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Alexander Kühl

STONE III

Tor zur Hölle


DIESES BUCH IST MEINEN UNTERSTÜTZERN GEWIDMET: MARKUS LAWO NICOLE RENNER HOLGER RICHTER NADINE HERGERT LOUISE SOUNTOULIDIS ELKE SCHLECHTINGER ENRICO FINKE ILONA DUX EMILIA SCHREIBER STEFAN KÖNIG ROBERT BRAUN BETTINA WELCH ANDREAS KILLMER DENISE HOLLENSEN FRANKLIN TUMMESCHEIT REBECCA OFLAZ MANUELA MUDDER MARIO ROHRHOFER MICHAEL BESGEN HOLGER KÖHN


BookRix GmbH & Co. KG
81371 München

Stone III

STONE III – Tor zur Hölle

Copyright © 2021

Alexander Kühl

 

1. Auflage

 

Gedicht Tor zur Hölle:

Mit freundlicher Genehmigung von

Jennifer Hilgert

 Copyright by Jennifer Hilgert

 

Lektorat: Dennis Dobler – Die Lupe

Korrektorat: Der Poltergeist - Petra Poltermann

Korrektorat: Louise Sountoulidis

DANKE LOUISE

Cover: Rainer Wekwerth

Vanessa-Logo: Markus Lawo

Logos in Anhängen: Markus Lawo

Covergrafik: Andriy Petrenko@fotolia.com

 

Alle Rechte vorbehalten.

 

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Website: www.alexander-kuehl.net

 

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Über den Autor

 

Alexander Kühl wurde am 4. Mai 1973 in Berlin geboren. Heute lebt er in Thüringen gemeinsam mit seiner Frau und zwei Kindern. Bereits als kleiner Junge entwickelte er apokalyptische Weltuntergangsgeschichten mit denen er nicht nur seine Eltern schockte. Ein denkwürdiger Strafaufsatz mit dem Titel »Eine Banane ist ein wundervolles Wurfgeschoss« motivierte den damaligen Schüler dazu, weitere Geschichten niederzuschreiben und an seinem Traum festzuhalten, der Schriftstellerei. In der Jugend wurde er von Dystopischen Albträumen heimgesucht, welche er zum Zwecke der Verarbeitung schließlich niederschrieb. Seinen Debütroman (Runaways Die Gesetzlosen) veröffentlichte er 2017 allerdings im Hardboiled Genre. Dieser brachte ihm nicht nur den Titel des "Quentin Tarantino der Autoren" ein, sondern katapultierte ihn auch auf die Amazon Bestseller Charts bis auf Platz vier. Es folgten Science-Fiction Geschichten und diverse Thriller. Der mittlerweile etablierte Autor ist zudem Gründungsmitglied und Namensgeber des STRANGE TALES CLUBs, einem Autoren-Kollektiv, welches das Miteinander statt gegeneinander exzessiv auslebt. Der Leiter eines Web-Radios für Künstler ist außerdem bekannt dafür, dass er Projekte auf die Beine stellt, welche die Leser mit einbeziehen. Sein bekanntestes ist hier wohl das "Stone-Projekt" in welchem Fans Charaktere in mehreren Bänden bekommen konnten.

 

Vorwort

 

Ich weiß, viele von euch haben so sehnsüchtig auf die Fortsetzung gewartet und ich bin so froh, dass ich jetzt diese Zeilen schreiben darf: HIER IST SIE!

Endlich komplettieren wir diese Trilogie. Nach Risen ist Stone III das zweite Projekt, welches ich mit meinen Lesern gemeinsam verwirklichen durfte. Wieder habt ihr alles an Unterstützung gegeben. Ohne euch wäre das gar nicht möglich gewesen. Dafür habt Dank.

Ich bin immer etwas traurig, wenn ich ein Buch beendet habe. Für mich ist das beim Schreiben ja immer so, als wenn ich abends Zeit mit Menschen verbringe, die ich in mein Herz geschlossen habe. Ich fühle, liebe, lache und leide mit ihnen. Plötzlich sind sie dann einfach verschwunden. Das ist schon ein komisches Gefühl!

