Cover

Über dieses Buch:

Die junge Adlige Leonore hat nach einem Skandal, in den ihr Vater verwickelt war, alles verloren. Gezwungen, sich ab sofort selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, bewirbt sie sich unter einem falschen Namen als Sekretärin. So gelangt sie schließlich auf das Gut der Familie von Katzenstein. Dort wird sie herzlich aufgenommen, doch keiner weiß von ihrer adligen Herkunft. Als sie dem Bruder der Baronin begegnet, fühlt sie sich sofort zu ihm hingezogen – entgegen jeder Vernunft, denn er hat den Ruf eines „Schwerenöters“ …

Über die Autorin:

Rebecca Michéle, 1963 in Rottweil in Baden-Württemberg geboren, eroberte mit ihren historischen Liebesromanen eine große Leserschaft. Rebecca Michéle ist außerdem die Präsidentin von „DeLiA“, der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautoren. In ihrer Freizeit trainiert die leidenschaftliche Turniertänzerin selbst Tänzer.

Rebecca Michéle veröffentlichte bei dotbooks bereits ihre Romane Der Fürst ihrer Sehnsucht, Rhythmus der Leidenschaft, Der Ruf des Schicksals und Heiße Küsse im kalten Schnee. Weitere Romane von Rebecca Michéle sind bei dotbooks in Vorbereitung.

Die Website der Autorin: www.rebecca-michele.de

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Originalausgabe November 2014

Copyright © 2014 dotbooks GmbH, München

Copyright © Rebecca Michéle

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen

Titelbildabbildung: © Thinkstockphoto/a-wrangler

ISBN 978-3- 95520-854-7

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Rebecca Michéle

Irrwege ins Glück

Ein Fürstenherz-Roman

dotbooks.

Ehrfurchtsvoll und auch etwas beklommen bestaunte Leonore von Freienfels die barocke Fassade des schlossartigen Gebäudes. Sie hatte nicht gedacht, dass es sich bei Gut Katzenstein um ein solch großes und herrschaftliches Anwesen handeln würde, sondern hatte einen ländlichen Gutshof erwartet. Sie brauchte einige Zeit, um sich von ihrer Überraschung zu erholen, entlohnte dann den Taxifahrer, der zwischenzeitlich ihr Gepäck auf die unterste Stufe der geschwungenen Freitreppe gestellt hatte. Viel war es nicht – alles, was Leonore in ihr neues Leben mitnahm, passte in zwei Koffer. Gerade als Leonore die Hand hob, um den goldfarbenen Türklopfer in Form eines Löwenkopfes zu betätigen, wurde die zweiflügelige Tür von innen geöffnet. Eine grauhaarige und schmächtige Frau begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln.

„Sie sind sicher die neue Sekretärin. Willkommen auf Schloss Katzenstein. Ich bin Mechthild, die Haushälterin und Mädchen für alles, was hier so anfällt. Die Frau Baronin erwartet Sie bereits.“

Leonore nickte, schüttelte die ihr gereichte Hand und folgte zögernd der in ein dunkles Wollkleid gekleideten Frau in die hohe, holzverkleidete Halle mit den alten und sicher auch kostbaren Möbelstücken. Scheinbar aus dem Nichts erschien ein Mann, der etwa in Mechthilds Alter sein musste, und nahm sich wortlos Leonores Gepäcks an. Seine Haare waren schlohweiß, das Gesicht von Falten geprägt, seine Körperhaltung jedoch gerade und aufrecht. Leonore murmelte einen Dank und trat hinter der Haushälterin durch eine Tür, die rechter Hand von der beeindruckenden Halle abging und in einen schmalen Flur mündete. Mechthild öffnete die zweite Tür auf der rechten Seite, dann stand Leonore einer attraktiven Frau gegenüber, die in einem bequemen Sessel vor dem Kamin saß, in dem ein loderndes Feuer brannte.

„Frau Baronin, die neue Sekretärin ist soeben eingetroffen.“

Baronin Helene von Katzenstein dankte mit einem Nicken, und Mechthild ließ die beiden Damen allein.

„Sie sind also Leonore Freienfels“, stellte die Baronin fest und musterte das junge Mädchen von oben bis unten, ohne sich zu erheben. „Es ist erfreulich, dass Sie die Stellung so schnell antreten können.“

Leonore neigte den Kopf und schlug die Augen nieder.

„Ich schätze mich glücklich, die Anstellung erhalten zu haben, Frau Baronin, und werde mich bemühen, Ihren Anforderungen gerecht zu werden.“

Die Baronin lachte und entblößte dabei eine Reihe von schneeweißen, ebenmäßigen Zähnen.

