Höchstes Gut

[Summum Bonum]

Warum hatte ich nicht wie gewöhnlich mit meinen Cousinen ausgehen dürfen? Warum hatte man mich in Mademoiselles Boudoir geschickt? Das waren die Fragen, die sich mir sofort aufdrängten und mich ebenso sehr in angenehme wie in peinigende Erregung versetzten. Ich sah die Statuen und die Bilder an, um irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, wonach ich Lord Alfred Ridling­tons und mein Geschlecht beurteilen könnte.

Schließlich fiel mein Blick auf eine wahrhaft kostbare Ausgabe von Theophile Gautiers Mademoiselle de Maupin, ein Werk, das ich damals zum ersten Mal sah. Seitdem hat es mich noch immer bezaubert und auf mich einen viel größeren Reiz ausgeübt als selbst die Schriften eines Rousseau.

Die Stahlstiche waren das Vollendetste, was selbst der verwöhnteste Geschmack beanspruchen konnte, und in ihnen wohnte eine vornehm zurückhaltende Woll­üstig­keit, die dem Texte einen erhöhten Reiz gab.

Mademoiselle hatte das Buch unter großen Schwierigkeiten während unseres Aufenthaltes in London in der Bondstreet für 15 Pfund gekauft. Sie hatte es in einen kostbaren, aber einfachen Deckel binden lassen, was sie noch drei Guineas gekostet hatte.

Ich warf mich auf den großen Divan nieder und schlug das Buch aufs Geratewohl auf. Ich richtete mich bequem her und ließ, wie es andere Mädchen auch zu tun pflegen, meine hübschen Füße, wenn schon zu niemandes anderen, so doch zu meiner eigenen Lust unter den Röcken hervorschauen.

Begierig betrachtete ich das Buch, denn ich war auf die Unterhaltung erpicht, die die Stiche versprachen. Ohne dass ich es gewollt hätte, kehrten jedoch meine Gedanken an Lord Alfred Ridlington zurück. Aber nur für einen Augenblick.

Das Rätsel seiner Person war mir schon zur Qual geworden.

Ich war geärgert, empfand gesteigerte Nervosität, ja, sogar Nervenschmerzen. Ungeduldig überließ ich diesen Gegenstand daher sich selbst und seine Entwicklung dem Schicksal. Um mich abzulenken, sah ich wieder in das Buch.

Der Duft herrlicher Rosen, die aus großen Vasen in dem kleinen Heiligtum Mademoiselles hervorquollen, umschwebte mich. Meine Auen glänzten, während ich las.

Die balsamisch-sanfte und kühle Luft fächelte mir Wangen und Hals. Ein Gefühl tiefer Ruhe und unendlichen Friedens, das dem Zimmer meiner Herrin entströmte, überkam mich, und so konnte ich meine ungestörte Aufmerksamkeit der Erzählung zuwenden, die mich rasch gefangen nahm.

Von den Rasen und Terrassen des Parkes unter dem großen, von einem Schirmdach beschatteten Zimmer­fenster drangen Geräusche herauf, die die radspreizenden Pfau ertönen ließen. Sie breiteten ihre blau-grün-goldenen Schweife aus und schleppten ihre Flügel auf dem Boden nach, so dass man eine moderne Schöne mit rauschenden Seidenröcken durch den Park gehen zu hören glaubte. Mit dem ihnen eigentümlichen Schrei ließen sie dann ihre Herrlichkeit schwinden, um von Neuem das Spiel zu beginnen. Die schrillen Rufe schreckten mich ab und zu aus meiner Ruhe auf.

Unaufhörlich summten und brummten Myriaden von Sommerinsekten. Mehr als eine geschäftige und abenteuerlustige Biene summte durchs Fenster herein und zog sich taktvoll zurück, nachdem sie das Damenzimmer und die Dame, die darin weilte, gesehen hatte.

Unter solchen Gedanken und in solcher Umge­bung, die ihren starken Zauber auf mich nicht verfehlte – ich war damals noch empfänglicher als sonst –, hatte ich das Buch vor mir, das mehr als alle anderen der Zeit und dem Orte angepasst war.

