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Über dieses Buch:

Peter hat einen Traum: Er will Schäfer werden. Allen Widerständen zum Trotz tritt er in die Fußstapfen seines Onkels und zieht los, um die Schafherde hinauf in die Berge zu führen. So begegnet er bei seinem ersten Zwischenstopp im Eschental der schönen Vroni – und im Handumdrehen ist es um ihn geschehen. Doch auch der angesehene Bauer Kurt hat ein Auge auf Vroni geworfen. Er will sich seine Chancen nicht durch einen einfachen Schäfer verderben lassen … und schmiedet einen hinterhältigen Plan!

Über die Autorin:

Christa Moosleitner, geboren 1957, schreibt seit 20 Jahren Romane in den unterschiedlichsten Genres. Sie lebt und arbeitet in Hessen. Bei dotbooks erscheinen ihre folgenden Heimatglück-Romane: „In der Stunde der Gefahr“ / „Ein Sommer in den Bergen“ / „Dunkle Wolken über dem Richterhof“ / „Rückkehr nach Liebenau“ /„Schicksalhafte Entscheidungen“ / „Die Söhne der Familie Stadler“ / „Geh, wohin dein Herz dich führt“/ „Zwei Herzen finden zueinander“. Weitere Heimatglück-Romane folgen.

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Neuausgabe Mai 2014

Dieses Buch erschien bereits 1985 unter dem Titel Sein Herz schlägt für Vroni bei Martin Kelter Verlag (GmbH & Co. ), Hamburg

Copyright © der Originalausgabe 1985 Martin Kelter Verlag (GmbH & Co. ), Hamburg

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-586-7

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Christa Moosleitner

Geh, wohin dein Herz dich führt

Ein Heimatglück-Roman

dotbooks.

1

»Das darf doch net wahr sein!« entfuhr es dem Stadler Ferdi, während er den Kopf schüttelte und den jungen Burschen mit den blonden Haaren verständnislos anschaute. Es hätte nicht viel gefehlt, und der Stadler hätte sich an seiner Maß Starkbier verschluckt, weil er immer noch nicht glauben wollte, was er da gerade gehört hatte. »Peter, das kannst du doch net ernst meinen«, fuhr er dann rasch fort. »Einer wie du – und dann ein Schäfer!«

Polterndes Lachen erklang in der Stammtischrunde, als der Stadler seinen Satz vollendete. »Damit kannst doch heutzutage gar nix mehr verdienen. Am Hungertuch wirst nagen, wenn du net ...«

»Mir geht's doch gar net ums Geld, Ferdi«, unterbrach ihn der Lindner Peter, dem das Gespött seiner Spezis natürlich nicht gefiel. Aber das hätte er sich ja denken können, daß ihn die anderen ziemlich ratlos anschauen würden, wenn er ihnen reinen Wein über seine Zukunftspläne einschenkte. Dabei hatte er doch nichts Verwerfliches im Sinn! Er hatte seinen Spezis eben nur sagen wollen, daß er sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Schäfer zu werden und mit einer Herde durchs Land zu ziehen.

»Schäfer zu sein ist ein anständiger Beruf«, verteidigte sich Peter leicht gereizt, als er in die grinsenden Gesichter der anderen blickte. »Da kommt man wenigstens viel im Land herum und kann jeden Tag andere Menschen treffen. Einer wie ich muß draußen an der frischen Luft sein – könnt ihr das denn net begreifen?«

»Von Luft und Liebe kannst aber net leben«, meldete sich nun der Fichtner Alois zu Wort. »Mensch, Peter – auch wenn du dich noch so sehr bemühst, wirst net viel Spaß an diesem Leben haben. Der Ferdi hat recht, wenn er meint, daß das net viel Geld einbringen tut. Wenn du schlau bist, dann gehst in den nächsten Tagen rüber zum Berger Will. Der sucht in seiner Schreinerei einen tüchtigen Burschen, der ordentlich zupacken kann. Und gut bezahlen tut er obendrein noch – schließlich hab ich selbst mal ein Jahr lang dort gearbeitet und ...«

»Das ist aber nix für mich!« unterbrach ihn Peter. »Alois, ich hab es doch schon einmal gesagt – für mich zählt net das Geld, sondern ganz andere Dinge. Das kann nur einer begreifen, der weiß wovon ich rede ...