Nun, nach Beendigung des letzten Bandes, möchte ich euch auf eine Reise mitnehmen, und zwar zu den Anfängen der Stone Geschichte. Sie beginnt bereits 2015. In diesem Jahr beschäftigte mich die Geschichte des kleinen Flüchtlingskindes Mohammed. Der vierjährige Junge verschwand in einer überfüllten Anlaufstelle für Flüchtlinge in Berlin-Moabit. Er wurde dort von einem Mann entführt, der Spielzeuge und Stofftiere als Spende abgeben wollte. Dieser Mann, welcher sogar von einer Überwachungskamera gefilmt wurde, missbrauchte und tötete den Jungen. Die Leiche des Kindes lagerte er in der Wohnung in einer mit Katzenstreu gefüllten Plastikwanne.

Als ich das las, war ich tief erschüttert und das Schicksal des Jungen ließ mich nicht mehr los.

Schlaflose Nächte hat mir das bereitet und ich begann, mich mit der Thematik zu befassen. Allein in Berlin werden pro Jahr etwa tausend Kinder als vermisst gemeldet. Die meisten von ihnen tauchen wieder auf oder werden gefunden. Aber jedes Kind, welches für immer verschwunden bleibt, ist eines zu viel.

Aus diesem Gedanken heraus entwickelte sich die Idee zu einem Buch. Einem Buch, in dem eine geheime Organisation vermisste Kinder aufspürt, rettet und sie zu ihren Eltern zurückführt. Gleichzeitig werden die Peiniger an Ort und Stelle getötet.

Aufgrund anderer Bücher, welche ich zu der Zeit schrieb, musste diese Idee allerdings erst einmal warten.

Aber 2017 war es dann soweit. Stone erblickte erstmalig in Form einer Weihnachtskurzgeschichte das Licht der Welt.   Diese Geschichte befindet sich übrigens in der Originalversion als Anhang in der Special Edition. Sie diente natürlich als Vorlage für das, was ihr heute in den Händen haltet. Beim Schreiben entwickelte ich allerdings so viele Ideen, weshalb in mir der Wunsch wuchs, dass es mehr als nur diese eine Kurzgeschichte geben sollte.  Beim groben Skizzieren der Idee, wurde mir weiterhin klar, dass es mindestens eine Trilogie werden würde. Im Sommer 2018, ich hatte gerade Runaways II beendet, konnte ich mich nun endlich intensiv dem ersten Stone Band „Gerechtigkeit gibt es nur in der Hölle“, widmen. Zur gleichen Zeit habt ihr alle für ein absolutes Highlight gesorgt. „Mit Runaways – Die Gesetzlosen“ erreichte ich in den Amazon Gesamt-Bestsellercharts den vierten Platz.  Das war schon der Wahnsinn. Ich war unendlich dankbar.  Deswegen wuchs in mir eine weitere Idee heran.  Ich wollte mich bei meinen Lesern bedanken, indem ich sie mit einem Charakter im Stone Buch verewigen und somit unsterblich werden ließ. Ich schrieb meine Idee in die Welt der sozialen Medien hinaus und bot meinen Lesern an, dass sie sich bewerben könnten. Mein Plan war, den Vornamen und das Aussehen zu übernehmen. Der Nachname sollte abgewandelt werden und über den Charakter und die Rolle im Buch würde nur ich allein entscheiden.  Einige belächelten mich zunächst oder sagten, so etwas sei nicht umsetzbar. Doch dann kam eine Flut an Bewerbern, so dass ich per Los entscheiden lassen musste. Rückblickend hätte ich damals nie für möglich gehalten, was sich bis heute daraus entwickelt hat.  Eine richtige Community, die sich sogar im realen Leben auf Messen trifft.    Das habt ihr geschafft. So, nun habe ich erst einmal genug geplaudert. Jetzt rückt Stone zum letzten Mal aus.

