CLAUDIA HERSTATT

FIT FÜR DEN KUNSTMARKT

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EINFÜHRUNG

EIN BISSCHEN BESITZGIER
KANN NICHT SCHADEN

Kunst zu sammeln kann eine Lust in vielerlei Hinsicht sein: Sie erweitert den Horizont, sprengt die Alltagsroutine, öffnet neue gesellschaftliche Kreise, ganz abgesehen von dem Glücksgefühl, ein Objekt der Begierde in seinen Besitz gebracht zu haben.

Zu keiner Zeit ist wohl so viel Kunst produziert und vermarktet worden wie heute, wobei diese Tatsache erst einmal nichts über die Qualität der einzelnen Werke aussagt. Wer sich auf zeitgenössische Kunst einlässt, wird also vielfach Unverständlichem, Fragwürdigem und auch Provozierendem begegnen. Der Reiz der Sache beginnt genau da, wo sich aus der zunächst unüberschaubaren Fülle für den Einzelnen etwas so überzeugend heraushebt, dass er es haben möchte.

Um zu einem Urteil oder einer Entscheidung zu kommen, ist die intensive Berührung mit dem Ausstellungsbetrieb unumgänglich: Besuche in Galerien, Museen, Gänge über Messen, Begegnungen mit Künstlern, Gespräche mit Galeristen und Kritikern, Reisen zu wichtigen Großereignissen oder auch in abgelegene Ateliers gehören ebenso dazu wie die ständige Bereitschaft, Neuem aufgeschlossen zu begegnen, sich damit auseinanderzusetzen und vor allem: immer genau hinzuschauen. Nur auf diese Weise lassen sich persönliche Prioritäten und Wertmaßstäbe entwickeln.

Das Angebot ist so überwältigend groß, dass selbst Profis gelegentlich ins Schleudern kommen. Aber nicht überall kann und muss man dabei sein, um den Überblick zu behalten. Das schafft möglicherweise sogar mehr Verwirrung und ist schlichtweg gar nicht zu leisten. Diese Publikation nun bietet sich als Scout zum Einstieg in den Markt der zeitgenössischen Kunst, der Fotografie und des Designs an, mit gezielten Hinweisen und Adressen zu Orten und Anlässen, wo man sich begeistern lassen und informieren kann.

Dies sind beispielsweise Sammlerrefugien und Sammlermuseen, die vor Augen führen, welche Entscheidungen andere Sammler für sich getroffen haben. Aus der Vielzahl von über 150 Kunst-, Foto- und Designmessen sind die wichtigsten herausgegriffen und kurz porträtiert. Die verschiedenen Informationsmöglichkeiten werden aufgezeigt, aktuelle künstlerische Techniken und Sammelfreuden vom Multiple bis zur Video-Installation, vom Vintage Print bis zu den großformatigen Blow-ups beschrieben, zeitgenössisches Design und seine Klassiker kommen nicht zu kurz.

Dazu finden sich hier viele praktische Hinweise zum Kunstkauf in der Galerie und auf der Auktion, zum Umgang mit Kunst, zu Fragen der Lagerung, Versicherung und Restaurierung und des Transports bis hin zu den verschiedenen Möglichkeiten der Auflösung einer Sammlung. Die sind selbstverständlich aber erst ganz am Schluss aufgeführt.

Zunächst soll es darum gehen, den Spaß am Sammeln zu wecken und zu fördern. Vor allem auch den Mut zu machen, Dinge bereits wertzuschätzen, wenn die Namen der Produzentinnen und Produzenten noch nicht in aller Munde sind. Kunstsammeln hat eben auch ganz viel mit Entdeckertum, der Neugierde zu tun. Da können auch Dinge interessieren, die mehr Fragen aufwerfen, als sie Antworten parat haben, Unruhe stiften im Geist, solche, die anziehen oder abstoßen, sich einem schnellen Verständnis in Form und Inhalt entziehen und vielleicht gerade deshalb zur Auseinandersetzung reizen.

Welch große Freude man daraus ziehen kann, spricht aus den vielen persönlichen Expertentipps, die Sammler mit langjähriger Erfahrung und daraus gewonnenen Erkenntnissen für diesen Guide formuliert haben. Auch wenn sie individuell sehr unterschiedlich sind, so machen doch alle Mut, gegen Moden und den Mainstream zu eigenen Entscheidungen zu gelangen. An dieser Stelle sei allen Sammlern für ihre Beiträge gedankt.

