Cover

Über dieses Buch:

Es gibt einfache Regeln, um glücklich zu sein. Nummer 1: „Lass dich nicht von deiner Schwester ärgern.“ Nummer 2: „Vergiss deinen fiesen Ex.“ Nummer 3: „Immer die Ruhe bewahren.“ Wie gerne würde sich Christine daran halten – aber so einfach ist das nicht, wenn man gerade dabei ist, in der stressigen Hotelbranche Karriere zu machen. Das letzte, was Christine gebrauchen kann, ist noch mehr Gefühlschaos. Doch genau auf das steuert sie zu, als sie das erste Mal dem charmanten Italiener Federico begegnet. Und für den gilt eigentlich Regel Nummer 4: „Lass dich nie mit einem Hotelgast ein.“ Und nun?

Über die Autorin:

Brigitte D’Orazio ist ein Pseudonym der erfolgreichen Autorin Brigitte Kanitz, unter dem sie ihre romantischen Unterhaltungsromane veröffentlicht. Sie arbeitete viele Jahre als Redakteurin für Zeitungen und Zeitschriften in Hamburg und in der Lüneburger Heide. Heute lebt sie gemeinsam mit ihren Zwillingstöchtern an der Adria.

Brigitte D’Orazio veröffentlichte bei dotbooks die Romantic-Kiss-Romane Das Haus in Portofino, Der Fünf-Sterne-Kuss, Fundstücke des Glücks, Geliebte Träumerin, Kapitäne küsst man nicht, Sing mir das Lied von der Liebe und Ti amo heißt Ich liebe dich sowie den Roman Die Sterne über Florenz.

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Originalausgabe August 2014

Copyright © 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-762-5

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Brigitte D‘Orazio

Der Fünf-Sterne-Kuss

Ein Romantic-Kiss-Roman

dotbooks.

Kapitel 1

»Christine sieht voll gestresst aus, findest du nicht auch, Mama?«

»Ach Kind, lass doch deine Schwester«, wehrte Mutter Sommer ab. »Vielleicht ist sie ein bisschen blass.«

»Ein bisschen?«, schnaubte Heike. »Guck dir mal die Augenränder an. Schwarz wie … wie …«

»Wie Berlin in den Bombennächten«, schlug Großmutter Alma vor. »Wenn wir verdunkeln mussten.«

»Genau!«, stieß Heike triumphierend aus.

Christine hasste es, wenn über sie gesprochen wurde, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden. Klar war sie müde, schließlich hatte sie ein paar anstrengende Schichten im Hotel hinter sich. Aber sie war nicht nach Hause gekommen, um sich die Gemeinheiten ihrer Schwester anzuhören. Sie trank ihren Kaffee aus und stand auf.

»Ich gehe spazieren.«

»Aber du hast meinen Butterkuchen noch gar nicht probiert«, sagte ihre Großmutter.

Christine lächelte gequält. Ein Stück Erdbeertorte war mehr als genug gewesen. Jedes Mal, wenn sie zu Besuch in Brandenburg war, musste sie anschließend eine Woche strenge Diät halten.

»Vielleicht nachher, Omi.«

Großmutter Alma hob tadelnd den Zeigefinger. »Du musst mehr essen, Kindchen. Du bist viel zu dünn.«

»Wie die Berliner nach dem Krieg!«, rief Heike aus und lachte selbst am lautesten über ihren Witz. Christine unterdrückte eine bissige Erwiderung.

Ihr Vater sah von seiner Sonntagszeitung auf. »Lass dir von den Weibern hier bloß nichts einreden.«

Sie ging zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Danke, Papa. Kommst du mit?«

»Nein, lass mich nur hier sitzen. Deine Spaziergänge ähneln für meinen Geschmack viel zu sehr Gewaltmärschen.«

Christine seufzte. »Na gut. Dann bis später.«

»Das ist mal wieder typisch«, giftete ihre Schwester.

Christine spürte, wie sie die Geduld verlor. »Was denn?«

»Du kommst sowieso nur noch alle paar Monate nach Hause. Aber anstatt dich dann um deine Neffen zu kümmern, suchst du bloß wieder das Weite. Dabei ist Paulchen sogar dein Patenkind.« Sie hob ihren einjährigen Sohn hoch und hielt ihn Christine mit anklagender Miene entgegen.