„Daran habe ich keinen Zweifel. Hauptsache, Sie können mit so Dingen wie Computer, Internet und E-Mail umgehen. Davon habe ich leider kaum Ahnung, irgendwie haben mich die technischen Sachen noch nie interessiert.“ Sie lächelte bedauernd. „Ich weiß, Sie denken jetzt, dass eine Frau in meinem Alter mit der virtuellen Welt vertraut sein sollte. Mir war es aber immer lieber, mich direkt mit den Menschen, die mir lieb und teuer sind, auszutauschen. Da habe ich wohl irgendwie den Anschluss verpasst.“

Damit hatte die Baronin Leonores Überlegungen auf den Punkt getroffen, sie enthielt sich aber eines Kommentars. Helene von Katzenstein forderte Leonore auf, im gegenüberstehenden Sessel Platz zu nehmen. Jetzt erst erkannte Leonore die deutliche Wölbung unter dem Kleid der Frau Baronin. Im selben Moment fuhr diese auch schon fort: „Bisher habe ich meinem Mann bei der Verwaltungsarbeit geholfen. Wie man unschwer übersehen kann, erwarte ich ein Kind. Da ich bereits zwei Fehlgeburten erleiden musste, meinten mein Mann und der Arzt, ich müsse mich unbedingt schonen, und ich werde von allen wie ein rohes Ei behandelt. Wenn das Kind auf der Welt ist, möchte ich mich in erster Linie um das Kleine kümmern. Außerdem, wie ich bereits erwähnte, reichen meine Kenntnisse nicht aus, um mit der modernen Technik Schritt halten zu können.“

Beschämt senkte Leonore ihren hübschen Kopf, der von einer Flut wallendem, lockigem Blondhaar umgeben war. Es war ihr peinlich, dass die Baronin bereits nach wenigen Minuten ihres Kennenlernens in einer solchen intimen Art zu ihr sprach.

Baronin Helene von Katzenstein hatte die Verlegenheit des Mädchens bemerkt und wechselte nun das Thema.

„Mein Mann wird jeden Moment hier sein, Frau Freienfels. Möchten Sie so lange einen Kaffee mit mir trinken?“

Sie erwartete keine Antwort, sondern klingelte kurz mit dem Glöckchen, das auf dem Beistelltisch stand. Mechthild trat so schnell ein, als hätte sie vor der Tür gewartet, und servierte wenige Minuten später heißen, duftenden Kaffee und mundgerecht geschnittene Stücke eines noch warmen Apfelkuchens. Leonore hatte gerade an ihrer Tasse genippt, als polternde Schritte in der Halle zu hören waren und kurz darauf ein Mann in den Salon trat. Er war groß und kräftig wie ein Bär, sein helles Haar zerzaust, und in einem gebräunten Gesicht musterten zwei graue Augen Leonore interessiert.

„Ah, die neue Sekretärin!“, rief er in einem tiefen Bariton und schüttelte Leonore so kräftig die Hand, dass sie meinte, er würde ihre Finger zerquetschen. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken und schenkte ihm ein unverbindliches Lächeln.

„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Herr Baron.“

„Schön, dass Sie umgehend gekommen sind“, wiederholte Max von Katzenstein die Worte seiner Frau. „Wenn es Ihnen recht ist, können Sie sich heute in Ihrem Zimmer einrichten und sich mit allem vertraut machen. Wir beginnen dann morgen mit der Arbeit.“

„Ich kann auch sofort anfangen, Herr Baron“, erwiderte Leonore mit offenem Blick.

„Na, Sie werden doch erst in Ruhe auspacken wollen“, warf die Baronin ein.

Leonore lächelte und dachte mit Wehmut an ihr karges Gepäck.

„Das ist schnell geschehen. Wenn Sie möchten, stehe ich Ihnen in einer halben Stunde zur Verfügung.“

Baron Max lächelte über den Eifer der jungen Frau.

„Nun, nun, so schnell schießen die Spatzen auch wieder nicht. Lassen Sie sich von Mechthild Ihr Zimmer zeigen. Morgen früh um acht Uhr erwarte ich Sie im Büro. Unsere gute Mechthild wird Ihnen zeigen, wo es zu finden ist.“

Leonore stand auf und deutete einen Knicks an. „Ich danke Ihnen und werde morgen pünktlich zur Stelle sein.“

Helene von Katzenstein sah Leonore nach, als sie das Zimmer verließ. Sie hatte den Stolz in den kornblumenblauen Augen des jungen Mädchens bemerkt, ebenso wie deren formvollendete Artikulation. Das und Leonores aufrechte Haltung wiesen eindeutig auf eine gute Erziehung hin. Helene von Katzenstein war überzeugt, mit Leonore Freienfels, trotz ihrer Jugend, eine gute Wahl getroffen zu haben.

