund begab sich daraufhin zur Ausgangstür, und Mitko zog ein Portemonnaie aus der Gesäßtasche seiner Jeans. Er öffnete es und entnahm ihm ein Briefchen aus glänzendem Papier, eine mehrmals gefaltete Seite aus einer Zeitschrift. Vorsichtig entfaltete er sie, seine Hände zitterten leicht im Bemühen, nichts von dem losen Inhalt in die Feuchtigkeit und den Dreck zu unseren Füßen fallen zu lassen. Ich erriet natürlich, was er enthüllen würde; ich war nur überrascht, wie wenig es war, nicht mehr als ein paar blättrige Krümel. Zehn Lewa, sagte er und fügte hinzu, dass er, sein Freund und ich es zusammen rauchen könnten. Er wirkte nicht enttäuscht, als ich sein Angebot ablehnte; er faltete das Papier nur wieder vorsichtig zusammen und steckte es zurück in die Hosentasche. Er ging auch nicht weg, wie ich befürchtet hatte. Ich wollte, dass er blieb, auch wenn es im Laufe unserer Unterhaltung, die ja nur in Schüben stattfand und nicht länger als fünf Minuten oder zehn gedauert haben mochte, immer schwieriger geworden war, sich vorzustellen, dass mein wachsendes Verlangen nach ihm Erfüllung finden könnte. All seiner Freundlichkeit zum Trotz schien er sich mir, während wir miteinander sprachen, auf geheimnisvolle Weise entzogen zu haben; je länger wir jedes erotische Ansinnen umgingen, desto finaler wirkte seine Unerreichbarkeit, nicht deshalb, weil er schön war (obwohl ich ihn schön fand), sondern aufgrund von etwas anderem, das noch hinderlicher war, eine Art körperliche Sicherheit oder Selbstverständlichkeit, die darauf hindeutete, dass ihm nagende Zweifel und Empfindlichkeiten in Bezug auf das Leben fremd waren. So als besäße er ein Anrecht auf die Freigebigkeit seiner Umwelt, obwohl doch auf der Hand lag, dass er sie nicht erfahren hatte. Er schaute zu seinem Freund hinüber, der nicht wieder zu uns gestoßen war, nachdem Mitko seine kleine Reserve verstaut hatte, und nach einem erneuten Blickwechsel drehte dieser uns den Rücken zu, weniger um die Eingangstür zu bewachen, hatte ich den Eindruck, sondern um uns so etwas wie Privatsphäre zu gewähren. Mitko schaute mich an, freundlich, aber mit einer neuen Eindringlichkeit; er legte seinen Kopf ein wenig zur Seite und fasste sich mit einer Hand in den Schritt. Natürlich konnte ich nicht anders, ich schaute hin, und es gelang mir auch nicht, meine Erregung zu verbergen, die er sicherlich wahrnahm, als sich unsere Blicke wieder trafen. Er rieb den Daumen und zwei Finger der anderen Hand aneinander, das universelle Zeichen für Geld. Es lag nichts Verführerisches in seiner Art, keinerlei ausgestelltes Begehren; was er anbot, war ein Geschäft, und erneut zeigte er sich nicht enttäuscht, als ich ihn reflexartig und ohne zu zögern abwies. Nein war die Antwort, die ich auf solche Angebote (die unvermeidbar sind an den Orten, die ich aufsuche) immer gegeben hatte, nicht aus moralischer Überzeugung, sondern aus Stolz, einem Stolz, der in den vergangenen Jahren immer schwerer aufrechtzuerhalten war, in denen mich der Lauf der Zeit von einer Kategorie erotischer Objekte in eine andere spülte. Kaum hatte ich das Wort ausgesprochen, bereute ich es schon. Mitko zuckte mit den Schultern, nahm seine Hand aus dem Schritt und lächelte, als wäre alles nur ein Scherz gewesen. Und dann, als er sich schließlich umdrehte, um mit seinem Freund die Toiletten zu verlassen, rief ich tschakai, tschakai, tschakai, warte, warte, warte, ich wiederholte die Worte so schnell wie jene alte Frau, die ich an einem Nachmittag an