 

 


 

Prolog

Natascha Gramow bog mit dem Lincoln auf die Vierundneunzig und nahm damit Kurs auf die Mansion, die außerhalb Chicagos lag. Sie hatte die geretteten russischen Kinder an eine Kontaktperson des International Terrorism Swat (ITS) übergeben, welche sie nach Russland zu ihren Familien zurückführen sollte. Gramow hatte bereits in der Vergangenheit im Zuge eines Terroranschlags in St. Petersburg, als sie noch eine KGB-Agentin war, Kontakt zu dieser Truppe gehabt. Der Kopf der Terroristen wurde in Südafrika vermutet und die Russen bekamen ohne Hilfe der ausländischen Behörde keinen richtigen Zugriff. Diese geheime und auf der ganzen Welt operierende Behörde war so international mit den verschiedensten Geheimdiensten vernetzt, dass diese im Prinzip keine Hindernisse kannte.

Natascha konnte damals nicht ahnen, dass sie Jahre später in einer vergleichbaren Organisation arbeiten und dadurch eine mögliche erneute Zusammenarbeit zustande kommen könnte. Bei der Übergabe und weiteren Gesprächen zwischen Gramow und der Kontaktperson, einer Agentin mit dem Namen Jennifer Moore, ergab es sich, dass plötzlich der Name »Nowgorod« fiel. Gramow wurde sofort bewusst, dass es sich dabei um eines von Madisons Lager handeln musste und die »Organisation Vanessa« ein großes Interesse daran hatte, bei der Befreiung aktiv mitzuwirken. Die Operation des ITS in Nowgorod schien aber derzeit nicht die oberste Priorität zu haben und Gramow konnte heraushören, dass dies der Agentin Jennifer Moore überhaupt nicht passte. Moore bot an, im Anschluss an die Übergabe mit Gramow zur Jefferson Mansion zu fahren, der Organisation die Informationen über »Nowgorod« zur Verfügung zu stellen und ihre Unterstützung bei der Aktion anzubieten. Natascha hatte keine Zeit, mit irgendjemandem Rücksprache zu halten und sagte Moore sofort zu. Nun hatte sie die junge Britin und ehemalige Agentin des Secret Service im Schlepptau. Die beiden hatten sich während der Fahrt gut verstanden, nun lag eine kurze Phase des Schweigens hinter ihnen, die keinen bestimmten Anlass hatte.

In Nataschas Kopf kreisten plötzlich so viele Gedanken. Sie dachte an ihre Kollegen, welche gerade in Seattle gegen Carmen Madison vorgingen und erneut darauf hofften, Vanessa lebend zu finden. Sie wäre gerne dabei gewesen, doch unter den jetzigen Umständen hätte sie lieber in der Mansion bei ihrem Chef sein wollen. Aber Jefferson hatte die ehemalige KGB Agentin gebeten, die Übergabe mit dem ITS selbst in die Hand zu nehmen und Natascha hatte ihm noch nie eine Bitte abschlagen können. Sie drehte ihren Kopf nach rechts, während ihre Blicke kurz auf Jennifer Moore ruhten. Sie war froh, dass die Agentin ihre Hilfe beim Kampf gegen Carmen Madison angeboten hatte. Gegen den Erzfeind der Organisation Vanessa schien jede Hilfe, auch wenn es nur Informationen waren, fast schon überlebensnotwendig. Für Fragen war in den letzten Stunden keine Zeit geblieben, dennoch nahmen einige von ihnen viel Raum in der Gedankenwelt der Russin ein.

Gramow überlegte, ob sie die Frage, die ihr immer wieder durch den Kopf jagte, tatsächlich stellen sollte. Schließlich konnte sie diese nicht mehr zurückhalten.

»Warum kannst du es nicht abwarten, nach Nowgorod zu kommen?«

Jennifer zuckte leicht zusammen und schwieg. Sie wirkte perplex und schien gedanklich ganz woanders gewesen zu sein.

»Es befindet sich jemand dort, der dir nahesteht, oder?«

Moores Wangen erröteten und sie schien gegen Tränen anzukämpfen. Für einen Moment bekam sie weiche Gesichtszüge, die kurz darauf aber wieder verschwanden.

»Ich habe Grund zur Annahme, dass dort mein Bruder gefangen gehalten wird.«

Gramow nickte.

»Dann ist es besser, dass wir das für uns behalten, denn O´Neil oder Jefferson würden die Beteiligung einer Person, welche emotional betroffen ist, nicht zustimmen.«

Moore senkte den Kopf.