Eigentlich hatte er diesen Worten noch etwas hinzufügen wollen, aber ein kurzer Blick in die Runde verdeutlichte ihm nur, daß er gegen eine Wand redete. Weder der Stadler noch der Fichtner Alois würden ihn jemals verstehen. Also hatte es keinen Zweck mehr, daß er noch länger hierblieb. Schließlich hatte Peter auch seinen Stolz und es somit nicht nötig, sich von den anderen am Stammtisch aufziehen zu lassen!

Überhastet griff er nach dem Maßkrug, setzte ihn an und trank den letzten Rest in einem Zug aus. Eigentlich gehörte Peter normalerweise zu denjenigen, die es in geselliger Runde und bei einer zünftigen Maß immer recht lange am Stammtisch im Wirtshaus aushielten. Aber gerade heute fühlte er sich alles andere als wohl bei seinen Spezis. Weil die sich nämlich allesamt lustig machten über ihn, seit heraus war, was Peter für Zukunftspläne hatte. Bestimmt hielten sie ihn nun für einen Spinner!

Was soll's, dachte Peter, als er sich erhob. Er wich den Blicken der anderen Burschen aus und wandte sich mit schnellen Schritten dem Ausgang zu. Hinter sich hörte er das verhaltene Lachen derjenigen, die er eigentlich für seine besten Freunde gehalten hatte. So konnte man sich täuschen! Wahrscheinlich hielten sie es immer noch für einen großartigen Witz, daß ausgerechnet der Lindner Peter ein Schäfer werden wollte ...

»Bist ja früh heut abend!« riß ihn die Stimme des Löwenwirtes aus seinen trüben Gedanken. Peter hatte den Türgriff schon in der Hand gehabt, hielt nun aber doch noch einmal inne und blickte den dicken Wirt an. »Gefälles dir heut abend net bei deinen Spezis?« wurde dann die Frage an Peter gerichtet.

»Ach was«, antwortete Peter knapp. »Es ist halt net jeden Tag Sonnenschein. Und außerdem hab ich jetzt noch was Wichtiges zu erledigen, verstehst?«

Natürlich begriff der Löwenwirt nicht so recht, worauf Peter hinauswollte. Aber da hatte Peter ihm bereits den Rücken gekehrt und verließ das Gasthaus »Zum goldenen Löwen«, in dem so ziemlich jeden Abend großer Andrang herrschte. Aber Peter war heute nicht nach Gesellschaft zumute. Statt dessen war er heilfroh, als er die Tür hinter sich zuschlug und die Stimmen hinter ihm abebbten.

Sekundenlang blieb er draußen auf dem Hof stehen und atmete die klare Abendluft ein. Wahrscheinlich zogen die anderen drinnen in der Gaststube noch immer über ihn her – aber Peter wollte daran nicht mehr denken. Je mehr die Burschen aus Wommelskirchen über ihn lachten, um so entschlossener war er, seinen Plan in die Tat umzusetzen.

Deshalb wollte Peter auch noch nicht nach Hause gehen, sondern lieber seinem Onkel Hubert noch einen kurzen Besuch abstatten. Onkel Hubert war in seiner augenblicklichen Lage wirklich der einzige Mensch, mit dem er offen und frei über das sprechen konnte, was ihn schon seit geraumer Zeit bewegte.

Die hell erleuchteten Fenster des einzigen Wirtshauses in dem kleinen abgelegenen Dörfchen wurden immer kleiner, als sich Peter auf den Weg zum Haus seines Onkels machte, das am anderen Ende von Wommelskirchen lag. Je mehr er sich dem Haus näherte, um so größer wurde sein Trotz. Mochten die anderen doch so viel spotten wie sie wollten. Er würde ein Schäfer werden – genauso wie Onkel Hubert, der mit seiner eigenen Herde mehr als fünfzehn Jahre umhergezogen war und in dieser Zeit jeden Zipfel des Landes kennengelernt hatte. Einer wie Hubert Leitner hatte es eben vorgezogen, sein Leben so zu gestalten, wie er es selbst für das beste hielt. Geheiratet hatte er nie, aber als Schäfer hatte ihm keiner etwas vormachen können. Deshalb hatte ihn Peter schon von Kindesbeinen auf im stillen bewundert, hatte ihm immer zugehört, wenn der Onkel wieder einmal zurück nach Hause kam und so schöne Geschichten von seinem Wanderleben berichten konnte.