einer Kreuzung beobachtet hatte, als sie versuchte, einen herrenlosen Hund zu warnen, der dabei war, in den Verkehr zu laufen. Mitko drehte sich sofort um, so gefügig, als wäre unser Geschäft bereits beschlossene Sache; vielleicht war er sich tatsächlich schon sicher, so wie ich mir sicher war, obwohl ich vorgab, dem Angebot gegenüber skeptisch zu sein, um meiner überwältigenden Erregung Herr zu werden. Ich schaute hinunter auf seinen Schritt, dann wieder hoch und sagte: Kolko ti e, wie groß ist er, die Standardwendung, immer die erste Frage in den Internet-Chatrooms, die ich nutzte. Mitko sagte nichts, er lächelte, ging in eine Kabine, knöpfte seine Hose auf, und meine vorgetäuschte Zögerlichkeit fiel in sich zusammen, als ich realisierte, dass ich jeden Preis zahlen würde, den er verlangte. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, streckte meine Hand aus, wie um die angebotene Ware sogleich in Besitz zu nehmen, doch ich war schon immer furchtbar schlecht in solchen Verhandlungen gewesen, man sah mir meine Begierde sofort an, und Mitko knöpfte seine Hose wieder zu und hob die Hand, um mir Einhalt zu gebieten. Ich dachte, dass er bezahlt werden wollte, aber stattdessen ging er an mir vorbei, sagte mir, ich solle warten, und begab sich zu der Reihe der Porzellanwaschbecken, die schmutzig und voller Risse waren. Mit einer körperlichen Freizügigkeit, die ich seiner Betrunkenheit zuschrieb, die aber, wie ich später erfahren sollte, untrennbar zu ihm gehörte, befreite er die lange Röhre seines Schwanzes aus seiner Jeans, lehnte sich über das Waschbecken, zog die Vorhaut zurück und zuckte zusammen, weil das Wasser hier nur kalt aus den Leitungen kam. Es dauerte, bis er zufrieden war, es war das erste Zeichen seines anspruchsvollen Wesens, das mich in Anbetracht seiner Armut und der dürftigen Umstände seiner Existenz immer wieder aufs Neue überraschen würde.

Als er zurückkehrte, fragte ich nach dem Preis für das, was ich wollte, der sich auf zehn Lewa belief, bis ich mein Portemonnaie öffnete und nur Zwanzig-Lewa-Scheine darin fand, von denen er einen begierig an sich nahm. Was machte es schon aus, die Beträge waren für mich gleichermaßen bedeutungslos; ich hätte das Doppelte gezahlt oder das Vierfache, was nicht heißen soll, dass ich über besonders umfangreiche Mittel verfügte, sondern dass mir sein Körper unendlich teuer erschien. Es erstaunte mich, dass mir irgendeine Anzahl der schmutzigen Banknoten diesen Körper verfügbar machte, dass ich nach dem einfachsten aller Tauschgeschäfte Zugriff auf ihn hatte und Kontakt zu ihm aufnehmen konnte. Ich fuhr mit der Hand unter das enge Hemd, das er trug, und er stieß mich sanft zurück, um es auszuziehen, Knopf für Knopf öffnete er es und hängte es sorgsam an den Haken der Kabinentür. Er war dünner, als ich erwartet hatte, seine Muskeln weniger definiert, und das Haar, das seinen Oberkörper bedeckte, hatte er rasiert, sodass lediglich Stoppeln übrig geblieben waren. Als er so enthüllt und jungenhaft vor mir stand, fiel mir zum ersten Mal auf, wie jung er sein musste (er war 23, wie ich später erfuhr). Er winkte mich mit jener übertriebenen Zuvorkommenheit zu sich, die betrunkene Männer manchmal haben und die (ein Gedanke, der bei aller Erregung nie fern war) einen gleichermaßen exaltierten Wutausbruch einleiten kann. Doch Mitko überraschte mich, indem er sich vorlehnte, seinen Mund an meinen legte und mich küsste, freigiebig und ohne Hemmungen, und obwohl ich nichts getan hatte, um