Welche Wahl auf welchen Künstler, welches Objekt oder Sammelgebiet fällt, kann auch diese Publikation niemandem abnehmen. Hier werden vielmehr Wegweiser zur Kunst aufgestellt. Auf den Weg dorthin, beispielsweise in die großen staatlichen Institutionen wie die Pinakothek der Moderne in München, die Galerie der Gegenwart in Hamburg, das Museum Kunstpalast in Düsseldorf, das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt, das Museum der bildenden Künste Leipzig, zu Sonderausstellungen und in die Kunstvereine, Galerien und auf Messen, wird sich der Kunstliebhaber seiner Neigung entsprechend selbst machen.

Tipps für Einsteiger und auch Kenner scheinen durchaus angebracht. Nicht jeder kann und will sich Berater leisten, deren Interessenlage und Empfehlungen möglicherweise auch nicht so selbstlos sind, wie es den Anschein hat.

Als Handbuch und Nachschlagewerk und als Ver-Führer zur Kunst dient dieser Guide. Packen Sie ihn in die Tasche, handlich genug ist er auch im neuen Outfit der zweiten Auflage, und gehen Sie auf die Suche nach der Kunst. Ein bisschen Besitzgier kann dabei gar nicht schaden.

DER KUNSTMARKT:
EIN BLICK ZURÜCK UND NACH VORN

Rückblickend muss man wohl die Geburtsstunde des modernen Kunstmarktes auf das Jahr 1967 datieren. Achtzehn »progressive Kunsthändler«, darunter Hein Stünke, Betreiber der Galerie Der Spiegel, und Rudolf Zwirner aus Köln sowie Raimund Thomas aus München veranstalteten im Kölner Gürzenich den ersten »Kunstmarkt«.

Dass diese kleine Veranstaltung mit den engen Marketender-Ständen zeitgenössischer Kunst die Keimzelle für einen weltumspannenden Messe- und Marktbetrieb sein würde, hatten sich sicher nicht einmal die Veranstalter erträumt. Und was zu dieser Zeit noch heftig diskutiert wurde, ob denn Kunst überhaupt eine Ware sein dürfe, ist nun mehr als 40 Jahre später längst Realität geworden.

Damals wurde heftig polarisiert zwischen Kunst und Kommerz, die Demokratisierung der Kunst herbeigewünscht und viel vom Abbau der Schwellenangst in Galerien und Institutionen geredet und auch einiges riskiert: Eine Schar Gänse watschelte bei der Eröffnung der Kölner Avantgarde-Galerie »art intermedia« den verdutzten und auch mit dem Begriff der Vernissage noch unvertrauten Besuchern um die Beine.

Joseph Beuys agierte und dozierte, Jörg Immendorff lud zu ironischen Babywaschaktionen ein. Niki de Saint-Phalle schoss auf Farbbeutel, und Daniel Spoerri kochte und stellte anderthalb Jahre lang in der über seiner Kneipe in der Düsseldorfer Altstadt gelegenen Eat-Art-Galerie Werke zum Thema der Ess-Kunst von Künstlerfreunden wie Arman, Roy Lichtenstein, Richard Lindner und Dieter Roth aus. Andernorts hockten nächtens Fans vor Andy Warhols starrer 24-Stunden-Projektion vom Empire State Building – und alle fanden es toll.

Seit diesen Blumenkindertagen des Kunstbetriebs mit Preisen von damals 50 DM für einen inzwischen zu musealen Ehren gekommenen Siebdruck des Pop-Art- und Objektkünstlers Richard Hamilton zum Thema Swinging London, den Rolling Stones und Drogenkonsum oder einer heute kaum noch erschwinglichen Beuys-Zeichnung von gerade mal 350 DM hat sich viel verändert. Die zeitgenössische Kunst wurde gesellschaftsfähig und immer professioneller an den Kunden gebracht.

Galerien, Messen und Großausstellungen sorgten für mehr und mehr öffentliche Aufmerksamkeit und die Medien spielten mit. Sie druckten Homestorys von den Malerfürsten Markus Lüpertz und Georg Baselitz auf ihren Schlössern, erregten sich über die Blutsudeleien eines Hermann Nitsch und feierten Messeeröffnungen als Großevents mit Prominenz, als wäre es das Filmfestival in Cannes. Kunst wurde Kult und nebenbei ein knallhartes Geschäft.

In den Boomzeiten der achtziger Jahre hatten die Galeristen dann das Sagen, die Künstler bekamen von ihnen die Vorgaben für Formate und Produktionsausstoß, die Sammler hatten dafür geradezu anzustehen. Die Preise stiegen in astronomische Regionen. Der japanische Papierindustrielle Ryoei Saito leistete sich das Gemälde des Dr. Gachet von Vincent van Gogh im Jahr 1990 für bis dahin unerreichte 82,5 Millionen Dollar.