Christine zuckte zurück. »Ich … Er kennt mich doch gar nicht.«

»Eben! Und Florian weiß auch schon nicht mehr, dass er eine Tante hat.« Das stimmte nicht. Der Vierjährige hatte Christine bei ihrer Ankunft gestern Abend freudig begrüßt. Er war ein gewitztes Kind und erinnerte sich sehr gut daran, dass die schicke Tante aus Berlin immer ein tolles Geschenk dabeihatte. Im Moment spielte er glücklich mit einem ferngesteuerten Feuerwehrauto und machte damit die ganze Familie verrückt.

»Pass doch auf!«, rief Christines Mutter, die gerade mit frischem Kaffee aus der Küche kam. »Sonst bricht sich noch jemand ein Bein!«

Florian zwinkerte seiner Tante zu, und sie zwinkerte zurück. Heike war das nicht entgangen, und es brachte sie noch mehr in Rage.

»Wirklich, Christine, du solltest dich mehr um die Jungs kümmern. Schließlich wirst du ja selbst wohl kaum noch Kinder kriegen.«

Wut stieg in Christine hoch, und sie wusste: Wenn sie nicht auf der Stelle dieses Haus verließ, würde ein Unglück geschehen.

»Zufällig liebe ich meinen Job«, sagte sie eisig. »Und ich würde ihn niemals aufgeben, nur um noch ein paar Kinder mehr in die Welt zu setzen. Ich habe wahrhaftig Besseres zu tun.« Sie schnappte sich ihre Jacke und stürmte nach draußen. Bevor die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, hörte sie noch ihren aufgebrachten Vater sagen: »Manchmal bist du ein richtiges Miststück, Heike. Deine Schwester ist dreiunddreißig und nicht fünfzig.«

Aber das war nur ein schwacher Trost. Tränen der Wut liefen ihr über die Wangen, als sie dem Ortsausgang zustrebte und dann in ein nahes Waldstück abbog. Sie beruhigte sich erst, als die Bäume sie in ihrer Mitte aufnahmen und ihr Trost spendeten. Schon als Kind war Christine hierhergeflüchtet. Wenn ihre Mutter sagte: »Du bist zu ehrgeizig, das kann nicht gutgehen.« Oder wenn die Großmutter schimpfte, weil die kleine Christine laut von einem anderen Leben träumte, fern dieser Kleinstadt, in der ihr alles zu eng war.

Und ich habe es geschafft!, dachte sie grimmig, während sie durch das Laub vom letzten Herbst stapfte. Ich bin fortgegangen und habe Karriere gemacht!

Ihre Lehre zur Hotel- und Gaststättengehilfin hatte sie im Hamburger Nobelhotel Vier Jahreszeiten absolviert. Dann hatte sie sich hochgearbeitet, von einem Berliner Hotel zum nächsten, bis sie den Gipfel ihrer Karriere erreichte: Erste Hausdame im Fünf-Sterne-Hotel Blumenau, direkt am Potsdamer Platz. Oh ja, sie war stolz auf ihren Posten. Sie hatte ihn sich erkämpft, sie hatte ihn verdient.

Ihr Schritt wurde jetzt leichter, aus ihrem schönen Gesicht verschwand die Wut. Christine kam nach ihrem Vater. Ein klassischer, nordischer Typ mit prachtvollen honigblonden Haaren, graugrünen Augen, einer geraden Nase und vollen Lippen. Doch im Gegensatz zu anderen Frauen tat sie alles, um ihr gutes Aussehen zu verstecken. Zu viel Schönheit war schlecht für die Karriere. Sie hatte schon vor Jahren erfahren müssen, dass ein Vorgesetzter sie nicht für voll nahm, weil sie so bildhübsch war. Zu viel Schönheit machte das Leben außerdem unnötig kompliziert. Es war besser, gar nicht erst die Blicke der Männer auf sich zu ziehen, anstatt wieder einmal enttäuscht zu werden. Und so steckte sie ihr Haar zu einem schlichten Nackenknoten zusammen, benutzte gerade so viel Make-up, um gepflegt zu wirken, und trug auch außerhalb der Arbeitszeit strenge Kostüme – elegant, aber schlicht. Einzig für einen Besuch zu Hause in Brandenburg schlüpfte sie manchmal in ein Paar Jeans und Pullis und wirkte allein dadurch zehn Jahre jünger.