»Ja, das verstehe ich. Das Gerede von Gefährdung der Mission kommt dann immer schnell auf.«

Natascha huschte ein fast feixendes Lächeln über ihre Lippen.

»Nun, ich habe eine etwas andere Einstellung dazu.«

Moore blickte interessiert auf und lauschte Nataschas Worten.

»Ich glaube, dass Emotionen einen härter und kompromissloser machen.«

Schweigend nickte Jennifer und stimmte Natascha zu. Diese legte schließlich nach.

»Wir sind doch alle voller Emotionen. Deswegen sind wir doch dort, wo wir heute sind. Ich glaube, jeder bei Vanessa hat seine eigene Geschichte und seine ganz eigenen Gründe, warum er sich dieser täglichen Gefahr und vor allem in die Gesellschaft des Todes begibt.«

Abermals nickte Jennifer Moore und wollte etwas darauf antworten, doch ein Anruf beendete abrupt das Gespräch. Natascha blickte erschrocken auf das Display. Es war Rob Stone. Sie wusste, dass er gemeinsam mit einem Team in Seattle war, um Carmen Madison in den Arsch zu treten. Verwundert über den Anruf, bediente Natascha einen Knopf am Lenkrad und legte somit das Gespräch auf die Freisprechanlage.

»Was ist los, Rob?«

»Wo bist du?«

Stones Stimme klang außer Atem.

»Auf dem Weg in die Mansion. Ich denke, in zwanzig Minuten werde ich dort sein.«

»Das ist gut.«

»Was ist passiert, Stone?«

Natascha spürte, dass etwas nicht stimmte.

»Wir glauben, dass sich Ted Jefferson in Gefahr befindet.«

»Inwiefern?«

»Wir gehen davon aus, dass wir nach Seattle gelockt wurden, damit die Mansion so gut wie schutzlos ist.«

»Du meinst, Carmen Madison befindet sich bei Jefferson?«

»Ja. Ich denke schon.«

Natascha holte tief Luft und trat instinktiv auf das Gaspedal.

»Ich bin unterwegs!«

Die Ex KGB-Agentin beendete das Gespräch.

Kapitel 1

Für einen Moment starrte Rob Stone auf das Display seines Smartphones. Er war beruhigt, dass er wenigstens Natascha Gramow erreicht hatte und diese in Kürze die Mansion erreichen würde. Er wusste, dass die Truppe von hier aus nichts unternehmen konnte, um Jefferson und seiner Familie zu helfen. Dominic Griffin wartete zwar mit der vollgetankten Maschine auf dem King County International Airport, doch auch mit dem Flugzeug benötigten sie immerhin noch vier Stunden, um die Mansion zu erreichen. Er hatte Ilona Dukes, Mathias Lange, Emilia Watson und den Schweden nach Seattle geflogen und der Trupp war vor wenigen Minuten im Gebäude eingetroffen. Sie hatten Kontakt zu Cannavaro aufgenommen, der in der großen Lagerhalle mit der Evakuierung der Kinder begonnen hatte. Stone sammelte sich und blickte zu Tatjana Monday.

»Und?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Ich kann weder Gizmo noch O´Neil erreichen.«

»Verdammt.«

Ein Pfeifton ertönte aus Mondays Armbanduhr und kündigte somit eine Funkübertragung an. Es ertönte die Stimme Lola van Blacks.

»Wir könnten hier unten Hilfe gebrauchen.«

Schüsse waren im Hintergrund zu hören.

»Was ist los?«

»Hier wimmelt es von Madisons Leuten und sie fangen an die Kinder zu erschießen.«

Lola schrie ihre Antwort ins Mikrofon hinein.

»Wir sind unterwegs.«

Tatjana blickte entschlossen zu Stone und zeigte auf die Leichen von Micky Angel, Nicole Jefferson und Alexandra Marx.

»Um die können wir uns später kümmern.«

Stone neigte seinen Kopf nach vorne und signalisierte seiner ehemaligen Ausbilderin seine Zustimmung. Monday entriss Micky Angel die Waffe und drückte diese Stone in die Hand.

Stone kratzte sich am Kinn, so wie er es immer tat, wenn er darüber nachdachte, was er sagen sollte.

