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PATRICK KNITTELFELDER,
BERNADETTE LANG

LIFESTYLE JÜNGERSCHAFT

LEGE DAS FUNDAMENT DEINES LEBENS

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WIDMUNG

Für meine Frau Dagmar und Moritz Johannes. Ich sehe alles, was ihr tragt.
Ihr verzichtet auf vieles. Ich ehre euch sehr dafür!
Patrick

Für die HOME-WG. Für eure Inspiration und Motivation.
Für alle J9-Studenten. Ihr seid Pioniere einer neuen Generation.
Berna

INHALT

Über die Autoren

Anstatt eines Vorwortes

Einleitung: Jünger machen Jünger

1. ABENTEUER JÜNGERSCHAFT. Warum Jüngerschaft essenziell ist

2. GET THE BASICS DONE. Der Bau des Fundaments

3. DIE GRÖSSTE ENTDECKUNG. Das erste Fundament: Das leidenschaftliche Vaterherz Gottes

4. WERDE, WER DU BIST. Das zweite Fundament: Identität und Selbstannahme

5. WIE DEIN LEBEN SPANNEND WIRD. Das dritte Fundament: Gottes Stimme hören

6. DIE KÖNIGSKÜR. Das vierte Fundament: Jesus als Herr und König

7. EIN NEUER LIFESTYLE. Leben im Königreich Gottes

8. DER LOHN DER JÜNGERSCHAFT. Die große Ernte

Anmerkungen

ÜBER DIE AUTOREN

PATRICK KNITTELFELDER (Jg. 1970) ist Hotelier und Gastronom. Außerdem ist er einer der Geschäftsführer der HOME Mission Base Salzburg. Er coacht geistliche Aufbrüche, Ordensgemeinschaften und hält Vorträge bei Konferenzen und Tagungen im deutschsprachigen Raum.

BERNADETTE LANG (Jg. 1990) ist katholische Theologin und Religionspädagogin. Sie leitet die HOME Akademie und ist eine gefragte Referentin zu Jüngerschaftsthemen auf Konferenzen, Tagungen und diversen Workshops.

ANSTATT EINES VORWORTES

Hier sollte eigentlich ein Vorwort stehen. Genau genommen zwei.

Aber das ist gar nicht so einfach. Wir wollten kein braves Vorwort im Sinne von »Es ist sehr gewinnbringend, dieses Buch zu lesen« oder »Jüngerschaft ist sehr wichtig« oder Ähnliches.

Wir hatten scharfe, gewagte und fordernde Vorwörter. Von großen Lehrern, Leitern und Bischöfen. Starke Worte. Kritisch und lobend. Wind nehmend und Wind gebend gleichzeitig. Aber: Jeder wertvolle Beitrag hat dabei doch seine ganz eigene – ja, Absicht.

Deshalb haben wir uns nach einigem Ringen entschlossen, kein Vorwort zu verwenden. Das Thema Jüngerschaft ist einfach zu entscheidend für ein christliches Leben, als dass es in die Spannung der unterschiedlichen Großkirchen gestellt oder von theologischen Strömungen abhängig gemacht werden darf.

Wir sind von einem sehr überzeugt: An der Thematik Jüngerschaft, Nachfolge und den Grundzügen eines lebendigen, ins Leben integrierten Glaubens wird sich persönliche Zukunft und ein erhoffter christlicher Aufbruch entscheiden. Und deswegen: kein Vorwort.

EINLEITUNG

Jünger machen Jünger

Hätte man mich, Patrick, vor sieben Jahren gefragt, was Jüngerschaft ist, so hätte ich mit Sicherheit so geantwortet wie der Großteil der Menschen, zu denen ich heute bei vielen Konferenzen, Workshops und Vorträgen sprechen darf: in die Schule Jesu gehen, mehr lieben, das Gute tun. Und das sind noch die besten Antworten, die ich damals hätte geben können.

Das Thema wird in unserer Zeit in Kirche und Gemeinde deutlich vernachlässigt, sowohl im Sprachgebrauch als auch im Denken und in der Struktur. Die Grundlagen von Jüngerschaft sind einfach nicht bekannt – es fehlt das Wissen. Dabei stehen wir vor großen Herausforderungen. Die großen Kirchen scheinen kaum noch brauchbare Antworten zu den großen Fragen des Lebens zu geben, geschweige denn vermitteln zu können. Viele Gemeinden haben alle Hände voll zu tun, um genügend Mitarbeiter zu finden, die all die Programme aufrechterhalten. Angesichts dieser Nöte ist der Begriff »Jüngerschaft« plötzlich in aller Munde. Ist es [Jüngerschaft] vielleicht das lang ersehnte Allheilmittel für Kirche, Gemeinde und das persönliche Glaubensleben?

