978-3-401-80168-1.tif

Der Autor

Andreas Eschbach,
geboren in Ulm, studierte in Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik und wurde vor allem
durch den Thriller »Das Jesus-Video« (1998) bekannt, der auch verfilmt wurde.
Mit »Eine Billion Dollar«, »Der Nobelpreis«, »Ausgebrannt« und zuletzt »Ein König für Deutschland«
stieg Eschbach endgültig in die Riege der deutschen Top-Thrillerautoren auf.
Seine Bücher für junge Leser erscheinen im Arena Verlag.
Andreas Eschbach lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in der Bretagne.
www.andreaseschbach.de

Titel

Andreas Eschbach

Perfect Copy

Die zweite Schöpfung

Arenaneu.tif

Impressum

Erste Veröffentlichung als E-Book 2012
© 2002 Arena Verlag GmbH, Würzburg
Alle Rechte vorbehalten
Dieses Werk wurde vermittelt durch die
Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen
Umschlaggestaltung: Frauke Schneider
Umschlagtypografie: knaus. büro für konzeptionelle
und visuelle identitäten, Würzburg
ISBN 978-3-401-80168-1
www.arena-verlag.de
Mitreden unter forum.arena-verlag.de

Kapitel 1

»Was den heutigen Abend anbelangt«, sagte Wolfgangs Vater, »gibt es noch etwas, das du wissen solltest.« Er kramte in einer Schublade. »Julia?«, rief er dann nach hinten, »wo sind meine Manschettenknöpfe?«

Aus Richtung des Badezimmers war eine undeutliche Antwort zu hören.

»Was denn?«, fragte Wolfgang. Das Jackett gebürstet, die Schuhe blitzblank gewienert, die Haare frisiert stand er seit mindestens einer halben Stunde abmarschbereit, wippte auf den Zehen und wäre am liebsten längst unterwegs gewesen.

»Julia?«, rief Dr. Richard Wedeberg, Chefarzt am örtlichen Krankenhaus und von Kollegen hinter seinem Rücken »Beethoven« genannt wegen seiner wallenden grauen Haare. »Ich suche meine Manschettenknöpfe. Die mit der Perlmuttauflage.«

Eine Tür öffnete sich, ein Duft nach Lavendel wehte heran. »Sie sind entweder in der Garderobenschublade«, rief Wolfgangs Mutter entnervt, »oder…«

»Da sind sie nicht.«

»Dann würde ich in deinem Arbeitszimmer nachsehen.«

»Wie sollen meine Manschettenknöpfe denn in mein… ?«

»Schau einfach nach.« Die Tür schlug zu.

Wolfgang verfolgte, wie sein Vater mit missbilligendem Gesichtsausdruck davonrauschte und mit seinen Manschettenknöpfen zurückkam. »Na also«, sagte er zufrieden. »Sie waren in meinem Arbeitszimmer.« Er stellte sich vor den großen Ankleidespiegel und nestelte an seinen Hemdsärmeln. »Also, was das Konzert heute Abend anbelangt, solltest du wissen, dass der Solo-Cellist, Hiruyoki… Julia!«, rief er erneut, »ich finde meine Fliege nicht! Die dunkelrote seidene.«

Wieder die Badtür. Wieder ein Schwall Lavendel. »Du hast sie wahrscheinlich in der Tasche.«

»Ah, ja. Richtig. Hab sie!«

Wolfgang verdrehte die Augen. Wenn das so weiterging, würden sie zu spät kommen. Es brauchte bloß einen Stau zu geben auf der Autobahn, und sie würden ankommen, wenn das Konzert gerade vorbei war.

»Hiruyoki Matsumoto«, vervollständigte er den Namen, als sein Vater keine Anstalten dazu machte.