Auch darauf war Heike eifersüchtig. Sie war wie ihre Mutter und Großmutter eher der mollige Typ, und die beiden Schwangerschaften hatten ein Übriges bewirkt.

Erst zwei Stunden später kehrte Christine nach Hause zurück. Sie fühlte sich frisch und erholt. Zielstrebig ging sie zu ihrer Mutter in die Küche, die um diese Zeit bereits das Abendbrot vorbereitete.

»Tut mir leid, Mama, ich muss zurück nach Berlin. Das Hotel hat angerufen. Unsere zweite Hausdame ist krank geworden, und ich muss für sie einspringen.« Wie zur Bestätigung zog sie ihr Handy aus der Hosentasche und hielt es hoch.

»Verstehe.«

Christine ahnte, dass ihre Mutter ihr kein Wort glaubte.

»Deine Schwester wird vermutlich nie erwachsen. Du musst nachsichtig sein.«

»Nächstes Mal gebe ich mir mehr Mühe«, versprach Christine.

***

Zehn Minuten später saß Christine in ihrem BMW-Sportwagen und fuhr über eine von alten Linden gesäumte Chaussee in Richtung Autobahn. Sie griff nach dem Kopfhörer ihres Handys und wählte die Nummer ihrer besten Freundin.

»Wieso bist du schon wieder auf dem Heimweg?«, erkundigte sich Claudia und deutete damit ganz richtig das Motorengeräusch.

»Meine kleine Schwester war mal wieder unerträglich.«

»Du Ärmste! Gehen wir heute Abend noch aus?« Claudia war immer bereit, um die Häuser zu ziehen.

»Tut mir leid«, gab Christine zurück. »Aber ich bin absolut nicht in der Stimmung.«

»Immer noch wegen Walter?«

»Ja und nein.«

Die Wunde schmerzte noch heftig. Christine war vor drei Wochen von ihrem Freund verlassen worden. Walter Kaufmann, zwei Jahre älter als sie, Dozent an der Technischen Hochschule, sportlich und gutaussehend. Kurz: ein Traummann. Als sie sich kennenlernten, hatte Christine an das große Glück geglaubt. Walter verkörperte all das, was sie immer erträumt hatte. Klug und humorvoll, unternehmungslustig, aber auch ernsthaft und zielstrebig. Mit ihm hatte sie sich plötzlich vorstellen können, eine Familie zu gründen. Auf einmal erschien ihr dieser Gedanken ganz natürlich. Ausgerechnet sie, die immer behauptet hatte, sich nichts aus Kindern zu machen, sehnte sich plötzlich nach einem Baby. (Heike durfte nie – nie! – davon erfahren!)

Doch nach zwei glücklichen Monaten taten sich die ersten Risse in ihrer Beziehung auf. Walter verstand nicht, wieso Christine so wenig Zeit für ihn hatte.

»Würdest du als Mutter meiner Kinder auch arbeiten wollen?«, fragte er sie eines Abends geradeheraus.

Christine sah ihn groß an. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber warum nicht?«

»Und wie willst du das mit deinen unregelmäßigen Arbeitszeiten vereinbaren?«

»Keine Ahnung. Da findet sich schon eine Lösung.«

Walter hatte darauf nichts erwidert, aber Christine fiel in den folgenden Wochen auf, dass er ihr immer öfter Fragen dieser Art stellte. Sie wurde geprüft, und sie fiel durch.

»Es tut mir leid, Christine, aber ich fürchte, wir passen nicht zusammen«, sagte er an einem ungewöhnlich warmen Wintertag. Sie gingen im Grunewald spazieren, und Walter zwang sie, sich mit ihm auf eine Bank zu setzen, weil er bei ihrem Marschtempo nicht reden konnte.