Die überraschende Antwort ist: Ja! Genauso ist es! Deswegen hat Jesus auch genau dieses Modell gewählt und vorgelebt. Für die Ausbreitung des Reiches Gottes entschied er sich für ein Jüngerschaftsprogramm, das er anfänglich mit zwölf jungen Männern durchführte. Später sollte es zu einer weiteren Multiplikation kommen. Jünger machen Jünger. Wer Jesus wirklich kennen- und lieben gelernt hat, der kann nicht anders, als sich das Handwerkzeug des Himmels anzueignen.

Das Problem ist allerdings, dass das eigentliche Wissen um Jüngerschaft vielerorts zur Beliebigkeit verwässert wurde, Jüngerschaft kaum gelehrt und schon gar nicht umgesetzt wird. Diese Gründe sind Intention und Antrieb, warum wir dieses Buch geschrieben haben. Jetzt liegt es an dir, was du daraus machst.

Ist das ein rein katholisches Buch? Nein, ist es nicht. Es ist ein Buch, das sich an Menschen richtet, die sich aufmachen und jüngerschaftliche Prinzipien in ihrem Leben, Umfeld, ihrer Gemeinde, Kirche oder ihrem Dienst umsetzen wollen. Egal, aus welchem Kontext du kommst. Hauptsache, du willst Jesus nachfolgen und Prinzipien lernen, wie dein Leben gelingen kann.

Wir beide stehen fest verankert in der katholischen Kirche. Unsere Arme sind gleichzeitig sehr weit ausgebreitet zu Christen aller Denominationen. Vieles, wovon wir hier berichten, haben wir von nichtkatholischen Geschwistern gelernt. Wir staunen über jeden, der sich in uns investiert hat. Das soll für uns Vorbild sein, es ebenso zu tun. Wir beide sind oft eingeladen, in Gemeinden mit unterschiedlichen christlichen Hintergründen zu sprechen und wir fühlen uns geehrt, das Wissen, das wir empfangen haben, weiterzugeben. Viele Tools können wir voneinander lernen. Viele praktische »Reich Gottes«-Prinzipien können wir voneinander abschauen. Jüngerschaft gehört sicher dazu.

Aber nun wollen wir uns dir erst einmal vorstellen …

Von der Garage, der Mission Base und dem HOME Movement

Anfänge sind immer spannend. Sie tragen einen Hauch von Abenteuer, wenn man mittendrin ist, und den Duft von Nostalgie, wenn etwas Großes daraus entsteht. Die HOME Mission Base hat ihre eigene Duftnote. Sie entstand auf dem Boden der Loretto Gemeinschaft, bei der Berna und ich mittlerweile seit vielen Jahren engagiert sind. Diese Gemeinschaft ist momentan die größte katholische Aufbruchsbewegung im deutschsprachigen Raum. Berna war die Erste von uns, die eine Jüngerschaftsschule von YWAM (Youth with a Mission – Jugend mit einer Mission) absolvierte. Ich, Patrick, wusste – wie schon eingangs geschrieben – nicht einmal, wie man Jüngerschaft schreibt. Aber lass uns mal von vorne beginnen.

Aufgewachsen bin ich, Patrick, in einer nicht ganz normalen Familie. Geboren bin ich in der wunderbaren, urbanen Studentenstadt Graz. Zur Zeit meiner Geburt waren Scheidungen eher selten. Ich bin ein Kind der zweiten Ehe. Somit fiel ich schon mal aus dem gewohnten familiären Kontext, den man landläufig kannte. Noch etwas war anders: Sowohl meine Mutter als auch mein Vater haben damals viel riskiert und sind den »steileren Weg« gegangen, um ihre Träume und Leidenschaften umsetzen zu können. Das hat mich auf alle Fälle sehr geprägt.

Sehr oft denke ich an die Gaben und Fähigkeiten, die ich in die Wiege gelegt bekommen habe. Von meiner Mutter habe ich Kreativität, Gestaltungssinn und Mut mitbekommen. Von meinem Vater fast dasselbe. Als ältester Sohn war mein Vater für die Übernahme des elterlichen Tischlereibetriebs bestimmt. Die Aufregung war groß, als er das Erbe ablehnte, um in der großen Stadt Architektur zu studieren. Meine Großeltern haben viele Jahre gebraucht, um diese Zurückweisung zu verkraften.

Als kleines Kind lebte ich in einem spannenden Umfeld. Ein großer Garten ohne Zaun. Denn mein Vater hasst Zäune. So blieb unser Haus von »kleinbürgerlichen Gartentüren«, wie er es nannte, verschont. Neben dem Garten eine wilde »Gstätten«, ein gar nicht so kleiner Bach, und, gleich um die Ecke, ein halb verlassener Lagerplatz für alte, vor sich hinrostende Baumaschinen. Das war meine Welt. Ein Paradies.