»Ich weiß, dass es nicht Teil deiner Ausbildung war und das sollten wir auch schnellstens nachholen. Ich bin mir aber sicher, dass du damit klarkommen wirst.«

Beide setzten sich in Bewegung. Sie mussten so schnell wie möglich die große Lagerhalle erreichen.

Stone folgte Monday. Da er in der Lagerhalle von Marx bewusstlos geschlagen wurde, wusste er natürlich nicht, in welcher Richtung die Halle lag.

Während der Fahrt in einem Aufzug nach unten schwiegen die beiden sich an. Stone konnte seine Gedanken nicht ordnen. Zorn machte sich breit. Er dachte an die Kinder, welche die Hölle durchmachten und nun erschossen wurden. Er dachte an Cat… sein Zorn wuchs.

Dumpfe Donner drangen in den Schacht. Das Geschehen schien direkt vor ihnen zu liegen.

Monday schien seine Gedanken zu erahnen.

»Der Aufzug fährt genau in die Halle. Wir sind gleich direkt im Geschehen.«

Kaum hatte sie den Satz beendet, öffneten sich die Türen. Sofort warfen sich beide auf den Boden und versuchten, sich einen Überblick zu verschaffen. Sie befanden sich im Rücken der Schergen Madisons. Stone schätzte die Zahl derer auf zwanzig. Sie waren allesamt bewaffnet. Einer von ihnen schritt mit einem Maschinengewehr die Glascontainer ab, öffnete einen nach dem anderen und erschoss die darin befindlichen Kinder. Stone konnte sehen, wie der Anblick Tränen in Mondays Augen trieb. Sie erhob sich und schoss mehrmals auf den Typen, während er gerade einen weiteren Container aufschloss. Eine Kugel drang in seinen Kopf und brachte ihn zum Zerplatzen. Die Kinder schrien, als vor ihnen die Gehirnmasse des Killers gegen die Verglasung klatschte.

Monday und Stone waren jetzt nicht mehr unbemerkt. Mehrere Typen drehten sich um und eröffneten das Feuer. Stone suchte hinter einem Container Deckung und sah, wie sein Teamkollege Mathias Lange auftauchte, dem Toten das Maschinengewehr entriss, sofort auf die herannahende Meute richtete und diese niedermähte. Die Kugeln drangen in ihre Körper ein und rissen große Löcher in die Leiber. Der Reihe nach glitten sie zuckend auf den Boden.

Lange drehte sich zu Stone um und hob den rechten Mundwinkel zu einem halben Lächeln. Anschließend fasste er sich zum militärischen Gruß an seine Mütze und bewegte sich zielstrebig auf die übriggebliebenen Truppenteile der Madison Crew zu.

Stone erhob sich und sah, wie sich Monday an einem Container zu schaffen machte, um diesen zu öffnen. Er scannte den Raum, um seiner ehemaligen Ausbilderin den Rücken freizuhalten. Plötzlich ertönte ein Schuss und über Stone ergoss sich ein Sprühregen aus Blut. Er drehte sich um und spähte nach oben. Über ihm stand auf einem Container einer von Madisons Schergen. Jemand hatte ihm den halben Schädel weggeschossen. Sein lebloser Körper kippte vornüber und klatschte auf den Betonboden.

Cat schoss plötzlich zwischen zwei Containern heraus und trat mit heftigen Tritten auf den Toten ein.

»Babe? Ich glaube, er ist tot.«

»Drecksau«, stieß sie mit einem lauten Schrei aus und richtete sofort ihr Gewehr, welches sie in den Händen hielt, wieder aus.

»Wo hast du so schießen gelernt?«

»Glaub mir, das willst du nicht wissen.«

»Dann vergiss die Frage.«

Cat boxte ihm mit der Faust gegen die Schulter und lächelte ihn etwas schelmenhaft an, bevor ihr Gesicht wieder den ernsten Ausdruck annahm.

»Wir müssen Monday helfen, die Kinder müssen hier raus.«

Kaum hatte Cat es ausgesprochen, flackerte für einen Moment die Deckenbeleuchtung. Kurz darauf öffneten sich die Türen der Glascontainer wie von Geisterhand.