„Dies ist das goldene Buch für Seele und Geist, die Heilige Schrift der Schönheit.“

Die Stiche hatte ich bald durchgesehen.

Ich wünschte nun mit Mademoiselle de Maupin selbst bekannt zu werden.

Es bereitete mir Befriedigung, als meine Augen auf den schönen Text fielen, und entzückt las ich ihn langsam, um den köstlichen Eindruck zu verlängern, den meine Phantasie erwartet hatte und den die Wirklichkeit mir nicht schuldig geblieben war.

Ich las Folgendes:

„Man kennt den Eifer, womit ich nach körperlicher Schönheit gefahndet habe, die Bedeutung, die ich der Gestalt beimesse, und man weiß, dass ich nur liebe, was meine Augen sehen können. Um es einfacher zu sagen: ich bin so verderbt und blasiert, dass die Schönheit der Seele für mich nicht existiert und dass ich daher auch nicht auf die Suche nach ihr gehe … Für mich ist die Erde ebenso schön wie der Himmel, und Tugend ist mir nie etwas anderes gewesen als die Vollkommenheit der Form.

Oft und oft habe ich im Schatten des Mar­morblattwerkes einer Kathedrale geweilt. Das Licht zitterte durch die farbigen Fenster herein, aus der Orgel kam leises Seufzen, da der Wind in den Pfeifen spielte. Da versenkte ich meinen Blick tief in die blassblauen Fluten der schmalen Augen einer Madonna. Mit zärtlicher Ehrfurcht folgte ich den Konturen ihrer verfallenen Ge­stalt und blickte zu den kaum noch sichtbaren Augen­brauen auf.

Ich bewunderte die glatte, strahlende Stirne, die Schläfen, aus denen Keuschheit leuchtete, und die Wangen, auf denen ein Hauch jungfräulicher Röte lag, die zarter war als die Farbe einer Pfirsichblüte. Ich zählte die goldblonden Locken, die sie überschatteten.

Aus dem Dämmer traten nach und nach auch die verschwindenden Konturen des gebrechlich-zarten Halses bescheiden hervor. Ich habe sogar mit kühner Hand die Falten der Tunika gehoben und die jungfräuliche und dennoch milchgefüllte Brust nackt gesehen, die nur von göttlichen Lippen gesaugt worden war.

Ich verfolgte die selten klaren Adern bis in ihre feinsten Verästelungen und legte die Hand auf die Brust, um die weißen Tropfen des Himmelstrankes daraus zu ziehen. Ich habe fast die Knospe der rosa mystica mit den Lippen berührt.“

„Oh, Mademoiselle! Oh, Gertrude Stormont!“ Ich rief es und seufzte unwillkürlich dabei, denn meine Gedanken weilten bei Mademoiselles Busen, der dem oben beschriebenen völlig ähnlich war. Verzückt schloss ich die Augen und lebte in der Erinnerung die Berührung meiner Lippen und meiner Zunge mit der Knospe ihrer mystischen Rose durch. Ihre wunderbaren Lilien- und Rosenhügel, aus denen jene Rose hervorwuchs, von der die blauen Äderchen ausstrahlten, tauchten vor meinem Geiste auf.

Ich hatte keine Gelegenheit diesen Gedanken weiterzuführen und konnte auch nicht mehr lesen und die Worte einer in mich aufnehmen, die meine Gedanken so völlig vorausnahm und so glänzend ausdrückte.

Ich hörte, dass die Portiere zur Seite geschoben wurde und dass jemand die Hand auf die Türklinke lege. Ich musterte mich noch rasch, um mich zu vergewissern, ob meine Stellung befriedigend und die Anordnung meiner Röcke so sei, wie es zu sein habe. Zweifellos war Mademoiselle vor der Tür, und dennoch – ich wagte nicht die Augen vom Buche zu erheben –, vielleicht war es Lord Alfred Ridlington!

Wenn er mich hier in dieser Gemütserregung fände, bei der Anbetung der Venus in diesem kleinen Heiligtum? Wenn er entdeckte, wie mich ihre heiligen Eingebungen beherrschten?