»Warum?«, fragte sie und zwinkerte die Tränen fort. »Weil ich nicht bereit bin, für dich und deine Kinder das Hausmütterchen zu spielen? Weil ich nicht besonders gut kochen und bügeln kann?«

Walter wand sich unter ihrem Blick, dann sagte er: »Ich glaube, für dich ist die Karriere das Wichtigste im Leben.«

»Ich habe sechzehn Jahre hart gearbeitet, um so weit zu kommen«, verteidigte sie sich. »Soll ich das so einfach aufgeben? Was ist mit dir? Du könntest doch genauso gut Erziehungsurlaub nehmen.«

Da hatte er sie angesehen wie ein Wesen von einem anderen Stern, und danach hatte es nicht mehr viel zu sagen gegeben zwischen ihnen.

»Bist du noch dran?« Claudias Stimme riss sie aus ihren Erinnerungen.

»Ja, entschuldige.«

»Schon klar. Also, kann ich dich wirklich nicht überreden?«

»Nein. Ich bin nicht in der Stimmung. Außerdem … ich glaube, für mich gibt es so etwas nicht. Glück in der Liebe, meine ich.«

»Blödsinn! Wie kommst du denn jetzt darauf? Und was hat das damit zu tun, mit mir in eine Kneipe zu gehen?«

»Nichts. Ich fühle mich nur so … so hoffnungslos. Ich glaube, ich werde mich in nächster Zeit nur auf meine Arbeit konzentrieren.«

»Wie spannend!«, kam es sarkastisch aus dem Kopfhörer. »Na, dann lass es mich wissen, wenn du dich vom Arbeitstier wieder in eine Frau verwandeln willst.«

»Mach ich«, sagte Christine und musste wider Willen lachen.

***

Zwanzig Minuten später hielt Christine in der Tiefgarage des Hotels am Potsdamer Platz. Sie bildete sich ein, nur einmal nach dem Rechten sehen zu wollen, doch die Wahrheit war eine andere. Christine graute davor, in ihre leere Wohnung zu fahren. Und das Blumenau bot einen Aufschub. Sie betrat das Hotel durch den Hintereingang, durchquerte die Lobby und strebte dem Empfang zu. Emil hatte heute Dienst, und er gehörte zu ihren Freunden. In der Mitte der in zarten Gelbtönen gehaltenen Halle plätscherte ein Springbrunnen, an dessen Rand sich eine Weltkugel aus schwarzem Obsidian drehte. Die Vasen auf den Tischen der Sitzgruppen waren mit prachtvollen Rosensträußen gefüllt. Pagen standen bereit, um den Gästen jeden Wunsch von den Augen abzulesen, und aus der Piano-Bar nebenan drangen leise die Töne eines Sinatra-Songs.

Am Haupteingang entstand plötzlich Unruhe, und Christine schaute hinüber. Harry, der Doorman, geleitete höchstpersönlich einen Neuankömmling bis zum Empfang. Das tat er nur bei ganz besonders wichtigen Gästen. Neugierig versuchte Christine, einen Blick auf den Mann zu erhaschen. Im selben Moment schaute er zu ihr hinüber. Sie erstarrte. Dies war der schönste Mann, den sie je in ihrem Leben gesehen hatte!

Kapitel 2

Federico Pellegrini war müde. So müde, dass er auf der Fahrt zum Blumenau beinahe eingeschlafen wäre. Die Hoteldirektion hatte ihm eine Limousine zum Flughafen Tegel geschickt, und in den tiefen weißen Ledersitzen waren ihm mehrmals die Augen zugefallen.

Ich werde alt, dachte er erschöpft und zwang sich, schwungvoll aus dem Wagen zu steigen. Dann musste er über sich selbst grinsen. Seit sein vierzigster Geburtstag in greifbare Nähe gerückt war, hatte er manchmal solche Anfälle von Endzeitstimmung. In Wirklichkeit gab es einen guten Grund, müde zu sein. Bis in den Abend hinein hatte er gestern noch an einer Konferenz in Perugia teilgenommen.

Federico fuhr sich mit der Hand durch sein noch immer dichtes schwarzes Haar und sah sich um. Eine Gruppe Touristinnen, Amerikanerinnen vermutlich, verließen im selben Moment das Blumenau. Sie entdeckten Federico und begannen sofort zu tuscheln.