Dann brach an der Wende in die neunziger Jahre das internationale Wirtschaftsgefüge und damit auch der überhitzte Kunstmarkt in sich zusammen. Inzwischen ist er jedoch auf dem besten Wege, sich wieder hochzuschaukeln – daran ändert auch ein kurzes Erschrecken und Innehalten in der Kunstmarktmetropole New York nach dem Terroranschlag des 11. September 2001 so gut wie nichts.

Verändert haben sich allerdings in den vergangenen zehn Jahren die Mechanismen des Kunstmarktes. Künstler werden nicht mehr nur entdeckt und gefördert, sondern auch gemacht und wieder fallen gelassen. Und dahinter stehen die verschiedensten, oft im Hintergrund bleibenden Interessengruppen, die Geld in Galerien und schnell aufbaufähige Künstler pumpen. Ihre Strategien sind ebenso wenig durchschaubar wie der Finanztransfer.

Kunstkritikern stellt sich da die Frage, inwieweit der Markt die Künstler bereits zu Komplizen des zugleich profitablen wie gnadenlosen Geschäfts gemacht hat. Auch wenn immer wieder einzelne Kunst-Produzenten sozusagen kontraproduktiv versuchen, sich den Mechanismen der Vermarktung mit Werken ohne Waren- oder Objektcharakter zu entziehen, so ist die Verführung doch groß.

Der erfolgreiche italienische Bildhauer Maurizio Cattelan bekundete seine Motivation, Künstler zu werden, mit dem Wunsch nach »einem geregelten Einkommen und attraktiven Frauen«. Die Rechnung ging (nicht nur da) auf – die Preise auf Auktionen für die Arbeiten des 1960 geborenen Provokateurs haben längst die Millionendollargrenze überschritten, wie für seine Skulptur des von einem Meteor erschlagenen Papstes La Nona Ora.

Nicht alles ist zynisch auf dem Glamourparkett des Kunstmarktes, aber man sollte sich auch keine Illusionen machen: Der Handel mit der schöngeistigen Ware adelt nicht unbedingt seine Geschäftsmethoden, warum sollte er auch. Das umso weniger, um je mehr Geld es geht. Auch wenn viele Liebhaber von Kunstwerken gar nicht in den hochpreisigen Regionen operieren können oder wollen, auch im unteren und mittleren Bereich ist es Pflicht, Preise und Qualität zu vergleichen. Nur so ist zu verhindern, dass man über den Tisch gezogen wird.

Damien Hirst, der über die Werbeagentur Saatchi einst hochgeboxte, inzwischen nicht mehr ganz so junge britische Künstler, hat dafür ein passendes Bild gefunden: einen in Formaldehyd eingelegten Hai. Das Werk hat Hirst inzwischen aufwendig restaurieren müssen. Das macht Sinn, denn nun steht es am Anfang des 21. Jahrhunderts noch viel prägnanter für das gnadenlose Becken, in dem mit Kunst gemakelt und spekuliert wird wie nie zuvor. Es ist ja keine Ausnahme mehr, dass an einem Abend bei einer Auktion locker mal über 100 Millionen Pfund, Dollar, Schweizer Franken und Euro umgesetzt werden. Die Gier nach den Ikonen der zeitgenössischen Kunst scheint ungebremst. Ob diese Zeiterscheinung von der Liebe zur Kunst getragen ist oder von ganz anderen Motiven, darf durchaus hinterfragt werden.

Die Marktmechanismen sollten Liebhaber der Kunst nicht abschrecken. Man muss an dem großen Rad nicht mitdrehen, um Freude an der Kunst in ihren vielfältigen Ausprägungen zu haben. Wer aufmerksam hinschaut, wird auch trotz des überhitzten Kunstmarktes vieles finden, was jenseits der Schlagzeilen, Trendberichte und dem Geflüster der Szene vielmehr über die eigene Wahrnehmung für Bewegung im Kopf oder schiere Freude sorgt. Von dem Betrieb sollte man sich den Spaß an der Kunst und deren Erwerb also nicht verderben lassen, wissen sollte man darum schon.

SAMMELLEIDENSCHAFT:
WOHER SIE KOMMT UND WOHIN SIE FÜHRT

missing image Das Erwerben und Bewahren von Kunstwerken, das Fördern von jungen Künstlerinnen und Künstlern macht mir genauso viel Spaß wie das Leben mit der Kunst. Es sind die Gespräche, die Freundschaften, die Atelierbesuche, die dem Kunstkauf vorangehen beziehungsweise sich erst durch diese Kontakte ergeben. Kunst sammeln heißt immer auch Menschen sammeln. Das ist der besondere Reiz daran.«

Karsten Schmitz, Sammler zeitgenössischer Kunst in München

Die Leidenschaft des Sammelns ist bereits aus den unterschiedlichsten Perspektiven unter die Lupe genommen worden – psychologisch, historisch, kunstwissenschaftlich und phänomenologisch. Was den einzelnen Sammler jedoch treibt, bestimmte Dinge zusammenzutragen und in Beziehung zu anderen zu setzen, lässt sich wahrscheinlich nur aus der jeweiligen Persönlichkeit heraus erschließen.