Die Tür wurde geschlossen. Jemand schritt über den dicken weichen Teppich aufs Sofa zu. Errötend schaute ich auf. Er war es, er, Lord Alfred Ridlington!

„Julia!“, sagte er, mich anstarrend. Schweigend erwiderte ich den Blick.

„Endlich“, flüsterte er. Aus seiner Stimme klang unterdrückte Begierde und ein Ernst, der mich erschreckte.

Ich errötete von Neuem.

Meine Stellung und mein Aussehen hatten mich befriedigt und ich sah jetzt, dass sie die Wirkung hervorbrachten, die ich gewünscht hatte. In seinen Augen flammte es auf, als ich ihm unbewusst neben mir auf dem Sofa Platz machte. Ich bemerkte, wie seine Blicke auf meinen Füßen ruhten und von dort die Beine aufwärtszuwandern schienen. Instinktiv fühlte ich, dass er mehr zu sehen wünschte, als sich seinen Blicken darbot.

Es war deutlich in ihnen zu lesen, dass er dem Ankennung zollte, was er sah. Er setzte sich neben mich und benahm sich sehr aufmerksam. Ich bemerkte mit heimlicher Freude, dass er sich bemühe meine unverkennbare Furchtsamkeit nicht zu erhöhen. Sein Be­nehmen war von wunderbarer Sanftmut und Zartheit. Einige Augenblicke lang saß er schweigend an meiner Seite.

Wenn ich hätte tun können, was ich wollte, hätte ich mich auf ihn geworfen. Ich beschränkte mich jedoch darauf, ihm schweigend ins Auge zu blicken. Für mich gab es damals nur einen Mann auf der ganzen Welt, und ich glaube, dass es vielen anderen Mädchen so ergehen mag.

Ja, ich gestehe ehrlich, dass ich mich am liebsten in meiner wild wogenden Leidenschaft auf ihn geworfen, ihn in die Arme geschlossen und unsere Kleider weit weg­­geschleudert hätte.

Aber etwas, vielleicht meine mädchenhafte Be­scheidenheit, meine jungfräuliche Zurückhaltung – deine jungfräuliche Zurückhaltung, oh Julia! ­­–, hielt mich davon ab. Er schwieg noch immer, aber nicht aus Gefühl­losigkeit. Ich war mir nur zu sehr der Leidenschaft bewusst, die glühend von ihm ausstrahlte. Wie hätte ich ihn nur ermutigen können?

Er musste doch eine Annäherung versuchen. Gesetzt den Fall – schrecklicher Gedanke! –, dass er es nicht täte! Was würde dann aus mir werden? Gesetzt den Fall, er habe nur einen Spaziergang im Park vorschlagen wollen!

Er griff meine Hand.

Unwillkürlich sah ich zur Tür.

„Oh!“, sagte er beruhigend, „Mademoiselle ist nicht zu Hause. Ich glaube, sie ist in ihrem Phaeton ausgefahren. Sie sagte mir, sie wolle in der Umgebung Ruinen skizzieren. Niemand wird uns stören.“

Ich fühlte mich befreit.

Er ergriff meine Hand und rückte näher an mich heran. Sein heißer Atem, der schneller ging als früher, fächelte meine Wangen.

Ich blieb ruhig sitzen. Warum sollte ich dem entfliehen, was die Götter mir bestimmt hatten? Warum sollte ich mich dessen berauben, was ich mehr als alles andere wünschte? Ich rückte nicht weg und stieß ihn auch nicht zurück.

Es ist merkwürdig! Was ich am Weibe liebe, ist: Kühnheit und überlegene Missachtung aller Prüderie, und ich weiß noch, welchen Genuss mir die Umarmung Mademoiselles nach dem Durchpeitschen Beatricens bereitete. Sie hatte sich mir mit der vollen Kraft zügelloser Leidenschaft hingegeben, sich mir in einem Aus­bruch von Raserei an den Hals geworfen.

Ich weiß auch, dass es Frauen gibt, die vergewaltigt zu werden lieben, deren Sinn nur nach „der gewichtigen Kraft des lustrasenden Stieres“ steht. Dennoch empfand ich, dass ich die größte Dummheit beginge, wenn ich Lord Alfred Ridlington entgegenkäme, und so verhielt ich mich völlig ruhig.