Wie er das hasste! Federico Pellegrini war ein schöner Mann, und an manchen Tagen hätte er alles dafür gegeben, hässlich zu sein. Doch dieser Wunsch wurde ihm nie erfüllt. Er vereinigte von beiden Elternteilen das Beste in sich. Von seinem italienischen Vater hatte er die schwarzen Locken, den olivfarbenen Teint und das markante Kinn geerbt. Die schlanke hohe Gestalt dagegen, die strahlend blauen Augen und die wohlgeformte Nase hatte er seiner deutschen Mutter zu verdanken.

Federico unterdrückte einen Fluch. Er war 39 Jahre alt, erfolgreicher Geschäftsmann und anerkanntes Mitglied der besseren Gesellschaft seiner Heimatstadt. Aber diese Touristinnen hier kicherten über ihn, als wäre er ein x-beliebiger Gigolo!

Seine dunkle Haut wurde einen Ton heller vor Zorn, und in seinen Augen stand eine Kälte, die jeden Menschen in seiner Nähe frösteln ließ. Er starrte die Frauen an, und sie verstummten erschreckt, machten sich dann davon.

Der Doorman trat auf ihn zu. »Herzlich willkommen im Blumenau, Signor Pellegrini. Ich bin Harry. Wenn Sie gestatten, begleite ich Sie zum Empfang.«

Federico entspannte sich und folgte dem Mann. Dies war die Art von Behandlung, an die er gewöhnt war. Ausgesuchte Höflichkeit, und ein Angestellter, der den Namen des ankommenden Gastes bereits kannte.

Er betrat die Lobby, sah sich um und nickte zustimmend. Seine Tante Martha hatte nicht übertrieben, als sie ihm dieses erst vor kurzem eröffnete Hotel empfohlen hatte. Das Blumenau war ohne Zweifel ein kleines Juwel und verdiente jeden einzelnen seiner fünf Sterne. Nicht so groß und berühmt wie das Adlon oder das Marriott, aber dafür intimer und ruhiger. Und Ruhe war genau das, was Federico suchte. Er hatte wichtige Geschäfte zu erledigen, und er wünschte keine Ablenkung. Deshalb hatte er von seiner Sekretärin auch die Rosensuite reservieren lassen. Ganz oben im vierten Stock gelegen, garantierte sie ihm ungestörtes Arbeiten. Außerdem – er vergaß jetzt seinen Ärger und sah sich schmunzelnd um –, außerdem konnte es nie schaden, die Konkurrenz unter die Lupe zu nehmen. Auch wenn sie fast zweitausend Kilometer entfernt war. Federico war selbst Inhaber eines Luxushotels. Das L’Etrusco lag etwas außerhalb von Perugia und bot einen atemberaubenden Ausblick auf die hügelige Landschaft Umbriens und das grüne Tal des Tibers.

Interessiert betrachtete er den exquisiten Springbrunnen, dann fiel sein Blick auf die blonde Frau direkt neben der schwarzen Weltkugel. Einen verrückten Moment lang glaubte er, sie sei eine aus Marmor gemeißelte Brunnenfigur. Groß, beinahe so groß wie er selbst, und mit Augen, in denen sich das türkisfarbene Wasser des Brunnens zu spiegeln schien. Erst viel später sollte Federico die grauen Farbtöne in Christines Augen entdecken, die immer dann besonders stark durchschimmerten, wenn sie traurig, erregt oder auch nur nachdenklich war.

Als die Statue seinen Blick erwiderte, begriff Federico, dass sie lebendig war, und er verlor sein Herz. Das wusste er in diesem Moment natürlich noch nicht. Ebenso wenig, wie er ahnte, dass er von nun an über viele Monate lang gegen seine Gefühle ankämpfen würde.

Die Frau, so schön, als wäre sie einer nordischen Sage entstiegen, blickte ihn weiter unverwandt an.

Kleine, unsichtbare Funken flogen zwischen ihnen hin und her, ohne von den anderen Menschen in der Hotelhalle bemerkt zu werden. Knisternd entzündeten sie die Flammen der Liebe zwischen Christine und Federico.

***

»Einen doppelten Cognac, Jack«, sagte Christine zum Barkeeper und ignorierte seine verblüffte Miene. Die erste Hausdame galt im Blumenau