Im Gegensatz zu Museen mit einem öffentlichen Auftrag sind private Sammler frei in ihren Entscheidungen, Missgriffe und Lehrgeld inbegriffen – die müssen sie nur vor sich selbst verantworten beziehungsweise finanziell verschmerzen. Privatleute können zudem ihre Besitztümer wieder verkaufen oder tauschen und somit die Sammlung nach Belieben strukturieren, dynamisch wachsen lassen oder auch kondensieren.

Lebendig, vorpreschend und unkonventionell wirken private Sammlungen zunehmend über den privaten Tellerrand hinaus in die Öffentlichkeit hinein – als Leihgaben in Museen und Ausstellungen oder auch in eigens für sie konzipierten kleineren und größeren Privatmuseen (siehe auch Kapitel »Sammlerrefugien« und »Sammlermuseen«).

Der Weg ins Rampenlicht ist nicht unbedingt das Anliegen eines jeden Sammlers. Schließlich ist der Aufbau einer Kollektion zunächst auch mit der tastenden Suche und ganz vorsichtigen, auch ungesicherten Zugriffen auf junge Kunst verbunden, die sich zunächst nur im eigenen Umfeld bewähren sollte und dort auch im Privaten ihr verborgenes Dasein führen darf.

Was den Kunstliebhaber mit schönen Dingen an der Wand oder im Raum von einem echten Sammler unterscheidet, ist ein Großteil Verantwortung, sowohl für die Werke als auch die Künstler. Denn ab einer bestimmten Situation sind dann auch Katalogisierung und wissenschaftliche Aufarbeitung nötig. Dazu kann man natürlich niemanden verpflichten, aber es wird letztlich auch im ureigensten Interesse desjenigen liegen, der es ernst mit der Sammelei meint.

Am Anfang ist meistens alles ganz einfach. Man begeistert sich für ein Werk und kauft es, dann gesellen sich andere dazu. Irgendwann kommt möglicherweise der Punkt, an dem der Besitzer mit einem Sammelsurium dasitzt, dessen Werke keine inhaltliche Zwiesprache führen und deren Beisammensein keine Relevanz hat.

Dann sind Konsequenzen angesagt, es sei denn, man ist mit dem bunt Zusammengewürfelten glücklich – auch das kann einem keiner nehmen. Systematisierung und Qualitätssteigerung werden dem ambitionierten Sammler Lust und oft auch Qual sein. Kunst zu kaufen ist schließlich auch eine finanzielle Frage, und in nicht wenigen Fällen haben sich Kunstliebhaber mit ihrer Leidenschaft um Kopf und Kragen verspekuliert.

Der Schweizer Josef Müller (1887–1977), an außereuropäischer Kunst und Impressionisten interessiert, hat einmal geäußert, dass die Albträume und ständigen Schulden seiner Sammlung wegen sein Leben vergiftet hätten. Die Muße der Besucher seiner feinen Kollektion im 1977 in Genf eröffneten Museum Müller-Barbier hat er wohl nie genießen können. Das ist ein extremes Beispiel. In der Mehrzahl können sich Sammler an ihren Erwerbungen freuen, sie mit Stolz betrachten und andere daran teilhaben lassen.

Eine verbindliche Anleitung für den Aufbau einer Sammlung gibt es nicht. Es wäre ja auch ein Jammer, die unterschiedlichen Interessen und Ausformungen privater Strategien über Rezepte ihrer Besonderheit und Unverwechselbarkeit zu berauben. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass die Konzentration auf ein Thema, eine Zeitperiode, Künstler oder Kunstrichtungen es leichter macht, die passende Entscheidung zu treffen.

missing imageJe dezidierter die Vorstellungen, je geschulter das Auge auf ein spezielles Spezialgebiet gerichtet ist, umso genauer lässt sich das Terrain sondieren. Und je überschaubarer der Katalog der Wünsche und Ansprüche, umso einfacher erschließt sich der Zugang:

Was man wo findet, wer es am günstigsten anbietet, auch wem man bei der Jagd zuvorkommen kann – das ist schließlich auch ein Teil des »Spiels«. Ganz gleich ob man sich auf Kleinplastik oder raumgreifende Installationen, handgestempelte und signierte Masterprints der Fotografie, Gemälde, Skulpturen, Möbel, Videoprojektionen oder auch auf ein Thema kapriziert.