»Cannavaro hat es geschafft.«

Mathias Lange, genannt der Lange, machte einen Satz über Kisten auf einen Container und gab weitere Maschinengewehrsalven ab. Diese durchsiebten weitere Körper, welche auf den Langen zugerannt kamen. Nacheinander glitten sie zu Boden und Blut quoll aus ihren Leibern.

Der Lärm und die Schüsse im Hintergrund verstummten langsam. Dafür konnte man durch die nun offenen Türen das Wimmern der Kinder hören. Ein letzter Knall hallte durch den Raum, dann herrschte Stille.

Ein scheinbar letzter Überlebender Madisons Paladine sprang mit erhobenen Händen hinter einem Container hervor und kniete sich auf den Boden.

»Nicht schießen! Nicht schießen!«

Seine Stimme überschlug sich fast und seine Hände zitterten.

Cat schulterte das Gewehr und machte ein paar Schritte auf ihn zu. Schließlich legte sie das Gewehr an und zielte mit dem Ende des Laufes auf die Stirn.

»Das hättest du dir früher überlegen müssen!«

Sie drückte ab. Der Schädel zerplatzte wie eine Wassermelone, die aus dem dritten Stock eines Wohnhauses fiel und auf dem Asphalt aufschlug. Der Rumpf fiel nach vorn und klatschte auf den Boden. Erstarrt zielte Cat immer noch mit dem Gewehr auf den Kopf, der nicht mehr an seinem Platz war.

»Sie hätten das Gleiche auch mit uns gemacht.«

Monday hatte Cat ebenfalls erreicht und stimmte ihr zu.

»Da wirst du recht haben, Schwester.«

Stones Ex-Ausbilderin bewegte sich in die Mitte der Halle. Von dort aus kreuzten sich die beiden Wege und man konnte alle Container überblicken.

»Für Vanessa«, rief sie den Schlachtruf der Organisation in den Raum hinein. Die anderen taten es ihr gleich. Es klang wie ein Echo, welches durch die Halle jagte.

Die Lage schien unter Kontrolle. Emilia Watson trat ebenfalls mit einem Baseballschläger bewaffnet zwischen zwei Containern hervor. Blut klebte an ihr.

»Es wird Zeit durchzuzählen«, sprach die ehemalige britische Box-Meisterin in die Runde. Lächelnd registrierte sie jeden Überlebenden der Crew.

Am Ende des Ganges schob sich das Metalltor zur Seite. Ilona Dukes erschien.

»Hier ist es sicher. Wir können jetzt mit der Evakuierung beginnen.«

Monday hob die Arme und richtete ihre Worte an die Gefangenen in den Containern.

»Wir sind hier, um euch zu befreien. Wir bringen euch zu euren Eltern zurück. Habt keine Angst.«

Doktor Franks und Louise betraten ebenfalls die Halle und zogen einen Handwagen voller Decken hinterher. Langsam und zögerlich bewegten sich die ersten Kinder nach draußen. Unsicher und schwankend gingen einige Franks und Louise entgegen. Als die ersten begriffen, dass sie nun in Freiheit und vor der Vanessa-Crew nichts zu befürchten hatten, brachen sie in Tränen aus.

Stone, Monday, Cat und Emilia verteilten sich auf dem Gang, um die Kinder zum Ausgang zu lotsen. Immer mehr von ihnen verließen die Container und gingen in einem Strom dem Ausgang entgegen. Stone bemerkte plötzlich in einem Seitengang Lola van Black. Sie kniete vor einem leblosen Körper. Er bewegte sich langsam auf sie zu und ein kalter Schauer glitt ihm über den Rücken, als er Rafael Andersen erkannte. Stone ließ sich vor ihm auf die Knie fallen.

»Nein.« Seine Stimme zitterte leicht.

Lola blickte zu ihm auf.

»Er hat es nicht geschafft.«

»Das wollte ich nicht.«

»Du kannst nichts dafür, Stone.«

Stone war fassungslos. Mit dem Schweden hatte er zusammen den Finalsieg in den North-American Fight Series gegen Dennis Kane gefeiert. Rafael ist sein Final-Coach gewesen. Jetzt war er tot. Stone griff unter seinen leblosen Körper und hob ihn hoch.