Aber diese Zeiten gehörten jetzt ein für allemal der Vergangenheit an, denn Onkel Hubert wollte sich nach diesen anstrengenden Jahren endlich aufs Altenteil zurückziehen und Schluß machen mit der Umherzieherei. Seine Herde wollte er verkaufen und dann in aller Ruhe seinen Lebensabend genießen. Eigentlich kaum vorstellbar für Peter, daß sein Onkel sich jemals von der Herde trennen konnte, und doch war es so. Peter erinnerte sich noch gut an die Worte seines Onkels, der letzte Woche Peter und seinen Eltern davon erzählt hatte.

Tausend Gedanken waren Peter in der Zwischenzeit durch den Kopf gegangen. Gedanken, die alle zum gleichen Ergebnis führten: wenn Onkel Hubert schon nicht mehr weitermachen wollte, warum gab er die Herde dann nicht in die Obhut eines Menschen, den er gut kannte? Wie Peter zum Beispiel. Eigentlich hatte Peter schon gestern vorgehabt, mit dem Onkel einmal darüber zu reden. Aber erst jetzt, wo die anderen im Wirtshaus so schlimme Witze über seine ehrgeizigen Pläne gerissen hatten, nahm er sich genügend Mut, um Onkel Hubert unverzüglich aufzusuchen und mit ihm unter vier Augen darüber zu reden. Je früher, desto besser, denn wenn die Herde erst verkauft war, dann war es zu spät!

Peter wußte, daß es der Vater auch nicht gerne sah, wenn er mit Onkel Hubert zu intensiv über den Beruf des Schäfers redete. Schließlich hatten Peters Eltern schon lange gehofft, daß der Bub bald eine Lehre bei einem der Handwerker im Dorf ergriff und dann langsam in einen verantwortungsvollen Beruf hineinwuchs. Aber die Eltern hatten schließlich erkennen müssen, daß Peter mit dieser so wichtigen Entscheidung nun schon mehr als ein halbes Jahr zögerte, die Eltern immer wieder vertröstete. In diesen Minuten wußte Peter, wie richtig dieses Aufschieben gewesen war. Und genau das würde er Onkel Hubert klarmachen ...

2

Der Leitner Hubert saß gemütlich in seinem Schaukelstuhl und blickte gedankenverloren in die flackernden Flammen des Feuers im behaglichen Kamin. Er hatte sich eine Pfeife angezündet und sog jetzt tief den würzigen Rauch ein. Das tat er immer, bevor er schlafen ging – eine Gewohnheit, die ihm lieb war.

Plötzlich klopfte es draußen an der Tür. Zuerst wollte der Leitner gar nicht öffnen, überlegte es sich dann aber doch anders. Er erhob sich ächzend aus dem Schaukelstuhl und ging mit schweren Schritten hinüber zur Haustür, wo der unerwartete Besucher jetzt schon zum wiederholten Male klopfte.

»Ich komm ja schon!« rief der Leitner mit nörgelnder Stimme und fragte sich natürlich, wer zu dieser Stunde ihm noch einen Besuch abstattete. Auf jeden Fall schien er ziemlich hartnäckig zu sein, weil das Klopfen einfach nicht nachließ. »Immer mit der Ruhe«, fügte er dann noch hinzu, als er sich an der Verriegelung der Tür zu schaffen machte und dann Sekunden später seinem Neffen Peter gegenüberstand.