Ich glaube, so wird verständlich, dass ich einfach keine Zeit für regelmäßigen Kindergarten- und später Schulbesuch hatte. Wahrscheinlich war ich das Kind mit den meisten Fehlstunden in der Grundschule. Entsprechend waren meine schulischen Erfolge. Rückblickend möchte ich keinen Tag zwischen Bach, Wiesen und alten Baumaschinen missen. Heute weiß ich, dass ich dort meine Prinzipien fürs Leben gelernt habe.

Nur weil man keine Schaufel und kein Werkzeug hat, heißt das noch lange nicht, dass man nicht einen riesengroßen, behördenauffälligen Staudamm bauen kann. Fehlende körperliche Größe beim Erklettern von Bäumen und Garagendächern kann man durch festen Willen kompensieren. Durchhaltevermögen wird einem abverlangt, wenn ein Minitunnel auch beim fünfzehnten Versuch über Wochen immer wieder einstürzt, und kleinere Verletzungen können einen nicht vom Besteigen alter, ausrangierter Kräne abhalten.

Nach mühsamem Überleben der Pflichtschulzeit kam die Berufsfrage. Meine Mutter führte eine kleine Hotelpension, mein Vater war ein gefragter selbstständiger Architekt, ich zerlegte häufig Radios. Also schrieb man mich für eine technische Ingenieurschule ein. Das einzige Problem: Ich zerlegte zwar zahlreiche Radioapparate, man übersah jedoch bedauerlicherweise, dass ich keinen einzigen je wieder zusammenbauen konnte. Die nächsten mühsamen Ausbildungsjahre standen bevor.

Aber ich fand auch hier ausreichend vernünftige Betätigungsfelder. Weil diese eher außerhalb der Schule lagen, änderte sich wenig an meinen schulischen Erfolgen.

Ich begann nebenbei in einem renommierten Hotel zu arbeiten. Erst in den Ferien und an Wochenenden, später immer öfter unter der Woche. Meine Reitkarriere machte Fortschritte und kaum war ich achtzehn Jahre alt, konnte mich nichts mehr aufhalten. Das sehr zeitintensive Plänezeichnen für die technische Schule lagerte ich schnell an Schulkollegen aus. Ich konnte gut bezahlen. Einzige Auflage für meine ersten »Dienstnehmer« war, genügend Fehler und Patzer auf die Pläne zu bringen, damit ich wenigstens ein wenig Glaubwürdigkeit in meinen technischen Übungen behielt.

In diese Zeit fällt auch meine erste Freundschaft mit Gott. Kirche war schon irgendwie ein Thema bei uns zu Hause und irgendwie auch nicht. Also eigentlich sehr typisch für die damalige Zeit. Durch ein Mädchen in meinem Alter erlebte ich zum ersten Mal einen lebendigen Glauben. Das hat mich verändert. Grundlegend. In den großen Sommerferien begann ich mein Leben, meine Werte und meine Einstellungen zu ändern. Gott kam in mein Leben. Mit dem neuen Schuljahr war alles anders. Hatte ich zuvor Mühe gehabt, in der Technischen Schule Freunde zu finden, hatte ich mit einem Schlag wieder eine Freundesgruppe – und einige davon glaubten sogar an Gott. In der Klasse war meine Veränderung nicht zu übersehen.

Verrufen als »Katastrophenschüler« schloss ich die Ausbildung erfolgreich ab. Später wurde ich sogar als einer der Vorzeigeschüler gehandelt. Das mag daran liegen, dass einige meiner ehemaligen Professoren Jahre später als Freelancer für meine erste Firma gearbeitet haben. Ich mag den Humor Gottes.

Nach der Prüfung meiner Berufung in zwei Klöstern mit nicht sehr angenehmen Erfahrungen (ja, auch dort fehlt Jüngerschaft), einem Irlandabenteuer (davon später mehr), meiner berufsbegleitenden Ausbildung zum diplomierten Sozialpädagogen und zwei Jahren als Gruppenleiter in einer Einrichtung für sozial auffällige Jugendliche ging es zum Zivildienst in einer kleinen Rettungsstation am Stadtrand von Graz. Wenig Kohle und eine gewisse Unterforderung führten schließlich zu meiner ersten Firmengründung. Zwischen Infusionsständern, Notrufen und elendslangen Nachtdiensten erblickte mein Einmann-Unternehmen das Licht des Firmenbuches.

