Mona Lisas Erdbeeren



Monika Detering

Über die Kurzgeschichte

Eine nächtliche Zugfahrt, eine unausgesprochene Anziehung. Es ist ein Blick zwischen zwei Fremden, und ein Lächeln, so geheimnisvoll wie die Mona Lisa. Wird dieser Moment alles verändern?

Zwei Züge gleiten wie Riesenschlangen nebeneinander, und kommen auf dem Bahnhof Mannheim zum Stehen. Im Schein der Nachtbeleuchtung kann ich in die Abteile der anderen sehen, Leute schlafen, lesen oder essen jetzt, um vier Uhr früh und jeder für sich allein. Ein heller Rücken bekommt ein T-Shirt übergezogen. Papptellerchen werden im Abfallbehälter entsorgt. Ein Jeansmädchen hat den Kopf auf ihren Rucksack gelegt und ein Mann mit Filzhut strickt an irgendetwas Buntem.

Meine Hände wärme ich an einem wabbeligen Plastikbecher mit Kaffee, der viel zu heiß ist. Ich bin verschlafen und friere. Waggontüren stehen offen, Morgenkühle kriecht herein. Der Schaffner sieht frisch rasiert aus, am Hals ist eine eingetrocknete winzige Blutspur. Grässlich munter sagt er in einem knödeligen Dialekt, dass der Aufenthalt fünfzehn Minuten dauere.

Ich komme aus Rom und habe dort einen Mann besucht, ihm mein neues Buch gebracht, und ich wüüöä’ü„“ü