»Grüß dich, Onkel Hubert«, sagte der blonde Bub dann zu ihm. »Hast vielleicht etwas Zeit für mich – ich hab was Wichtiges mit dir zu bereden. Oder wolltest schon zu Bett gehen?«

»Eigentlich wollt ich mich jetzt gleich hinlegen«, antwortete der Onkel daraufhin. »Aber gleich heimschicken kann ich dich ja auch net. Also komm herein und mach es dir ein wenig gemütlich. Hast schon zu Abend gegessen? Ich kann dir schnell noch was richten, wenn du möchtest ...«

»Mußt net«, sagte Peter und war sichtlich erleichtert, jetzt eintreten zu können. »Weißt, Onkel Hubert – eigentlich bin ich zu dir gekommen, weil ich gern ...«

»Immer mit der Ruhe!« unterbrach ihn der Onkel. »Das, was du mir zu sagen hast, wird ja wohl noch warten können, bis wir in der guten Stube sind, oder?« Kopfschüttelnd ging er vor, während Peter ihm folgte. »Daß ihr jungen Burschen es immer so eilig haben müßt! Zu meiner Zeit war das noch alles anders.«

Peter zähmte seine Ungeduld, bis er in der Stube Platz genommen hatte. Natürlich spürte er jetzt die fragenden Blicke seines Onkels auf sich gerichtet, der gleich gemerkt hatte, daß Peter irgendwo der Schuh drückte. Deswegen verlor er nicht viele Worte, sondern blickte seinen Neffen einfach nur an.

»Was möchtest denn mit mir bereden, Bub?« fragte er ihn. »Ist eigentlich schon ziemlich spät für einen Besuch, meinst net auch? Also muß es schon was ziemlich Wichtiges sein, das keine Zeit bis morgen hat ...«

»Recht hast«, pflichtete ihm Peter bei. »Weißt, Onkel Hubert, ich hab das eigentlich schon lange mit dir besprechen wollen. Es ist wegen deiner Schafherde. Du willst sie doch immer noch verkaufen?«

»Ich will's net, Peter«, sagte der Leitner daraufhin mit einem traurigen Schimmer in den Augen. »Aber du weißt ja, daß mir nix anderes übrig bleibt. Ich kann mit den Tieren net mehr auf Wanderschaft gehen, denn ich spür langsam das Wetter in meine Knochen. Wenn das der Fall ist, dann ist's höchste Zeit, das Handwerk aufzugeben und sich zur Ruhe zu setzen. Weshalb willst denn das alles wissen, Bub? Ich weiß ja, daß du immer gerne zugehört hast, wenn ich dir von meinem Leben als Schäfer erzählt hab. Aber das war eine andere Zeit, die net mehr wiederkommen wird. Ein alter Dickkopf wie ich muß sich schließlich auch mal zur Ruhe setzen und die wenigen Tage in Ruhe genießen, die einem noch bleiben ...«

»So sollst net reden, Onkel!« unterbrach ihn Peter. »Ich weiß, wie sehr du an deinen Schafen hängst, und daß es dir ganz gewiß net leichtfällt, die Herde an einen Fremden zu verkaufen. Würdest bestimmt Gott weiß was dafür geben, wenn du wüßtest, daß deine Schafe in guten Händen sind.«

»Genau das ist's«, seufzte der Onkel. »Schließlich gibt's heutzutage kaum noch Schäfer, und ich frage mich, ob der Beruf net schon bald ausgestorben ist. Dabei gibt es doch nix Schöneres als mit den Tieren umherzuziehen – draußen auf den Almen, und einen treuen Hund an der Seite ...«

Jetzt war er doch wieder ins Schwärmen geraten. Peter bemerkte es am Gesichtsausdruck des Onkels. Deshalb hielt er jetzt den Zeitpunkt für gekommen, mit seinem Anliegen herauszurücken.

»Mußt die Schafe net an einen Fremden verkaufen, Onkel«, sagte er dann zu ihm. »Vielleicht hältst mich jetzt für einen Verrückten –aber ich bin fest entschlossen, auch Schäfer zu werden. Onkel, ich würd alles dafür geben, wenn ich eines Tages dein Nachfolger werden könnt. Hast mich ja schon einmal zwei Tage draußen bei den Schafen gehabt und hast gesehen, daß ich mit Tieren umgehen kann. Bevor du die Herde an einen Fremden verkaufst – dann gib doch mir die Chance!«

Er brach ab, sah seinen Onkel an, der jetzt überrascht den Kopf hob und zuerst gar nicht glauben wollte, was er da gerade gehört hatte.