diese Art des Kontakts einzuleiten, war sie mir willkommen, und ich saugte begierig an seiner Zunge, die antiseptisch war vom Alkohol. Ich wusste, dass er sein Verlangen spielte, dass er es nicht empfand, und tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass er zu betrunken war, um irgendeine Art von Lust zu spüren. Doch hat nicht jede unserer Umarmungen etwas Theatralisches? Wir wiegen unsere Reaktionen gegen jene auf, die wir beim anderen wahrnehmen oder die wir auf den anderen projizieren, wir begehren immer zu viel oder zu wenig und kompensieren entsprechend. Auch ich spielte ihm etwas vor, tat so, als würde ich ihm seine Show der Leidenschaft als eine genuine Erwiderung meiner eigenen Lust abnehmen. Als spürte er, dass ich diesem Gedanken nachhing, zog er mich näher zu sich heran, und zum ersten Mal nahm ich unter dem stärkeren und beinahe überwältigenden Dunst des Alkohols seinen eigenen Geruch wahr, der für mich zur größten Quelle des Genusses werden sollte, wenn wir zusammen waren, und den ich immer wieder suchen würde, an seinem Hals und in seinem Schritt, unter seinen Armen. Ich hörte auf nachzudenken, hob eine seiner Hände über seinen Kopf und unterbrach unseren Kuss, um mein Gesicht in seiner Achselhöhle zu versenken (er rasierte sich auch dort, seine Haut fühlte sich rauh unter meiner Zunge an) und um seinen Geruch in mich aufzusaugen, als würde ich lebensnotwendige Nahrung aus einer schwer zugänglichen Quelle schöpfen. Danach sank ich auf die Knie und nahm ihn in den Mund.

Einige Minuten später, noch bevor er mir gegeben hatte, was er mir schuldete, eine Verpflichtung, die er eingegangen war, als er mir den schmutzigen Zwanzig-Lewa-Schein aus der Hand genommen hatte, gab Mitko einen seltsamen Laut von sich, spannte seinen Körper an und stemmte seine Handflächen gegen die Kabinenwände. Wenn es die Darbietung eines Orgasmus sein sollte, dann war sie armselig, nicht zuletzt deshalb, weil er während der wenigen Minuten, die ich an ihm gelutscht hatte, keinerlei Reaktion gezeigt hatte. Tshakai, sagte ich zu ihm, um zu protestieren, als er sich zurückzog, iskam oschte, ich will mehr, aber er lenkte nicht ein, sondern lächelte mich an und bedeutete mir, dass ich mich zurückziehen sollte, immer noch freundlich, dann zog er das Hemd wieder an, das er so sorgfältig aufgehängt hatte. Immer noch auf den Knien, schaute ich hilflos zu ihm auf, während er seinen Freund rief, den er abermals brat mi nannte und der ihm von draußen antwortete. Vielleicht sah er, dass ich wütend wurde, und wollte mich daran erinnern, dass er nicht allein war. Er strich seine Kleidung glatt, fuhr mit den Händen über seinen Torso, um ihren Sitz zu prüfen, und lächelte arglos, ganz so, als würde er tatsächlich meinen, er habe mir gegeben, was er mir schuldete. Dann entriegelte er die Tür und zog sie hinter sich zu. Und während ich dort auf dem Boden kniete, im Mund den metallischen Geschmack des Leitungswassers von seiner Haut, spürte ich, wie sich mein Ärger verflüchtigte, dass meine Lust durch seinen Abgang nicht gemindert wurde. Ich merkte, wie das, was zweifellos ein Betrug war (wir hatten eine Abmachung, auch wenn sie nicht unterschrieben, nicht einmal in Worte gefasst worden war), unsere Begegnung nur noch spezieller und seine Präsenz noch lebendiger werden ließ, obgleich ich allein auf Knien im Schmutz zurückblieb. Es war dieser Betrug, der es mir erlaubte, mit der ganzen Freiheit meiner Phantasie aus ihm zu machen, was ich mir vorstellte.