Er hielt meine Hände in seinen fest. Was für weiche, schön geformte Hände er hatte! Er sah mir ins Auge.

„Julia“, sagte er zärtlich, „erinnerst du dich des schönen Abends im Wintergarten?“

„Ja“, antwortete ich und war neugierig, was nun kommen werde.

Es muss viel in dem „Ja“ gelegen haben, denn er beugte sich über mich und drückte mir einen heißen Kuss auf die Lippen. Das war ein anderer Kuss als der, den er mir zum Spaß im Wohnzimmer gegeben hatte.

„Oh! Lord Alfred! Das dürfen Sie nicht!“

Ich wurde über und über rot und glaubte vor Hitze vergehen zu müssen.

„Ich liebe es, Rosenknospen aufblühen zu lassen“, sagte er.

Und er gab mir einen zweiten Kuss.

Wie warm, wie weich und wie angenehm feucht seine Lippen waren! Ihre Berührung fiel wie Nektar auf eine dürstende Seele! Mir ging der Kuss durch Mark und Bein. Ich fühlte, wie sich etwas an meinem Unterleibe regte. Gütiger Gott, wenn er es bemerkte.

„Julia“, flehte er, „küss mich doch auch!“

Ich sah ihn spröde tuend und kokett an.

„Willst du mich denn nicht ein klein wenig lieben?“, fügte er hinzu. „Ich liebe dich doch so sehr!“

Sein Blick hing an meinem und er glänzte im Feuer der Liebe unter den halb geschlossenen Lidern.

„Liebst du mich wirklich so sehr?“, fragte ich naiv. „Nun, dann muss ich dich wohl küssen.“

Und ich hielt ihm meinen Mund hin.

„Du süßes Mädchen!“, rief er verzückt aus. Er umarmte mich und bedeckte mir Lippen, Augen, Stirn, Wangen und wiederum die Lippen mit heißen Küssen.

Ich gab mich der Umarmung willig hin. Ich war froh, dass ich keine Dummheit begangen hatte.

Ich erwiderte seine Küsse, und ich muss gestehen, dass ich an seinen Gluten Feuer fing.

Ich schob meine Zunge in seinen Mund ein …

„Oh! Oh! Oh!“, rief er ekstasisch aus.

„Bereitet dir das Vergnügen?“, fragte ich kokett.

Meine mädchenhafte Zurückhaltung taute wie Schnee auf, der in niederen Alpenregionen gesäumt hat, bis die Sonne ihn überraschte.

Er ließ die Hand auf meine Füße herabgleiten.

Furchtbarer Schreck durchzuckte mich. Man stelle sich nur vor, dass Mademoiselle im Unrecht gewesen sei, dass ich kein Hermaphrodit, sondern ein wirklicher Mann wäre.

Ich würde dann um das Glück betrogen werden, das zum Greifen nahe vor mir lag. Der Becher, dessen süßen Inhalt ich ahnte, würde von meinen Lippen gerissen werden. Ich wäre noch mehr enttäuscht als damals, wo Mademoiselle mich herzlos um die Möglichkeit gebracht hatte Vater zu werden.

Und jetzt … jetzt sollte ich gar Mutter werden!

Könnte das wirklich der Fall sein?

Ich erinnerte mich noch an die Verlegenheit, in der ich mich damals befunden habe. Ich fragte mich – denn ich musste mich doch für einen Mann halten ­­–, wie ich mich benehmen solle, wenn Lord Alfred Ridlington mich mit seiner Liebe bestürmte. Und das war doch nur zu wahrscheinlich.

Beatrice sollte meine Frau werden. Wie konnte ich aber eines anderen Mannes Frau sein, wenn ich selbst die Pflichten eines Gatten erfüllen müsste? Ich war der Ansicht, dass Beatrice sich in mir täuschte. Mein Glück war also ungetrübt.

Er hatte inzwischen die eine Hand unter meine Röcke geführt, während ich nach rückwärts gelehnt über seinem anderen Arm lag. Die Hand wanderte aufwärts und liebkoste meine Beine. Einen Augenblick lang spielte Lord Alfred mit meinem Gliede; dann führte er die Hand nach rückwärts.