Leidenschaft, Hartnäckigkeit, gute Partnerschaften und jede Menge Spaß waren der Nährboden für den Durchbruch der Start-up-Ideen. Während fast alle meine Freunde studierten, hatte ich meine ersten sechzig Mitarbeiter. Doch den studentischen Lebensstil teilten wir miteinander. Meine erste Begegnung mit Gott wurde blasser. Das Leben auf der Überholspur, zu große Erfolge für das unerfahrene Leben, flüchtige Beziehungen und eine gefühlt gewaltige Freiheit füllten Jahre aus. Einzig ließ ich es mir nicht nehmen – in welchem Land ich auch gerade war – am Sonntag (und wenn das gar nicht ging am Montag) einen Gottesdienst zu besuchen. Nicht zuletzt hier festigte sich die Treue als einer meiner Lebenswerte, auch wenn ich persönlich zumindest bewusst bei diesen Gottesdiensten nicht viel mitnahm.

Aus der ersten Start-up-Firma wurden mehrere. Es ging weiter bergauf. Wir waren vor allem in der Eventbranche und im Tourismus tätig. Kurz nach dem Balkankrieg waren wir mit die ersten, die begannen, dort den Qualitätstourismus aufzubauen. Bald betreuten und konzeptionierten wir über zwanzig große Hotelanlagen zwischen Spilt und Dubrovnik. Dazu noch ein wenig in Griechenland und am geliebten Wörthersee in Österreich. Wenig später sollten es rund einhundert Hotelanlagen im gesamten Kurz- und Mittelstreckenflugbereich sein.

Irgendwann hinterfragte ich dann auch meine wöchentlichen Gottesdienstbesuche. Was machte ich da eigentlich? Deshalb stellte ich eine Art Ultimatum: Entweder würde ich Gott nun persönlich erleben oder ich würde meinen Glauben an den Nagel hängen. Das war mein Plan. Und Gott zeigte sich. Kurz darauf rief mich ein befreundeter Priester an und meinte, ich habe ihn einmal gefragt, wo eine bestimmte Messe stattfinde. Nun, diese Messe werde jetzt in der Kirche des Landeskrankenhauses abgehalten. Fassungslos erinnerte ich ihn daran, dass ich ihm diese Frage vor Jahren gestellt hatte. Er meinte nur: »Sorry, hab vergessen, dir Bescheid zu geben.«

Die Woche drauf war ich dort. Und es war wie ein Nach-Hause-Kommen. Ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Gott hatte endgültig mein Herz erobert. Und diesmal gab es kein Zurück mehr.

Heute lebe ich mit meiner Frau und meinem Sohn in Salzburg auf der HOME Mission Base, zusammen mit vierzig jungen Erwachsenen unter einem Dach. Zu den Firmen sind noch ein paar dazugekommen. Mitarbeiter auch. Dank eines fantastischen Teams und einer soliden Führungsebene, sowohl im weltlichen Geschäft als auch im von mir immer scherzhaft »Church Business« genannten Wirken im HOME Movement, kann ich mich weiter in Projekte investieren, meine Teams führen, Vorträge und Coachings halten und mein Familienleben genießen.

Ich, Bernadette, bin in einem kleinen idyllischen Ort auf einem Bauernhof in Oberösterreich aufgewachsen. Mein kirchlicher Background war traditionell katholisch. Ich war die Älteste von vier Geschwistern. Am Sonntag ging’s natürlich in die Kirche, Ausreden waren nutzlos. Für mich war es so ziemlich die langweiligste Stunde der Woche. War diese einmal überlebt, wusste ich allerdings, dass ich jetzt wieder eine Woche frei hatte von Gott.

Mitten in der typischen Identitätskrise eines Teenagers lud mich meine damalige beste Freundin zu einer Fahrt nach Medjugorje – einem Wallfahrtsort in Bosnien und Herzegovina – ein. Grund, warum ich mitfuhr, war ein Abstecher an die kroatische Adria und natürlich meine Freundin. Also fand ich mich in einem Bus voller rosenkranzbetender Jugendlicher wieder. Ich war alles andere als begeistert. Während ich Stunden später im Sand kniete, um mich rund 40 000 Menschen aus über 70 Nationen, und an der Existenz Gottes zweifelte, überkamen mich plötzlich zwei Erkenntnisse, an deren Wahrheit ich nicht mehr zweifeln konnte. Unwiderruflich gruben sie sich in mein Herz ein und ich wusste mit absoluter Sicherheit zwei Dinge: Erstens, Gott existiert. Zweitens, er liebt mich bedingungslos.