»Ich werde dich nicht hierlassen.«

Gemeinsam mit Lola trat er wieder in den Hauptgang der Halle. Monday blickte mitfühlend zu Stone hinüber.

»Tut mir leid, Stone.«

»Ja, mir auch.«

Monday fasste Lola an die Schulter.

»Wir müssen Nicoles Leiche noch sicherstellen.«

Lola nickte, sie gab Emilia ein Zeichen und beide machten sich auf den Weg.

Kapitel 2

 Natascha bog in den Kiesweg zur Mansion ein. Die durchdrehenden Reifen wirbelten eine Menge Sand auf. Sie stoppte vor dem Tor und wartete, bis es sich so weit geöffnet hatte, dass sie es mit dem Wagen passieren konnte. Natascha trat leicht aufs Gaspedal und brachte den Lincoln schließlich vor den steinernen Treppen zum Stehen.

»Vor dem Eingang liegt jemand«, bemerkte Jennifer Moore.

Gramow stieg aus und bewegte sich zielstrebig auf die am Boden liegende Person zu. Es war eine Frau mit langen schwarzen Haaren und mehreren Tattoos auf den Armen. Ihr Gesicht war bildhübsch und in der rechten Hand hielt sie ein Tablet, an dem ein Draht befestigt war.

»Keine Ahnung, wer das ist. Sie ist noch nie hier gewesen.«

Gramow kniff die Augen zusammen, als versuche sie sich an eine Begegnung mit der Unbekannten zu erinnern. Gleichzeitig fühlte sie an ihrem Handgelenk nach einem Puls.

»Sie lebt, aber der Puls ist sehr schwach.«

Natascha nahm das Notfallband von ihrem Handgelenk, befestigte es an dem Unterarm der Dunkelhaarigen und betätigte den Knopf, welcher ein Signal an das Ärzteteam der Mansion sendete. Gramow strich sanft über das Haar der Unbekannten, bevor sie sich darauf fokussierte, die Mansion zu betreten. Moore hatte bereits ihre Waffe gezogen und entsichert, während es Natascha ihr gleichtat. Mit der Fußspitze trat die Russin die Tür auf, welche sofort nachgab und sich öffnete.

»Heißt es nicht, der Letzte macht die Tür zu?«, scherzte Moore, doch Natascha war zu konzentriert, um darauf zu reagieren.

Nichts war zu hören. Die Mansion wirkte völlig ausgestorben. Sie versuchte, in sich hineinzuhorchen und sich von ihrem Instinkt leiten zu lassen, wo sie mit der Suche beginnen sollte. Plötzlich polterte es laut. Jemand stürzte die Treppen hinunter und landete in der Lobby, knapp vor den Füßen der beiden Frauen. Es war Gizmo. Er war bei Bewusstsein, doch sein Gesicht war kreidebleich.

»Was ist passiert?«

Er hatte Mühe sich zu sammeln und nahm scheinbar all seine Kraft zusammen, um zu antworten.

»Carmen Madison ist hier. Sie hat mich vergiftet und ist jetzt bei Jefferson, um ihn zu töten.«

»Kommst du klar?«

Gramow blickte besorgt und drückte ebenfalls den Signalknopf an Gizmos Notarmband.

»Durch meine Adern fließt purer Whiskey, kein Gift der Welt könnte mich töten.«

Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, bevor sie sich erhob und mit Moore in Richtung von Jeffersons Arbeitszimmer aufbrach. Sie bewegte sich nach oben, exakt in die Richtung, aus der ihnen Gizmo entgegengefallen war. Sie erreichten den ersten Stock. Vom Flur aus gingen die Büros von Cannavaro, Ilona Dukes und O´Neil ab. Am Ende des Flures befand sich neben dem Eingang zum großen Besprechungsraum der Zugang zum Arbeitsbereich Ted Jeffersons. Die Tür stand offen und es war eine energische Frauenstimme zu hören. Gramow bewegte sich wie eine Katze auf die offene Tür zu und bemühte sich, die einzelnen Wortfetzen zu verstehen. Plötzlich war die Stimme ihres Chefs zu hören.