»Er ist erst siebzehn, musst du wissen«, sagte der, völlig darauf konzentriert, seine Fliege zu binden. »Ein Wunderkind, schreibt die Presse. Na ja, was die eben so schreiben. Jedenfalls entstammt er einer alten, hoch angesehenen japanischen Familie, die weitläufig mit dem Kaiserhaus verwandt sein soll. Vor sieben Monaten ist er zum ersten Mal öffentlich in Erscheinung getreten, und nun macht er schon eine Welttournee.«

»Oha«, machte Wolfgang ahnungsvoll. Er spielte nämlich auch Cello, und das seit frühester Kindheit. Sein Lehrer bescheinigte ihm großes Talent. Eine Karriere als Konzertmusiker galt als ausgemachte Sache.

»Du weißt, ich halte nichts davon, Kindern ihre Kindheit zu rauben, nur um eines Effektes willen. Eine künstlerische Laufbahn ist etwas fürs ganze Leben, gerade in der Musik. Das geht nicht ohne solide Ausbildung«, fuhr sein Vater fort. Er wandte sich seinem Sohn zu und lächelte mit funkelnden Augen. »Aber du bist auch bald so weit. Du wirst auch bald an die Öffentlichkeit gehen können. Und sie werden dich genauso feiern wie jetzt den jungen Japaner.«

Wolfgang hatte plötzlich einen trockenen Mund. »Meinst du?«

»Ich habe nicht den geringsten Zweifel«, erklärte sein Vater. »Heute Abend wirst du einen Blick in deine Zukunft werfen.«

Er ahnte nicht, wie Recht er damit haben sollte.

Und wie sehr er sich zugleich irrte.

Am anderen Ende der Stadt trafen sich an diesem Abend zwei Männer in einer dunklen Kneipe, in der es nach altem Frittierfett roch und jeder sich um seinen eigenen Kram kümmerte, sobald das Bier auf dem Tisch stand.

Der eine Mann war schlank, beinahe mager, hatte eine scharf geschnittene Nase, einen wolligen Vollbart und mehr Falten um die Augen, als seinem Alter – er war kaum über dreißig – angemessen gewesen wären. Er schob einen Zettel, auf dem ein paar gekritzelte Zeilen standen, über den Tisch. »Der Junge heißt Wolfgang Wedeberg«, sagte er. »Das ist die Adresse, die Schule, in die er geht, und so weiter.«

Der andere Mann war untersetzt und hatte ein leicht aufgedunsenes Dutzendgesicht. Er nahm den Zettel an sich und überflog, was darauf stand. »Nur beobachten?«, fragte er.

»Nur beobachten. Und Fotos. Er darf Sie nicht bemerken.«

Der andere faltete den Zettel zusammen und schob ihn in die Brusttasche seines grauen Kaufhaushemdes. »Davon lebe ich«, sagte er und langte nach seinem Bierglas. »Dass man mich nicht bemerkt.«

Das Konzert fand in einem richtigen, prächtig anzuschauenden Schloss statt. Sie schritten über weiche rote Teppiche, breite Treppen mit geschwungenen Marmorgeländern empor, durch große, hell erleuchtete Räume voller Stuck und Blattgold und festlich gekleideter Menschen. Junge Frauen in Dienstmädchentracht waren hinter langen, weiß gedeckten Tischen damit beschäftigt, Sektkelche eng an eng aufzustellen, und über das vielstimmige Gemurmel hinweg hörte man das Orchester stimmen, ein viel versprechendes disharmonisches Quietschen und Kratzen.

Wolfgang sah von Zeit zu Zeit verstohlen zu seiner Mutter hin. An diesem Abend wirkte sie gelöst wie selten sonst, beinahe fröhlich. Und sie war schön, fand er, in dem dunklen Abendkleid mit ihrem langen, glänzend schwarzen Haar und der schlichten Perlenkette um den Hals. Mutter war einmal Konzertsängerin gewesen, hatte Musik studiert und ein Engagement an einem kleinen Haus in Berlin gehabt, als sie Vater kennen lernte und auch noch einige Zeit danach. Obwohl sie es bestritt, vermutete Wolfgang, dass sie es bisweilen bedauerte, das alles aufgegeben zu haben, als er schließlich auf die Welt gekommen war.