Die in diesem Band versammelten Statements und aus der Erfahrung heraus vermittelten Tipps von Sammlern zeigen einen Ausschnitt aus der Bandbreite der endlosen Möglichkeiten. Sie mögen unter anderem sowohl einen Einblick in die sehr besonderen Erfahrungswelten des Sammelns von Kunst geben als auch zudem eine Hilfe, Anleitung und Ermutigung sein, sich eine inspirierende Parallelwelt aus dem Reich der Künste zu schaffen.

ERST MAL INFORMIEREN
VOR DEM KUNSTKAUF

missing imageIch würde jedem Sammler empfehlen, sich erst einmal mindestens ein Jahr nur umzusehen. Ausstellungen junger Künstler in guten Museen zu besuchen und sich in wichtigen Avantgarde-Galerien intensiv über die jeweiligen Shows und auch das gesamte Programm zu informieren. Er sollte den Galeristen das eigene Sammlungsvorhaben mitteilen und sich von ihnen beraten lassen, sie geben gerne Auskunft. Sinnvoll ist sicher auch, sich ein Bild von anderen privaten Sammlungen und deren Schwerpunkten zu verschaffen.

Besonders intensiv wirken natürlich persönliche Kontakte und Besuche in Ateliers, wo der Sammler direkt die neuesten Entwicklungen der Künstler und deren Kollegen verfolgen kann. Zusätzlich sollte man drei, vier deutsche und internationale Kunstzeitschriften abonnieren, reichlich einschlägige theoretische Literatur, Ausstellungskataloge studieren und Material über die Künstler der eigenen Sammlung zusammentragen.

Um auf dem Kunstmarkt versierter zu sein, empfiehlt es sich, zu den wichtigen Kunstmessen (Basel, Köln, Berlin oder New York) zu reisen, Auktionsergebnisse zu verfolgen und Preise zu vergleichen, um Angebote und Entwicklungen einschätzen zu können.

Wichtig ist es, sich ein Sammlungskonzept zu erarbeiten und ganz feste Schwerpunkte zu setzen. Je konzentrierter, desto geringer der Informationszwang und überschaubarer das Archiv. Der Sammler soll sich freimachen von modischen Trends, vieles kommt und geht auch schnell wieder. Und vieles, was erst nicht geht, kommt plötzlich ganz groß. Er muss unbedingt überzeugt sein von der eigenen Sammlung, denn sie wird auch Kritik standhalten müssen. Jeder soll sich beraten, aber nicht beeinflussen lassen. So viele Kunstwerke, so viele Meinungen. Und nur die eigene zählt.«

Ingvild Goetz, Sammlerin in München

LESEN, BLÄTTERN, SCHAUEN:
PFLICHT- UND LUSTLEKTÜRE

Schauen ist das eine, lesen und hören das andere. Auch wenn die Informationen über Kunst und Kultur in Tages- und Wochenzeitungen, Magazinen, Radio und Fernsehen im Vergleich zu anderen Sparten eher knapp bemessen sind und zunehmend populärer geraten oder politische Themen aufgreifen, so gibt es doch reichlich gedruckte Informationsquellen – von der kostenlos in Museen, Kunstvereinen und Galerien ausliegenden Kunstzeitung (www.lindinger-schmid.de) bis zu umfänglichen Fachpublikationen. Hier werfen wir für Sie einen Blick in eine Auswahl davon:

Seit 1979 informiert die im Hamburger Verlag Gruner + Jahr monatlich erscheinende Monatszeitschrift art im besten Sinne journalistisch, opulent bebildert und sorgfältig dokumentiert über neue und neuere Tendenzen, eingebettet in ein Panorama von aktuellen Nachrichten, Kommentaren, Porträts, klassischer Bildbesprechung und Kritik.

Ein wirklich guter Service ist der Zugang zum Register im Internet unter www.art-magazin.de. Unter dem jeweiligen Stichwort findet sich ein Verweis auf das entsprechende Heft, der allerdings nur dem etwas nutzt, der es zum Nachschlagen aus dem Regal ziehen kann. Auf der Website (www.art-magazin.de) werden täglich aktuelle Nachrichten eingestellt. Dem ersten und sechsten Heft des Jahres liegt eine ausgekoppelte Vorschau auf wichtige Ausstellungen, Biennalen und Messen des jeweiligen Halbjahres bei. Die praktischen Wegweiser im Taschenformat bieten sich als griffbereite Orientierungshilfe an.