»Wo ist Olivia? Vielleicht führt noch ein Weg zurück? Lass Vanessa los und du kannst die Mansion unbehelligt verlassen.«

»Wer sagt, dass ich das möchte? Olivia ist vor fünf Jahren gestorben. Ein betrunkener Kerl ist mit seinem Auto frontal mit ihrem zusammengestoßen. Sie war sofort tot. Unsere Tochter ist in einem brennenden Auto gestorben und es ist deine Schuld!«

»Carmen, bitte, hör mir zu! Es tut mir leid, was geschehen ist, doch weder ich noch meine Töchter tragen die Schuld daran.«

»Ted, du hast Olivia getötet! Begreifst du das denn nicht? Du hast mir genommen, was mir am wertvollsten war, und jetzt werde ich dir deine Tochter nehmen.«

»Carmen, warte!«, unterbrach Ted Jefferson Carmen Madison. Natascha versuchte, einen Blick in den Raum zu erhaschen, um sich einen Überblick verschaffen zu können. Gleichzeitig rückte Jennifer Moore nach und postierte sich gegenüber der Ex-KGB Agentin.

Gramow konnte tatsächlich Carmen Madison identifizieren. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Messer, welches sie an die Kehle von Vanessa Jefferson hielt. Sie war am Leben, schoss es ihr durch den Kopf. Blut ran an dem Hals des blonden, monatelang vermissten, Mädchens herunter. Plötzlich ließ sie von dem Mädchen ab und öffnete eine Tasche, die an ihrer Hose befestigt war.

»Du hast recht, Ted. Das wäre viel zu human für einen Verbrecher deiner Statur.«

Sie holte eine Spritze aus der Tasche und blickte auf ihre Armbanduhr.

»In diesen Augenblicken stirbt deine Tochter Nicole. Leider kannst du nicht zusehen. Doch bei Vanessa wirst du nicht drum herumkommen, mit ansehen zu müssen, wie sie qualvoll stirbt.«

Sie lachte plötzlich, wie jemand, der den Verstand verloren hatte. In ihrem Gelächter lag unendliche Häme.

»Das Beste, Teddy, kommt noch. Du wirst sterben, durch die Hände deiner toten Töchter! Du konntest deine Töchter nicht beschützen und dafür werden sie sich rächen und Olivias Tod gleich mit.

Du wirst alles verlieren! Deine Töchter, dein Unternehmen und deine Schergen werden dich verlassen, weil sie den Glauben an dich verlieren werden. Am Ende wirst du einsam sein und den Tod finden. Vielleicht wirst du mir in dem Moment sogar dankbar sein, weil du dann Erlösung finden wirst.«

Sie hob ihre Hand mit der Spritze in die Höhe, um sie an Vanessas Hals zu setzen. Gramow machte einen Satz in das Arbeitszimmer.

»Das denke ich nicht«, schrie sie förmlich in Richtung der Entführerin und richtete ihre Waffe auf Madison. Diese reagierte blitzschnell, schubste Vanessa von sich weg und rammte Natascha die Spritze in den Hals. Natascha wirkte geschockt und erstarrte förmlich.

  »Dann stirbst du eben zuerst«, zischte Madison wie ein wild gewordenes Tier.

Moore tauchte mit gezogener Waffe hinter Gramow auf.

»Natascha... Vanessa!«

»Ich habe nie aufgegeben, ich habe immer daran geglaubt, dich wiederzusehen.«

Vanessas Stimme zitterte, während sie sich in die Arme ihres Vaters fallen ließ.

»Natascha?«

»Vanessa!« Die Stimme der immer noch vom Schlaganfall gezeichneten und im Rollstuhl sitzenden Jessica Jefferson drang durch den Raum.

»Sie muss schleunigst auf die Krankenstation!«

Als der Aufzug mit den Dreien nach unten fuhr, begann Natascha damit, etwas Unverständliches zu erzählen.

»Russisch?«

»Ted!«

»Zum Glück. Was ist hier nur passiert?«

Die Tür schloss sich und der Aufzug bewegte sich nach unten.

O´Neil nickte.

O´Neil stoppte. Jefferson und er sahen sich einen Moment tief in die Augen.

»Gott sei Dank, sie ist zurück und lebt.«

Der Fahrstuhl hielt und während sich die Türen öffneten, fixierte Jefferson die neue Ärztin mit seinen Blicken.