Vater sah Ehrfurcht gebietend aus in seinem Smoking, nicht wie ein Zuhörer, sondern beinahe wie der Dirigent persönlich. Er schaute voll grimmiger Erwartung drein, grüßte hin und wieder einen Bekannten mit ungeduldiger Beiläufigkeit und sagte, als der zweite Gong ertönte: »Es geht los. Lasst uns unsere Plätze suchen.«

Würdige Männer in Roben beobachteten aus klobigen Bilderrahmen heraus, wie die Konzertbesucher sich durch lange Reihen gepolsterter Stühle drängelten, endlich nach und nach zum Sitzen kamen und wie, nach dem dritten Gong, die Gespräche verstummten.

Ein Sprecher des Veranstalters begrüßte das Publikum, stellte den Dirigenten vor, wartete den höflichen Applaus ab, um endlich den Solo-Cellisten anzukündigen mit den Worten: »Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren – der neue Stern am Himmel der Musik… der junge Mann, den viele schon als den Pablo Casals des einundzwanzigsten Jahrhunderts bezeichnen… begrüßen Sie mit mir, aus dem Land der aufgehenden Sonne, Hiruyoki Matsumoto!«

Applaus brandete auf wie eine Sturmflut. Auch Vater klatschte und nickte Wolfgang dabei verschwörerisch zu. Wolfgang klatschte nicht; er saß nur da und beobachtete den schmalen Jungen, der mit einem fast honigfarbenen Cello in der Hand die Bühne betrat und sich, unter mehrfachem tiefem Verbeugen, auf die Mitte zubewegte, zu seinem Platz zur Linken des Dirigentenpults.

Wolfgang wurde heiß unter seinem Jackett. Die Vorstellung, dass er selbst einmal… und womöglich bald… ! Atemberaubend. Und der Applaus wollte kein Ende nehmen. Auf eine verrückte Weise kam es ihm so vor, als gelte der Beifall bereits ihm, und er hatte das Gefühl, rot zu werden. Du meine Güte!

Der Dirigent hob den Taktstock, um zu zeigen, dass es der Vorschusslorbeeren nun genug waren. »Schau gut hin«, raunte Vater, der unter den Letzten war, die noch klatschten.

Gespannte Stille breitete sich aus. Das Vorspiel begann, zart hingehauchte Töne, eine Andeutung der Motive, die kommen sollten.

Hiruyoki setzte den Bogen an, höchste Konzentration im Blick, wartete auf seinen Einsatz.

Dann spielte der junge Japaner den ersten Ton. Und der traf Wolfgang wie ein elektrischer Schlag.

Später an diesem Abend kehrte der Mann mit dem Vollbart in sein Hotelzimmer zurück, zog seine Jacke aus und hängte sie, nachdem er daran gerochen und angewidert das Gesicht verzogen hatte, über einen Kleiderbügel und diesen in das offene Fenster. Dann ließ er sich aufs Bett fallen, holte den Zettel aus der Tasche, den der Portier ihm überreicht hatte – jemand hatte seine Nummer hinterlassen –, nahm das Telefon vom Nachttisch und wählte. Als es in der Leitung tutete, legte er sich zurück und starrte an die Decke.

Am anderen Ende wurde abgehoben. Jemand bellte: »Ja?«

»Conti«, sagte der Mann auf dem Bett.

»Tommaso!« Es klang wie eine Mischung aus Schrei und Seufzer. »Schalten Sie Ihr Handy eigentlich ab und zu ein? Ich versuche den ganzen Abend, Sie zu erreichen.«

Der Mann mit dem Vollbart studierte das Muster der hellgelben Flecken an der Decke. »Nun, jetzt haben Sie mich erreicht.« Trotz seines fremdländischen Namens sprach er akzentfrei Deutsch.