Bis dato hatte ich immer gedacht, Liebe sei an Bedingungen gebunden und man müsse sie sich erst mühsam erarbeiten. Deshalb hatte ich es mir angewöhnt, viele Masken zu tragen. Ich wollte einfach den Erwartungen anderer gerecht werden. Das wurde mit der Zeit allerdings recht mühsam, da ich vergaß, bei welchen Menschen ich mich wie gezeigt hatte. Die Teilnehmer auf diesem Festival waren anders. Sie hatten etwas Anziehendes. Eine unglaubliche Ausstrahlung, die von innen kam! Das wollte ich auch. Und noch was: Sie konnten tanzen, ohne sich mit Alkohol vollzuschütten. Es war eine echte, reale und überquellende Freude. Ihr Zeugnis überzeugte mich.

Nachdem ich nicht anders konnte, als mich auf diesen Gott des Universums einzulassen, veränderte sich mein Leben und mein Denken völlig. Gott rockte mein Weltbild. Er holte mich aus meinem goldenen Gedankengefängnis heraus und zeigte mir immer mehr, wie Fliegen in Freiheit funktioniert. Mit 15 startete ich mit meiner jüngeren Schwester eine Jugendgruppe. Kirche empfanden wir langweilig, aber Gott hatte unsere Aufmerksamkeit geweckt. Diesen Schatz wollten wir mit anderen Jugendlichen teilen. Einige Jahre später lernte ich Loretto kennen und damit Hunderte und Tausende von Jugendlichen, die Jesus leidenschaftlich nachfolgten. Die Faszination, die die jungen Leute in dieser Bewegung ausstrahlten, war mitunter ein Grund, warum ich mich kurze Zeit später als junge Studentin für Theologie und Religionspädagogik in Salzburg wiederfand.

Nach meinem Bachelor spürte ich, dass Gott mich einlud, ihm ein halbes Jahr zu schenken. Während ich durch die Internetseiten auf der Suche nach einem geeigneten Programm stöberte, stieß ich immer wieder auf den Begriff »Jüngerschaftsschule«. Bis dahin nie davon gehört, sollte es noch eine Berufung für mich in dieser Sache geben. Kurze Zeit später landete ich tatsächlich für sechs Monate in Melbourne/Australien, um mich in einer lebensverändernden Zeit meinen Themen in Bezug auf Identität und Beziehung zu Gott zu stellen. Jetzt ging ich auf die Reise der Jüngerschaft – ich war on board! Obwohl ich dachte, dass ich Gott schon ganz gut kannte, überwältigte mich die Art, wie wir von Gott lernten und mit ihm Erfahrungen machten, völlig. Mein Denken, Gott passe in die Box, die ich für ihn gebastelt hatte, wurde völlig umgekrempelt und gesprengt. Dieser Gott, den ich dort kennenlernte, war noch viel attraktiver, als ich es je zuvor vermutet hätte!

Kaum war ich mit brennendem Herzen zurück in Salzburg, bekamen einige Menschen rund um Patrick, der übrigens schon immer ein »Macher-Typ« war, den Eindruck, dass sie so etwas wie ein pulsierendes geistliches Zentrum mit Jüngerschaft auch hier starten sollten. Schnell hatte sich eine fantastische Truppe gefunden. Mit viel Gebet, Herzblut und Leidenschaft entstand innerhalb von drei Jahren ein ganzes Zentrum im Herzen der Salzburger Altstadt, genannt: HOME Mission Base. Eine Reihe von Geschwistern aus unterschiedlichen Denominationen unterstützte uns mit Fachwissen und Herzblut, dieses HOME zu errichten (ja, es sollte wirklich ein Zuhause sein, und zwar für Gott und für die Menschen im geistlichen und realen Sinne).

Im Haus gibt es verschiedene Bereiche. Alles zentriert sich um den Gebetsraum, in dem täglich viele Stunden Lobpreis und Fürbitte stattfinden. Jede Stunde ist ein anderes Team an der Reihe, teilweise bestehend aus exzellent ausgebildeten Musikern, die ihre Zeit damit verschwenden, vor dem Thron Gottes ihr Öl auszugießen. Viele stehen dort in der Fürbitte für zahlreiche Gebetsanliegen ein, die tagtäglich hereinflattern. Auf allen Screens im Haus ist dieser Ort live zu sehen, um uns daran zu erinnern, dass Gebet und die persönliche Zeit mit Gott unsere Quelle von Kraft ist.

Daneben kümmern wir uns im Bereich »Hope City« um Menschen am Rande der Gesellschaft. So betreuen wir eine Suppenküche, also eine Essensausgabe für Obdachlose, Drogenabhängige, Prostituierte und gestrandete Menschen. Wir geben Essen aus, aber wir sitzen auch mit ihnen an einem Tisch und essen mit ihnen. Und wir beten mit ihnen. Wir für sie und sie für uns. Heilungen sind durchaus gängig.