„Oh, Alfred, Alfred!“, rief ich aus, „nicht, nicht!“

„Tut es weh?“, fragte er.

„Ja! Ach ja! Nein, es … tut nicht weh … aber gib deine Hand von dort weg … ich schäme mich so sehr“, und ich verbarg mein Gesicht an seiner Brust.

„Du bist dort wie ein Mädchen“, fuhr er fort, „denn das Ding da vorn ist so ungewöhnlich groß.“

Er spielte sich weiter mit meinem Hinterteil und versuchte seinen Finger einzuschieben.

„Du musst Röcke tragen, Julia, weil du wirklich ein Mädchen bist. Du darfst dich darüber keiner Täuschung hingeben. Mademoiselle hat mir allerdings gesagt, dass du ein sehr schlimmes Mädchen bist, aber ich weiß auch, wie süß du sein kannst! Hör, mein Lieb, ich kann nicht alle deine Kleider hier abnehmen und kann auch mich nicht ganz ausziehen – dieses Glück müssen wir uns für die Nacht aufbewahren –, aber wir können uns dennoch jetzt ein wenig vergnügen. Leg dich auf den Bauch, mein Lieb.“

Er drehte mich herum, knöpfte seine Hosen auf und schob meine Röcke in die Höhe, so dass mein Hinterer entblößt war.

„Oh! Oh!“, rief ich aus und versuchte mich wieder herumzudrehen, was er aber verhinderte. „Wenn ich wirklich ein Mädchen bin, macht es ja nichts. Dann freut es mich sogar. Hoffentlich bin ich eins.“

Er gab keine Antwort, sondern legte sich auf mich und verzückt fühlte ich seine Schwere. Er wand die Arme um meine Taille und führte dann die eine Hand nach vorn, um mit dem zu spielen, was man mir als unnatürlich entwickelte Klitoris bezeichnet hatte.

Mit der anderen Hand schob er rückwärts etwas ein.

Es fühlte sich wie das Röhrchen an, das Made­moiselle dort eingeführt hatte. Es brannte, aber es war nicht unangenehm. Kräftig stieß er hin und her, und bald fühlte ich eine warme Flüssigkeit mein Inneres überfluten. Auch meine Klitoris hatte sich ergossen.

Er blieb auf mir liegen, ohne Worte zu sagen.

Seine Leidenschaft war zu stark. Er drückte mich nur fest an sich.

„Oh Alfred! Alfred! Mein lieber Alfred!“, hauchte ich.

Nach kurzer Pause sagte er:

„Noch einmal, Julia.“

„Wenn … wenn es dir recht ist.“

Er führte sein Ding wieder ein, aber es kam kein Erguss mehr. Immerhin regte er mich nochmals auf, und meine Ejakulation schien ihm innigen Genuss zu bereiten.

Er erhob sich und ließ mich aufstehen und in seinen Armen ausruhen.

Ich gab ihm einen Kuss.

„Alfred, glaubst du, dass ich ein … Baby bekommen werde?“

Er lächelte eigentümlich und fragte, ob ich gerne eines haben möchte.

„Über alles in der Welt!“

Er lachte.

„Oh, Julia! Welch ein Geständnis.“

„Und weißt du, Alfred“, fuhr ich fort, „ich … ich … glaubte wirklich einmal … nur für kurze Zeit, dass du Lady Alfred Ridlington sein könntest und bloß im Anzug deines Mannes stecktest! War das nicht lächerlich?“

„Ja. Was auf Gottes Erdboden konnte deinem dummen Köpfchen diesen Gedanken eingeben?“, fragte er, mich dabei zärtlich anschauend.

„Ich weiß es wirklich nicht. Es könnte höchstens sein, dass deine wunderbar schöne Gestalt, die jedem Weibe zur Ehre gereichen würde, mich darauf brachte.