Ein Keuchen im Telefonhörer. »Verdammt noch mal, Tommaso, Sie tun so, als hätten wir alle Zeit der Welt! Können Sie sich überhaupt vorstellen, was hier los ist? Wie mir die Redakteure im Nacken sitzen? Andere Zeitungen sind auch hinter dieser Story her, das ist Ihnen doch hoffentlich klar?«

»Sicher«, sagte der Mann auf dem Bett und streifte gemächlich die Schuhe ab. »Aber andere Zeitungen wissen nichts von Wedeberg.«

»Und das müssen wir nutzen!«, heulte es aus der Leitung. »Wir müssen raus mit dieser Meldung. Die Titelseite, Tommaso, Sie kriegen die Titelseite – bloß schicken Sie mir endlich etwas, womit ich sie füllen kann!«

»Ich muss mir meiner Sache erst hundertprozentig sicher sein.«

»Grundgütiger… ! Ich weiß nicht, was mit Ihnen los ist. Sonst war es immer die reine Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, aber diesmal stellen Sie sich ausgesprochen… ich sag’s lieber nicht. Aus dem hinterletzten afghanischen Kuhdorf habe ich mehr von Ihnen gehört als jetzt aus dem Schwarzwald. Tommaso, was ist los mit Ihnen?«

Der Mann mit dem Vollbart holte tief Atem. »Ich tue nur meinen Job. Sie sind nervöser als sonst, das ist alles.«

»Nervös? Na klar bin ich nervös, verdammt noch mal. Ein Chefredakteur muss nervös sein und auf hundertachtzig, sonst taugt er nichts. Glauben Sie, ich kann ruhig schlafen? Nach all den Vorarbeiten, dem ganzen Geld, das wir ausgegeben haben? Wenn jemand anders auf die gleiche Spur kommt und die Sache woanders zuerst erscheint, bin ich die längste Zeit Chefredakteur gewesen. Dann kriege ich höchstens noch einen Job bei der Müllabfuhr.«

»Niemand anders wird auf die gleiche Spur kommen. Das, was ich weiß, kann niemand sonst wissen.«

»Das sagen Sie jedes Mal.«

»Wenn Sie damit rausgehen – wären Sie sich dann nicht lieber sicher, dass alles stimmt, was Sie schreiben?«

Wieder das Keuchen, und eine Pause. Im Hintergrund hörte man Stimmengemurmel und das Klackern von Tastaturen. »Ich brauche Bilder. Wenigstens ein Bild, Tommaso, bitte! Nur damit ich in der Konferenz was vorzeigen kann. Und schreiben Sie endlich etwas, sonst tue ich es selber.«

Der Mann mit dem wolligen Vollbart seufzte. »Gut. Wenn Sie mir versprechen, dass noch nichts erscheint, schicke ich Ihnen, was ich bis jetzt habe.«

»Versprochen. Sind Bilder dabei?«

»Bekomme ich übermorgen.«

Damit war der Mann am anderen Ende nicht glücklich, das war deutlich zu hören. Aber er sagte: »Also. Schicken Sie, was Sie haben.«

Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, stemmte der Mann sich hoch und schleppte sich auf den Stuhl vor dem mit Hotelprospekten überladenen Schreibtisch, auf dem sein Laptop stand. Aber er schrieb nichts, sondern starrte minutenlang nur die weiße Wand an.

Schließlich legte er die Hände auf die Wangen, massierte seine Nasenflügel und murmelte vor sich hin: »Porco dio! Was habe ich da nur angerichtet?«

Wolfgang starb tausend Tode während dieses Konzerts. Schweiß rann in Bächen unter seinem Hemd, aber er wäre nicht im Mindesten überrascht gewesen, wenn sich herausgestellt hätte, dass es nicht sein Schweiß war, sondern sein Blut. Unfassbar, wie gut der Japaner spielte. Unfassbar auch, dass Vater im Ernst zu glauben schien, er, Wolfgang Wedeberg, würde jemals im Stande sein, auch nur annähernd so gut zu spielen. Und er glaubte es tatsächlich. Immer wieder, meistens nach einer atemberaubenden Kadenz, sah er herüber mit einem Blick, als wolle er sagen: Demnächst du!

Nie im Leben. Nie im Leben würde er so spielen. Die Finger Hiruyokis tanzten förmlich über die Saiten. Sein Bogen schien lebendig zu sein. Und natürlich spielte er auswendig, alles ohne Noten! Wolfgang sah ihm zu mit dem Gefühl, ein Omnibus zu sein, von dem man erwartete, im nächsten Formel-I-Rennen mitzufahren – und zu siegen.