Die »La Cantina« ist unser hauseigenes Restaurant. Das Besondere daran: Es gibt keine Fixpreise, sondern nur »flexible« Preise, das bedeutet: Man zahlt, was man kann. Es kommt niemand zum Kassieren, sondern man wirft das Geld in eine Box an der Theke. Wer wenig hat, zahlt wenig. Wer viel hat, zahlt für den anderen mit. Außerdem gibt es das beste Chicken Sandwich der Stadt – mit Leidenschaft von unserem syrischen Koch Raafat zubereitet.

Eine weitere Säule ist das Medienhaus, das mittlerweile aufgrund der vielen neuen Mitarbeiter an einen anderen Standort in Salzburg umgezogen ist. Hier arbeiten Grafiker, Designer, Video-Cutter, Kameraleute, Tontechniker und Radio-Moderatoren an diversen Medienprojekten. Über YouTube, verschiedene Fernsehkanäle und Radiosender erreichen wir Hunderttausende Menschen mit der Botschaft des Reiches Gottes.

Einer der Hauptbereiche ist die sogenannte HOME Akademie. Hier geht es um Jüngerschaft in allen Formaten. Die Konferenzen und Schulungsprogramme, angefangen von 48 Stunden bis hin zu neun Monaten, die wir hier organisieren, drehen sich mehr oder weniger immer um Jüngerschaftsthemen. Viele junge Menschen leben für eine gewisse Zeit im Haus mit, während der wir in sie investieren. Sie hören einen Vortrag am Vormittag und setzen es am Nachmittag in einem Workshop praktisch um.

Jüngerschaft betrifft das ganze Leben. Es ist ein Prozess, der unsere Wertvorstellungen auf die Prinzipien Gottes gründet. Sie passiert im Kontext von Gemeinschaft. Deshalb lernen wir die Paradigmen Gottes am besten im Zusammenleben. Ja, das ist nicht immer ganz einfach. Es birgt seine Herausforderungen. Aber wir glauben, dass Gott uns mit Jüngerschaft einen strategischen Schlüssel anvertraut hat, mit dem wir viele Türen zu einer neuen Fruchtbarkeit in der Kirche auf persönlicher und institutioneller Ebene öffnen können.

Große Werke starten üblicherweise so: »Ich habe ganz klein in meiner Garage begonnen. Dann ist das Ding immer größer und größer geworden, viele Menschen sind dazugekommen und heute kann ich nur staunen …« Unsere Geschichte ist etwas anders. Wir hatten von Anfang an eine große Vision. Unsere Träume und unser Vorhaben waren von Beginn an riesig. Viel zu groß für manche Kritiker. Nix Garage und kleiner Beginn. Schade um die gute Story. In der letzten Zeit entwickelt sich die HOME Mission Base-Idee zu einem richtiggehenden Movement. Wir nennen es schlichtweg das »HOME Movement«. Es entstehen neue HOMEs in mehreren Städten wie Passau und Wien. In Salzburg haben wir mittlerweile vier verschiedene Locations. Wir nennen diese den »City Campus«. Unsere offizielle Kirchenstruktur vertraut uns immer größere Aufgaben an. Momentan planen wir gerade einen sogenannten »Church Replant« – nach dem Modell, wie es in vielen anglikanischen Kirchen rund um die Holy Trinity Brompton in London, die »Alphakurs-Gemeinde«, angewandt wird. Wir wollen eine Pfarrei übernehmen, die in einem Salzburger Viertel mit sehr hohem Immigrantenanteil liegt. Wir träumen davon, sie mit einem Team von 20 jungen Vollzeit-Missionaren mit dem Jüngerschaftsmodell ganz neu zu beleben.

Zudem werden wir von diversen Bischöfen, Diözesangremien, Pastoralräten, Ordensoberen und dergleichen für Vorträge angefragt. Unsere eigene Gemeindegründung wächst stetig, sodass die Räume zu klein werden. Die neunmonatige Jüngerschaftsschule ist auf Jahre so gut wie ausgebucht und jeden Monat kommen neue Mitarbeiter und Praktikanten dazu.

Wenn uns jemand nach dem Anfang fragt, so würden wir heute so antworten: Wir hatten sehr große Pläne, wir sind satt gestartet. Aber Gott überrascht uns immer wieder mit noch mehr Wachstum und dem »neuen Land«, das er uns anvertraute. Die großen Pläne des Anfangs werden ständig von noch größeren Dingen übertrumpft, deren Ende wir nun gar nicht mehr zu denken wagen, weil sie uns momentan noch selbst überfordern. Aber mit den nächsten Aufgaben wachsen auch die Kompetenzen. Wir glauben, dass es eine von Gottes Lieblingsbeschäftigungen ist, unsere großen Träume sachte – aber bestimmt – zu toppen.