Überrascht hielt Leonore die Luft an und sah sich in dem Zimmer um, in das Mechthild sie geführt hatte. Die Bezeichnung Zimmer war eigentlich nicht richtig, denn es handelte sich um ein ganzes Apartment. Neben einem mittelgroßen Schlafraum gab es noch ein größeres Wohnzimmer, in dem an der linken Seite eine kleine Küchenzeile mit zwei Kochplatten, einer Spüle und einem Kühlschrank eingerichtet war. Abgerundet wurde die heimelige Zimmerflut durch ein modernes, hell gekacheltes Bad. Wilhelm, das Hausfaktotum, hatte ihre Koffer bereits heraufgebracht, und Leonore machte sich sofort ans Auspacken. Binnen weniger Minuten war ihre schlichte, praktische Kleidung in dem geräumigen Wandschrank verstaut. Als einzigen persönlichen Gegenstand stellte Leonore eine gerahmte Fotografie ihrer Mutter auf das Nachttischchen, mehr hatte sie nicht mitgenommen. Sie trat ans Fenster und bewunderte die Aussicht in den Park. Sie befand sich im zweiten Stock, und so ging ihr Blick weit über die Gärten und den Park hinaus bis hin zum angrenzenden Waldstück. Alles war gepflegt und in einem hervorragenden Zustand. Leonore konnte das nur zu gut beurteilen, denn sie hatte ihr bisheriges Leben auf einem ähnlichen, wenn auch wesentlich kleineren Gut verbracht.

An den Fensterrahmen gelehnt, seufzte Leonore kurz auf. Sie konnte nicht verhindern, dass sich die Bilder der Vergangenheit vor ihr inneres Auge drängten.

Sie hatte eine unbeschwerte Kindheit und Jugend auf Schloss Freienfels verbringen dürfen. Nicht ahnend, wie nah der Besitz seit Jahren am finanziellen Abgrund stand, denn die Eltern hatten gegenüber ihrer einzigen Tochter nie etwas verlauten lassen. Der endgültige Zusammenbruch erfolgte vor einem knappen Jahr. An dem kleinen, sechzehn Zimmer umfassenden Schloss, dessen Grundmauern aus dem vierzehnten Jahrhundert stammten, fiel eine Reparatur nach der anderen an. Das Dach war undicht, in den alten Mauern saß der Schimmel und in den Balken der Holzwurm. Zusätzlich erlegte das Amt für Denkmalschutz dem Herrn von Freienfels untragbare und kostspielige Bestimmungen auf. Um allem gerecht zu werden, begab Leonores Vater sich in die Fänge eines windigen Kredithais, da die Banken eine weitere Unterstützung verweigerten. Die kleine Landwirtschaft konnten die Kredite jedoch nicht abdecken, und so blieb für Schloss Freienfels nur noch die Versteigerung. Noch an dem Tag, als der Hammer zugunsten eines Käufers fiel, erschoss Baron Freienfels sich in seinem Arbeitszimmer. Leonores Mutter, die ihren Mann sterbend vorfand, erlitt einen Nervenzusammenbruch, der einen wochenlangen Aufenthalt in einem Sanatorium erforderlich machte. Die Kosten für diese Behandlung verschlangen schließlich den Rest des wenigen Geldes, das Leonore aus der Versteigerung geblieben war.

Entfernte Verwandte hatten von den unglücklichen Umständen gehört und boten Leonore und ihrer Mutter im Bayerischen ein neues Heim auf deren Hof an. Da die Mutter zuerst im Sanatorium weilte und von dort aus sofort zu den Verwandten übersiedelte, blieb es Leonore überlassen, den Haushalt auf Freienfels aufzulösen, wobei es hier nicht viel zu tun gab. Der Käufer, ein äußerst vermögender Fürst, übernahm das Haus mit dem kompletten Inventar. Das hatte zusätzlich ein paar Euros eingebracht, außerdem hätte Leonore nicht gewusst, wo sie die Möbel hätte unterbringen können. Leonore packte einzig ein paar persönliche Gegenstände ein. Sie hatte den neuen Besitzer nicht kennengelernt und auch kein Bedürfnis danach. Sie wollte nur noch weg. Fort aus dem Haus, in dem sie geboren wurde und glücklich gewesen war; fort aus der Gegend, in der jeder von der Schande ihres Vaters wusste. Umso überraschter war Leonore, als ihr am letzten Tag auf Freienfels der Besuch einer Komtess von Guddendorf gemeldet wurde. Das Personal verblieb im Haus. Es würde künftig dem Fürsten und seiner Familie dienen, worüber Leonore froh war, denn so war die Zukunft der treuen Leute gesichert.

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