Er versank in seinem Sessel und wünschte sich, im Erdboden zu versinken. Alles ringsumher verschwamm hinter dunklen Nebeln, es gab nur noch ihn und den jungen Solo-Cellisten oben auf der Bühne, und diese so mühelos wirkenden, so unglaublich gekonnten Töne, die er seinem ungewöhnlich hell lackierten Instrument entlockte. Verrückte Phantasien zuckten durch seinen Kopf, wie die, nach dem Konzert würden die Leute auf ihn zeigen und ihn auslachen, oder ihn auffordern, auf die Bühne zu gehen und zu spielen, nachzumachen, was Hiruyoki vorgemacht hatte, und er würde mit hochrotem Kopf gehorchen und sich unsterblich blamieren… Hörte überhaupt jemand zu? Es kam ihm vor, als beobachte ihn jeder im Saal heimlich und amüsiere sich über die Vermessenheit, es einem solchen Virtuosen gleichtun zu wollen.

Es sah alles so… leicht aus! Wolfgang sah dem Japaner fassungslos zu. Er war konzentriert, gewiss, aber die Finger seiner Griffhand bewegten sich selbst bei schnellen Passagen so sicher, dass man den Eindruck hatte, er hätte das Stück locker doppelt so schnell spielen können und trotzdem fehlerfrei. Fehler? Hiruyoki Matsumoto schien überhaupt nicht zu wissen, was das war.

Irgendwann im Lauf des Abends – die Erde hatte ihn immer noch nicht verschluckt, der Schweiß tropfte aus seinem Hemd, aber immerhin noch nicht aus dem Stuhl, auf dem er saß, und noch niemand hatte mit dem Finger auf ihn gezeigt und laut aufgelacht – sagte Wolfgang sich, dass heute Abend zumindest eine Frage beantwortet worden war, die er seit langem mit sich herumgetragen hatte: die Frage nach dem wahren Maß seines Talents.

Er war bis zu einem gewissen Grad talentiert, zweifellos. Ein einziges Vorspiel vor der Musiklehrerin in der fünften Klasse hatte ausgereicht, ihn auf die Eins in Musik zu abonnieren, fast unabhängig von seinen sonstigen Leistungen im Unterricht. Er beherrschte viele Stücke der klassischen Cello-Literatur und hätte in einem Streichquartett mitspielen können, ohne sich zu blamieren.

Aber von der Meisterschaft und Leichtigkeit, die er da oben auf der Bühne sah, trennte ihn mehr als nur Übung. Zwischen ihm und Hiruyoki klaffte ein unüberbrückbarer Abgrund.

Er war froh, als es endlich vorbei war. Er klatschte, wie alle anderen auch, und hatte dabei das Gefühl, zwei nasse Säcke gegeneinander zu schlagen. Beim Hinausgehen bewegte er sich steif wie ein Stock, weil ihm das Hemd auf der Haut klebte. Als sie hinaustraten in den Abend, eine frische Mainacht, fröstelte ihn.

»Das war wunderbar, nicht wahr?«, meinte Vater mit unerträglich guter Laune. Und Mutter pflichtete ihm bei! Wolfgang schwieg und verfluchte jeden Meter Weges bis zum Parkplatz.

»Und?«, sagte Vater, als sie den Wagen erreicht hatten, und sah ihn an. »Habe ich zu viel versprochen?«

Wolfgang war zum Umfallen elend. »Nein«, stieß er hervor und schlang die Arme um sich.

»Eines Tages«, prophezeite Vater, den Autoschlüssel in der Hand, »werden wir hierher zurückkommen, und es wird genauso sein wie heute. Nur mit dem Unterschied, dass auf den Plakaten dort drüben der Name Wolfgang Wedeberg stehen wird.«

Nie im Leben, dachte Wolfgang, aber er brachte es nicht fertig, das zu sagen. Stattdessen bat er: »Können wir einsteigen? Mir ist kalt.«