Und dann hat auch Mademoiselle …“

„Nun?“

„Mademoiselle hat mir gesagt – als ich noch ein Knabe war –, dass sie mich Lady Alfred Ridlington zur Behandlung übergeben werde, weil ich sie zu sehr mit meiner Liebe bestürme. Und …“

„Und?“

„ … und weil sie sagte, dass Lady Alfred Rid­ling­ton ihren Mann schlage und – die Hosen trage. So, jetzt hab ich es gesagt!“

Ich sah ihn neugierig an und sagte ihm, dass ich mich über meine Leichtgläubigkeit selbst lustig mache.

„Ich muss sagen, dass ich Mademoiselle außerordentlich verbunden bin“, erwiderte er. „Lady Alfred schlägt mich nicht und trägt auch nicht meine Hosen. Und ich glaube, dass ich dir bewiesen habe …“

„Ja, ja, das hast du. Du bist ein lieber, süßer, schlimmer Mann! Möchtest du es noch einmal tun?“

„Nicht jetzt, mein Lieb, ich danke dir. Es wäre zu viel für mich.“

Zu meiner Verwunderung fühlte ich mich sehr bald „unwohl“. Jetzt begriff ich auch, warum Mademoiselle sich bemüht hatte mich zu lehren, wie ich mich zurückhalten solle. Es war mir klar, dass ich „unwohl“ sei.

Mademoiselle hatte viel mehr in meine „Ge­bär­mutter“ gespritzt als Lord Alfred, und da ich damals 20 Minuten hatte warten müssen, so konnte ich es jetzt leicht noch ein bisschen länger aushalten. Aber es ging doch nicht. Ich hatte kein Handtuch um. Die Menge der Einspritzung gab eben nicht den Ausschlag. Ich muss fürchterlich beunruhigt ausgesehen haben, so dass er es merkte. Was hätte ich nur sagen oder tun können?

„Hallo, Ju!“, rief er und sprang auf. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn ich nicht vom Garten her die Stimme der Mädchen hörte. „Wir wollen auch Tennis spielen, nicht wahr? Ich werde vorausgehen, und du wirst gleich nachkommen, ja?“

„Ja“, sagte ich zärtlich. Er gab mir noch einen Kuss, den ich erwiderte, und ging davon. Ich stürzte auf mein Zimmer. Welch knappes, welch glückliches Entrinnen!

Gemächlich zog ich mich vor dem Spiegel an, setzte mir den Hut auf, nahm die Tennisschuhe und einen anderen kurzen Rock. Ich betrachtete mich und dachte: „Gott sei Dank, Julia, jetzt weißt du, dass du ein Mädchen bist, und vielleicht wirst du auch ein Kind kriegen.“

Ich gedachte der Tage, wo ich ein roher, ungeschliffener junger Bursche war, und staunte selbst über die überraschend vollkommene Wandlung, die ich durchgemacht hatte.

Mein früheres Benehmen flößte mir Entsetzen ein.

Ich schämte mich und errötete. Es war doch wirklich beschämend für jemand, der sein ganzes Leben in Röcken hätte stecken sollen.

Die Zucht, die ich durchmachte, war so lückenlos, dass ich noch heute, wo ich doch alles weiß und mir auch im Klaren darüber bin, wie man mich täuschte, den starken Eindruck nicht loswerden kann, der ungeschwächt seine wunderbar zähmende Wirkung auf mich ausübt.

Auf den Stiegen begegnete ich Mademoiselle.

„Darf ich dir gratulieren, liebste Julia?“

„O, Mademoiselle!“

„Bin ich ausgestochen?“, fragte sie mit jener Heiterkeit, die sie nie verließ.

„Durchaus nicht, Mademoiselle!“, erwiderte ich, ein wenig geärgert.

„Und Alfred? Ich vermute, dass er jetzt …?“

Ich errötete.

Meine Geistesgegenwart rettete mich jedoch.

„Sie haben mir doch selbst gesagt“, brachte ich leise und zögernd hervor, „dass ich ein Zwitter sei. Ich gehöre Ihnen ebenso sehr wie ihm.“

„Du bist ein lieber Junge … Mädchen wollte ich sagen, Julia.“ Und sie küsste mich. „Lass das Tennis Tennis sein. Komm mit mir in mein Boudoir und erzähle mir alles. Du kannst Tee oder Schokolade trinken oder was du willst.“

Ich gehorchte mit großem Vergnügen.