Fast ein Pfund wiegt das Kunstforum International. Was zweimonatlich da seit 1973 zwischen weißgrundigen Buchdeckeln versammelt erscheint, ist sicher der vollständigste Überblick über das aktuelle Ausstellungsgeschehen – wenn auch der Herausgeber Dieter Bechtloff die Beiträge der vielen Autoren und Autorinnen gänzlich unredigiert ins Blatt hebt. Auch das Kunstforum bietet seinen Abonnenten und Gastlesern über das Internet einen Recherche-Service an. Über eine Kundennummer und ein persönliches Passwort können sie in rund 13.000 Artikeln, Interviews, Ausstellungsbesprechungen, Themenkomplexen, der internationalen Ausstellungsvorschau und einer weltweiten Biennale-Datenbank surfen. Sammelobjekte sind die gut dokumentierten und ausführlich bebilderten »documenta«- und »Biennale«-Ausgaben. (www.kunstforum.de)

Das im April 2004 erstmals von den Publizisten Amélie von Heydebreck und Florian Illies herausgegebene Magazin Monopol schien zunächst ein Blatt von der Szene für die Szene zu sein. Aber es erwies sich als so erfolgreich in seiner Mischung aus Talk und Trends im Bereich der Kunst, Mode und Lifestyle, Tageskritischem von Meinungsmachern und Beobachtern des aktuellen Kunstbetriebs, dass es der Schweizer Sammler und Verleger Michael Ringier erwarb und das Magazin monatlich erscheinen lässt. (www.monopol-magazin.com)

Mehr als 70 Hefte hat die in Bremen angesiedelte und ganz dem Titel verpflichtete Zeitschrift artist vierteljährig inzwischen herausgegeben. Aktuelle Künstlerpositionen, -editionen und -beilagen, Meinungen und gepflegte Polemiken zeichnen das Magazin aus, das mit einem kühlen Design und großzügiger Bebilderung optisch angenehm ruhig daherkommt, inhaltlich aber durchaus Position bezieht. Ganz konsequent reiht artist ein Porträt von internationalen Künstlerinnen und Künstlern der Gegenwart an das andere, inzwischen sind sie zu einem beeindruckenden Reservoir von Biografien gediehen. (www.artist-kunstmagazin.de)

Klein und handlich, aber keineswegs lokal begrenzt, ist die Schweizer Publikation Kunst-Bulletin, zweimonatlich am Puls der Zeit horchend, herausgegeben vom Schweizerischen Kunstverein (www.kunstverein.ch) und im Abonnement erhältlich. Kasper König, Direktor des Museums Ludwig in Köln, hat das in die Sakko-Tasche passende Heft auf Reisen gerne dabei. Wie die meisten Kunstpublikationen hat es seine eigene Website mit Informationen zur aktuellen Ausgabe und öffnet den Blick ins Archiv unter www.kunstbulletin.ch.

Als Reisebegleiter ist eine andere, ebenfalls in der Schweiz verlegte Veröffentlichung eher nicht geeignet, weil sie in mehrfacher Weise zu gewichtig ist: Parkett, mehrmals jährlich erscheinend, unverwechselbar im quadratischen Format, setzt auf Themen und pro Band auf je zwei Künstlerpersönlichkeiten, unter deren Mitwirkung die periodisch erscheinenden Bände mit Buchcharakter plus Editionen entstehen. (Siehe auch das Kapitel »Erschwinglich schön: …« (www.parkettart.com)

Auch in der Schweiz verlegt wird die großformatige Zeitschrift Du, die jeweils einem kulturellen Thema gewidmet ist – mal der Eröffnung der Tate Modern in London, mal der beinahe schon legendären und wieder aufgelegten Ausgabe »Wahn Sinn Kunst Müll – Dieter Roth in der Fabrik« oder der Fragestellung »Risiko Kunst«. (www.du-magazin.com)

Eher ideologisch geprägt, dem Kunstbetrieb durchaus treffende Hiebe versetzend, agiert Texte zur Kunst viermal im Jahr auf dem deutschen Markt. Das Format ist handlich, die Inhalte sind es nicht. Im Sinne der Herausgeberin Isabelle Graw versucht die Crew der Mitarbeiter, den gängigen Kriterien wie Lifestyle und der immer weiter gehypten marktgerechten, schicken schönen Kunstwelt die Stirn zu bieten. Zu jedem Heft erscheint eine Künstleredition. (www.textezurkunst.de)

Von solchen Ambitionen sind die amerikanischen Publikationen Art Forum (www.artforum.com) und das noch populärere Art in America (www.artinamericamagazine.com) eher unangefochten. Dafür wimmelt es in ihnen wie auch in dem englischen Magazin Frieze (www.frieze.com) von Anzeigen. Oft kann man gar nicht unterscheiden, wo die Information und was die Werbung ist, und was letztlich interessanter ist. Das gibt zu denken, weil es so treffend die Machtverhältnisse von Kritik und Marktpotenz spiegelt.