»Onkel Hubert – es ist mir verdammt ernst«, fuhr Peter daraufhin fort. »Gut, ich bin zwar erst dreiundzwanzig und hab ganz bestimmt nicht die Erfahrung, die du in all den langen Jahren deiner Wanderschaft gewonnen hast. Aber ich kann und will einfach net zusehen, daß dein ganzes Lebenswerk in fremde Hände kommt. Deswegen möcht ich gerne Schäfer werden und weitermachen, wo du aufgehört hast. Und ich versprech dir, daß ich mich bemühen würd, alles richtig zu machen ...«

»Weißt denn eigentlich, was du da sagst?« richtete der Onkel nun die Frage an ihn. »Ein junger Bursch wie du sollt lieber einen anständigen Beruf ergreifen, wo man auch was verdienen kann. Oder denkst net daran, eines Tages mal ein hübsches Madl zu freien, Peter?«

»Darüber hab ich mir noch net den Kopf zerbrochen, Onkel«, bekam der Leitner dann zur Antwort. »Aber ich weiß, daß ich nix anderes werden möcht als Schäfer. Meine Eltern verstehen das net – aber einer wie du, Onkel Hubert, ganz bestimmt, oder? Du wirst es net bereuen, Onkel!«

Der Leitner überlegte lange und strich sich dabei gedankenverloren übers bärtige Kinn, bevor er schließlich zu einer Antwort ansetzte. Peter wartete indes schon ungeduldig darauf, zu erfahren, was der Onkel von seinem Vorschlag hielt, und deswegen waren diese Augenblicke des Schweigens wie Ewigkeiten für ihn.

»Ich werd wahrscheinlich eine Menge Ärger mit deinem Vater bekommen, Bub«, erwiderte der Leitner mit einem Achselzucken und lächelte. »Aber es ist tatsächlich so wie du gesagt hast – die Tatsache, daß ich die Herde einem Fremden verkaufen müßt, bereitet mir ziemliche Kopfschmerzen. Ich weiß zwar net, was das für Folgen haben wird, wenn ich dir eine Chance gebe. Aber du hast das Herz am rechten Fleck und kannst mit Tieren umgehen. Bei dir wär meine Herde in guten Händen, und was dir noch an Erfahrung fehlt, das wirst bestimmt noch lernen, hab ich recht?«

Peter war in diesem Moment vollkommen sprachlos. Er mußte mehr als einmal schlucken, bevor er etwas herausbringen konnte.

»Onkel Hubert«, sagte er dann mit einem leichten Stottern in der Stimme. »Heißt das etwa, daß du ...?«

»Kruzifix – ja, das heißt es!« brummte der eigenbrötlerische Leitner. »Aber bild dir ja net ein, daß es ein Zuckerlecken für dich werden wird! Denn es ist keine leichte Aufgabe, die da auf dich wartet. Deshalb werde ich mich auch darum kümmern, daß du auch alles richtig machst. Nur so kannst mit der Zeit zu einem guten und tüchtigen Schäfer werden. Gleich morgen früh geh ich rüber zum Wiesner Michel und red mit ihm über dich. Schließlich hat der Michel lange Jahre für mich gearbeitet und wird ganz bestimmt froh darüber sein, wenn er auf einen Grünschnabel wie dich aufpassen kann, Bub ...«

Da stieß Peter einen lauten Jauchzer aus, ging auf seinen Onkel zu und ergriff spontan dessen Hand, drückte sie ganz fest.

»Bei Gott, Onkel Hubert!« sagte er dann mit rauher Stimme und einem dicken Kloß in seinem Hals. »Ich schwör dir, daß du's net bereuen wirst, daß du mir eine Chance gegeben hast. Ich versprech dir, daß ich alles geben werd.«