Best practice-Beispiele – aber richtig

Und es gibt weitere unglaublich gut funktionierende Beispiele von Gemeinden, Kirchen und sogenannten »neuen Bewegungen«, die jüngerschaftliche Prinzipien umsetzen. Großen internationalen Einfluss hat vor allem die bereits erwähnte Bewegung »Jugend mit einer Mission«. Man könnte diese Organisation als die Mutter der modernen Jüngerschaftsbewegungen bezeichnen. Mehr als zwei Millionen Menschen haben mittlerweile ihre Programme besucht, Zahl stetig steigend. Vieles von unserem Wissen verdanken wir der großherzigen, freundschaftlichen Unterstützung, Hilfe und auch Korrektur von Leitern dieser Bewegung.

Weitere internationale Vorreiter sind die bekannten amerikanischen Großkirchen »Willow Creek« und »Saddleback Church«. Unzählige Gemeinden weltweit arbeiten nach den Prinzipien dieser Vorbilder. Auch die HOME Mission Base ist in entscheidenden Bereichen von ihnen geprägt.

Im katholischen Bereich der Erneuerung sind die beiden Pfarreien von Michael White in Baltimore und James Mallon in Halifax sehr bekannt. Vielleicht erstmalig seit vielen Jahrzehnten (möglicherweise Jahrhunderten …) setzen die beiden Leiter jüngerschaftliche Prinzipien im katholischen Kontext konsequent um. Und damit haben sie – zur Überraschung vieler – Erfolg. Wir müssen ein wenig schmunzeln, wenn Bischöfe und katholische Leiter von ihren Erfahrungen bei Studienreisen zu diesen beiden Kirchengemeinden in Übersee berichten. Dasselbe Prinzip der Gemeindeführung könnten sie in fast jeder deutschsprachigen Großstadt erleben, wenn sie beispielsweise zu einem Gottesdienst von ICF (der International Christian Fellowship) oder einer ähnlichen Freikirche gehen würden.

So gut diese inspirierenden Vorbilder sind – es kommt doch unserer Meinung nach oft zu problematischen Konsequenzen. Viele kommen nach Hause und sprechen begeistert von einer »Kultur der Gastfreundschaft« oder den zahlreichen Programmen, getragen von begeisterten Freiwilligen. Gleich werden Pläne geschmiedet, was man wie in der eigenen Gemeinde umsetzen könnte. Der Kern, das Wichtigste, wird dabei so gut wie immer übersehen: Jüngerschaft ist die Basis dafür. Erst wenn eine Gemeinde oder ein Teil einer Gemeinde bereit ist, den Weg der Jüngerschaft mit allen Mühen, Freuden und Konsequenzen zu gehen, wird eine transformierte Gemeinde, wie in den Beispielen genannt, möglich.

Im Folgenden werden wir dir zeigen, wie du dein Leben auf ein gutes Fundament stellen kannst. Dabei gibt es verschiedene Bereiche, die wir gemeinsam anschauen. Zum einen braucht es einen soliden Bezugspunkt, von dem her du dich definieren und begreifen kannst. Das ist Gott. Er ist der »original designer«. Damit wir erkennen, wer er ist, müssen wir uns mit seiner Art, wie er uns begegnet und wie sein Charakter ist, beschäftigen. Das nennen wir: das leidenschaftliche Vaterherz. Wir glauben, dass darin ein Geheimnis versteckt ist, wer Gott für uns ist und sein möchte.

Wenn du verstanden hast, wer Gott ist, beginnt die Beschäftigung mit dir als sein Kunstwerk. Er hat dich auf unglaublich staunenswerte Art und Weise erschaffen. Oft sind wir aber sehr unzufrieden mit uns selbst und begreifen dadurch gar nicht das Potenzial, das in uns liegt. Unsere eigene Identität und eine gezielte Selbstannahme sind wichtige Themen im Prozess, wie wir uns in der Vollmacht und Autorität unseres innersten Wesens vollständig entfalten können.

Das dritte Fundament handelt davon, wie wir mit dem Gott des Universums kommunizieren können. Ganz ehrlich, ein Leben ohne Stimme Gottes ist total langweilig! In jeder Beziehung braucht es Kommunikation. Also auch mit Gott. Seine Stimme zu hören, ist sehr einfach. Vermutlich hast du sie sogar schon mal gehört. Aber es gibt ein paar wesentliche Prinzipien, auf die wir achten müssen, damit wir die Stimme Gottes in unseren Alltag integrieren und uns gut davon leiten lassen können.

Als letztes wesentliches Element kommt die Königsherrschaft Jesu in deinem Leben dazu. Das ist der Kern der Jüngerschaft. Wer regiert über dein Leben? Dein Egoismus? Dein Stolz? Dein Geld? Deine Partnerschaft oder dein Wunsch nach Beziehung? Oder eben Jesus? Um ihn zum Herrn über dein Leben zu machen, sind die anderen drei Säulen allerdings die notwendige Voraussetzung. Es dauert eine Weile, bis wir Gott so gut kennengelernt haben, dass wir ihm auch vertrauen können.