Ein deutliches Facelifting haben die Weltkunst und die Antiquitätenzeitung über sich ergehen lassen, seit sie unter dem Dach der Zeitverlag Beteiligungs GmbH erscheinen. Die früher eher nur in Expertenkreisen zirkulierenden Publikationen öffnen sich mit einem großzügigeren Layout nun auch einem breiteren Publikum. Dennoch bleiben sie Pflichtlektüre für die Liebhaber des Kunst- und Antiquitätenmarktes mit Vor- und Nachberichten von Auktionen, Messen und Ausstellungen und Hintergrundgeschichten der am Markt agierenden Spezialisten. (www.weltkunst.de)

Die in Wien erscheinende Hochglanzzeitschrift Parnass ist nicht nur in der Hand ein ästhetisches Vergnügen, sie informiert auch mit Tiefgang seit 1981 über Spezialgebiete wie beispielsweise Skulptur, Restitution, Sammlungen, auch Strandgut als Kunstkammerobjekte oder Künstlergärten, begleitet von aktuellen Informationen zu laufenden Ausstellungen und Kunstmarkt-Neuigkeiten. (www.parnass.at)

Vom Format und der Gestaltung her ist sicher Art + Auction das am elegantesten gestylte Periodikum in englischer Sprache. International ist auch der Anspruch des von Louise Blouin MacBain verantworteten Magazins mit Künstler- und Sammlerporträts, Reportagen und Meinungen zu Kunst, Design, Architektur. MacBain war zeitweise als Partnerin im Auktionshaus Phillips, de Pury & Luxembourg assoziiert. Unter dem großen Dach der von ihr geleiteten LTB Holding erscheinen auch der Gallery Guide und die englischsprachige, ebenfalls großformatige Zeitschrift Modern Painters. Da Art + Auction nicht überall im Buchhandel erhältlich ist, bietet sich ein Abonnement an. Bevor man sich darauf einlässt, kann man bei Messen wie der Art Basel oder der Tefaf in Maastricht mal ein Heft am Stand durchblättern. (www.artandauction.com)

Sowohl im Netz als auch schwarz auf gebrochenem Weiß und mit einem sehr klassischen Newspaper-Auftritt liefert The Art News Paper (www.theartnewspaper.com) monatlich in einer englischen sowie einer italienischen und französischen Ausgabe aktuelle Nachrichten aus der internationalen Kunstwelt. Manche Ausgaben sind nach Themen und Orten schwerpunktmäßig ausgerichtet, die ausführlich und mit Vorliebe über Beute- und Raubkunst berichten. Zunehmend verschreibt sich die Redaktion dem investigativen Journalismus im Kunst- und Museumsbereich.

Bei der Tagespresse ist das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (www.faz.de) schon vom Umfang her konkurrenzlos. Samstags erscheinen dort zusätzlich die Kunstmarktseiten und sonntags in der Rubrik »Gesellschaft« der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ebenfalls Nachrichten vom Geschehen des Marktes. Ähnliche Seiten beziehungsweise Beiträge bieten zum Wochenende hin die Süddeutsche Zeitung (www.sueddeutsche.de), der Tagesspiegel (www.tagesspiegel.de) und in unregelmäßigen Abständen die deutsche Ausgabe der Financial Times (www.financial-times.de) sowie donnerstags die Wochenzeitung Die Zeit (www.zeit.de). Einen angestammten Platz hat der Kunstmarkt freitags mit Auktionsberichten und Ausstellungsbesprechungen im Handelsblatt (www.handelsblatt.de).

Einen Einblick in die Fülle der weltweit erscheinenden Publikationen zu Kunst und Kultur vermittelt die Reihe der zur »documenta 12« im Jahr 2007 herausgegebenen documenta Magazine. Darin sind Beiträge von rund 90 Organen enthalten, von denen man sich vielleicht dem einen oder anderen nähern möchte. (www.documenta12.de)

Kaum ein Design-Interessierter wird auf den elfmal jährlich plus einer Doppelausgabe Juli/August erscheinenden Design Report verzichten mögen mit seinem breiten Spektrum vieler gestalterischer Positionen und Beiträge (www.design-report.de). Ein bisschen hochglänzender und Lifestyle-orientierter, aber durchaus ambitioniert, blättert es sich alle zwei Monate oder periodisch durch den Architectual Digest AD (www.ad-magazin.de), Architektur & Wohnen (www.awmagazin.de), Häuser, decoration (beide www.gujmedia.de), domus (www.edidomus.it), novum (www.novumnet.de), Hochparterre (www.hochparterre.ch), Abitare (www.abitare.it) oder szenig in Wallpaper (www.wallpaper.com). Eine Riesenauswahl von Links zu Design-Publikationen bietet das Architekturzentrum Wien (www.azw.at). Nicht gerade an jedem Kiosk erhältlich, aber im Netz einsehbar und lohnend ist der Blick in das Harvard Design Magazine (www.gsd.harvard.edu/hdm).

Auch die Fotoprofis, Fotografie-Interessierten oder an Fotokunst orientierten Leser haben ihre Journale. Dazu gehören Photonews (www.photonews.de), Cameraworks (www.washingtonpost.com) und die weniger jobmäßig und kunstorientierte österreichische Zeitschrift Eikon (www.eikon.at) sowie Photography now (www.photography-now.de). Wer sich für die mehr wissenschaftlichen Aspekte der Fotografie interessiert, dem seien Camera Austria (www.camera-austria.at), der Rundbrief Fotografie (www.foto.unibas.ch), die seit 1981 vierteljährlich erscheinende Fotogeschichte (www.fotogeschichte.info) und nicht zuletzt die kritischen berichte (www.ulmer-verein.de) empfohlen.

ZAPPEN ZUR KUNST ÜBER DRAHT,
KABEL UND NETZ

missing imageDas Internet hat auch die Informationsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren revolutioniert. Es gibt kaum ein Museum, kaum ein noch so kleines Auktionshaus, eine Galerie, Messe oder Publikation, zu dem oder der man sich nicht per Mausklick Zugang verschaffen könnte. Außerdem sind mit vielen Links versehene Portale entstanden, die miteinander vernetzt eine kaum zu bewältigende Fülle an Wissen und Aktualität vermitteln. Wer die Kunstseiten der New York Times lesen will, tippt www.nytimes.com ein, die »Today’s Highlights« aus dem Kunstbetrieb sind bei www.artinfo.com ebenfalls in englischer Sprache abzurufen. Die ausschließlich im Internet präsente Netzzeitung hält ebenfalls über Kunst und Kultur regelmäßig auf dem Laufenden (www.netzzeitung.de/kultur). www.kunstmarkt.com, www.artknowledgenews.com, www.artnet.de oder www.artinfo.com sind nur einige der Medien im Netz – und es werden immer mehr.

Wer sich im Radio und Fernsehen über aktuelle Kulturereignisse und kritische Berichte informieren will, sollte sich auf das Wellenreiten oder »Zappen« allein nicht verlassen – dazu ist das Angebot zu klein. Kunstliebhaber gehören eben zur Minderheit. Aber es gibt ja feste Sendeplätze – zumeist am Morgen, am Spätnachmittag und dem späteren Abend.

Montags bis samstags informiert von 8.05 – 9 Uhr WDR 3 im Funk mit dem »Mosaik«, die Sendung »Zeitzeichen« läuft dort montags bis sonntags um 13.05 Uhr (www.wdr3.de/zeitzeichen/aktuell.html). Dreimal (8.30, 13.30 und 18.25 Uhr) hält Bayern 2 seine Hörer von montags bis freitags mit Kultur aktuell auf dem Laufenden (www.br-online.de). Täglich um 17.30 Uhr läuft im Deutschlandfunk »Kultur heute«. Um 24 Uhr bringt der gleiche Sender die ausführlichere einstündige Ausgabe »Fazit«. Wem das zu spät ist, der kann sich zu diesem Zweck allabendlich eine Stunde früher um 23 Uhr beim Partner Deutschlandradio Berlin einschalten (www.dradio.de).

»Texte und Zeichen« kommt für den NDR aus Hannover, täglich zeitgleich mit »Kultur heute« um 17.30 Uhr (www.ndr.de). Ebenfalls fast um die gleiche Zeit (17.05 – 17.50 Uhr) sendet der Südwestrundfunk in SWR2 sein Magazin »Forum« (www.swr.de). Auch der SFB Berlin strahlt im Verbund mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg sein »Kultur-Journal« um 17.05 Uhr aus. Da muss man Entscheidungen treffen oder das eine oder andere online nachlesen.

Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben mehrere Kulturmagazine ihren angestammten Platz: Sonntags um 22.45 Uhr wechseln sich in der ARD »Titel Thesen Temperamente«, der »Kulturweltspiegel« sowie der »Kulturreport« ab – reihum von den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft der Anstalten produziert und moderiert (www.daserste.de). »Aspekte« ist das kulturelle Aushängeschild beim ZDF, jeweils freitagabends um 22.25 Uhr (www.aspekte.dewww.3sat.de/bilderstreit/bilderstreit_titel.html