Wenn du mit diesen Bauteilen gut dein Fundament gesichert hast, brauchst du noch ein paar Prinzipien für dein Leben im Königreich Gottes, die dir helfen, diesen Paradigmenwechsel zu vollziehen. Sie sind wertvolle Hilfen für deinen Alltag und dein Umfeld. Außerdem wirst du eine Attraktivität ausstrahlen, die eine geistliche Fruchtbarkeit und Multiplikation hervorruft. So wirst du zum Erntehelfer im Weinberg Gottes.

KAPITEL 1

ABENTEUER JÜNGERSCHAFT

Warum Jüngerschaft essenziell ist

Keine Option

Jüngerschaft beginnt immer bei uns selbst. Es ist ein Prozess, der Zeit braucht. Wirkliche Abkürzungen gibt es nicht. Das Überspringen von Themen und »schnell mal drübergehen« erfreut nur kurzfristig. Man muss in die Prozesse rein. Rein und durch. Und das kann man nicht allein. Dafür braucht es Menschen, die mit dir diesen Weg gehen. Es braucht erfahrene Leiter, die Inhalt und Takt vorgeben, und es braucht Freunde, die begleiten. Einfach ausgedrückt: Es braucht Gruppen oder Gemeinden mit jüngerschaftlicher Ausrichtung.

An vielen Orten findet man fundierte Bibelschulen, Lobpreisausbildungen, Evangelisationskurse und sogar ganze »Auszeitjahre« für Menschen jeden Alters. Diese Angebote sind hervorragend, wichtig und viele davon sind absolut am Puls der Zeit. Aber sie ersetzen nicht Jüngerschaft. Nicht einmal, wenn sie einige Elemente von Jüngerschaft berücksichtigen, egal ob geplant oder eher zufällig.

Jüngerschaft – mit den wesentlichen Kernprozessen – ist keine Option! Es ist nicht die Frage: Bibelstudium, Lobpreisschulung, Evangelisation oder Jüngerschaft. Jeder Christ braucht Jüngerschaft. Selbst der Weg zum Priester oder Pastor kommt in Wirklichkeit nicht darum herum. Darauf baut alles Weitere auf. Sie ist einfach die Basis. Ohne Abkürzung. Ohne Ersatz. Sie ist das Prinzip, das Jesus uns gezeigt hat. Und sie wird unser Leben verändern, weil sie unsere gewohnten Prinzipien auf den Kopf stellt. Wir verwandeln uns in die Denkweise Gottes hinein (vgl. Römer 12,2). Deshalb werden wir die Quintessenz von Jüngerschaft in diesem Buch etwas genauer unter die Lupe nehmen und uns ihren wichtigsten Grundthemen stellen.

Allein geht’s nicht

Die Themen der Jüngerschaft können studiert werden. Man kann sich wunderbar kognitiv mit ihnen auseinandersetzen. Man kann sie von allen möglichen und unmöglichen Seiten betrachten. Das ist gut und unbedingt notwendig. Aber der wesentliche Teil des Prozesses findet mit anderen Menschen zusammen statt. Jüngerschaft ist kein Hörsaalprogramm, kein Fernstudium ohne Kontakt zu einer Community, sondern lebt von der Auseinandersetzung mit anderen Menschen.

Ein befreundeter englischer Pastor hat vor Jahren folgende Geschichte von einer Frau aus seiner Gemeinde erzählt: Schon seit Längerem wurde sie nicht mehr gesehen, weder unter der Woche noch am Sonntag. Zufällig traf sie dann jemand beim Einkaufen. Sie erzählte, dass sie nicht mehr in die Gemeinde komme, weil sie eine bessere Möglichkeit gefunden habe: »So läuft mein Sonntag jetzt ab«, meinte sie. »Zuerst mache ich es mir im Wohnzimmer gemütlich. Dann lege ich Lobpreismusik auf und lobe den Herrn. Im Anschluss höre ich mir die allerbeste Predigt an, die ich gerade finden kann. Und zum Schluss mache ich noch mal Lobpreis.«

So verbringt sie die allerbesten Sonntage mit der allerbesten Person: mit sich selbst. Unser Freund hat nachgefragt, wie ihr Sonntag weitergeht. Legt sie in der Gebetszeit ihrem Teddybären die Hände auf und hört sich die Sorgen ihrer Barbiepuppe an? Keine Ahnung, wie die Geschichte ausging. So skurril diese Begebenheit auch klingen mag, sie ist ernster, als es scheint.